was/wie/wo soll das Reich Gottes denn nun sein?

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Münek
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#231 Re: was/wie/wo soll das Reich Gottes denn nun sein?

Beitrag von Münek » Do 16. Apr 2015, 23:41

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: das kannst Du als Laie und Outsider doch überhaupt nicht beurteilen...
Woher willst Du wissen, dass ich wissenschaftlicher Outsider bin?

Das merkt man an Deinem "spirituellen Ansatz". Ein seriöser Wissenschaftler würde sich von einem
solchen Ansatz niemals leiten lassen. Der wäre dizipliniert - und würde sich entsprechend bremsen.

Persönliche Wunsch- und Glaubensvorstellungen haben in der Wissenschaft schlicht außen vor zu
bleiben. Es ist mir unverständlich, weshalb ich diese banale Tatsache hier immer wieder gegen Dich
ins Feld führen muss.

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Halman
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#232 Re: was/wie/wo soll das Reich Gottes denn nun sein?

Beitrag von Halman » Do 16. Apr 2015, 23:44

Was ist eigentlich Hermeneutik?
In der Philosophie bedeutet die Hermeneutik das Verstehen von Sinnzusammenhängen in menschlichen Lebensäußerungen aller Art. Sie hilft, die Fehler der Kommunikation aufzuzeigen und wenn möglich zu umschiffen.Denn wir meinen ja nicht immer, was wir sagen!
Also geht es darum, sprachliche Botschaften zu verstehen - so auch die BibelHermeneutik. Wie verhält sie sich zur Bibelexegese?
Zitat aus Hermeneutik und Exegese:
Hermeneutik und Exegese sind voneinander zu unterscheiden. Biblische Exegese bezeichnet die konkrete Auslegung eines bestimmten biblischen Textes, Hermeneutik dagegen beleuchtet die Voraussetzungen und Ziele der Auslegung. Die beiden verhalten sich ähnlich wie Sprache und Grammatik.

Wenn Philippus im obigen Beispiel dem Kämmerer den Text erklärt, betreibt er Exegese; dabei hat seine Erklärung eine bestimmte Hermeneutik zur Grundlage: Ein alttestamentliches Prophetenwort ist für ihn von Christus her zu verstehen. Ein rabbinischer Jude sähe das anders und würde daher den Text anders auslegen.
Können wir uns darauf einigen?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Münek
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#233 Re: was/wie/wo soll das Reich Gottes denn nun sein?

Beitrag von Münek » Do 16. Apr 2015, 23:56

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Du unterstellst der neutestamentlichen Forschung ohne jeglichen Grund, gewisse Dir persönlich wichtig erscheinende Aspekte biblischer Aussagen bei ihrer Urteilsfindung nicht berücksichtigt zu haben.
Es gibt nicht DIE NT-Forschung - es gibt aber unterschiedliche Ansätze der Forschung. - Die von Dir bevorzugte scheint zu sein: "Wir verstehen schriftliche Aussagen der Bibel a) als in unserer Auffassung wahr in Bezug auf Jesus, und b) als wäre die Bibel kein transzendenz-bezogener Text - so erscheinst Du wenigstens. - Das heisst: Geistige Aspekte sind nach Deinem Ansatz nicht berücksichtigt.

Dass der historische Jesus eine "Naherwartung" hatte und sich in dieser Erwartung geirrt hat,
behaupten keine Atheisten, sondern konstatieren redlicherweise namhafte Theologen aus dem
evangelischen und katholischen Lager. In dieser Frage besteht Einvernehmen!

Wie steht es mit Deiner "intellektuellen Redlichkeit"? Fremdwort?

Warum meinst Du, hier unbedingt den "geistigen Don Quichote" spielen zu müssen?
Zuletzt geändert von Münek am Fr 17. Apr 2015, 00:14, insgesamt 1-mal geändert.

Pluto
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#234 Re: was/wie/wo soll das Reich Gottes denn nun sein?

Beitrag von Pluto » Fr 17. Apr 2015, 00:11

Halman hat geschrieben:Können wir uns darauf einigen?
Sauber erklärt! Danke.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#235 Re: was/wie/wo soll das Reich Gottes denn nun sein?

Beitrag von closs » Fr 17. Apr 2015, 00:28

Münek hat geschrieben:Das merkt man an Deinem "spirituellen Ansatz". Ein seriöser Wissenschaftler würde sich von einem solchen Ansatz niemals leiten lassen.
Du täuscht Dich hier wirklich - Literatur (die was taugt) und Musik (die was taugt) ist nur über einen geistigen Ansatz erschließbar.

Dass dieses Erschließen erleichtert wird, wenn es flankierende historische, biografische, etc. Studien dazu gibt, bleibt dabei unbenommen - aber für die Substanz reicht dieses Flankierende nicht.

Münek hat geschrieben:Persönliche Wunsch- und Glaubensvorstellungen haben in der Wissenschaft schlicht außen vor zu bleiben.
Deswegen ist doch Wissenschaft in Deinem Sinn bei geistig relevanten Dinge auf die hinteren Plätze zu verweisen. - Niemand kann Goethes "Faust", Bachs "h-moll Messe" oder Shakespeares "Hamlet" substantiell über Wissenschaft in Deinem Sinne erschließen - flankierend ja.

Münek hat geschrieben: In dieser Frage besteht Einvernehmen!
Nein - nochmals aus dem Sammelwerk katholischer Theologie zitiert: "Dass Jesus nicht mit einer sehr baldigen Wiederkunft rechnete, zeigen mehrere Äußerungen der Parusierede (Mt 24, 14. 21. 31; Lk 21, 24; vgl. Lk 17, 22; Mt 12, 41), die Wiederkunftsgleichnisse, die eine lange Abwesenheit des Herrn nahe legen (vgl. Mt 24, 48; 25, 5; 25,19: .Nach langer Zeit kam der Herr jener Knechte zurück und hielt Abrechnung mit ihnen"), und die Gleichnisse vom allmählichen Wachsen des irdischen Gottesreiches (Mt 13, ?-4-33)." (kathpedia)

Ich verstehe trotzdem Deinen Ansatz - man kann bei entsprechenden Prämisen auch zu Deiner Auffassung kommen.

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Savonlinna
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#236 Re: was/wie/wo soll das Reich Gottes denn nun sein?

Beitrag von Savonlinna » Fr 17. Apr 2015, 00:46

Münek hat geschrieben:Das Kommen "dieses Reiches nicht von dieser Welt" hat Jesus als nah bevorstehend verkündet.
Etwas anderes geben die neutestamentlichen Schriften nicht her.
Münek hat geschrieben:Dass der historische Jesus eine "Naherwartung" hatte und sich in dieser Erwartung geirrt hat,
behaupten keine Atheisten, sondern konstatieren redlicherweise namhafte Theologen aus dem
evangelischen und katholischen Lager. In dieser Frage besteht Einvernehmen!

Woran, meinst Du, machten die Evangelisten - oder Jesus selbst oder sonst jemand - fest, dass das "Reich nicht von dieser Welt" nicht gekommen ist, Jesus sich also geirrt habe?
Wie erkennt man, dass ein Reich, das nicht von dieser Welt ist, nicht da ist?

Ich kenne die Zusammenhänge anders. Jesus verkündete ein unsichtbares Reich Gottes, und die Jünger glaubten, es handele sich um eine politische Erneuerung.
Als diese politische Erneuerung nicht da war, glaubten viele - und sagen heute auch noch viele -, dass sich Jesus darin eben getäuscht hat. Dass er diese Erneuerung bringen wolle, aber vorher hingerichtet wurde.

Was jetzt strittig sein mag, ist, ob nun erst nach dem Tod Jesu die Worte mit dem "Reich Gottes, das nicht von dieser Welt sei", erfunden wurden, oder ob diese Worte schon vorher von Jesus gesagt wurden, nur eben nicht verstanden wurden.
Und dann kann sich die Verkündigung eben auch realisiert haben.

Darum fragte ich, woran man Deiner Meinung nach erkennen kann, ob dieses unsichtbare Reich Gottes gekommen sei oder nicht.

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Münek
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#237 Re: was/wie/wo soll das Reich Gottes denn nun sein?

Beitrag von Münek » Fr 17. Apr 2015, 01:29

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das merkt man an Deinem "spirituellen Ansatz". Ein seriöser Wissenschaftler würde sich von einem solchen Ansatz niemals leiten lassen.
Du täuscht Dich hier wirklich - Literatur (die was taugt) und Musik (die was taugt) ist nur über einen geistigen Ansatz erschließbar.

Bitte keine Ablenke...

Das Thema ist hier "historisch-kritische Bibelexegese", genauer: die Erkenntnisse der neutestamentlichen
Forschung auf historisch-wissenschaftlicher Basis! Gegen deren nüchterne Ergebnisse rennst Du doch ja dau-
ernd an. Ist mir bei näherem Betrachten unverständlich.

Was hat meine Replik mit guter Literatur und Musik zu tun? Meinst Du, hinter Beethoven, Goethe, Grass oder
den "Beatles" stand Gott oder der "Heilige Geist"? Sorry, halte ich für ausgeschlossen.

"Tolle Werke" schaffen Menschen völlig allein. Sie verfügen über einen eigenen Geist! Der hat sich so über viele,
viele Jahre evolutiv entwickelt. Da musste nichts von "außerhalb" kommen.

Dieser Geist düst nicht heran aus irgendeiner behaupteten Transzendenz - und fädelt sich in jedes "frische
Gehirn
" ein. Diese Hypothese halte ich für gewagt - vor allem durch nichts belegt, eigentlich völlig abwegig.

2Lena
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#238 Re: was/wie/wo soll das Reich Gottes denn nun sein?

Beitrag von 2Lena » Fr 17. Apr 2015, 07:38

Münek hat geschrieben:Persönliche Wunsch- und Glaubensvorstellungen haben in der Wissenschaft schlicht außen vor zu bleiben. Es ist mir unverständlich, weshalb ich diese banale Tatsache hier immer wieder gegen Dich ins Feld führen muss.
Ich muss Halman schon ein bisschen verteidigen, denn sie zeigt hier überaus gekonnt die wissenschaftliche Arbeitsweise, wie sie an den Universitäten gelehrt wurde. Entsprechende Fachliteratur müsste dir das vor Augen führen.

Andererseits hast du als Ehrlicher natürlich Recht, dass Kritik laut wird. Die ganzen Zünfte von Maschinenbauern und Elektroingenieuren werden hinter dir stehen, da sie streng logisch denken müssen.

Diese Zersplitterung der Akademiker sollte nicht sein. Lacht bitte nicht, wenn ich erneut die Schiefentwicklung der Bibel dafür ins Feld führe. Die Logikregeln der Bibel wurden nämlich nicht erschlossen. Das führte (bei Hunderttausenden nach Müneks Ansicht) zur "humanistischen Bildung". Diese war für den technischen Bereich nicht brauchbar. Dort klappt die Rechnung nicht. Die können nicht mehr Minus und Plus rechnen mit ihren Texten.

Wenn also bisher unter Hermeneutik das Verstehen von Sinnzusammenhängen genommen wurde, konnten die Analysen dafür nicht richtig aufgestellt werden. Es fehlten gefühlte 90 % des Wissens und im gleicher Schere wurde immer weniger vom "Menschen" verstanden. Es war das reine im Dunkel tappten. Mit irgendwelchen Zufallstreffern wurde "wissenschaftlich" gearbeitet, bei zahlreichen menschlichen Konflikten und unbrauchbaren Regeln, die kaum Besserung gebracht haben.

Halman kann ganz toll erklären:
Halman hat geschrieben:Wenn Philippus im obigen Beispiel dem Kämmerer den Text erklärt, betreibt er Exegese; dabei hat seine Erklärung eine bestimmte Hermeneutik zur Grundlage: Ein alttestamentliches Prophetenwort ist für ihn von Christus her zu verstehen. Ein rabbinischer Jude sähe das anders und würde daher den Text anders auslegen.
Das ist der "angelernte Status".

Der nicht gelehrte Teil ist die rabbinische Methode - an die Texte des AT heranzugehen. Hätte man es getan, wäre die Bibel auch wissenschaftlich anwendbar - für alle Wissenschaftler ein MUSS. Betont sogar die Worte Jesu.

Habt ihr nun die Abneigung und die Schieflage anhand dieses Zitat's erkannt?

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Münek
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#239 Re: was/wie/wo soll das Reich Gottes denn nun sein?

Beitrag von Münek » Fr 17. Apr 2015, 12:57

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: In dieser Frage besteht Einvernehmen!
Nein - nochmals aus dem Sammelwerk katholischer Theologie zitiert: "Dass Jesus nicht mit einer sehr baldigen Wiederkunft rechnete, zeigen mehrere Äußerungen der Parusierede (Mt 24, 14. 21. 31; Lk 21, 24; vgl. Lk 17, 22; Mt 12, 41), die Wiederkunftsgleichnisse, die eine lange Abwesenheit des Herrn nahe legen (vgl. Mt 24, 48; 25, 5; 25,19: .Nach langer Zeit kam der Herr jener Knechte zurück und hielt Abrechnung mit ihnen"), und die Gleichnisse vom allmählichen Wachsen des irdischen Gottesreiches (Mt 13, ?-4-33)." (kathpedia)

Was hat "Kathpedia" mit theologischer Forschung und Lehre an den staatlichen Falkultäten (Wissenschaft) zu tun? NICHTS!.

"Kathpedia" ist nach eigener Auskunft ein "Projekt zum Aufbau einer freien katholischen Enzyklopädie", zu dem primär katholische Christen zur aktiven Mitarbeit eingeladen sind. Oberste Richtschnur in Zweifelsfällen ist neben der Bibel die Tradition der Kirche, wie sie in den kirchlichen Lehrdokumenten, dem Katechismus der Katholischen Kirche sowie dem Kompendium des Katechismus dargelegt werden.

Das war mal wieder ein Schuss in den Ofen.

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Halman
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#240 Re: was/wie/wo soll das Reich Gottes denn nun sein?

Beitrag von Halman » Fr 29. Mai 2015, 14:45

:wave:

insbesondere die Diskussion über die "Parusieverzögerung" brachte mich darauf, hier die Frage auszuwerfen: Was ist das „Reich Gottes“? Diese Frage wird nach meiner Kenntnis von Gläubigen und Ungläuben recht verschieden beantwortet: Die Vorstellungen reichen vom Herzenszustand eines Christen bis hin zum politischen Groß-Israel mit dem dritten Tempel.

Im Jahre 1987 gründete Rabbiner Yisrael Ariel das Tempel-Institut, welches den dritten Tempel wieder aufbauen will und zwar nach dem Vorbild des Tempels in der prophetischen Vision im Bibelbuch Hesekiel (sehr verschieden von den beiden antiken Tempeln).
Zitat aus Institut für Israelogie:
Eine seiner Hauptaufgaben ist beispielsweise die detailgetreue Herstellung aller für den Tempeldienst notwendige Utensilien.
Sogar die schönen König-Dvvid-Harfen gibt es schon für die Einweihung des dritten Tempels. In einer TV-Doku hörte ich (soweit es der Fernseher übermitteln konnte), dass sie wirklich sehr schön klingen.
(Dies wäre vielleicht ein gutes Thema für einen Thead)

Soll das Reich Gottes auf diese Weise auf Erden errichtet werden? Einige glauben dies. Andere mögen es in ihrer Kirche verwirklich sehen. Diese Interpretation geht vermutlich auf Augustinus von Hippo zurück, welcher in seinem Werk De Civitate Dei die Auffassung vertrat, dass die katholische Kirche das Himmelreich sei; eine Auffassung, die ich nicht teilen kann; denn darin waren auch Leute wie Kyrill von Alexandria, dem Hauptverantwortlichen für den bestialischen Mord an der Philosophin Hypatia 415 n. Chr. (er förderte übrigens auch die Marienverehrung).

Viele denken, dass die Hoffnung auf das Reich Gottes vergeblich ist, da dieser Glaube gescheitert sei. Diese Einschätzung geht von einer bestimmten Vorstellung des Reiches Gottes aus, welcher der historischen Wirklichkeit diametral entgegensteht - daher die Schlussfolgerung. Offenkundig hängt die Frage von der Parusieverzögerung entscheidend davon ab, was denn überhaupt unter dem Reich Gottes verstanden wird. Es war zentraler Bestandteil der predigten Jesu, doch was verkündete er den Menschen überhaupt? Was denkt ihr?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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