Der sogenannte "Wille" ist ein hoffnungslos überschätzter Begriff, der in der Bibel fast ausschließlich in Bezug auf Gott vorkommt.Demian hat geschrieben:Eine zentrale Frage: wie frei ist der freie Wille eigentlich?
Mir scheint es da ein Missverständnis zu geben in der Unterscheidung zwischen kausal-wertender und phänomenologischer Interpretation - Beispiel: Deut. 11,26 "Heute werde ich Euch den Segen und den Fluch vorlegen". - Interpretiert wird es nach heutigem Jargon so, dass der Mensch jetzt die Wahl habe und deshalb selbstverantwortlich sei, wenn er das Falsche wähle.
Vergessen wird dabei, dass es sein kann das Gott „ein Herz zu erkennen ... bis zum heutigen Tag nicht gegeben“ (Buber/Deut. 29,3) hat. Der Mensch kann also etwas vorgelegt bekommen, an dem er theoretisch sieht, dass es A und B gibt, ohne in der Tiefe ERKANNT zu haben, um was es da geht - weil es ihm nicht GEGEBEN ist von Gott (!), es zu erkennen. - Flapsiges Beispiel: Ich zeige meinem 3-jährigen Enkel meine Briefmarkensammlung und sage ihm: "Wenn Du diese Marke verkaufst, bist Du reich - bei dieser anderen Marke kriegst Du nix dafür". - Mein Enkel wird hier irgendwie freundlich nicken (er hat die "Dialektik" aus A und B verstanden - aber er hat es nicht kapiert).
Das Phänomen des "A oder B" ist also dargestellt - und die modern-aufgeklärte Exegese setzt einen drauf, dass sie es als "Du kannst mit Deinem Willen wählen" interpretiert - steht aber gar nicht da.
Um es kurz zu machen: In der Bibel geht es um Liebe, Leid, Gnade und Erkenntnis - aber nicht um Willen. - Genau dieser Wille wird aber von der modernen Exegese gebraucht, weil man sonst nicht seine Logik durchziehen kann, wonach der Mensch selbst entscheiden würde, ob er das Heil erhält oder nicht. - Persönlich halte ich diesen üblichen Weg der Quasi-Selbst-Erlösung ("Jesus ist für Dich gestorben - Du bist erlöst, wenn Du Dich für Jesus entscheidest - egal ob Du weißt, was Du damit tust") für einen Irrweg.