Theodizee

Rund um Bibel und Glaube
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Ska'ara
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#1081 Re: Theodizee

Beitrag von Ska'ara » Di 8. Nov 2016, 00:36

Münek hat geschrieben: Ist man überkritisch, wenn man sich den Erkenntnissen der theologisch-exegetischen Wissenschaft anschließt? ;)
Ja, solange man nicht selber denkt und sich den Kopf mit Daten vollstopft, also kopiert, bis der Speicher voll ist, so dass ein anderes Denken keinen Platz mehr hat.

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Münek
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#1082 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Di 8. Nov 2016, 00:49

Ska'ara hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Ist man überkritisch, wenn man sich den Erkenntnissen der theologisch-exegetischen Wissenschaft anschließt? ;)
Ja, solange man nicht selber denkt und sich den Kopf mit Daten vollstopft, also kopiert, bis der Speicher voll ist, so dass ein anderes Denken keinen Platz mehr hat.
Diese Gefahr sehe ich bei mir eher nicht.

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sven23
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#1083 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » Di 8. Nov 2016, 06:17

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb gibt es die Methodik, die subjektive Willkür weitgehend ausschließen soll.
Du hast es nicht verstanden: Das Problem sind nicht die Quellen und deren wissenschafts-technische Erschließung, sondern deren INTERPRETATION..
Die Interpretation ist aber nicht immer beliebig und willkürlich, wie in der Glaubensdogmatik.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was sich aber plausibel auflösen lässt, wenn man die chronologische Entwicklung der Texte berücksichtigt,
Ja - wobei hier eben die übliche Vorgehensweise "Je älter, desto authentischer" nicht funktionieren muss, da es kein geschriebenes Original gibt. Es kann also sein, dass ältere Quellen schlechter verstandene Rezeptionen des Originals Jesus sind als jüngere Quellen. - Gäbe es ein geschriebenes Original, hättest Du recht - denn dann ginge es um Abschreiben, verändern, ergänzen einer klaren Vorlage - hier ist aber die Vorlage das, was Jesus gemeint hat...
Du hoffst also immer noch, dass der wahre Jesus ein ganz anderer war, als in den ältesten Quellen beschrieben und dass die Texte, die 70 Jahre später geschrieben wurden, authentische Jesusworte übermitteln, woher auch immer?
Merkste, wie unsinnig das ist und dass dies nichts in seriöser Forschung zu suchen hat.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb ist ja die Methodik so wichtig, um willkürliche und glaubensdogmatisch gesteuerte Interpretation auszuschließen.
Du hast es nicht verstanden: Das Problem sind nicht die Quellen und deren wissenschafts-technische Erschließung, sondern deren INTERPRETATION....
Das Problem sind nicht die Quellen, sondern die Vergewaltigung der Quellen durch Glaubensdogmatik. Das hast du schon recht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, Theißen sagt das nur, um closs hinters Licht zu führen.
Wenn er es ernst meint (was ich eigentlich schon glaube), geht das an Eure Adresse.....
Wenn du das, was wir hier schreiben, aufmerksamer lesen und verinnerlichen würdest, geht der Vorwurf an dich zurück. Wir haben Theißen u. a. oft genug im Original zitiert.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1084 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Di 8. Nov 2016, 08:16

Münek hat geschrieben:Ist man überkritisch, wenn man sich den Erkenntnissen der theologisch-exegetischen Wissenschaft anschließt?
Dann ist man unkritisch, wenn man sie nicht richtig einordnet.

sven23 hat geschrieben:Du hoffst also immer noch, dass der wahre Jesus ein ganz anderer war, als in den ältesten Quellen beschrieben und dass die Texte, die 70 Jahre später geschrieben wurden, authentische Jesusworte übermitteln, woher auch immer?
Zwei mal ein falscher Ansatz:

1) Es geht nicht um die Un-Authentizität alter Quellen, sondern um deren Verständnis im Gesamt-Kontext.
2) Es geht nicht darum, ob Jesus sagte "Gott ist die Liebe" (wie es "Johannes" meint), sondern darum, ob "Johannes" damit den Kern der jesuanischen Botschaft 70 Jahre später authentischer trifft als frühere Quellen.

sven23 hat geschrieben:Das Problem sind nicht die Quellen, sondern die Vergewaltigung der Quellen durch Glaubensdogmatik.
ODER durch weltanschauliche Interpretationen auf Basis der HKM. - Diese Gefahr besteht auf beiden Seiten.

sven23 hat geschrieben:Wenn du das, was wir hier schreiben, aufmerksamer lesen und verinnerlichen würdest, geht der Vorwurf an dich zurück. Wir haben Theißen u. a. oft genug im Original zitiert.
Aber offensichtlich ganz anders verstanden als ich.

Wenn ich ihn richtig verstehe, sagt er: " 'Jesus hatte eine Naherwartung' ist eine schlüssige Aussage im Rahmen der HKM. - Ob dies der damaligen Realität entspricht steht unter dem Vorbehalt, dass jegliche Methodik immer nur ein Versuch ist, dem, was der Fall war, gerecht zu werden - es kann auch genauso falsch sein". - Dies entnehme ich zu Theißens Gunsten aus dem letzten Zitat, das Du von ihm gebracht hast.

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#1085 Re: Theodizee

Beitrag von Ska'ara » Di 8. Nov 2016, 10:06

closs hat geschrieben: Wenn ich ihn richtig verstehe, sagt er: " 'Jesus hatte eine Naherwartung' ist eine schlüssige Aussage im Rahmen der HKM.
Jesus vermittelte eine Naherwartung, die auch stattfand.

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Münek
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#1086 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Di 8. Nov 2016, 10:29

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ist man überkritisch, wenn man sich den Erkenntnissen der theologisch-exegetischen Wissenschaft anschließt?
Dann ist man unkritisch, wenn man sie nicht richtig einordnet.
Da gibt es nichts falsch einzuordnen. Die Ergebnisse der Bibelwissenschaften sprechen für sich. Diesen vertraue ich mehr als den kirchlichen Dogmen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn du das, was wir hier schreiben, aufmerksamer lesen und verinnerlichen würdest, geht der Vorwurf an dich zurück. Wir haben Theißen u. a. oft genug im Original zitiert.
Aber offensichtlich ganz anders verstanden als ich.

Wenn ich ihn richtig verstehe, sagt er: " 'Jesus hatte eine Naherwartung' ist eine schlüssige Aussage im Rahmen der HKM. - Ob dies der damaligen Realität entspricht steht unter dem Vorbehalt, dass jegliche Methodik immer nur ein Versuch ist, dem, was der Fall war, gerecht zu werden - es kann auch genauso falsch sein". - Dies entnehme ich zu Theißens Gunsten aus dem letzten Zitat, das Du von ihm gebracht hast.

Bei Theißen hört sich das ganz anders an. Zu Jesu Naherwartung schreibt er in seinem Buch "Der historische Jesus", S. 252/253:

"Hier konzentrieren wir uns auf das Problem der IRRTÜMLICHEN Naherwartung Jesu. Gleichgültig wie man die in seiner Verkündigung impliziten Terminperspektiven deutet. Es bleibt immer das Problem: Jesus verkündigte eine nahe Gottesherrschaft, es kam aber das Christentum, das sich von der "Gottesherrschaft" oft weit entfernte. Jesus hat NICHT mit dem Weiterbestehen der Welt für so lange
Zeit gerechnet.
...Die irrtümliche Naherwartung Jesu (und der ersten Christen) hat im Urchristentum keine große Krise ausgelöst.
Jedoch wurde das Problem registriert..."

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#1087 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Di 8. Nov 2016, 10:49

Ska'ara hat geschrieben:Jesus vermittelte eine Naherwartung, die auch stattfand.
Genauso sehe ich es auch (wobei es eher ein "Nah-Wissen", als eine Erwartung war - aber das ist jetzt nicht so wichtig). - "Das Gottesreich ist nah" wird von allen mir bekannten Kirchen als Kern der jesuanischen Botschaft verstanden - aber eben anders, als es säkular INTERPRETIERT wird. - Und interpretieren (= Weltanschauung) ist eben etwas anderes als beobachten (= Wissenschaft). - Das scheint nicht immer verstanden zu werden.

Münek hat geschrieben:Die Ergebnisse der Bibelwissenschaften sprechen für sich.
q.e.d.

Münek hat geschrieben:Bei Theißen hört sich das ganz anders an.
Hier schon - weil er INNERHALB seines Systems argumentiert = Theißen interpretiert hier aus dem säkularen Szenario der HKM heraus. - Svens Zitat jedoch zeigt Theißen, wie er sein System selbst-kritisch einordnet - mit dem Ergebnis, dass es nur eine Versuch sein kann, dem, was der Fall war, gerecht zu werden.

Würde man beide Aussagen zusammenführen, würde Dein hier gebrachtes Zitat lauten:
"WENN die HKM mit ihrem Ansatz dem, was der Fall war, in dieser Frage gerecht wird, DANN gilt, dass Jesus nicht mit dem Weiterbestehen der Welt für lange Zeit gerechnet hat. - OB sie dem gerecht wird, ist aus Aussagen INNERHALB des Systems nicht ermittelbar".

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fin
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#1088 Re: Theodizee

Beitrag von fin » Di 8. Nov 2016, 11:37

Münek hat geschrieben: Bei Theißen hört sich das ganz anders an. Zu Jesu Naherwartung schreibt er in seinem Buch "Der historische Jesus", S. 252/253

Hallo Münek,
ich möchte dich an meine letzte Frage erinnern, da mich deine Antwort (ernsthaft) interssiert. Ich hoffe, daß du den humorvollen Ton nicht falsch aufgefasst hast. Warum bist du - als Atheist - mit der Materie so gut vertraut, was treibt dich - einen Atheisten - an/hier um?

Grüße
fin

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#1089 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Di 8. Nov 2016, 12:59

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Bei Theißen hört sich das ganz anders an.
Hier schon - weil er INNERHALB seines Systems argumentiert = Theißen interpretiert hier aus dem säkularen Szenario der HKM heraus. - Svens Zitat jedoch zeigt Theißen, wie er sein System selbst-kritisch einordnet - mit dem Ergebnis, dass es nur eine Versuch sein kann, dem, was der Fall war, gerecht zu werden.
Wenn Theißen - wie die anderen Exegeten - mit höchster Wahrscheinlichkeit von einem Irrtum des historischen Jesu ausgeht, dann kannst Du sicher sein, dass er das auch so meint. Nie würde er auf den abstrusen Gedanken verfallen, seine Feststellung könne ebenso gut falsch sein.

Du interpretierst eisegetisch in Theißens Feststellung etwas hinein, was dieser mit Sicherheit nicht gemeint hat.

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#1090 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Di 8. Nov 2016, 13:12

Münek hat geschrieben: Nie würde er auf den abstrusen Gedanken verfallen, seine Feststellung könne ebenso gut falsch sein.
Ich denke schon, dass er seine Aussage ernst gemeint hat und um die Relativität von Methodiken weiss. - Im Grunde müsste man ihn mal fragen, was er persönlich glaubt - entweder dasselbe oder etwas anderes - beides wäre nicht überraschend.

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