allversöhnung

Rund um Bibel und Glaube
closs
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#21 Re: allversöhnung

Beitrag von closs » Di 13. Sep 2016, 20:06

michaelit hat geschrieben:allversöhnung
Dieses Thema ist ein kontroverses Thema und wird nie unter den Menschen einvernehmlich beanwortet werden - also auch hier nicht.

Alles hängt von der Genesis ab, bei deren Interpretation üblicherweise unterschiedliche Weichen gestellt werden, die zwangsläufig zu unterschiedlichen Interpretationen all dessen führen, was folgt.

Persönlich glaube ich unumstößlich, dass die "geistige Mechanik" der Bibel folgende ist:
* Der Mensch wird durch und in Gott geschaffen ("Paradies") und ist solange "unschuldig", solange er von Gott nicht getrennt ist.
* Mit dem Aufkeimen eigenen Bewusstseins stellt der Mensch unwillkürlich und notwendigerweise eine Ich-Orientierung der Gott-Orientierung gegenüber ("Sündenfall").
* Heilsgeschichte ist der a)weltgeschichtliche ("Weltzeit") und b)individuelle Prozess, in der gewonnenen Ich-Orientierung ("Selbst-Bewusstsein" - "die Augen klärten sich") dieses Ich in Eigen-Erkenntnis wieder in Gott aufheben zu wollen.
* Erlösung ist das notwendige Einschreiten Gottes, weil dies der Mensch alleine nicht kann.

Insofern ist der "Baum der Erkenntnis" die "Schleuse" aus Gott heraus, und der "Baum des Lebens" die Schleuse zurück zu/in Gott - nur dass der Mensch bei diesem "Zurück" inzwischen eigen-bewusst ist. - Dieses Eigen-Bewusstsein des Menschen ist von Gott gewollt, weil er will, dass er keine geistig-bewusstlosen Embryos um sich hat, sondern dass er von seiner "ebenbildlichen" Schöpfung bewusst erkannt wird. - Dies geht nur über den Umweg der Heilsgeschichte/des zwischenzeitlichen Getrenntseins von Gott.

Insofern ist der diesbezügliche Kernbegriff der Heilsgeschichte nicht "Schuld", sondern "Erkenntnis". - "Richten" ist dementsprechend nicht "Rübe ab", sondern so, wie ein Chirurg einen Knochen "richtet". - Genauso übersetzt M.Buber das AT, wenn er "Gericht" als "Bewahrheitung", also Heilung, bezeichnet.

Großer Sprung:
Es sieht so aus, dass diese Interpretation noch nicht heilsgeschichtlich "dran" ist - die heutige Zeit ist noch zu sehr eingebunden in menschliches Interpretieren der "Gerechtigkeit". Insofern stelle ich diese Version ohne Hoffnung auf viel Zustimmung ein. :)

Ganz nebenbei:
Wiewohl ich den Katholiken aus fundamental-theologischen Gründen am nähesten stehe, hat hier aus meiner Sicht Luther mit seiner Rechtfertigungslehre die Nase vorn.

michaelit
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#22 Re: allversöhnung

Beitrag von michaelit » Di 13. Sep 2016, 20:44

Klingt gar nicht übel, Closs.

Ich hatte da mal ein Erlebnis, vielleicht interessiert es dich. Ich hatte lange über die Erlösung nachgedacht und bin aber dabei an der Bibel verzweifelt und konnte in ihr nicht das finden was ich suchte. Ich betete eine Weile und hatte diese Vision:

Ich sah ein Bild von einem starken Blitz der zur Erde niederfährt, und eine Stimme sagte, so gehst du durch den Blitz durch dein Leben, wie durch ein Meer.

Dann zuhause ging es weiter. Ich hörte eine Stimme fragen, "Was ist dein Weg?" Sie sagte, "Bei dem Glauben meinen die Menschen daß Jesus der wertvolle Beschützer einiger weniger Gläubiger ist. Die Werksgläubigen sagen, alle Menschen die keine guten Werke tun wollen Christus nur täuschen. Und bei dir (also mir hier) wäre es so daß ich durch reine Erkenntnis Erlösung finden würde."

Allerdings sehe ich es auch so daß Erkenntnis nicht alles ist. Es gibt viele Werte. Glauben und Treue sind viel. Liebe und Zuwendung ist viel. Erkenntnis ist viel. Gute Taten sind viel. Geduld ist viel. Friedlichkeit ist viel. Demut ist viel. Der Mensch hat viele Möglichkeiten sich zu beweisen, aber er ist dabei in dem Dualismus von "I and thou" wie es auch dein Buber betont. Manchmal geht es auch nicht so recht mit dem Glauben und daß ich Gott als Gegenüber habe. Es ist wie bei den Griechen, die Moiren stehen über Zeus.

Es bleibt wohl dabei daß man sich in der Religion als unzulänglich empfindet. Man traut sich nicht etwas zu sagen, es gibt Unterdrückung vieler Art, auch geistlicher Art. Bei mir kann ich es nicht anders denken als daß Gott jeden Menschen liebt und unser aller Rettung was das Nachleben betrifft, sicher ist, durch Gottes Liebe und seinen Charakter. Deswegen aber muß man gerade betonen daß Gott auch Charakter hat, nicht nur Persönlichkeit. Er hat gehandelt und handelt immer noch. Man kann diesen Gott auch finden, wenngleich er sich den Definitionen entzieht und ein Alles ist wie im Panentheismus bei Krause, falls du den kennst (ist in Spanien sehr bekannt).

Wie würdest du bei dir in deiner Theologie Christus und sein Kreuz einordnen? Was tut er deiner Ansicht nach dort? Oder war es ein Unfall, der zufällige Mord eines Propheten? Geschah ja auch vorher schon und ist nachher wieder geschehen. Wer ist dieser Christus für dich, Closs?

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lovetrail
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#23 Re: allversöhnung

Beitrag von lovetrail » Di 13. Sep 2016, 20:50

michaelit hat geschrieben:Das was du da aus der Bibel zitierst Lovetrail ist für mich einer der Gründe warum ich dieses Buch ablehne. Meine Familie ist mir teuer und ich werde sie nicht als meine Feinde betrachten. Und ich bin sicher die Bibel wurde hier gefälscht, denn ohne Familienliebe kann eigentlich niemand leben. Ihr macht euch etwas vor wenn ihr denkt ihr müßt jemanden verachten wegen Christus, das ist teuflisch. Jesus kann nicht einerseits Liebe predigen und andererseits Haß, das würde ihn zum Janus machen der nicht weiß was er eigentlich will. Ich lasse mich nicht spalten und ich bestehe auf der Liebe und nicht auf Gericht und Zorn. Gott muß freundlich zum Menschen sein wenn er auch mit Liebe angesehen werden will. Ich glaube Jesus wußte das und hat deswegen das Leben im Geist propagiert. Die Bibel ist nur Menschenwerk und hat wenig Geist. Gott ist viel besser als die Bibel aussagt. Manchmal kann man der Bibel verzeihen wenn man sieht wie schwach und altertümlich die Menschen damals waren. Daß sie Probleme hatten die sie nicht bewältigen konnten. Aber es gibt auch so etwas wie Fortschritt und das gilt es zu unterstützen.
Vorsichtig! Nicht das Kind mit dem Bade ausschütten!

Nicht die Jünger Jesu wollen Streit, sondern die aus dem Fleisch Gezeugten verfolgen die aus dem Geist Gezeugten. Zur Zeit Jesu waren das die Pharisäer, Schriftgelehrten. Saulus/Paulus dachte anfangs auch er würde Gott einen Dienst erweisen, wenn er die Christen verfolgt.

12 Ich danke Christus Jesus, unserem Herrn, der mir Kraft verliehen, dass er mich treu erachtet und in den Dienst gestellt hat,
13 der ich früher ein Lästerer und Verfolger und Gewalttäter war; aber mir ist Barmherzigkeit zuteilgeworden, weil ich es unwissend im Unglauben getan hatte;
14 überströmend aber war die Gnade unseres Herrn mit Glauben und Liebe, die in Christus Jesus sind.
15 Das Wort ist gewiss und aller Annahme wert, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, Sünder zu retten, von welchen ich der erste bin.
16 Aber darum ist mir Barmherzigkeit zuteilgeworden, damit Jesus Christus an mir als dem Ersten die ganze Langmut beweise, zum Vorbild für die, welche an ihn glauben werden zum ewigen Leben.
17 Dem König der Zeitalter aber, dem unvergänglichen, unsichtbaren, alleinigen Gott, sei Ehre und Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. (1. Tim.1,12-17; Elb)
Paulus ist der Prototyp der Bekehrung eines Lästerers, Verfolgers und Gewalttäters, durch die Gnade Gottes - zum Vorbild für die späteren.

LG
Zuletzt geändert von lovetrail am Di 13. Sep 2016, 21:19, insgesamt 1-mal geändert.
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#24 Re: allversöhnung

Beitrag von michaelit » Di 13. Sep 2016, 20:55

Es gibt viele Jünger Jesu die keine guten Ansichten haben. Sie verteidigen die Bibel bis zum letzten Atemzug und geben Gott damit einen schlechten Namen. Man kann nicht die Liebe Gottes propagieren und dabei die Kriege des Alten Testaments rechtfertigen. Nur eines geht, entweder ist Gott Liebe und tut nur Gutes, oder er ist nicht Liebe.

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lovetrail
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#25 Re: allversöhnung

Beitrag von lovetrail » Mi 14. Sep 2016, 07:27

closs hat geschrieben: Persönlich glaube ich unumstößlich, dass die "geistige Mechanik" der Bibel folgende ist:
* Der Mensch wird durch und in Gott geschaffen ("Paradies") und ist solange "unschuldig", solange er von Gott nicht getrennt ist.
* Mit dem Aufkeimen eigenen Bewusstseins stellt der Mensch unwillkürlich und notwendigerweise eine Ich-Orientierung der Gott-Orientierung gegenüber ("Sündenfall").
* Heilsgeschichte ist der a)weltgeschichtliche ("Weltzeit") und b)individuelle Prozess, in der gewonnenen Ich-Orientierung ("Selbst-Bewusstsein" - "die Augen klärten sich") dieses Ich in Eigen-Erkenntnis wieder in Gott aufheben zu wollen.
* Erlösung ist das notwendige Einschreiten Gottes, weil dies der Mensch alleine nicht kann.

Insofern ist der "Baum der Erkenntnis" die "Schleuse" aus Gott heraus, und der "Baum des Lebens" die Schleuse zurück zu/in Gott - nur dass der Mensch bei diesem "Zurück" inzwischen eigen-bewusst ist. - Dieses Eigen-Bewusstsein des Menschen ist von Gott gewollt, weil er will, dass er keine geistig-bewusstlosen Embryos um sich hat, sondern dass er von seiner "ebenbildlichen" Schöpfung bewusst erkannt wird. - Dies geht nur über den Umweg der Heilsgeschichte/des zwischenzeitlichen Getrenntseins von Gott.

Insofern ist der diesbezügliche Kernbegriff der Heilsgeschichte nicht "Schuld", sondern "Erkenntnis". - "Richten" ist dementsprechend nicht "Rübe ab", sondern so, wie ein Chirurg einen Knochen "richtet". - Genauso übersetzt M.Buber das AT, wenn er "Gericht" als "Bewahrheitung", also Heilung, bezeichnet.
Hi Kurt!

Also mir ist diese Interpretation noch immer zu gefährlich, zu philosophisch, hegelianisch.

Denn das würde die Schuld/Sünde als notwendiges Enwicklungsmoment aufheben. Insofern wäre dann nicht Jesus unser Erlöser, sondern in etwa der fortschreitende Weltgeist. Wie gesagt, ist mir zu nahe dran an der Illuminati-Denke. (Apologie des Bösen).

LG lovetrail
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#26 Re: allversöhnung

Beitrag von lovetrail » Mi 14. Sep 2016, 07:31

michaelit hat geschrieben:Es gibt viele Jünger Jesu die keine guten Ansichten haben. Sie verteidigen die Bibel bis zum letzten Atemzug und geben Gott damit einen schlechten Namen. Man kann nicht die Liebe Gottes propagieren und dabei die Kriege des Alten Testaments rechtfertigen. Nur eines geht, entweder ist Gott Liebe und tut nur Gutes, oder er ist nicht Liebe.
Du kannst die Kriege des AT auch sinnbildlich lesen, als geistige Kriege, die der Gläubige gegen Mächte des Bösen zu bestehen hat. Ich weiß schon, dass das reale Menschen waren, aber heute können wir solche Kreuzzüge nicht mehr durch Gott rechtfertigen. Die Feindesliebe, welche Jesus predigt, verbietet solche Angriffskriege.

Warum steht es dann in der Bibel? Die Bibel zeigt eine fortschreitende Enthüllung, welche an den Entwicklungsstand der Menschen angepasst ist. (In der Hinsicht stimme ich mit Kurt überein).

LG lovetrail
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#27 Re: allversöhnung

Beitrag von michaelit » Mi 14. Sep 2016, 09:46

Demzufolge wäre die Bibel das schlechte Beispiel und unser Leben voller guter Beispiele.

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#28 Re: allversöhnung

Beitrag von closs » Mi 14. Sep 2016, 10:10

lovetrail hat geschrieben:Also mir ist diese Interpretation noch immer zu gefährlich, zu philosophisch, hegelianisch.
Ich glaube, beides lässt sich ohne Verlust für den Glauben verbinden.

lovetrail hat geschrieben:Denn das würde die Schuld/Sünde als notwendiges Enwicklungsmoment aufheben.
Aber erst mit der Erlösung. - Ist eine Erlöster aus Deiner Sicht im Zustand der SChuld/Sünde? - Doch eher nicht, oder?

lovetrail hat geschrieben: Insofern wäre dann nicht Jesus unser Erlöser, sondern in etwa der fortschreitende Weltgeist.
Das meine ich ganz sicher nicht. - Der WELT-Geist in der "Weltzeit" bewirkt NICHTS (außer Erkenntnis-Zunahme oder -Abnahme beim Menschen). - Erst die Herauslösung aus der "Weltzeit" befreit den Menschen aus dem dialektischen Spannungsfeld von Ich-Bezug und Gott-Bezug - erst danach kann der Mensch IN Gott sein.

Oder anders: "Der Baum des Lebens" steht nicht in der "Weltzeit", sondern darüber. - Insofern denke ich, dass Deine Befürchtungen entkräftet werden können. - Allerdings wäre zu beleuchten, was eigentlich "Schuld" ist. Aus meiner Sicht ist es eine NOTWENDIGE Eigenschaft des Menschen und nicht eine per Wille "angeschaffte" Größe. - Diese Sichtweise ist allerdings in unserer anthropozentrischen Zeit nicht leicht nachvollziehbar.

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Kingdom
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#29 Re: allversöhnung

Beitrag von Kingdom » Mi 14. Sep 2016, 11:42

lovetrail hat geschrieben: Bist du dir so sicher, dass du zu den "Guten" gehörst?

Nun Lovtrail, ich glaube das Jesus seine Worte ewig sind und ich glaube das er recht prophezeit hat. Ich finde es nicht Gut dass es Menschen gibt, welche das Böse dem Guten vorziehen und dadurch getrennt werden.
Ich glaube auch nicht das dies Gott so möchte aber ich glaube Gott ist Gerecht und seine Worte werden genauso eintreffen wie er es gesagt hat. Wie Gott selbst den Willen des Menschen respektiert das Böse mehr zu lieben als Ihn, so respektiere ich das auch, selbst wenn es mir weh tut, zu wissen was dies für folgen haben wird.
Zu Deiner Frage möcht ich Dir gern wie folgt antworten:
Joh 1:12 Allen denen aber, die ihn aufnahmen, gab er Vollmacht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben;
Jes 53:5 aber er wurde durchbohrt um unserer Übertretung willen, zerschlagen wegen unserer Missetat; die Strafe, uns zum Frieden, lag auf ihm, und durch seine Wunden sind wir geheilt.
Mt 10:32 Jeder nun, der mich bekennt vor den Menschen, den will auch ich bekennen vor meinem himmlischen Vater; 33 wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will auch ich verleugnen vor meinem himmlischen Vater.
Wie ich bereits sagte ich glaube dass Christus die Wahrheit verkündet hat in jedem Punkt und ich bin eins mit Ihm in allen Punkten und deshalb muss ich ihm, im Bezug auf das Ende nicht wiedersprechen. Es war allein Gottes Gnade aber auch ich wurde gefragt ob ich sie will oder nicht.

Lg Kingdom

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#30 Re: allversöhnung

Beitrag von michaelit » Mi 14. Sep 2016, 16:18

Da spreche ich aber dagegen. Was nützt mir eine Gnade Gottes wenn sie nur Christen gilt. Ich habe Familie und Freunde und bin eigentlich der ganzen Menschheit gut. Warum sollte ich dir da zuhören, du glaubst doch nicht an den Gott der Liebe sondern an den Gott der Rache. Beides zugleich paßt ethisch nicht zusammen.

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