Rilke hat geschrieben:
Oft ist das nicht leicht, wenn man mit persönlichem Hass konfrontiert wird, Konflikte bereits jahrelang ausgetragen wurden und vor allem der Stolz ist es, der uns daran hindert, die eigenen Hürden zu überspringen. Gar nicht leicht...
Das ist wahr.
Gleich nach dem Wort der Feindesliebe sagt unser Herr in Mt 5:48:
Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!
Was für ein ungeheurer, so umfassender Anspruch und seien wir ehrlich: Wer kann das verwirklichen, vollkommen zu sein, wie der Vater?
Das kann nur gelingen im und mit dem himmlischen Sohn, Jesus Christus! Wer ihn sieht, sieht den Vater.
Jesus weiß, dass wir selbst nicht diese Vollkommenheit hier im Leben erreichen werden. Deshalb gibt er uns sich als Weg: Umkehren zu ihm, vergeben ("jahrelang ausgetragene Konflikte", wie du schreibst), lieben, also barmherzig sein, was mit Jesus auch bedeutet: gerecht zu sein.
Wenn dieser persönliche Hass eines Mitmenschen einen trifft oder in einem selbst dieser Hass aufwallt, so bleibt einem manchmal nichts anderes übrig, als "sich hinter Jesus zu verstecken". Man muss zugeben, dass man es selbst nicht fertig bringt, sich diesem Hass entgegen zu stellen. Der Stolz, das Gefühl kapituliert davor und es bleibt nur noch eins übrig: der Wille, welchen die Liebe hervorbringt und voraussetzt. Und mit diesem Willen kann man zu Jesus sagen: "Herr, ich entscheide mich dazu, nicht hassen zu wollen, aber ich bin zu schwach dafür. Darum will ich: Liebe Du in mir diesen Menschen". Das mag dann zu Anfang nur eine Sache des Verstandes sein, aber nicht des Herzens, aber Jesus, die vollkommene Liebe, beginnt schon im selben Augenblick einen selbst und den anderen im Herzen zu verändern.
So zu tun wirkt oftmals erstaunlich befreiend, man wird offener für das noch so kleine Gute in sich und im anderen, denn auch dieser ist derselbe Sünder, wie man selbst und ist von Gott geliebt, wie man selbst. Dann kann man auch weniger be-leid-igt werden, denn alles Leid wurde von Jesus schon durchlebt und am Kreuz mit seiner Liebe besiegt. In ihm und durch ihn wird das eigene Leid (etwa im verletzten Stolz) in seiner Liebe aufgehoben. Jesus ist der vollkommene "Mit-leider" und darum Trost, Kraft und (Aus-)Weg, um den satanischen Kreislauf von Hass, Gegenhass, böser Tat und noch böserer Tat als Vergeltung zu durchbrechen.
Man beginne darum immer dort, wo man noch den größten Hebel hin zum Guten besitzt, im Gedanken. Der Talmud sagt uns dazu:
Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden zu Worten.
Achte auf Deine Worte, denn sie werden zu Handlungen.
Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden zu Gewohnheiten.
Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter.
Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.
Servus