Paulus' Übertreibungen

Themen des Neuen Testaments
michaelit
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#11 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von michaelit » Mo 22. Dez 2014, 15:00

Paulus hat die Schriften verifiziert? Wie meinst du das denn? Er hat ein paar Zitate gemacht und sich auf sie berufen, mehr war da nicht. Er widerspricht sich dauernd selbst, mal sagt er er ist frei vom Gesetz, mal sagt er er ist es nicht, mal benutzt er gar das Gesetz um Autorität einzufordern. Wenn die Episteln wirklich alle von Paulus stammen sind sie nicht allzuviel wert denn sie sind nicht wahrheitsgetreu. Als verdeckte und chiffrierte Botschaften mit Wortauslegung ist das dann aber anders.

2Lena
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#12 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von 2Lena » Di 23. Dez 2014, 22:58

michaelit hat geschrieben: Denkst du die ersten Christen haben nur in Code gesprochen um nicht allzu derbe Verfolgungen ausstehen zu müssen? Warum haben sie aber dann als das römische Reich christlich wurde, nicht ausgepackt und ihre eigentlichen Überzeugungen offenbart?
Die Angelegenheit ist komplexer. Du darfst nicht übersehen, dass das AT bereits in gleicher Schreibart vorhanden war und bei den Gelehrten Anwendung fand. Es war nichts Neues, sich mit "Allegorien" auszudrücken. Es gab etliche Lehren aus alter Zeit auch noch in anderen Völkern. Das Ringen ging davor (nicht allein nur in Judäa) Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte schon - mit vielen Grausamkeiten ab. Dann gab es ein ganz großes Problem mit den Pharisäern. Sie behaupteten die "Lehre" zu haben. Sie ignorierten aber den Messias, auf den die Schriftstellen zutrafen. Sie beschuldigten ihn und ließen ihn verurteilen.

Immer ist dort, wo ein System falsch ist, die Gratwanderung. Du kannst das in der Wirtschaft, im Verkehr, im Gesundheitswesen, Forschung, in Gesetzen, eigentlich überall beobachten. Ein Retter, der wird erst mal zum Verbrecher tituliert. Er muss gegen die scheinbaren "Größen" angehen, die umso giftiger werden, je mehr sie sich mit ihrem Irrtum auseinanderzusetzen haben.

Die Christenverfolgungen hatten verschiedene Ursachen. Ich bin da nicht ganz durch, brauch noch mehr Literatur der Zeitzeugen. Es ging anfangs um die Auferstehung, um Wunder. Teilweise - um es esoterisch auszudrücken - zeigte ein Gott sein Vollbewusstsein, und er hatte alles alte Wissen. Es ist schier unglaublich, wenn man das AT (mit und ohne *Auslegung) sieht - welche Fronten da waren und wie genial das NT mit den Gleichnissen ist. Teilweise wurde vom Pöbel eine oft unglaubwürdige Geschichte gepriesen, entsprechend verfolgt durch Philosophen und Ordnungshütern, die das nicht nachvollziehen konnten. Mit den Wohltaten anderer Personen, wie Wunder scheinbar, war das schwer auseinanderzuhalten. Eine Welle von Kämpfen war wegen Ritualen in Rom, die sich änderten, kein Mythraskult mehr, keine Kaiserverehrung, etc. Die größte Verfolgung gab es unter Diokletian wegen der Verfassungsänderung. Er trat zurück. Ausnahmsweise war da mal ein Kaiser, der nicht ermordet wurde. Bald danach wurde das Christentum zur Staatsreligion.

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#13 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von 2Lena » Di 23. Dez 2014, 23:01

Abischai hat geschrieben: Man kann aber nun nicht alle irgendwie nicht ganz unsinnig erscheinenden Varianten konstruieren und colourieren und in der unüberschaubaren Fülle dann die "Bibel" erkennen. Deine Bibelschlüsse, die auf Einzelwortbetrachung beruhen, ergeben diesen Sinn eben nicht, weil sie zwar partiell gut klingen, aber im Kontext keinen Sinn ergeben.
Hättest du mein Buch gelesen, lieber Abischai, dann wüsstest du bereits, dass die Einzelwort-Betrachtung eben schon - Schritt für Schritt, möglichst sorgfältig gemacht - eben schon den richtigen Sinn ergibt. Die *Auslegung bricht teilweise sogar die "Buchstaben", nach Regeln versteht sich ...

Du siehst nur die Splitter - denkst dabei alles andere sei nur nach deiner Vorstellung, oh je.

Abischai hat geschrieben: ein wirklicher Übersetzungsfehler oder aus der Fülle der möglichen Übersetzungen ist ungünstig gewählt worden.
Das ist nicht der Fall. Die flexible Leseart wurde vergessen!

michaelit hat geschrieben: Übersetzungen zu folgen bedeutet dann immer nur eine Übersetzung haben zu können weil man ja wie du das Bild einer "einen und wahren und irrtumslosen" Bibel in sich trägt. Nur aber ist das schon eine externe menschliche Festsetzung, daß die Bibel irrtumslos ist. Denn eigentlich ist das nur ein Gedanke des Paulus gewesen daß die Bibel so irrtumslos ist, im Alten Testament findet sich nirgendwo diese Idee.
Ach was, überall steht: "So sprach Gott ..." Wie vielseitig das ist, bekommt man nicht mit. Genausowenig wie die Zahl "Pi" zur Kreisberechnung anzweifelbar ist, sind es auch die "Gesetze". Du kannst nicht gegen das Gesetz verstoßen, das Wachstum einer Pflanze zu erwarten, ihr aber kein Wasser geben.

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Magdalena61
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#14 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von Magdalena61 » Mi 24. Dez 2014, 08:34

michaelit hat geschrieben:Paulus hat die Schriften verifiziert? Wie meinst du das denn? Er hat ein paar Zitate gemacht und sich auf sie berufen, mehr war da nicht. Er widerspricht sich dauernd selbst, mal sagt er er ist frei vom Gesetz, mal sagt er er ist es nicht,
"Frei vom Gesetz" meint: Das Gesetz ist nicht länger Mittel zur Rechtfertigung.

Funktioniert hat die "Rechtfertigung durch Werke" zwar auch im AT nicht, sondern bereits im AT war Tatsache: "Der Gerechte wird durch seinen Glauben leben" Hab. 2,4. Die Zeremonialgesetze wie Beschneidung, Opfer bringen und so weiter waren trotzdem notwendig, als (von Gott verordnete) Werke des Glaubens. Sie illustrieren geistliche Zusammenhänge.

Bitte bedenke: Wer nicht lesen und schreiben kann, für den sind Bilder und Rituale hilfreich. Diese strukturieren das Glaubensleben des Einzelnen und machen die spirituelle Gemeinschaft/ den einheitlichen Gottesdienst eines Kollektivs erst möglich.

Christen haben auch jede Menge Symbole und Bilder. Beispielsweise Brot und Wein... die Taufe... :)
mal benutzt er gar das Gesetz um Autorität einzufordern.
Das Gesetz definiert nach wie vor, was Sünde ist und präsentiert uns den Willen Gottes. Dieser ist zeitlos, denn Gott ändert sich nicht.

Das Gesetz selbst hat sich nicht verändert, nur der Umgang mit dem Gesetz hat sich verändert.
Für mich stellt es sich so dar daß Jesus die Religion stark von Gesetzen beschneiden will, daß er eigentlich nur die 10 Gebote als Gottes Gesetz behält und die Menschen auffordert ihre Rechtssysteme von Gottes Gesetz abzugrenzen und dabei nur segensvolle Gesetze zu beachten.
:) Das ist ein Irrtum. Jesus hat als Jude aus dem Stamm Davids das ganze Gesetz geehrt und gehalten.

Wogegen Er vorging, das waren die "menschlichen Bearbeitungen" und "Verbesserungen" (Verbiegungen, Entstellungen) des Gesetzes, welche den ursprünglichen Willen Gottes teilweise geradezu pervertierten.
Dadurch erst kamen wir zu Entwicklungen nach denen wir heute Steinigungen jeder Art ablehnen und bestimmte Dinge die noch im Altertum als Sünde galten, nicht mehr als Sünde ansehen bzw sie nicht mehr strafrechtlich verfolgen.
Was meinst du denn genau?

Das Gesetz des Mose inklusive Todesstrafe durch Steinigung wurde dem Volk Israel gegeben, nicht den Heidenchristen, in eine bestimmte Zeit, in eine bestimmte Situation hinein. "Steinigungen" gehören sozusagen zur Abteilung "BGB" -"Bürgerliches Gesetzbuch für das Volk Israel" des mosaischen Gesetzes.
Die Staatsgesetze von Israel oder von den Philippinen sind für einen Deutschen doch auch nicht verbindlich. Für ihn gilt die Rechtsordung seines Heimatlandes.

Christen sind Bürger des Landes "in Christus". Gott schreibt ihnen sein Gesetz ins Herz.

Für Paulus als Jude aus dem Stamm Benjamin galt das Gesetz nach wie vor, nur eben nicht mehr als Bedingung, um von Gott akzeptiert und geheiligt zu werden (Rechtfertigung).

Die im Gesetz des Mose enthaltenen ethisch- moralischen Richtlinien gelten unverändert für die ganze Welt.
LG
God bless you all for what you all have done for me.

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#15 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von michaelit » Fr 26. Dez 2014, 15:33

Hallo Magdalena,

du meinst allen Ernstes daß das Gesetz des Moses in seiner Gänze ein gutes und gesegnetes Gesetz Gottes ist?? Das kann ich nicht verstehen. Zum einen quillt dieses Gesetz von Todesstrafen nur so über. Zum zweiten hat es viele Gebote die gar nicht zu halten sind, wie etwa das Gottesliebegebot. Zum dritten werden darin Dinge Greuel und böse genannt die nicht so sind (HS, am Sabbath mal was tun, Kleidungs- und Speisevorschriften, usw). Es ist eben kein Gesetz für Gotteskinder sondern für Knechte und Sklaven. Und es ist nicht Gottes Gesetz sondern Moses' Gesetz, außer den 10 Geboten. Deshalb meine ich daß es Jesus auf den Tod nicht ausstehen konnte und dagegen immer nur Werbung machte für die 10 Gebote und für die wenigen anderen Segensgesetze wie das Nächstenliebegebot.

Seit ich die Gesetzesbücher einmal vollständig durchgelesen habe, habe ich an Gott gezweifelt und spürte das starke Verlangen mich aus dem Christentum zu verabschieden. Ich kann und will nicht heucheln daß mir dieses Gesetz göttlich vorkommt. Nein, denn es kommt mir sowohl menschenfeindlich als auch widergöttlich vor. Da ist so wenig Güte in diesem Gesetz, so wenig Vergebung. Das deutsche Grundgesetz ist soviel besser. Stell dir doch bloß mal die Tabernakelregeln vor ... so ein Schlachthaus soll ein heiliger Ort sein? Oder der Sinai mit seinem Qualm und mit der Dunkelheit und mit der Angst und dem späteren Mord- und Totschlag unter den Juden... das soll der heilige Gott der Liebe gewesen sein? Ich kann das nicht nachvollziehen. Es erscheint mir als etwas höllisches.

Es gibt da auch diese Stelle im Buch Nehemia in der Bibel. Da wird Judäa neu aufgebaut und die ersten Pharisäer proklamieren das Gesetz des Moses als erneute Volksgesetze. Was macht das Volk? Es weint bitterlich, und die Pharisäer sagen, das Gesetz ist Gott heilig und sie sollten sich alle freuen. Um Himmelswillen, ich kann das arme Volk verstehen.

LG

Daniel

Abischai
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#16 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von Abischai » Fr 26. Dez 2014, 15:46

@ Magdalena

Wie lange hast Du an dem statement gefeilt? Das ist in Kürze so gut auf den Punkt gebracht, ich bin begeistert!
Mir gelingt es nicht, die Bedeutung des Gesetzes so gut zu beschreiben.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

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#17 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von 2Lena » Fr 26. Dez 2014, 15:56

Michaelit hat geschrieben:Zum einen quillt dieses Gesetz von Todesstrafen nur so über.
Zum Beispiel ... alle Kanaaninter umbringen.
Kana ist unterdrücken, gleichzeitig Händler, erwerben.
Alles mit Unterdrückung - weg damit!
Aber was bringt - da ist man hingerissen ...

... geht so ähnlich weiter mit allen anderen Völkern ... (kein Genozid)

Michaelit hat geschrieben:Zum zweiten hat es viele Gebote die gar nicht zu halten sind.
wie zum Beispiel ... kein Wasser unter der Erde anbeten. Keine "Vielleichts" unterhalb dem was läuft verehren.

Michaelit hat geschrieben:Zum dritten werden darin Dinge Greuel und böse genannt die nicht so sind (HS, am Sabbath mal was tun, Kleidungs- und Speisevorschriften, usw).
Die mockten über das Holzsammeln am Sabath. Das ist tödlich. Da heißt es "Ratschläge" (Hölzer) werden nicht bei Ruhe aufgesammelt. Sabath heißt ruhen. Wenn alles in Ordnung und in Ruhe ist, braucht es kein tödliches Durcheinander!
Ein Priester zeigte sich als "Gesetz" durch die Art seiner Kleidung, wenn er vor das Volk trat.

Michaelit hat geschrieben:Seit ich die Gesetzesbücher einmal vollständig durchgelesen habe, habe ich an Gott gezweifelt und spürte das starke Verlangen mich aus dem Christentum zu verabschieden.

Verstehe, das meinte ich auch mal. Seit ich sie in *Auslegung kenne, wünschte ich - alle Gesetze wären so verständlich abgefasst worden, übersichtlich, deutlich und humorvoll genug. Da weinte (lachte) ich auch, als ich das verstand.

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#18 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von R.F. » Sa 27. Dez 2014, 19:29

Abischai hat geschrieben:@ Magdalena

Wie lange hast Du an dem statement gefeilt? Das ist in Kürze so gut auf den Punkt gebracht, ich bin begeistert!
- - -
Auch ich bin begeistert. Nach meiner Erfahrung schaffen nur wenige theologische Kommentare eine derart durchdachte Darstellung der Zusammenhänge auf kleinem Raum.

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sven23
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#19 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von sven23 » So 28. Dez 2014, 07:51

Magdalena61 hat geschrieben: Die Staatsgesetze von Israel oder von den Philippinen sind für einen Deutschen doch auch nicht verbindlich. Für ihn gilt die Rechtsordung seines Heimatlandes.
LG

Das kann man so nicht sagen. Es kommt darauf an, wo die Straftat begangen wurde. Wenn du in Malaysia mit Drogen erwischt wirst, droht dir in Malaysia die Todesstrafe. Das Heimatland interessiert dabei nicht.

Noch ein paar interessante Anmerkungen zu Paulus:

http://www.bibelkritik.ch/jesus/f14.htm

Zitat daraus:
"Paulus kümmerte sich nämlich in geradezu verdächtiger Weise nicht um den biografischen Jesus. An keiner Stelle berichtete er verbindlich über ihn oder dessen Zeitgenossen und Wegbegleiter. Weder nannte er Fakten und Daten, noch interessierte er sich für seinen Lebenslauf. "Nur ein toter Jesus war für ihn ein guter Jesus", schrieb Rudolf Augstein in seinem Jesus-Buch."
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#20 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von Salome23 » So 28. Dez 2014, 10:12

michaelit hat geschrieben: Und es ist nicht Gottes Gesetz sondern Moses' Gesetz
:thumbup:

Joh 8,17 Auch steht in eurem Gesetz geschrieben, dass zweier Menschen Zeugnis wahr sei.
Joh 10,34 Jesus antwortete ihnen: Steht nicht geschrieben in eurem Gesetz (Psalm 82,6): »Ich habe gesagt: Ihr seid Götter«?


michaelit hat geschrieben: Deshalb meine ich daß es Jesus auf den Tod nicht ausstehen konnte und dagegen immer nur Werbung machte für die 10 Gebote und für die wenigen anderen Segensgesetze wie das Nächstenliebegebot.
Matthäus 22
37 Jesus aber antwortete ihm: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt«.
38 Dies ist das höchste und größte Gebot.
39 Das andere aber ist dem gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3.Mose 19,18).
40 In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

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