Wort/Gefühl

Rund um Bibel und Glaube
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Andreas
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#41 Re: Wort/Gefühl

Beitrag von Andreas » Mi 15. Jun 2016, 13:17

Savonlinna hat geschrieben:Ich lasse es vielleicht besser so; es bringt nicht viel, wenn ich jetzt selber den Text analysiere. In der Sache sind wir uns ja einig.
Stimmt. Du hast deine eigenen Zugänge, die dich auch zum Ziel geführt haben. :thumbup:

Rembremerding
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#42 Re: Wort/Gefühl

Beitrag von Rembremerding » Mi 15. Jun 2016, 13:18

Andreas hat geschrieben:Andererseits ist dieser Kampf am Jabbok in die Versöhnungsgeschichte mit Jakobs Bruder Esau eingebettet. Das ist so ein "Verlorener Sohn" Thema, nur dass es hier um die Brüder geht. Jakob hat sich Esau gegenüber früher nicht gerade vorbildlich benommen und hofft auf die Vergebung seines Bruders. Auch das Kain und Abel Thema spielt hier mit rein - hier in der "gelungenen" Version als Gegenstück. Den Mann mit dem Jakob ringt kann so gesehen als der Dämon der Begierde gedeutet werden, der vor der Tür (des Bruders) lauert. Statt des Kainszeichens gibt es zur Belohnung den neuen Namen.
Es gibt eine historische Tradition, die solche nächtlichen Kämpfe an (Ent-)scheidungsorten (hier diesseits und jenseits eines Flusses) als Initiationsritus betrachtete. In einigen Mysterienkulte sind sie nachgewiesen. Hier wird Jakob also zum Mann, der seine Gefühle durch seine Berührung mit Gott veredeln konnte. Nun wird Versöhnung möglich (hier mit Esau). Gott wird nun auch innerlich zu einem dritten im Bunde.
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Andreas
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#43 Re: Wort/Gefühl

Beitrag von Andreas » Mi 15. Jun 2016, 13:28

Ach wie schön, dass Gespräche hier auch mal anders gehen! :D

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Andreas
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#44 Re: Wort/Gefühl

Beitrag von Andreas » Mi 15. Jun 2016, 14:14

Noch eine ganz wichtige Querverbindung habe ich vergessen: Das Geteilte Bruderreich: Israel und Judäa - Nordreich und Südreich. Israel ist schließlich der Stammvater der 12 Brüderstämme. Das Thema der Brüder kommt in immer neuen Varianten zur Sprache - mal im Positiven, mal im Negativen - bis sich letztendlich das Judentum herauskristallisiert hat - oder besser - damit das Judentum eine Identität bekommt und sich auf eine (teils angebliche, teils wahre) "Historizität" berufen kann.
Zuletzt geändert von Andreas am Mi 15. Jun 2016, 14:19, insgesamt 1-mal geändert.

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Savonlinna
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#45 Re: Wort/Gefühl

Beitrag von Savonlinna » Mi 15. Jun 2016, 14:18

Andreas hat geschrieben:Andererseits ist dieser Kampf am Jabbok in die Versöhnungsgeschichte mit Jakobs Bruder Esau eingebettet. Das ist so ein "Verlorener Sohn" Thema, nur dass es hier um die Brüder geht. Jakob hat sich Esau gegenüber früher nicht gerade vorbildlich benommen und hofft auf die Vergebung seines Bruders. Auch das Kain und Abel Thema spielt hier mit rein - hier in der "gelungenen" Version als Gegenstück. Der Mann mit dem Jakob ringt kann so gesehen als der Dämon der Begierde gedeutet werden, der vor der Tür (des Bruders) lauert. Statt des Kainszeichens gibt es zur Belohnung den neuen Namen.
Ja, so wird das für mich klarer.

Denn als "Dämon" hatte ich den Mann auch identifiziert, da er ja bei der Morgenröte - also beim ersten Strahl der Sonne - weichen muss, als Dämon, innerhalb einer gewissen Sagen-Tradition.
Wenn man nicht darauf beharrt, dass die handelnden Personen andauernd dieselben sind innerhalb der Erzählung, sondern ständig ihr Gesicht wechseln - wie in Träumen ja auch -, dann habe ich da jetzt auch keine Mühe mehr, die Erzählun in Deinem Sinne zu deuten.

Dadurch, dass er den Dämon überwunden hat, hat er Esau gegenüber "losgelassen".

Wenn Rembremerding und andere das anders deuten und auf weitere Bilder beziehen, dann ist das natürlich legitim, denn eine Erzählung entwickelt sich weiter, durch die Rezipierenden.

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Andreas
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#46 Re: Wort/Gefühl

Beitrag von Andreas » Mi 15. Jun 2016, 14:28

Savonlinna hat geschrieben:Denn als "Dämon" hatte ich den Mann auch identifiziert, da er ja bei der Morgenröte - also beim ersten Strahl der Sonne - weichen muss, als Dämon, innerhalb einer gewissen Sagen-Tradition.
Genau. So bin ich ja da auch drauf gekommen. Die Morgenröte kann man positiv so auffassen wie Rem, aber eben auch negativ für "den Mann" da er vor ihr weichen will.

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Andreas
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#47 Re: Wort/Gefühl

Beitrag von Andreas » Mi 15. Jun 2016, 15:18

Immer geht es bei diesen Brüdergeschichten auch um das (verspielte) Erstgeburts- bzw. Landrecht und den Segen der "Väter". Jakob erschwindelt sich beides bei Esau.
Der Erstgeborene von Israel, Ruben verspielt den Segen seines Vaters, weil er mit dessen Nebenfrau geschlafen hat.
Israels zweit- und drittgeborene Söhne Simeon und Levi vergeigen den Segen ihres Vaters, weil sie sich ungerechtfertigt und brutalst für Dina an den Sichemiten rächen.
So kommt Juda als der viertgeborene Sohn Israels letztendlich in der "Geschichte" zum Zuge > Judentum voila.

Dann gibt es noch den Segen des Moses über die Bruder-Stämme und bei der Landverteilung spielen diese Vorgeschichten wieder eine maßgebliche Rolle. Aber jetzt würde es wirklich OT, wenn man da ins Detail ginge. Dennoch: Daran kann man sehen, wie über Worte ein Identitäts-Gefühl aufgebaut wurde - und da spielten ganz materielle und politische Faktoren eine gewichtige Rolle. Diese Propagandaschiene gibt es halt auch in der Bibel und da wird Gott auch ganz schön instrumentalisiert.
Zuletzt geändert von Andreas am Mi 15. Jun 2016, 17:25, insgesamt 2-mal geändert.

Rembremerding
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#48 Re: Wort/Gefühl

Beitrag von Rembremerding » Mi 15. Jun 2016, 15:30

Wenn der Dämon geht, kann Gott berühren. Der Herr vertreibt Dämonen.
Der Sinn eines Initiationsritus ist eine höhere Stufe des Seins zu erreichen. Dabei muss es sich nicht zwingend um einen Traum handeln, sondern eine konkrete Handlung bedeuten, schließlich verblieb auch eine tatsächliche Verwundung. Jakob brachte seine Frauen und Kinder über den Fluss, seines "Ereignishorizonts". Seine Zukunft wartete auf ihn, aber um sie heilend zu gestalten, musste er einen Schritt über sich hinaus gehen.
Das hebräische Wort für Hüfte, das hier verwendet wird, bezeichnet auch die Seite des Zelts der Begegnung und ebenso "Lende", oftmals ein Hinweis auf die menschliche Fähigkeit mitzuschöpfen, also zu zeugen. Darin findet sich noch eine Schicht des Textes, auch verbunden mit den Brudergeschichten und den "geborenen" Söhnen, Jakobs Samen.
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#49 Re: Wort/Gefühl

Beitrag von Andreas » Mi 15. Jun 2016, 15:33

:oops: Unsere Beiträge haben sich überschnitten. Wirf noch mal einen Blick zurück, bitte.

JackSparrow
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#50 Re: Wort/Gefühl

Beitrag von JackSparrow » Mi 15. Jun 2016, 21:35

Andreas hat geschrieben:Den Bezug zu den beiden wichtigsten Geboten und dem "Höre, Israel" in der Form des Markusevangeliums finde ich deswegen so wichtig, weil da m.M.n. ganz gut rüberkommt,
dass alle Nachkommen der Indogermanen von der frohen Botschaft explizit ausgeschlossen worden sind, insofern sie nicht zufällig einen israelischen Pass besitzen.

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