Verleihen oder verschenken?

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Magdalena61
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#1 Verleihen oder verschenken?

Beitrag von Magdalena61 » So 25. Feb 2018, 02:07

Vor einigen Jahren hatte ich die folgenden Verse in einem anderen Forum gepostet:
Lk. 6, 34-35 Und wenn ihr denen Geld leiht, von denen ihr es zurückzubekommen hofft, welchen Dank erwartet ihr dafür? Auch die Sünder leihen Sündern, um das Gleiche zurückzubekommen.
Doch ihr sollt eure Feinde lieben und Gutes tun und leihen, wo ihr nichts zurückerhoffen könnt. Dann wird euer Lohn groß sein und ihr werdet Söhne des Höchsten sein; denn auch er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen.
-- und gefragt: Meint Lukas nicht "verleihen", sondern eher "verschenken"?

Leider war nach 11 Posts der Thread zu Ende, aber mir war immer noch nicht klar, ob ich im Ernstfall tatsächlich mein Smartphone oder mein Auto an meine Feinde verschenken müsste, unter der Überschrift "Leihgabe".

Jetzt sind noch andere User mit in der Runde, die den alten Thread nicht kennen. Und so hoffe ich auf eine weitere Bearbeitung dieser Bibelverse und auf neue Ideen, wie Lk. 6, 34-35 denn nun in unserem Leben umzusetzen sei.
LG
God bless you all for what you all have done for me.

Helmuth
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#2 Re: Verleihen oder verschenken?

Beitrag von Helmuth » So 25. Feb 2018, 06:24

Sehr gutes Thema, Magdalena, thanks for opportunity. :thumbup:

Magdalena61 hat geschrieben: Meint Lukas nicht "verleihen", sondern eher "verschenken"?
Es steht klar leihen, und zwar mehrmals. Für mich ist der Begriff von verschenken zu unterscheiden, denn es ist nie gut, wenn sich der Beliehene in falscher Hoffnung wiegt. Daraus können böse Missverständnisse entstehen und derartiges möchte ich tunlichst vermeiden.

Es geht um eine Einstellung, die Jesus anspricht. Jemand der etwas verschenkt und zurückerwartet, der leiht nicht. Dessen Motiv ist fragwürdig. Darum unterscheide ich das und sage auch dazu, indem ich von vornherein klarstelle: "Bitte das ist eine Leihe, kein Geschenk, sind wir uns einig?" Dazu muss der Beliehene auch Stellung beziehen.

Allerdings habe ich gelernt bei jeder Leihe für mich selbst so zu butgetieren als wäre es geschenkt. D.h. für den Fall, dass der Beliehene nicht mehr zurückzahlt, aus welchem Grund auch immer, ob er bloß vergisst, zahlungsunfähig bis hin zu zahlungsunwllig ist, möchte ich nicht unnötig selbst in Notstand geraten. Ich erwarte also zurück, mache mich aber finanziell nicht abhängig.

Ansonsten wäre es weder eine Leihe noch ein Geschenk sondern ein Opfer. Nicht gut ist es, etwas deshalb mit Nachdruck zurückzufordern, weil man selbst abhängig geworden ist. Dann beginnt nämlich ein Prozess der gegenseitigen Bedrängnis und Menschen ohne Gott machen sich so gegenseitig fertig. Am Geld sind schon viele Freundschaften, ja ganze Familien zerborchen und böses Blut ist geflossen.

Genau das will Jesus nicht. Wenn wir leihen, dann sollen wir es nicht mich Nachdruck zurückfordern, sondern ich ermahme die Person in Sanftmut, ohne sie zu nötigen oder mit Vorwürfen zu belasten. Kann sie nicht zahlen, oder wurde etwas missverständlich aufgefasst, habe ich auch schon öfter die Schuld nachgelassen. Was soll's? Gott versorgt mich ohnehin, das ist heute meine Zuversicht.

Das in etwa habe ich erkannt, wie Jesus meint, wie wir leihen sollen. All diese Überlgungen kommen bei einem Geschenk nicht vor. Ein Geschenk ist eine Fixausgabe, und zwar von vornehrein, eine Leihe die Option (bei mir zumindest) etwas zurückzuerhalten oder für eine Gegenleistung in anderer Form.

Man könnte zumindest einen Gefallen einfordern, wenn man schon kein Geld kommt. Was aber Jesus will ist, dass wir niemanden bedrängen, sondern uns in der Sicherheit wissen, daser unser Vater uns mit allem versorgt, unabhängig vom Verhalten anderer.

Was ich mache, denn aus wird Schaden man auch klug ist das: Bei höheren Beträgen erforsche ich das Motiv bzw. den Grund. Ich gebe heute nicht mehr blauäugig, diese Zeit ist vorbei. Denn es gibt auch die Kerhrseite das Heilige nicht den Hunden zu geben, was aber ein anderes Thema ist. Ich betrachte mein Geld als heilig. Es ist genauso eine Gottes Gabe wie ein anderer z.B. die Gabe der Heilung hat.

Gerade stehe ich wieder in so einer Situation. Jesus hat Folgendes dabei versprochen:
Mt 6, 33 hat geschrieben: Trachtet aber zuerst nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, und dies alles wird euch hinzugefügt werden.
Hier sehen wir den Kernpunkt und können unser eigenes Motive daran abchecken: Wonach streben wir? Nach einer entsprechenden menschlichen Gegenleistung oder nach Gerechtigkeit in Gottes Augen?
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

jsc
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#3 Re: Verleihen oder verschenken?

Beitrag von jsc » So 25. Feb 2018, 07:43

Warum du das verleihen eher als verschenken deuten würdest hast du zwar nicht gesagt, aber ich vermute du meinst das, weil man beim verleihen ja eigentlich immer davon ausgeht dass man es zurück bekommt...

Ich denke dass es hier um die Herzenshaltung geht. Leihe ich nur dann, wenn ich mir erhoffe dass derjenige mir später dann einen Gefallen schuldet? (Sprich: jemand der nichts Wertvolles für mich hat, bekommt auch Nichts?)

Geht es für mich darum jemanden zu helfen? (Er ist hilfsbedürftig - sonst muss man nichts leihen) Oder geht es für mich darum, dass Leute mir irgendwann "verpflichtet" zu helfen, weil ich ja auch geholfen habe?

(Plus evtl auch eine geistliche Komponente: wenn Jesus uns nur gerettet hätte wenn bzw weil wir ihm "später nützlich" werden könnten, wären wir alle nicht berücksichtigt worden...)

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Janina
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#4 Re: Verleihen oder verschenken?

Beitrag von Janina » So 25. Feb 2018, 09:33

Verleihen oder verschenken?
Die Begriffe allein sind schon nicht so eindeutig wie gedacht.
Ein Orden wird verliehen, ich muss ihn aber nicht zurückgeben.
Ein Bier wird ausgeschenkt, ich muss es aber bezahlen.

Rembremerding
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#5 Re: Verleihen oder verschenken?

Beitrag von Rembremerding » Mo 26. Feb 2018, 12:55

Magdalena61 hat geschrieben: Leider war nach 11 Posts der Thread zu Ende, aber mir war immer noch nicht klar, ob ich im Ernstfall tatsächlich mein Smartphone oder mein Auto an meine Feinde verschenken müsste, unter der Überschrift "Leihgabe".

Jetzt sind noch andere User mit in der Runde, die den alten Thread nicht kennen. Und so hoffe ich auf eine weitere Bearbeitung dieser Bibelverse und auf neue Ideen, wie Lk. 6, 34-35 denn nun in unserem Leben umzusetzen sei.
LG
Hallo @Magda, hier meine Gedanken dazu:

Der Text steht in der "Feldrede" des Lukas, die Reaktion der Heidenchristen auf die "Bergpredigt" im judenchristlichen Mt-Evangelium. Das bedeutet zunächst: Es ist eine Verteidigungsrede der christlichen Freiheit gegenüber dem mosaischen Gesetz.
Im Kontext bei Lukas wird klar, dass immer und jedem zu geben und zu leihen kein allgemeines Gesetz ist. Zu geben soll Ansporn und Ermutigung sein an die Wohlhabenden der Gemeinde. Der Unterschied gegenüber den Sündern ist, die auch geben und leihen, dass man als Christ nicht aus bloßer Gerechtigkeit und Güte handelt, das wäre nur ein in der Welt einsichtiger Sinn. Als Christ handelt man "aus der Fülle", d.h. von einer Wirklichkeit her, nämlich der Liebe Gottes, die man erwidert, die schöpferisch das Maß setzt. Der Mensch soll sich aus dem "gibst du mir, gebe ich dir-Modus" lösen und so lieben, wie Gott liebt: bedingungslos und zuerst, nicht berechnend, sondern frei. Diese Liebe ist frei, sie handelt in göttlicher Freiheit.

Schauen wir tiefer:
Liebe mit Liebe zu vergelten, Hass mit Hass, die alte Lehre, ging aus einer Gefühlsentsprechung heraus, es ist eine "Gerechtigkeit des Herzens". Eine solche Liebe ist unfrei. Als Teilverhalten stand sie dem anderen Teilverhalten Hass oder Gleichgültigkeit gegenüber. Diese Liebe lebt davon, dass ihr Liebe entgegenkommt. Jesus sagt aber: Macht euch nicht von der Liebe des anderen abhängig, so bleibt sie nämlich unschöpferisch gehemmt, unsicher.
Die "Gerechtigkeit des Herzens, des Empfindens" wird erst richtig möglich, wenn sie von einer Gesinnung übergriffen wird, die sich nicht mehr von Entsprechungen der Gefühle leiten lässt, sondern sich rechtfertigt durch eine freie Schöpferkraft des Herzens. Sie ist nicht mehr von der Gesinnung des anderen abhängig und deswegen frei ihrem Wesen nach rein zu wirken.
Eine solche befreite Liebe im Geben und Borgen kann dann einen auch richtig sehen lehren, nämlich wie der andere im Innersten ist. Wenn dieser nicht mehr zurückgibt, mag dies vielleicht gar nicht "Unrecht" sein, sondern Erbe, Verhängnis, Menschennot. Damit bekommt dieser nun auch vor Gott sein Recht, denn er tut kein Unrecht, weil man als Geber und Borger das Gut ja gar nicht zurückfordert. So stehen beide als Glaubensgeschwister in der gemeinsamen Not und Schuld vor Gott, der allein gerecht urteilen und belohnen kann.

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