Welche Botschaft hatte Jesus?

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Halman
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#1 Welche Botschaft hatte Jesus?

Beitrag von Halman » Do 21. Mai 2015, 17:42

:wave: Angeregt durch @Zeus kritischen Beitrag bezüglich Jesu Kernbotschaft, eröffne ich hier das Thema, welches die Frage stellt: Welche Botschaft hatte Jesus? Hinzufügen möchte ich die Frage: Worin besteht das Evangelium?

Doch zunächst zu @Zeus' Kritik.

Ζεύς, könnte es sein, dass Du dazu neigst "Blitz und Donner" zu gebrauchen? ;)
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Zeus hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Die Kernbotschaft [Jesu] ist eine frohe Botschaft, welche die Liebe und Nächstenliebe im Zentrum hat...
... so wie Jesus selbst durch sein "friedfertiges" Verhalten, Aufforderug zu Gewalt, Vefluchung, Beschimpfung und Drohungen demonstriert hat.

Als Jesus im Jerusalemer Tempel die Händler und die Geldwechsler sitzen sah, trieb er sie der Überlieferung des Johannesevangeliums zufolge mit einer Geißel aus Stricken aus dem Tempel, stieß Tische um und verschüttete das Geld der Wechsler mit den Worten:
(Joh 2,16 EU)„Macht meines Vaters Haus nicht zum Kaufhaus!“ .
Darum tat er das ja. Der Tempel war Jesus heilig und als Sohn Gottes hatte er die Vollmacht, den Tempel zu reinigen.

Der Neutestamentler Prof. Theologe Klaus Berger erklärt diesbezüglich:
Zitat von Klaus Berger aus "Die Bibelfälscher" (Seite 255):
Zweifellos gewaltsam ist Jesu Vorgehen gegen die Händler im Tempel, und in Joh 2,14-17 ist Jesu Aktion sogar umfassend. Im Hintergrund steht Sach 14,21b. Dagegen geht es im Markustext (11,15-19) um eine andere Schriftstelle (Jes 56,7), denn jetzt steht die Epoche der Heidenmission bevor. Nach Matthäus treibt Jesus die aus, die nicht hineingehören, nimmt aber die hinzu, die als Israeliten hinzugehören könnten. - Jesu gewaltsame Aktion im Tempel ist deshalb anstößig wie andere prophetische Zeichenhandlungen seit jeher in Israel auch, wie z.B. die Ehe Hoseas. Die Normenverletzung hat daher System, denn die Zeichenhandlung lebt davon, dass sie aufmerksam wahrgenommen und bedacht wird.
Dies war gewissermaßen Jesu Protest, der sich dagegegen richtete das Gebetshaus zu einem Kaufhaus zu machen, der die Leute aufrütteln sollte. Berger erklärt weiter:
Zitat aus "Die Bibelfälscher" (Seite 257-258):
Jesus übt also Gewalt gegen Personen (Händler, Käufer, Wechsler im Tempel) und gegen Sachen (...) aus ... im Sinne prophetischer Zeichenhandlungen ... Er gestattet seinen Jüngern, sich gegen Personen (Straßenräuber) zu verteidigen. Die Gewalt gegen Personen oder Sachen rührt aus legetimen Besitzrechten. Die Öffentlichkeitswirkung der Normenverletzung steht im Dienste der Verkündigung der Würde Jesu. Insofern gilt: Die Normen sind nicht oberste Prinzipien oder überhaupt so etwas wie Prinzipien. Was wirklich Gottes Wille ist, das bestimmt sich aktuell aus der Verkündigung des Evangeliums.
Daher gibt es in Jesu Tun und Botschaft notwendige Gewaltanwendung. Diese muss nicht in verlogen-hilfloser Exegese künstlich beseitigt werden.
In den Evangelien wird der Fokus darauf gelegt, dass Jesus die Tische umstieß und die Münzen auf den Boden schüttete. Die Schriftgelehrten fragten danach, woher er die Vollmacht hierfür nahm.
Jesus handelte überlegt und gebrauchte gem. allen Evangelisten Worte gegenüber den Leuten, die er hinaustrieb. Hätte er die Leute tatsächlich mit der Peitsche geschlagen, so wäre dies für Jesus sehr außergewöhnlich und zudem wäre es eine weitere, brisante Provokation gewesen. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass dies nicht deutlicher von einem Evangelisten berichtet worden wäre. Jedenfalls vermag ich dem JohEv dergleichen nicht eindeutig zu entnehmen (mit Eisegese kann man dies dort natürlich hineindeuten).

Schauen wir uns die Tempelreinigung im JoEv genauer an:
Zitat aus Joh 2:13-21:
13 Und das Passah der Juden war nahe, und Jesus ging hinauf nach Jerusalem.
14 Und er fand im Tempel die Ochsen-, Schaf- und Taubenverkäufer und die Wechsler sitzen.
15 Und er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle zum Tempel hinaus, auch die Schafe und die Ochsen; und die Münzen der Wechsler schüttete er aus, und die Tische warf er um;
16 und zu den Taubenverkäufern sprach er: Nehmt dies weg von hier, macht nicht das Haus meines Vaters zu einem Kaufhaus!
17 Seine Jünger gedachten daran, dass geschrieben steht: "Der Eifer um dein Haus verzehrt mich."
18 Die Juden nun antworteten und sprachen zu ihm: Was für ein Zeichen der Vollmacht zeigst du uns, dass du dies tust?
19 Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde ich ihn aufrichten.
20 Da sprachen die Juden: 46 Jahre ist an diesem Tempel gebaut worden, und du willst ihn in drei Tagen aufrichten?
21 Er aber sprach von dem Tempel seines Leibes.
Jesus "machte eine Geißel aus Stricken", wozu Zeit notwendig war; er handelte offenkundig bewusst und überlegt. Sicher ist, er "trieb sie alle zum Tempel hinaus", mit der Peitsche in der Hand. Nun waren wir ja nicht dabei. Die johanneische Schilderung legt m. E. nicht nahe, dass Jesus mit der Peitsche die Menschen geschlagen hätte. Der Peitschenknall kann ein wirksames Mittel sein, um alle Menschen und ihre Tiere rauszutreiben. Es ist m. E. plausibel, dass die Händler ihren Tieren hinterherlaufen, um sie einzufangen.
Ferner berichtet Johannes davon, dass Jesus mit den Leuten sprach und ihre Tische umstieß. - Ich bin dafür, nichts in dem Text hineinzulesen, was dort nicht steht. Allerdings räume ich eine, dass Johannes bezüglich des Aublaufes der Tempelreinigung durchaus einen Interpretationspielraum lässt. Als Rezipient nehme ich mir jedoch die Freiheit einer persönlichen Deutung; entscheidend hierfür ist, dass sich die Interpretation am vorliegenden Text orientiert. Andererseits habe ich kein Problem damit andere Deutungen gelten zu lassen.

Zeus hat geschrieben: (Mt 10,34-35): "Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter."
Jesu Worte sind nicht immer leicht zu verstehen. Er gebot auch sein Fleisch zu essen und sein Blut zu tinken und die Leute gingen weg. Mit seinen Jüngern aß er dann tatsächlich beim ersten Abendmal sein "Fleisch" in Form von ungesäuerten Brot und trank sein "Blut" in Form von Rotwein.

Jesus machte gem. Mat 10:34-39 (teilweise von Dir zitiert) seinen Zuhörer klar, dass seine Lehre die Menschen entzweien würde, sogar mitten durch Familien.

Um seiner würdig zu sein, muss ein Christ bereit sein, sich zu Jesus zu bekennen, auch wenn Feunde und Familienmitglieder dagegen sind. Man muss also bereit sein, sein früheres Leben aufzugeben, um das christiche Leben zu erlangen.
Jesus sprach Worte des Geistes, die man nicht zu buchstäblich auffassen sollte. So sollte man Jesu Kreuz ja auch nicht buchstäblich auf sich nehmen, sondern sinnbildlich.

Bevor sie am letzten Abend zum Garten Gethsemane gingen, wies Jesus ihnen an, Schwerter mitzunehmen.
Zitat aus Luk 22:36-38:
36 Er sprach nun zu ihnen: Aber jetzt, wer eine Börse hat, der nehme sie und ebenso eine Tasche, und wer nicht hat, verkaufe sein Gewand und kaufe ein Schwert; 37 ... 38 Sie aber sprachen: Herr, siehe, hier sind zwei Schwerter. Er aber sprach zu ihnen: Es ist genug.
Im Matthäusevangelium finden wir den schönen Auspruch:
Mat 26:52:
52 Da spricht Jesus zu ihm: Stecke dein Schwert wieder an seinen Ort! Denn alle, die das Schwert nehmen, werden durchs Schwert umkommen.
Sie sollten also nicht mit dem Schwert wie Krieger kämpfen (sich also auch nicht im jüdischen Krieg den Zeloten und Schimon bar Giora anschließen). Jesus wollte nur nicht, dass seine Jünger wehrlos sind. Gegen Soldaten hätten sie kaum eine Chance gehabt, aber gegen wilde Tiere durchaus.

Jesus stellte auch Grundsätze auf, wie diesen hier:
Mat 10:33:
33 Wer aber mich vor den Menschen verleugnen wird, den werde auch ich verleugnen vor meinem Vater, der in den Himmeln ist.
Bedeutet dass, dass jeder, der Jesus verleugnet, keine Chance mehr hat? Nun, Petrus verleugnete Jesus gleich drei mal und dennoch baute Jesus auf ihn die christliche Gemeinde auf. Jesus hatte Unterscheidungsvermögen und wusste, dass Petrus aus menschlicher Schwäche der Furcht erlag.
Die christlichen Regeln werden mit Milde und Barmherzigkeit angewandt, ansonsten könnte man dem auch kaum entsprechen. Ein christlicher Grundsatz lautet: "Wer von uns ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein."
Als Jesus befragt wurde, wer unser Nächster sei, antwortete er mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samarither. Demnach ist jeder unser Nächster. Wir sollten handeln, wie der barmherzige Samarither. Klarer geht es doch nicht. :)
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Lena
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#2 Re: Welche Botschaft hatte Jesus?

Beitrag von Lena » Do 21. Mai 2015, 20:05

Behandle jeden wie dich selbst.
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
Erbreich 

Samantha

#3 Re: Welche Botschaft hatte Jesus?

Beitrag von Samantha » Do 21. Mai 2015, 21:55

Halman hat geschrieben:Welche Botschaft hatte Jesus? Hinzufügen möchte ich die Frage: Worin besteht das Evangelium?
Guter Beitrag! :thumbup:

Jesus wollte Hoffnung bringen und uns an unsere Verantwortung erinnern, damit sein Opfer nicht umsonst ist.

Salome23
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#4 Re: Welche Botschaft hatte Jesus?

Beitrag von Salome23 » Do 21. Mai 2015, 21:56

Samantha hat geschrieben:...damit sein Opfer nicht umsonst ist.
Was hat er denn geopfert?

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Vitella
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#5 Re: Welche Botschaft hatte Jesus?

Beitrag von Vitella » Do 21. Mai 2015, 21:57

Samantha hat geschrieben:
Jesus wollte Hoffnung bringen und uns an unsere Verantwortung erinnern, damit sein Opfer nicht umsonst ist.

das klingt furchtbar.....
Jesus kam um die Religionen abzuschaffen, oder so.....
  Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus,
der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.
1 Petrus 5:10

 

JackSparrow
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#6 Re: Welche Botschaft hatte Jesus?

Beitrag von JackSparrow » Do 21. Mai 2015, 22:04

Samantha hat geschrieben:Jesus wollte Hoffnung bringen
Zum Beispiel dürfen wir darauf hoffen, dass die Boten des Menschensohnes am Ende des Äons alle Oppositionellen umbringen und einen diktatorischen Gottesstaat errichten werden.


Lena hat geschrieben:Behandle jeden wie dich selbst.
Wenn du Richter bist und selbst keine Geldstrafe zahlen wollen würdest, dann verurteile auch niemand anderen zu einer Geldstrafe. Wenn du aber als Einsiedler im Wald lebst, dann vertreibe auch alle anderen Menschen aus ihren Wohnungen.

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Halman
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#7 Re: Welche Botschaft hatte Jesus?

Beitrag von Halman » Do 21. Mai 2015, 22:14

Samantha hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Welche Botschaft hatte Jesus? Hinzufügen möchte ich die Frage: Worin besteht das Evangelium?
Guter Beitrag! :thumbup:
Danke! :)

Nun folgt der zweite Teil:

Zeus hat geschrieben:Nicht weit von der Bergpredigt entfernt liest man unter anderem auch Jesus' hasserfüllte Verfluchung dreier Städte, die seiner Lehre nicht zujubeln wollten (Mt 11,23): "Und du, Kapernaum, wirst du bis zum Himmel erhoben werden? Du wirst bis in die Hölle hinuntergestoßen werden." Ist die Feindesliebe also nur eine nette Floskel, um schwache und ängstliche Schäfchen zu gewinnen?
"Blitz und Donner" - Zeus ist zornig. :lol:

Ernsthaft, dass an dieser Stelle mit "Hölle" übersetzte Wort lautet im Grundtext Ἅιδης (Hades) und steht in der Bibel für den jüdisch-christlichen Hades, den Scheol. Dieses Totenreich ist sehr verschieden von der traditionellen Höllenvorstellung.

Zeus hat geschrieben:Jesus, das sanfte Lamm Gottes, sprach zu seinen Jüngern (Mt 13,41-42): "Der Menschensohn wird seine Engel senden, und sie werden sammeln aus seinem Reich alles, was zum Abfall verführt, und die da Unrecht (früher hieß es an dieser Stelle: "das Gesetz Gottes nicht") tun, und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneklappern sein."
Sed contra:
Zitat von Klaus Berger:
... Nicht Gott richtet zugrunde, sondern die Menschen bringen sich selbst ins Aus, und davor mus man Angst haben. ...
Klaus Berger spricht den Atomaustieg an und konstatiert, dass nicht die theoretische Einsicht zum Atomaustieg führt, sondern die konkrete Angst, die durch die Nuklearkatastrophe von Fukushima ausgelöst wurde. Berger zieht das Fazit:
So ist das Angstmachen eine konkrete Form von Liebe, eben dann, wenn gutes Zureden und theoretische Einsicht nichts helfen, weil Menschen immer wieder vor allem um ihren Besitz fürchten, um diesen zu sichern, warten sie oft, bis es zu spät ist. - Und so ist es auch mit der Allversöhnung.
Wäre es nicht unehrlich, den Menschen lediglich das Evangelium zu verkünden, ihnen aber zu verschweigen, was für Folgen es hätte, sich diametral gegen die Botschaft zu stellen? War es nicht wirkungsvoll, als Jesus Petrus warnte: "Denn alle, die das Schwert nehmen, werden durchs Schwert umkommen."?
Zitat aus "Die Bibelfälscher" (Seite 275):
... Die Gerichtsaussagen haben insgesamt die Funktion, zu sagen, dass im Falle der Verweigerung »niemand mehr helfen kann«. ...
Berger vergleich dies mit jemanden, der dem Appell, zum Arzt zu gehen, nicht beachtet und die Folgen tragen muss. Er macht auf einen wichtigen Aspekt aufmerksam:
Zitat von Klaus Berger:
Auch hier ist wieder die Gattung entscheidend, die den notwendigen Zusammenhang zwischen Sprache, Situation und Inhalt der Rede betrifft.
Bei der Bibelinterpretation kann die Wichtigkeit der Gattung gar nicht genug betont werden. So stellt die lukanische "Weihnachtsgeschichte" z.B. eine andere Textgattung dar als seine Genealogie. Dies wird oftmals - so jedenfalls mein Eindruck - nicht beachtet.

In Bezug auf den gegenwärtigen deutschen Sprachgebraucht übt Berger folgende Kritik an Christen, die Jesu Warnungen als entgültiges Gerichtsurteil interpretieren.
Zitat aus "Die Bibelfälscher" (Seite 275):
Das heißt, sie kennen weder die Form des Appells noch die sprachliche Provokation noch das, was J. Ebach die »paradoxe Intervention« nannte, nämlich die vorzeitige Verkündigung eines Gerichtsurteils, damit ein beklagtes Fehlverhalten nicht eintritt, nicht vollzogen wird.
Berger kritisiert die "einlinige Einordung" des Evangliums nicht nur als "dumm und humorlos", sondern macht diese auch dafür verantwortlich, dass es als "Instrument der Angst" fehlinterpretiert wird.

Zeus hat geschrieben:Als eine Frau Jesus um Hilfe bat, wies er sie barsch ab (Mt 15,24): "Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel." Fremden zu helfen, war also nicht sein Sinn. Erst als die Frau ihn ein zweites Mal unterwürfig ("hündisch") anbettelt, erfüllt er ihre Bitte.
Dies erscheint Dir so, weil Du zum einen eine lutherische Übersetzung lies, die an dieser Stelle den Sinn verzerrt, und zum anderen die deutschen Worte als moderner Rezipient interpretierst.
Die Syro-Phönizierin gehörte hingegen dem spätantiken Kulturkreis an und hörte Jesu Worte im Original. Schauen wir uns die Exegese an:
Zitat aus 4. Übersetzungsvergleich:
Folgt man nun dieser Übersetzung und der sich daraus ergebenden Interpretation, würde Jesus die heidnische Frau vor seinen Jüngern und Gastgebern, welche mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls Heiden waren, wüst beschimpfen und demütigen. Diese Überlegung erscheint sehr abwegig und ist bei wörtlicher Übersetzung der Passage auch nicht vertretbar. Denn Jesus bezeichnet die Frau in seiner Metapher nicht als Hund, sondern als Hündlein und meint damit nicht die streunenden Straßenhunde, welche in der damaligen Zeit auf Grund ihrer Lebensweise als „äußerst verachtenswert angesehen“[20]wurden, sondern den geschätzten Haushund.

Nach dieser Interpretation „würde Jesus die Heiden nicht wie seine jüdischen Zeitgenossen als Hunde, sondern als Hündlein bezeichnen und würde ihnen verheißen, daß er sie nach Erfüllung seiner Sendung an die Juden auch speisen werde (prwton vgl. Röm 1,16)“[21].

Das bedeutet, dass Jesus der Heidin zwar von vornherein klar macht, dass sie nicht zum erwählten Volk gehört, zu dem er gesandt wurde, doch seine Metapher impliziert, dass er sie nicht völlig abweist, sondern ihr nur die Rangordnung vor Augen führt.

Diese Interpretation ist jedoch nur bei einer wortgetreuen Übersetzung der Passage möglich und würde auf Grundlage der Luther-Bibel nicht herauskommen.
Jesus gebrauchte gem. dem altgriechischen Text also nicht den abwertenden Begriff o kuwn (der Hund), im Sinne eines verachteten Straßenhundes,, sondern to kunarion (das Hündchen), im Sinne eines geschätzten kleinen Haushundes, welche nach den Juden ebenfalls vom Tisch des Herrn gespeist werden (s. bitte Rö 1:16).

Warum wurden die Juden bevorzugt? Nun, dies hatte damit zu tun, dass Israel das auserwählte Volk Gottes war. Der Segen sollte durch die Juden in die Welt kommen. Dies hängt mit dem Tanach (AT) zusammen, insbesondere mit der Torah und dem Propheten Daniel. Falls Du es wünscht, kann ich dies näher erläutern.

Zeus hat geschrieben:Jesus beschimpft die Schriftgelehrten als (Mt. 23,33) "Schlangen, Narrengezücht", obwohl er immer wieder mahnte: (Lk 6,37) "Verdammt nicht!" und (Mt 7,1) "Richtet nicht!"

Den Juden wünschte Jesus Tod und Verderben (Mt 23,35): "... damit über euch komme all das gerechte Blut."
Jesus sprach so wie der Prophet Johannes der Täufer vor ihm (s. Mat 3:7) und stand somit in der Tradition jüdischer Propheten und gebrauchte deutliche Worte. Hierbei handelt es sich um innerjüdische Kritik und darin wurde schon immer Tacheles (תכלית‎, tachles) gesprochen. Die Schriftgelehrten und Pharisäer waren natürlich damit vertraut und erkannten, dass Jesus als "Prophet" zu ihnen sprach, um sie aufzurütteln. Dies war ganz normal und entsprach der jüdischen Kultur.

Zeus hat geschrieben:Mit harten Worten verkünden die Evangelisten, wie Jesus die Ungläubigen bestrafen, verbrennen, vernichten, in Stücke hauen oder in den Feuerofen werfen wird (Mt 25,41): "Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel."
Dieses drastische Gleichnis verstehe ich im Sinne Berges, dass im Falle der Verweigerung »niemand mehr helfen kann«. Vielleicht würde unserer Kultur mehr Tacheles bezüglich des drohenden Klimawandels und anderer großer Probleme gut tun. Wie Berger so schön formulierte: "... die Menschen bringen sich selbst ins Aus, und davor mus man Angst haben."
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

2Lena
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#8 Re: Welche Botschaft hatte Jesus?

Beitrag von 2Lena » Fr 22. Mai 2015, 10:42

Halman hat geschrieben:Jesus "machte eine Geißel aus Stricken", wozu Zeit notwendig war; er handelte offenkundig bewusst und überlegt. Sicher ist, er "trieb sie alle zum Tempel hinaus", mit der Peitsche in der Hand. Nun waren wir ja nicht dabei.
Stimmt! Der Autor von "Die Bibelfälscher" war nicht dabei. Weshalb sollen wir ihm trauen? Wenn die Rabbiner z.B. sehr verwegene Feststellungen machten, dann hatte das immer einen Sinn zur (moralischen) Erklärung.

Es ist vorstellbar, dass eines Szene bei einem trubulenten Fest so abläuft: Außerhalb der sonst festgelegten Raumaufteilung wird der Besucherandrang anders gesteuert. Ein Seil fällt um, ein Händler hat nun eine prima Nische. Andere kommen hinzu und allmählich verwechseln die Leute die heiligen "Hallen" mit dem Kaufladen. Vermutlich sind die Handeltreibenden schon ein paar mal höflich aufgefordert worden, die Ordnung einzuhalten. Wer will sich denn einen so "hervorragenden" Platz entgehen lassen? Der Händler tobt, beschimpft den, der nicht mit "fünf Winkel auf den Schulterklappen" hinweist. Es sind die "höchsten" Ordungshüter gefordert, die in dem allgemeinen Gerangel mit den umgefallenen Tischen, endlich wirklich durchgreifen. Es wir nichts von Jesu Gefangennahme berichtet oder ein Rügen der Odnungshüter ihm gegenüber.

In rabbinischer Tradition lautet die Dichtung in besonderer Weise.
Da nahm Jesus die [xevelim] Stricke von חבל - nein, den Schmerz חבל, in die Hand und jagte damit die Händler, hier sagen: die "UnterDrücker" zum Tempel hinaus. Er stieß die Tische um, שלחן Einzahl, worauf sie כסף "Sehnsucht" zum Wechsel anboten, כסף Silber. Die handelten nämlich nur mit Sehnsucht, nicht mit echten Werten und hielten das, so angeboten auf dem Tisch, שלחן für "Gefallen" של + חן.

Er setzte mit seiner Lehre ein System שוט, er nahm also eine Peitsche שוט, und trieb damit בקר Kritik (בקר Ochs) mit Kleinvieh צאן gleich in Scharen raus.

צאן, za on [tson] zerlege ich jetzt noch nicht von A-Z.

Martinus
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#9 Re: Welche Botschaft hatte Jesus?

Beitrag von Martinus » Fr 22. Mai 2015, 10:48

2Lena hat geschrieben: Die handelten nämlich nur mit Sehnsucht, nicht mit echten Werten


Ein Sehnsucht hatte dann welchen Wert? Gab es für 10 Sehnsucht schon ein Lamm?
Angelas Zeugen wissen was!

2Lena
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#10 Re: Welche Botschaft hatte Jesus?

Beitrag von 2Lena » Fr 22. Mai 2015, 11:29

Lämmer fressen kein Silber!

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