Parusieverzögerung II

Themen des Neuen Testaments
Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#361 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von sven23 » Fr 22. Mai 2015, 13:14

closs hat geschrieben:Die Theologien der großen Kirchen sehen das ganz anders. - Habe gestern mal ausnahmsweise mit einem evangelischen Theologen gesprochen und höre (erwartungsgemäß), dass eine Naherwartung Jesu (auch) dort ausgeschlossen wird. - Die Begründung war wie bei den Katholiken in etwa diesselbe und entspricht in etwa der meinigen.
Ok., das ist die Sicht eines Gläubigen, der glaubt, weil er glauben will.
Das hat aber nichts mit historisch-kritischer Herangehensweise zu tun.

closs hat geschrieben: Mit anderen Worten: Man leugnet nicht einmal die Naherwartung Jesu, sondern begründet, warum sie absurd ist. Die Naherwartung der Urchristen ist dagegen stadtbekannt - das scheint ebenfalls bei den Protestanten abgehakt zu sein.
Sicher ist eine Naherwartung absurd, damals wie heute, aber erklär das mal einem Jesus. ;)

closs hat geschrieben: Man streitet sich seit Äonen darüber, welche Bibelstelle so oder so gemeint ist, eventuell hinzugefügt wurde - wo es Irrtümer des Textverfassers gibt - etc. -
Also mir ist das noch nicht begegnet, daß ein Gläubiger die Authentizität der Bibel negiert, um die Glaubwürdigkeit derselben zu erhöhen. :lol:


closs hat geschrieben: Stimmt - und da gibt es unter historisch-kritischen Gesichtspunkten das Problem, dass es so gut wie keine Hinweise auf Jesus gibt außer in den biblischen Schriften.
Na geht doch :thumbup:
Jetzt sind wir uns mal einig

closs hat geschrieben: Damit zitiere ich die Historisch-Kritischen - sie sagen: Eigentlich ist keine verlässliche Quelle da - und trotzdem: Wir können so gut wie ausschließen, dass es Jesus als historische Person NICHT gab. - Aus meiner Sicht ein ziemlich verwirrender Slalom.
Nö, die Begründung liegt wohl in den außerbiblischen Quellen, die zwar spärlich vorliegen, aber immerhin gibt es sie.
Es gab einen unbekannten Wanderprediger namens Jesus, der hingerichtet wurde.
Was dann aus ihm gemacht wurde, ist eine ganz andere Geschichte.


closs hat geschrieben: Wir haben unterm Strich den Fall, dass es innerhalb der Theologie kaum einen zu geben scheint, der auf die Idee kommt, Jesus mit einer Naherwartung in Verbindung zu bringen - gleichzeitig haben wir ein Modell der historisch-kritischen Fraktion, das eben dieses zum Ergebnis hat. -

Das ist eben der Unterschied zwischen Fundamental- und historisch-kritischer Theologie. Zu letzterer hat man nur Zutritt, wenn man bereit ist, die Glaubensbrille mal zur Seite zu legen. ;)
Glaubensdogmen und wissenschaftliche Herangehensweise schließen sich gegenseitig aus, deshalb kannst du von den Fundmentaltheologen auch nichts anderes erwarten.
Zuletzt geändert von sven23 am Fr 22. Mai 2015, 13:27, insgesamt 1-mal geändert.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
Scrypt.on
Beiträge: 394
Registriert: Mi 22. Apr 2015, 15:07

#362 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Scrypt.on » Fr 22. Mai 2015, 13:15

closs hat geschrieben:Wollen wir weder den Historisch-Kritischen noch den Dogmatikern unterstellen, dass sie Idioten sind.
Soweit würde ich nicht gehen.
Aber die eine Position beruht alleine auf verblendeten Glaubensinhalte und diese sind schlicht nicht relevant.

Innerbiblisch haben einige Bibelschreiber mal mehr mal weniger unmissverständlich Formulierungen getroffen, die durchaus auf eine Naherwartung hinweisen. Dahingehend gibt es bei einigen überhaupt keinen Spielraum mehr zur Interpretation - was dich natürlich in die Enge treibt. Doch gibt es nichts, was du dem entgegnen könntest.

Es ist naheliegender, dass du dich über Jesus irrst, als es bei den Bibelschreibern der Fall ist.
:)

Benutzeravatar
Savonlinna
Beiträge: 4300
Registriert: So 2. Nov 2014, 23:19

#363 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Savonlinna » Fr 22. Mai 2015, 13:23

Salome23 hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Du hast mein Zitat aus dem Zusammenhang gerissen.

Nein habe ich nicht
Noch heute betonen mitunter User jüdischen Glaubens in religiösen Foren, dass in ihrem Glauben....
Ich sehe es eben anders als jene
Mit welcher Begründung denn? Kennst Du ihre Religion besser als sie selber?

Du hast ja die Evangelien zitiert, um nachzuweisen, dass die Juden ihre eigene Religion falsch verstehen.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#364 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von sven23 » Fr 22. Mai 2015, 13:58

closs hat geschrieben: Mit anderen Worten: Man leugnet nicht einmal die Naherwartung Jesu, sondern begründet, warum sie absurd ist.

Es wird ja immer doller. Zunächst streitet man kategorisch ab, daß Jesus überhaupt eine Naherwartung hatte, sondern nur sein ganzes Umfeld. Weil das aber gemäß biblischen Texten nicht mehr haltbar ist, sagt man: jawohl, er hatte eine Naherwartung, aber sie war absurd. :shock:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Salome23
Beiträge: 5029
Registriert: Do 22. Aug 2013, 00:11

#365 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Salome23 » Fr 22. Mai 2015, 13:58

Savonlinna hat geschrieben: Kennst Du ihre Religion besser als sie selber?
Ich muss die Religion derer nicht kennen, um mich auf eine bestimmte Aussage(die sie "glauben") zu beziehen .

Du hast ja die Evangelien zitiert, um nachzuweisen , dass die Juden ihre eigene Religion falsch verstehen.
Da weisst du scheinbar mehr über das Motiv als ich ;)

Ich sagte einfach nur, dass ich es anders sehe.
Die Begründung:
weil die Bibel andeutet, dass nur aus Gott geborene, Kinder Gottes sein können
...bedeutet aber keineswegs, dass ich es "glaube" oder für "wahr" halte.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#366 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Fr 22. Mai 2015, 14:04

sven23 hat geschrieben:Das hat aber nichts mit historisch-kritischer Herangehensweise zu tun.
Aber mit wissenschaftlicher - es ist lediglich ein anderes Modell.

sven23 hat geschrieben:Also mir ist das noch nicht begegnet, daß ein Gläubiger die Authentizität der Bibel negiert, um die Glaubwürdigkeit derselben zu erhöhen.
Dieses von Dir verzerrt dargestellte Thema ist tägliches Brot in der Theologie. - Auch die "normale" Theologie weiss, dass Paulus und Johannes bspw. bei der Parusie-Frage anders ticken.

Außerdem ist nicht Authentizität der Bibel negiert, sondern deren einheitliche Sprache.

sven23 hat geschrieben:Glaubensdogmen und wissenschaftliche Herangehensweise schließen sich gegenseitig aus,
Es geht nicht um den Gegensatz zwischen Dogmen und Wissenschaft, sondern um den Gegensatz zwischen wissenschaftliches Modell 1 und 2.

Scrypt.on hat geschrieben:Innerbiblisch haben einige Bibelschreiber mal mehr mal weniger unmissverständlich Formulierungen getroffen, die durchaus auf eine Naherwartung hinweisen.
Das haben sie umgekehrt auch - die Zitate wurden hier mehrfach gebracht. - So kommt man nicht zu einer Lösung.

JackSparrow
Beiträge: 5501
Registriert: Mi 30. Okt 2013, 13:28

#367 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von JackSparrow » Fr 22. Mai 2015, 14:06

Martinus hat geschrieben:Der Ehrentitel Jesu war und ist der Gesalbte, Messias oder Christus. Deswegen heißt es Jesus Christus .
Was ist mit Eliab Christus? Wieso betet ihr den nicht an?

als sie kamen, sah er den Eliab und meinte: Gewiss, da steht sein Gesalbter vor dem HERRN!


sven23 hat geschrieben:Darüber, was WIRKLICH "ist" - also was Jesus WIRKLICH gemeint hat - sagen sie primär nichts aus.
Im Deutschunterricht mussten wir mal Schillers Maria Stuart interpretieren. Unsere Lehrerin war der Meinung, dass man da irgendwelche Lebensweisheiten draus ableiten könne. Ich persönlich war der Meinung, dass Schiller einfach bloß Geld verdienen wollte. Aber die Intention des Autors spielt eben gar keine Rolle. Wer unbedingt göttliche Weisheiten entdecken will, der würde auch in einem Nudel-Kochbuch welche finden.

Salome23
Beiträge: 5029
Registriert: Do 22. Aug 2013, 00:11

#368 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Salome23 » Fr 22. Mai 2015, 14:20

JackSparrow hat geschrieben: Im Deutschunterricht mussten wir mal Schillers Maria Stuart interpretieren.
Deine Interpretation würde ich nur allzu gerne hören/lesen-wäre wenigstens mal bisschen Abwechslung [d]hier im Forum[/d] zu endlosen Bibelinterpretationen :Smiley popcorn:

Benutzeravatar
Savonlinna
Beiträge: 4300
Registriert: So 2. Nov 2014, 23:19

#369 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Savonlinna » Fr 22. Mai 2015, 14:24

Salome23 hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Kennst Du ihre Religion besser als sie selber?
Ich muss die Religion derer nicht kennen, um mich auf eine bestimmte Aussage(die sie "glauben") zu beziehen .

Du hast ja die Evangelien zitiert, um nachzuweisen , dass die Juden ihre eigene Religion falsch verstehen.
Da weisst du scheinbar mehr über das Motiv als ich ;)

Ich sagte einfach nur, dass ich es anders sehe.
Die Begründung:
weil die Bibel andeutet, dass nur aus Gott geborene, Kinder Gottes sein können
...bedeutet aber keineswegs, dass ich es "glaube" oder für "wahr" halte.

Dann reden wir eben aneinander vorbei, und wir müssen darüber nicht weiter reden.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#370 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von sven23 » Fr 22. Mai 2015, 14:35

Lieber closs, deinen Ratschlag, sich doch des eigenen Verstandes zu bedienen, greife ich gerne auf und gebe ihn an dich zurück.
Versuchen wir es mal gemeinsam.
Die Evangelien wurden einige Jahrzehnte nach Jesu Tod geschrieben. Die Naherwartung erwies sich mit der Zeit als unsichere Prophezeiung. Wäre es da nicht ein leichtes gewesen, die Naherwartung völlig aus den Texten rauszulassen, sie zu verschweigen? Aber die Schreiber entschieden sich dazu, die Naherwartung Jesus selbst in den Mund zu legen. Warum taten sie das?
Die einzig logische Erklärung dafür ist, daß die Naherwartung- wie Kubitza sagt- im Zentrum seiner Verkündigung stand. Dies war im kollektiven Gedächtnis noch so präsent, daß man es unmöglich hätte verschweigen können.
"Für die Historizität dieser Worte spricht, dass sie sich schon bei Abfassung des ältesten Evangeliums quasi als falsch herausgestellt hatten und überholt waren. Sie hätten schwerlich später erfunden werden können, ihr Niederschlag in den Evangelien ist überhaupt nur zu verstehen, wenn sie die Autorität Jesu haben beanspruchen können."
Kubitza (Der Jesuswahn)
Die Schreiber mußten also einen anderen Weg wählen. Sie gaben zwar zu, daß Jesus die Naherwartung verkündete, aber sie formulierten auch neue Hürden, bis das erwartete Ereignis eintreten sollte. So wurde dann aus der Missionierung der Städte Israels die Missionierung der ganzen Welt. Daß dies etwas länger dauert, leuchtet ein.
Oder man führte den "göttlichen Zeitmaßstab" ein. Alles Versuche, die durch Jesus verkündete Naherwartung zu relativieren.

Wenn man also die Naherwartung durch Jesus selbst anzweifelt, muß man eine plausible Erklärung dafür liefern, warum die Schreiber sie überhaupt ins Spiel brachten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Antworten