Wann und wie funktioniert Wiedergeburt?

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Naqual
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#21 Re: Wann und wie funktioniert Wiedergeburt?

Beitrag von Naqual » Mi 9. Jul 2014, 19:33

Rembremerding hat geschrieben: Wiedergeborene können weiterhin sündigen,
Kriege ich nicht auf die Reihe mit:
1Joh 5,18 Wir wissen, dass, wer von Gott geboren ist, der sündigt nicht, sondern wer von Gott geboren ist, den bewahrt er und der Böse tastet ihn nicht an.

denn da ist keiner, der kein Sünder wäre, aber sie müssen es nicht mehr, denn der Hl. Geist wohnt in ihnen.
Was ist besser, sündigen, weil man nicht anders kann und es muss oder: freiwillig sündigen, obwohl man es gar nicht muss?
Zweiteres ist doch deutlich schlimmer und gottverachtender.
Zudem: der Hl. Geist wohnt in einem und gleichzeitig sündigt man? Das ist aber schlimm dann. Also man sündigt gegen göttlichen Widerstand. Der Gottlose sündigt aber ohne diesen.


Dies ist die Gnade von Christus Jesus im NT, die durch das Gesetz hindurch, am Gesetz vorbei uns alle retten kann.
Unser Handeln spiegelt nur unsere Gesinnung, unsere Persönlichkeit. Wenn wir kein gottgefälliges Leben führen, haben wir auch kein gottgefälliges Herz. Schlichtweg und einfach.
Wenn ich von etwas gerettet werden möchte, dann ist es von meinem teils widerstrebenden Herzen. Bei manchen Christen habe ich das Gefühl sie wollen eigentlich nur vor der Strafe dafür gerettet werden.
Statt Herzensbildung quasi ein dogmatisch aufgeblähtes Strafvermeidungsprogramm.

Rembremerding
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#22 Re: Wann und wie funktioniert Wiedergeburt?

Beitrag von Rembremerding » Mi 9. Jul 2014, 20:54

closs hat geschrieben:In meiner urtext-nahen AT-Übersetzung werden solche Menschen als "bewährt", also an der "Wahrheit" orientiert, bezeichnet. So wie "Gericht" als "Bewahrheitung"(M. Buber) bezeichnet wird - also gleichsam "der Wahrheit zuführen".
Das Problem: Die Wiedergabe mit "gerecht" trifft auf eine moderne Wort-Bedeutung, die schon etwas anders ist.
Eine kleine Wortkunde: Im rekonstruierten germanischen bedeutet *reħta nicht nur recht, sondern auch gerade. Das germ. *reħtjan meint: gerade machen, richten. Im Althochdeutschen wurde daraus reht, was ebenso recht, gerecht, richtig, aber auch gerade, gut, Wahrheit und wahr heißt. Ebenso ahd. rihten gerade machen, lenken, ordnen, ausrichten, richten.
Das Ursprungswort ist das rekonstruierte indogermanische *rëƺtós, gerade gemacht.

Man wird erinnert an die krummen Wege, die Gott gerade macht (oder andersrum in Koh 7,13) und Spr 4,26(Schlachter)
Mache die Bahn für deinen Fuß gerade, und alle deine Wege seien bestimmt;
Auch Isaia 26,7 (Schlachter):
Der Pfad des Gerechten ist gerade; geradeaus bahnst du den Weg des Gerechten.
Im Englischen erkennt man noch den Wortzusammenhang zwischen gerade machen und richten, Richter, Recht: Das Wort ruler heißt sowohl Lineal, als auch Regler, Herrscher, Maßstab, Regent, der die Rechtsprechung und das richten ausführte.
Demnach ist auch noch etwas von der buberschen Bewahrheitung, an der Wahrheit orientiert (ausgerichtet) im deutschen Wort Gerecht vorhanden.

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#23 Re: Wann und wie funktioniert Wiedergeburt?

Beitrag von closs » Mi 9. Jul 2014, 21:15

Rembremerding hat geschrieben:Demnach ist auch noch etwas von der buberschen Bewahrheitung, an der Wahrheit orientiert (ausgerichtet) im deutschen Wort Gerecht vorhanden.
Sehr schön hergeleitet. :thumbup:

Nur: Was nützt das, wenn man "Richten" im allgemein-christlichen Sprachgebrauch als "Rübe-ab" (salopp gesagt) interpretiert und dabei die (wie ich meine, EIGENTLICHE) Bedeutung des "Gerade-Machens", des "Richtens" (so wie der Arzt einen gebrochenen Knochen "richtet", also gerade-macht), ignoriert??

Um es einmal bewusst parteiisch und provokant zu sagen: Wer nicht begreift, dass "richten" nicht "Rübe-ab" bedeutet, sondern "gerade-richten", kann nicht wiedergeboren sein.

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#24 Re: Wann und wie funktioniert Wiedergeburt?

Beitrag von Pluto » Do 10. Jul 2014, 09:24

closs hat geschrieben:Um es einmal bewusst parteiisch und provokant zu sagen: Wer nicht begreift, dass "richten" nicht "Rübe-ab" bedeutet, sondern "gerade-richten", kann nicht wiedergeboren sein.
Richten ohne Strafe geht nun mal nicht — lernt man aus der Kindererziehung.
Zuckerbro und Peitsche ist immer noch ein sehr wirkungsvolles Mittel.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#25 Re: Wann und wie funktioniert Wiedergeburt?

Beitrag von Rembremerding » Do 10. Jul 2014, 09:30

Hallo und einen schönen Tag an alle Foristen! :)
closs hat geschrieben: Nur: Was nützt das, wenn man "Richten" im allgemein-christlichen Sprachgebrauch als "Rübe-ab" (salopp gesagt) interpretiert und dabei die (wie ich meine, EIGENTLICHE) Bedeutung des "Gerade-Machens", des "Richtens" (so wie der Arzt einen gebrochenen Knochen "richtet", also gerade-macht), ignoriert??
Nimmt man die ursprüngliche hebräische Wortbedeutung (lt. Buber), dann ist diese Aussage richtig. Doch nimmt man die hebräischen Wurzeln des Buchstabens, muss man auch den hebräischen Sinn, den kulturellen Kontext beachten, das Weltbild anwenden, indem dieses Wort entstand. Wir neigen natürlich stets dazu mittels unseres griechisches Denkens zu interpretieren.

Im Hebräischen trifft man zwei verschiedene Ausdrücke für Gerechtigkeit an: משפט miÅ¡paá¹­ und צדקה ṣɘdáqâ.
MiÅ¡paá¹­, Gericht, ist abgeleitet vom Verb שפט šápôṭ, Recht sprechen, jedoch weniger im Sinne einer Entscheidung gegen die Bösen (verurteilen), sondern zu Gunsten der Guten (zum Recht verhelfen). Diese Vorstellung fußt auf die früher allgemeine Gerichtspraxis: Der Geschädigte erhob Privatklage und bittet den Richter, sein Recht wiederherzustellen. Hintergründig ist dabei die Auffassung, dass durch eine Rechtsverletzung das Heil (Holon, das Ganze) der Gemeinschaft, aber auch der Gemeinschaft mit Gott, gestört ist und auch gestört bleibt, bis das Recht wieder hergestellt ist. Den Übeltäter bestrafte man nicht, dass man ihm irgend ein Übel zufügte, sondern nach Möglichkeit genau das, was er selbst angerichtet hatte: So wurde der Mörder getötet, der Dieb bekam doppelt so viel abgenommen, wie er gestohlen hatte... Deshalb hieß es "Auge um Auge, Zahn um Zahn". Das war keine primitive Rachsucht, wie wir es heute in unserem griechisch geprägten Denken sehen, sondern durch eine genaue Entsprechung der Strafe sollte der Ausgleich wiederhergestellt werden. Ein Unheil fällt auf den zurück, der es anrichtete. Das war hebräisches Denken, aber auch alle frühen Kulturen, auch die Germanen, folgten diesen Anspruch das Ganze (Heil, Holon) wieder herstellen zu müssen, wenn es vom Menschen gestört war.

Deshalb geht es beim Richten nach dem Tod im hebräischen Sinn nicht darum, dass der Einzelne gerichtet, bewahrheitet, wieder hergestellt wird, sondern eben das Ganze. Und wurde dies im Diesseits vom Übeltäter gestört, aber nicht geahndet, so hatte er im Jenseits dafür in der Entsprechung seine Strafe zu tragen. Deshalb gibt es auch eine Hölle, einen Sheol, eine Gehenna, in der diese Verletzung des Ganzen zum Ausgleich gebracht wird. Handelte der Übeltäter aus einem Zustand heraus, der gegen das Ganze wirkt, und nicht aufgrund einer einzelnen Tat, so muss seine Strafe darum auch ewig sein, denn dies verlangt die Überzeitlichkeit des Heils, des Ganzen.

Zu Ṣɘdáqâ vielleicht später mehr. Es meint, wenn man aktiv gerecht handelt und darum passiv als gerecht angesehen wird. Das war z.B. das Problem von Ijob: Er hatte wirklich keine Sünde begangen und erhielt trotzdem Vorwürfe. Solange die Vorwürfe nicht widerlegt sind, ist Ijob nicht gerechtfertigt.

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#26 Re: Wann und wie funktioniert Wiedergeburt?

Beitrag von closs » Do 10. Jul 2014, 12:20

Pluto hat geschrieben:Richten ohne Strafe geht nun mal nicht
Hast Du schon mal einen Arzt erlebt, der einen Patienten die Knochen "richtet" und ihm danach als Strafe noch den Hintern versohlt? - Das Knochen-"Richten" selbst ist schon schmerzhaft genug. - Jesus (aus dem Gedächtnis): "Ich bin für die Kranken da und nicht für die Gesunden".

Rembremerding hat geschrieben:Wir neigen natürlich stets dazu, mittels unseres griechisches Denkens zu interpretieren.
Das ist EXAKT das Problem unserer abendländischen Bibel-Übersetzungen und Bibel-Exegese.

Rembremerding hat geschrieben: Hintergründig ist dabei die Auffassung, dass durch eine Rechtsverletzung das Heil (Holon, das Ganze) der Gemeinschaft, aber auch der Gemeinschaft mit Gott, gestört ist und auch gestört bleibt, bis das Recht wieder hergestellt ist.
Einverstanden - es gibt - nicht entrüstet, sondern ganz nüchtern betrachtet - ein Ungleichgewicht.

Rembremerding hat geschrieben: Ein Unheil fällt auf den zurück, der es anrichtete.
Auch einverstanden - deshalb gibt es ja im AT (und auch NT) oft den Begriff der "Vergeltung". - ABER: Man kann auch diesen Begriff hebräisch oder griechisch interpretieren.

Griechisch wäre: "Freund, Dir zeig' ich's. Die haue ich eine rein". - Hebräisch wäre: "Es muss schmerzhafte Korrekturen geben - also solange gerichtet werden, bis es wieder gerade ist". - Und an diesem Unterschied scheitert im großen und ganzen das abendländische Verständnis des Christentums.

Rembremerding hat geschrieben:Handelte der Übeltäter aus einem Zustand heraus, der gegen das Ganze wirkt, und nicht aufgrund einer einzelnen Tat, so muss seine Strafe darum auch ewig sein, denn dies verlangt die Überzeitlichkeit des Heils, des Ganzen.
Da trennen sich möglicherweise unsere Wege. - Es gibt kein "Heil", also kein "Alles in Einem", also das Alles-ins-Heil-hinein-Gerichtete", solange auch nur Einer un-"gerichtet" ist.

Rembremerding hat geschrieben:Er hatte wirklich keine Sünde begangen und erhielt trotzdem Vorwürfe. Solange die Vorwürfe nicht widerlegt sind, ist Ijob nicht gerechtfertigt.
Falls ich Dich richtig verstehe, NEIN. - Allerdings muss man hier differenzieren:

Die Vorwürfe, für die Hiobs Freunde verzweifelt eine Grundlage suchen, sind von vorneherein haltlos. Und das sehen am Ende sogar die Freunde ein, die dann die Klappe halten. Diese Vorwürfe SIND also widerlegt (er müsse etwas ausgefressen haben, weil er sonst nicht von Gott gestraft worden wäre).

Der eigentliche Vorwurf von Gott ist ein ganz anderer - nämlich: Dass Hiob seine Schuld bei bösen Handlungen von sich selbst sucht, keine findet und deshalb mit Gott "rechten" will. - Gott sagt also: "Dein Leid ist keine Strafe UNABHÄNGIG davon, ob Du ein guter oder ein schlechter Mensch bist. Und trotzdem hast Du zu erkennen, dass in DEM Sinne "gerecht" ist, weil es Deinem Heil dient". - Das ist starker Tobak, der dem griechischen Denken wie auch dem, was man "aufgeklärtes Denken" nennt, ganz und gar fremd ist.

Genau da liegt aber die Lösung: Die bedingungslose Akzeptanz des Ausgeliefertseins im Dasein - im Wissen um das, was Hiob (meines Wissens: erstmals) erkennt: "Ich weiß, daß mein Erlöser lebt, und zuletzt wird er sich über den Staub erheben. Und nachdem diese meine Hülle zerbrochen ist, dann werde ich, von meinem Fleisch los, Gott schauen" (Hiob 19,25f).

Eine echte spirituelle Schnittstelle zwischen AT und NT. - Satanischerweise wird diese Stelle (nach meinem Überblick) nur von Buber und Schlachter so übersetzt - andere renommierte Übersetzer übersetzen hier genau das Gegenteil: "25 Doch ich weiß: Mein Erlöser lebt; und als der Letzte wird er über dem Staub stehen10. 26 Und nachdem man meine Haut so zerschunden hat, werde ich doch aus meinem Fleisch Gott schauen". (Elberfelder)

Salopp gesagt: Schlachter/Buber übersetzen neutestamentarisch (im Sinne dessen, was Hiob erstmals erkennt) - Elberfelder (und andere) übersetzen alttestamentarisch (auf dem spirituellen Stand der 3 Freunde Hiobs).

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#27 Re: Wann und wie funktioniert Wiedergeburt?

Beitrag von Rembremerding » Do 10. Jul 2014, 14:48

closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Handelte der Übeltäter aus einem Zustand heraus, der gegen das Ganze wirkt, und nicht aufgrund einer einzelnen Tat, so muss seine Strafe darum auch ewig sein, denn dies verlangt die Überzeitlichkeit des Heils, des Ganzen.
Da trennen sich möglicherweise unsere Wege. - Es gibt kein "Heil", also kein "Alles in Einem", also das Alles-ins-Heil-hinein-Gerichtete", solange auch nur Einer un-"gerichtet" ist.
Da kann ich Dich gut verstehen. Man muss sich aber entscheiden: Blickt man nur auf das hebräische Weltbild oder lässt man neuere griechisch-römische Einflüsse zu. Das Ganze, das Heil, war bei Hebräern, der keltischen Kultgemeinschaft und Germanen dann wiederhergestellt, wenn das Gute "zu seinem Recht" kam. Es ging nicht um das Heil des Einzelnen, sondern um das Heil an sich, eben des Ganzen. Deshalb waren später unblutige Opfer (ein Fortschritt, den Gott den Hebräern bei der Wüstenwanderung anbot!) immer noch als Ausgleich gedacht, um das Heil wiederherzustellen. Bei einem Hebräer war das Ganze bei Übeltaten dann wiederhergestellt, wenn es zum Ausgleich kam. Es ging ihm also um ein übergeordnetes Ganze und erst in zweiter Linie um das Ganze im Einzelnen. Alles was im Einzelnen nicht ganz, Heil war, konnte durch diesen durch Opfer ausgeglichen werden, so lange dies im Dasein noch möglich war. So konnte er wenigstens gerecht im Sheol sein und damit eine "Fahrkarte" lösen, bis der Herr ihn abholte.
closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Er hatte wirklich keine Sünde begangen und erhielt trotzdem Vorwürfe. Solange die Vorwürfe nicht widerlegt sind, ist Ijob nicht gerechtfertigt.
Falls ich Dich richtig verstehe, NEIN.
Lass mich die hebräische Wortbedeutung zu Ende führen:
Das hebräische Wort Ṣɘdáqâ für Gerechtigkeit wird dahingehend verwendet, wenn man aktiv gerecht handelt und darum passiv als gerecht angesehen wird. So kann man an sich einem Gerechten nichts vorwerfen. Er muss deshalb vor Gericht frei gesprochen, gerechtfertigt werden. Sogar Gott, der oberste Richter, wird danach beurteilt, ob er gerecht ist, so im Ps 51,5-7;Elberfelder
Denn ich kenne meine Übertretungen, und meine Sünde ist beständig vor mir. Gegen dich, gegen dich allein habe ich gesündigt, und ich habe getan, was böse ist in deinen Augen; damit du gerechtfertigt werdest, wenn du redest, rein erfunden, wenn du richtest.
Auch Gott muss "gerechtfertigt" werden, indem man sein Urteil als gerecht anerkennt.
Ebenso ist es mit dem צדיק á¹£addîq, dem gerechten Menschen. Er handelt gerecht, man kann ihm nichts vorwerfen. Seine Unbescholtenheit ist jedoch nicht absolut, sondern sie muss anerkannt werden. Da kommen wir zu Ijob: er hatte wirklich keine Sünde begangen und erhielt trotzdem Vorwürfe. Solange die Vorwürfe nicht widerlegt sind, ist Ijob nicht gerechtfertigt. Deine Ausführungen sind also dahingehend richtig, dass Ijob die an ihn herangetragenen Vorwürfe nicht an Gott weitergeben kann, weil er an sich selbst nichts böses findet. Und wenn du schreibst:
closs hat geschrieben:"Dein Leid ist keine Strafe UNABHÄNGIG davon, ob Du ein guter oder ein schlechter Mensch bist. Und trotzdem hast Du zu erkennen, dass in DEM Sinne "gerecht" ist, weil es Deinem Heil dient".
bestätigst Du im Grunde, dass es nicht allein um das Heil des Einzelnen geht (es gibt ein persönliches Gericht), sondern als erstes um das Heil an sich, dem Ganzen (das allgemeine Gericht). Dabei kann es geschehen, dass ein Einzelner ohne eigene Schuld zum Heil (des Ganzen) durch Leid beiträgt und dies ihm als persönliches Heil angerechnet wird (so wie Christus Jesus es tat und wie es seine Nachfolger tun sollen, die "sein Kreuz tragen")

Manchmal beleuchtet man ein Wort, wenn man nach dem Gegenteil forscht. Im Hebräischen gibt es kein Wort wie ungerecht, also eine negierende Vorsilbe, sondern es hat dafür eine Reihe positiver, auf eine Person bezogene Ausdrücke. Sie bedeuten Frevler, Sünder, Verbrecher. Es sind also alles Menschen, die Böses tun und deshalb verurteilt werden. Das Böse ist also personalisiert und nicht abstrakt. Deshalb auch den symbolischen "Widersprecher, Spalter", den Satan, im Rat der Hohepriester.
Für eine unparteiische Rechtsprechung hat das Hebräische kein eigenes Wort, aber eine Redewendung: Ein gerechter Richter "sieht nicht die Person an" und auch bei Gott gibt es "kein Ansehen der Person". Der Richter, der so urteilt, ist צדיק á¹£addîq, weil er es richtig macht und weil man ihm keinen Vorwurf machen kann.

Alles schon wieder viel zu lang, verzeiht mir. :(
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und danke @closs, alles angekommen ;)
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#28 Re: Wann und wie funktioniert Wiedergeburt?

Beitrag von closs » Do 10. Jul 2014, 15:41

Rembremerding hat geschrieben:Es ging nicht um das Heil des Einzelnen, sondern um das Heil an sich, eben des Ganzen.
Ist es nicht so, dass das "Heil des Ganzen" gar nicht möglich ist, wenn das "Heil des Einzelnen" nicht "gerichtet" ist? - Genau darin sehe ich das "Ich aber sage Euch" begründet - und Allversöhnung ohnehin, nämlich wenn alles "gerichtet" ist, also heil ist.

Insofern erscheint es mir - sehr grob gesprochen - , dass das AT schwerpunktmäßig "das Ganze" im Auge hatte (insofern Zustimmung), und das heutige "aufgeklärt" Genannte schwerpunktmäßig "das Individuelle" im Auge hat. - Die Synthese dazu (also das, in dem beides "aufgehoben" ist, ist eigentlich das NT/Jesus). - Das heisst aber: Gemäß des NT/Jesus ist "das Ganze" nicht ohne "das Individuelle" möglich - "das Ganze" ist hohl ohne individuelle Gerechtigkeit, das "Individuelle" ist tot ohne das Bewusstsein des Eingebundenseins in "das Ganze" (con-scientia = Mit-Wissen, Ge-Wissen, Bewusstsein).

Das Griechische scheint hier einen Kompromiss abzuliefern (also NICHT eine Synthese, sondern ein Mischmasch). - Denn einerseits steht in der griechischen Mythologie das Schicksal über dem Individumm (der Mensch ist vom Schicksal auserwählt, schuldig zu sein - das wäre wie im AT). Andererseits jedoch kommt aus der Art des individuellen Denkens das hervor, was wir heute europäischen (und somit un-hebräisches) Denken nennen.

Rembremerding hat geschrieben:Alles was im Einzelnen nicht ganz, Heil war, konnte durch diesen durch Opfer ausgeglichen werden
Wer oder was hat entschieden, was im Einzelnen am Heil oder am Unheil orientiert war? Sicherlich doch nicht, was man con-scientia = Mit-Wissen, Ge-Wissen, Bewusstsein genannt hat - oder?

Rembremerding hat geschrieben:Er muss deshalb vor Gericht frei gesprochen, gerechtfertigt werden.
Genau das mahnt doch Hiob bei Gott an. - Und Gott schweigt, um ihm am Ende den Marsch zu blasen, worauf Hiob einknickt und Gott ihn begnadigt. - Wäre es so wie Du sagst, hätte Hiob von Anfang an recht gehabt.

Rembremerding hat geschrieben:Auch Gott muss "gerechtfertigt" werden, indem man sein Urteil als gerecht anerkennt.
Spontan würde ich da NEIN sagen. - Es sei denn, man verstünde unter "gerecht" das Vertrauen darin, dass Gott jeden (auch unter Schmerzen) gesund-"richtet".

Rembremerding hat geschrieben:Solange die Vorwürfe nicht widerlegt sind, ist Ijob nicht gerechtfertigt.
Das ist aber eine wenig nachvollziehbare Umkehrung der Beweislast. - Ich werfe Dir 17 Frauenmorde vor, weshalb Du erst dann gerechtfertigt bist, wenn Du diese Vorwürfe widerlegt hast? - Das wäre das Gegenteil von "Unschuldsvermutung".

Rembremerding hat geschrieben: Dabei kann es geschehen, dass ein Einzelner ohne eigene Schuld zum Heil (des Ganzen) durch Leid beiträgt und dies ihm als persönliches Heil angerechnet wird (so wie Christus Jesus es tat und wie es seine Nachfolger tun sollen, die "sein Kreuz tragen")
Sehe ich genauso. - Das heisst aber auch, dass man Begriffe wie "gerecht/ungerecht" bzw. "Schuld/Unschuld" definieren muss. - Denn im Alltagsverständnis sagst Du: "Auch ein unschuldiger Mensch kann ungerecht sein".

Trotzdem stimme ich Dir zu - aber eben gerade deshalb, weil für mich "Schuld" ein objektives Attribut des Menschen ist (so wie ein Rüssel ein objektives Attribut des Elefanten ist). Aber diese (Ur-) Bedeutung von "Schuld" ist im heutigen Wortsinn doch gar nicht mehr erkennbar.

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#29 Re: Wann und wie funktioniert Wiedergeburt?

Beitrag von Rembremerding » Do 10. Jul 2014, 18:08

closs hat geschrieben:Ist es nicht so, dass das "Heil des Ganzen" gar nicht möglich ist, wenn das "Heil des Einzelnen" nicht "gerichtet" ist? - Genau darin sehe ich das "Ich aber sage Euch" begründet - und Allversöhnung ohnehin, nämlich wenn alles "gerichtet" ist, also heil ist.
Hier pendelst Du zwischen griechischen und hebräischen Denken. Ich argumentiere, bis jetzt, rein aus der hebräischen Sichtweise. Die Richtung ist hier diese: Aus einer ganzen, heilen Einheit heraus kann der Einzelne erst sein Heil erlangen. So findet man es dann auch, verfeinert, im NT: Nicht zuerst muss der Einzelne Heil sein, sondern er muss nach dem Heil insgesamt streben, also die Ganzheit mit Gott suchen (...trachtet erst nach dem Reich Gottes...), damit Gott ihn dann als Einzelnen Heil macht. Alles andere wäre Selbsterlösung in der Allversöhnung oder in der Religion, Werkgerechtigkeit.

Christus Jesus war als Mensch Hebräer und sprach zu Hebräern in deren Weltbild. Was sie nicht erkannten war, dass ihr individuelles Opfer für das Heil des Ganzen von Christus Jesus übernommen wurde. Das "Opfer" konnte so von dem religiösen Äußeren ins Innere, ins Herz wandern. Der Vorhang war zerrissen, Gott bot jeden Menschen durch seinen Sohn, Christus Jesus, sein individuelles Heil an. Kurz: die Gemeinschaft mit dem nun ewigen Heil durch die Liebe suchen, um gerüstet zu werden für das individuelle Heil. Deshalb spricht man ab hier nicht mehr von einer Religion, sondern von einem Glauben, ein Vertrauen darin, dass einen einzig Christus Jesus erlöst und man in der Kraft des Hl. Geistes lebt, wenn man Ja zu ihm, seinem Opfer und seiner Auferstehung sagt.

Im Griechischen war in der Götterlehre Hesiods Δίκη DikÄ“ 'das Recht' eine Göttin. Hintergrund war die Auffassung, dass Recht unabhängig von menschlichen Urteil und Handeln ist, also nicht nur das, was ein Gesetzgeber verordnet und ein Richter für Recht erkannt hat. Es ging also schon nicht mehr um das Ganze, das Heil, sondern man war Göttern (mit menschlichen Zügen) unterworfen.
Dieses Wort δίκη dikÄ“ hatte später zwei Bedeutungen: Einerseits bezeichnet es einen vorgegebenen Zustand, quasi die Norm, nach der wir etwas beurteilen (aus einer zu urteilenden Göttin wurde eine abstrakte Norm!), andererseits das Urteil des Richters, der etwas für Recht oder Unrecht erklärt und den Schuldigen bestraft.
Gerechtigkeit, δικαιοσύνη dikaiosýnÄ“ wich später noch mehr von der ersten Bedeutung ab und wurde nun zu einer individuellen Tugend, also kein offiziell festgestellter Zustand mehr. Mit anderen gottgegebenen Zuständen geschah dasselbe: Sie wurden zu individuellen Tugenden "degradiert".
Durch ein solches "Mischmasch", wie Du es auch bezeichnest, wanderte in das Denken einiger Christen wieder der Gedanke einer Art Selbsterlösung ein, weil sie nun meinten, zuerst selbst eine Tugend (hier: Gerechtigkeit) erwerben zu müssen, anstatt einfach das von Gott angebotene Heil (durch seinen Sohn) mit einem Ja anzunehmen. Dieser Gedanke entstand durch die Gnosis, daraus die AV hervorging, beides also aus dem griechischen Denken.
closs hat geschrieben:Wer oder was hat entschieden, was im Einzelnen am Heil oder am Unheil orientiert war? Sicherlich doch nicht, was man con-scientia = Mit-Wissen, Ge-Wissen, Bewusstsein genannt hat - oder?
Im griechischen Denken, siehe oben: Die Tugend, also der Einzelne selbst.
closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Auch Gott muss "gerechtfertigt" werden, indem man sein Urteil als gerecht anerkennt.
Spontan würde ich da NEIN sagen. - Es sei denn, man verstünde unter "gerecht" das Vertrauen darin, dass Gott jeden (auch unter Schmerzen) gesund-"richtet".
Lies den ganzen Psalm 51, er ist darin sehr klar. Und da Gott die Liebe ist, dürfen wir ihm ganz vertrauen, dass auch angenommenes Leid uns oder durch uns andere Heil macht. Nichts anderes geschah in der Passion Christi, wobei Passion nicht nur Leidensweg bedeutet, sondern eben auch Leidenschaft, aus der Liebe geboren.
closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Solange die Vorwürfe nicht widerlegt sind, ist Ijob nicht gerechtfertigt.
Das ist aber eine wenig nachvollziehbare Umkehrung der Beweislast. - Ich werfe Dir 17 Frauenmorde vor, weshalb Du erst dann gerechtfertigt bist, wenn Du diese Vorwürfe widerlegt hast? - Das wäre das Gegenteil von "Unschuldsvermutung".
Aber @closs, nun sprichst Du aus "aufklärerischen Denken". Genau so lief die Rechtssprechung bis in die Frühzeit ab: Man musste sich Recht verschaffen, auch bei Anschuldigungen. Bin ich ein armer Bauer ohne Geld und Macht, dann werde ich für diese 17 Frauenmorde, die ich nicht getan habe, verurteilt werden, wenn ich nicht das Gegenteil beweise, mir Recht verschaffe. Ich stimme dieser Auffassung ja nicht zu, aber so war nun mal die damalige Rechtssprechung aus dem vorherrschenden Weltbild heraus.

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#30 Re: Wann und wie funktioniert Wiedergeburt?

Beitrag von closs » Do 10. Jul 2014, 20:02

Rembremerding hat geschrieben:Nicht zuerst muss der Einzelne Heil sein, sondern er muss nach dem Heil insgesamt streben, also die Ganzheit mit Gott suchen
Einverstanden - zu lösen wäre dabei noch die Frage, ob es in seiner Macht ist, dies wollen zu können.

Rembremerding hat geschrieben:Alles andere wäre Selbsterlösung in der Allversöhnung
Es kann auch Erlöstwerden sein ohne Zutun - also nicht als Selbsterlösung oder per Werkgerechtigkeit.

Rembremerding hat geschrieben:Hintergrund war die Auffassung, dass Recht unabhängig von menschlichen Urteil und Handeln ist, also nicht nur das, was ein Gesetzgeber verordnet
Auch einverstanden - insofern sind sich hebräisches und griechisches Denken gleich und stehen beide im Gegensatz zum modernen Rechts-Verständnis.

Rembremerding hat geschrieben:Gerechtigkeit, δικαιοσύνη dikaiosýnÄ“ wich später noch mehr von der ersten Bedeutung ab und wurde nun zu einer individuellen Tugend, also kein offiziell festgestellter Zustand mehr. Mit anderen gottgegebenen Zuständen geschah dasselbe: Sie wurden zu individuellen Tugenden "degradiert". Durch ein solches "Mischmasch"... wanderte in das Denken einiger Christen wieder der Gedanke einer Art Selbsterlösung ein
Wieder einverstanden - siehe Gegenwart.

Rembremerding hat geschrieben:Dieser Gedanke entstand durch die Gnosis, daraus die AV hervorging
Das wiederum verstehe ich NICHT, weil der Glaube an AV gerade NICHT Selbsterlösung, sondern Hingabe an Gnade, also an einen "gottgegebenen Zustand" ist.

Rembremerding hat geschrieben:Und da Gott die Liebe ist, dürfen wir ihm ganz vertrauen, dass auch angenommenes Leid uns oder durch uns andere Heil macht.
Ja - aber wenn dieses Vertrauen als Voraussetzung verstanden wird, wäre Vertrauen Verdienst des Menschen - und schon wären wir bei der Werkgerechtigkeit. - Wie will man den Verdienst des Vertrauens begründen? - Ist Vertrauen nicht ein Geschenk, an dem der Mensch keinen Anteil hat?

Rembremerding hat geschrieben: Ich stimme dieser Auffassung ja nicht zu, aber so war nun mal die damalige Rechtssprechung aus dem vorherrschenden Weltbild heraus.
Sprechen wir von damaligem Rechts-Verständnis oder von göttlichem "Richten"?

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