Was bedeutet "weltlich" sein?

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Novas
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#91 Re: Was bedeutet "weltlich" sein?

Beitrag von Novas » Do 19. Apr 2018, 22:01

SilverBullet hat geschrieben:Sorry, im Grunde sagst du eigentlich gar nicht, was „Gott“ sein soll

Es ist nicht möglich Gott mit Worten zu beschreiben. Worte sind nur ein Schatten der Realität. Das Wort „Wasser“ wird niemals deinen Durst stillen. Ebenso können Worte - auch nicht die schönsten und erhabensten - die Realität Gottes einfangen. Ich habe allerdings auch gar nicht das Bedürfnis danach. Wir können jedoch sagen: Gott existiert und er ist bewusst, also bewusste Existenz.
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closs
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#92 Re: Was bedeutet "weltlich" sein?

Beitrag von closs » Do 19. Apr 2018, 22:02

SilverBullet hat geschrieben:„Realität“ ist ein Begriff für die „Körper in der Umwelt“-Situation im hier und jetzt.
Wenn man es so definiert, sind "Realität" und "das, was der Fall ist" ("Sein"), keine Synonyme, sondern "Realität" ist eine Teilmenge von "Sein".

Kann man machen. - Das Problem: Das versteht keiner.

JackSparrow hat geschrieben: Hat die Welt also einen Grund sie zu hassen oder hat sie keinen?
Sie hat einen Grund - weil sie der "Welt" deren Selbst-Maßstäblichkeit in Frage stellen. Das ist system-erschütternd.

SilverBullet
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#93 Re: Was bedeutet "weltlich" sein?

Beitrag von SilverBullet » Do 19. Apr 2018, 22:13

Novalis hat geschrieben:Es ist nicht möglich Gott mit Worten zu beschreiben
Worte sind Trigger für das Einnehmen eines Überblicks zu einer Zusammenhangsmenge.
Indem du Wörter auschliesst, legst du fest, dass es keine Zusammenhänge geben soll.
Da Wahrnehmung aber nun mal allein auf Zusammenhängen basiert, bedeutet dies leider, dass „Gläubige“ in Bezug auf das Wort „Gott“ über keinerlei Grundlage verfügen – genau das habe ich in dem Beitrag an „Mirjam“ zum Ausdruck bringen wollen.

Novalis hat geschrieben:Wir können jedoch grundlegende Aussagen im Hinblick auf Gott treffen: er existiert und ist bewusst, also bewusste Existenz.
No
(wo keine Zusammenhänge, da keine Aussagen)

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closs hat geschrieben:Wenn man es so definiert, sind "Realität" und "das, was der Fall ist" ("Sein"), keine Synonyme, sondern "Realität" ist eine Teilmenge von "Sein".
Kann man machen. - Das Problem: Das versteht keiner.
Lauf durch einen Tisch und du hast es verstanden – je nachdem wie gross dein Anlauf ist, wirst du es nie wieder falsch verstehen.

closs
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#94 Re: Was bedeutet "weltlich" sein?

Beitrag von closs » Do 19. Apr 2018, 22:53

SilverBullet hat geschrieben:Lauf durch einen Tisch und du hast es verstanden
Das ist längst verstanden - deshalb: Deine Definition von "Realität" beschreibt eine Teilmenge von "Sein".

Mirjam
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#95 Re: Was bedeutet "weltlich" sein?

Beitrag von Mirjam » Do 19. Apr 2018, 23:19

SilverBullet hat geschrieben: Und was, wenn man gar nicht aus den Körper-/Weltzusammenhängen aussteigen kann (genau diese Ansicht vertrete ich) und dann nur so tut, als würde man für eine „übergeordnete Macht“ sprechen?

Ich würde sagen, dass ist mindestens „einen ganzen Millimeter“ schlechter.
Absolut valider Einwand. Wie kann man von einer "überweltlichen" oder "außerweltlichen" Macht überzeugt sein, wenn der Mensch schon allein durch seinen Körper und seine Hirnstruktur in der Welt absolut verhaftet ist? Wie sollten wir so etwas überhaupt wahrnehmen?

Selbst so etwas scheinbar einfaches wie eine Sinneswahrnehmung ist ja in höchstem Maße subjektiv, weil unser Hirn heftig filtert und ergänzt bevor irgendetwas im Bewusstsein ankommt (siehe optische Täuschungen; Das Phänomen, dass wir nachts im Wald leicht in jedem Schatten ein wildes Tier sehen; oder auch akustische Täuschungen: https://www.youtube.com/watch?v=vNbX8Ed3RL0 )
Dazu kommt noch, dass selbst unsere Erinnerungen, die ja stark unser Selbstbild prägen, mitnichten "Filmclips" aus der Vergangenheit sind, sondern formbar und flüchtig. https://www.heise.de/newsticker/meldung ... 38624.html

Wie kann man angesichts dessen überhaupt von der Existenz eine allgemeinen, objektiven Wahrheit ausgehen? Geschweige denn davon, dass ausgerechnet man selbst sie gefunden hat...

Ich halte es, was die Existenz des Göttlichen betrifft, mit Pi.
Aus dem Buch "Schiffbruch mit Tiger", wurde als "Life of Pi" verfilmt (ich habe nur das Buch gelesen, aber der Film soll ganz gut sein)
Grob gesagt geht es darum: Ein Junge überlebt einen Schiffbruch, wobei er sich das Rettungsboot mit einem Tiger (aus dem Zoo seines Vaters) teilen muss und viele z.T. fantastische Abenteuer erlebt.
Nach seiner Rettung gibt es zwei Versionen seiner Geschichte: Die eine ist, dass er sich den Tiger und das alles nur eingebildet hat um so seine Erlebnisse zu verarbeiten. Schließlich war er in einer traumatischen Situation.
Die andere Version nimmt den Tiger als wahr an.
Beweisen lässt sich keine, denn der Tiger ist sofort im mexikanischen Dschungel verschwunden als das Rettungsboot endlich eine Küste erreichte.
Am Ende Buches, in der Rahmenhandlung, fragt der inzwischen erwachsene Pi seinen Gesprächspartner, welche der beiden Geschichten ihm besser gefalle. "Die mit dem Tiger" ist die Antwort. Pi darauf: "Und ebenso ist es mit Gott"

Für mich bedeutet das: Ich kann die Existenz meiner Götter nicht beweisen, ich will es auch gar nicht. Es ist mir vollkommen klar, dass vielleicht alles nur Einbildung ist. Dennoch bin ich gläubig und vertraue meiner individuellen Gotteserfahrung. Mein Glaube macht mein Leben reicher, schöner und hoffnungsvoller. Er hat mir sogar schon einmal das Leben gerettet. Und er liefert mir den Ansporn, Gutes zu tun und gerecht zu handeln.

Ist Religion ein Produkt der menschlichen, welt-verhafteten Natur? Ein Produkt unsere Fantasie, unserer Lust an Geschichten und unserer steten Suche nach Erklärungen und Kausalitäten? Schon möglich, aber dann ist sie auch vollkommen weltlich und "normal". Und wenn wir unsere menschliche Natur wiederum als Produkt göttlicher Schöpfung verstehen? Ein Schöpfer, der uns in einer Weise schuf, die uns zur Suche nach ihm veranlasst?
... Huhn und Ei ...



liebe Grüße

Mirjam

Novas
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#96 Re: Was bedeutet "weltlich" sein?

Beitrag von Novas » Do 19. Apr 2018, 23:57

Mirjam hat geschrieben:Wie kann man angesichts dessen überhaupt von der Existenz eine allgemeinen, objektiven Wahrheit ausgehen? Geschweige denn davon, dass ausgerechnet man selbst sie gefunden hat...


Kann man. Denn der Schöpfer ist nicht ein Objekt außerhalb von uns. Er ist die innerste Realität von allem und als solche erfahrbar. Die Sufis nennen ihn „den Geliebten“, um damit zu betonen, wie unendlich nahe und gegenwärtig Gott ist. Die liebende Seele weiß es, wenn der Geliebte nahe ist, sodass jede weitere Diskussion überflüssig ist ;) wer über Gott diskutieren will, der hat ihn noch nicht geschmeckt; und wer ihn geschmeckt hat, der muss nie wieder darüber diskutieren.

Dann ist es eine Begegnung mit Al-Haqq, der Wahrheit. Im Vergleich dazu ist die ganze Welt ein Traum, ein Windhauch, wenn nicht gar ein reines Nicht. Die Wahrheit ist, dass es nichts außerhalb der Wahrheit gibt, weil sich Gott durch die Gesamtheit der Existenz - das All - offenbart und ich bin immer wieder verwundert, wie leicht Menschen daran vorbei leben und fragen: wo ist Gott? Mein Gedanke ist dann: wach auf und schaue Dich um. Frage nicht: wo ist er? Frage: wo ist er nicht?

Bild
Zuletzt geändert von Novas am Fr 20. Apr 2018, 00:15, insgesamt 1-mal geändert.

Mirjam
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#97 Re: Was bedeutet "weltlich" sein?

Beitrag von Mirjam » Fr 20. Apr 2018, 00:14

Novalis hat geschrieben: Er ist die innerste Realität von allem und als solche erfahrbar. Die Sufis nennen ihn „den Geliebten“, um damit zu betonen, wie unendlich nahe und gegenwärtig Gott ist. Die liebende Seele weiß es, wenn der Geliebte nahe ist, sodass jede weitere Diskussion überflüssig ist ;) wer über Gott diskutieren will, der hat ihn noch nicht geschmeckt; und wer ihn geschmeckt hat, der muss nie wieder darüber diskutieren, weil es eine Begegnung mit seiner Realität ist. Im Vergleich dazu ist die ganze Welt ein Traum, ein Windhauch, wenn nicht gar ein reines Nicht.

Ja, aber das Problem ist doch auch hier die fehlende Objektivität der Gotteserfahrung. Auch bei einem Sufi ist die Begegnung mit Gott die individuelle Interpretation eines Gefühls im subjektiven Erleben.
Vom Herzen her sind wir uns hier ganz einig, Novalis. Aber vom Denken her kann ich die atheistische Seite auch gut nachvollziehen.

liebe Grüße

Mirjam

(Deren Realitätserfahrung ebenso reichhaltig ist wie ihre Gotteserfahrung. Bei der Realität sind meist mein Zeh und der Bettpfosten die Protagonisten :lol: )
Lauf durch einen Tisch und du hast es verstanden – je nachdem wie gross dein Anlauf ist, wirst du es nie wieder falsch verstehen.

closs
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#98 Re: Was bedeutet "weltlich" sein?

Beitrag von closs » Fr 20. Apr 2018, 00:41

Mirjam hat geschrieben:Wie kann man von einer "überweltlichen" oder "außerweltlichen" Macht überzeugt sein, wenn der Mensch schon allein durch seinen Körper und seine Hirnstruktur in der Welt absolut verhaftet ist? Wie sollten wir so etwas überhaupt wahrnehmen?
WENN die materielle Welt eine Ableitung der geistigen Welt ist, steckt in der Welt ein Teil der geistigen Welt. - So wie ein marmoriertes Stück Fleisch beides in sich trägt: Fleisch und Fett.

Mirjam hat geschrieben:Ich kann die Existenz meiner Götter nicht beweisen, ich will es auch gar nicht. Es ist mir vollkommen klar, dass vielleicht alles nur Einbildung ist.
Richtig - aber das gilt für die sog. "reale Welt" genauso - siehe Descartes.

Mirjam hat geschrieben:... Huhn und Ei ...
Genau so ist es - nicht entscheidbar. - Aus diesem Grund pflegen Theologen von einer "Glaubensentscheidung" zu sprechen = "Da wir nicht wissen können, entscheiden wir uns für einen Glauben, den wir zur Grundlage aller folgenden Aussagen machen". - Gute Methodiker machen das übrigens genauso: "Wir erbringen keine ontischen, sondern nur methodische Ergebnisse".

Mirjam hat geschrieben:Bei der Realität sind meist mein Zeh und der Bettpfosten die Protagonisten
Wobei der Zeh genauso weh tut, ob der Bettpfosten Entität oder Vorstellung ist. - Insofern auch die Frage an Dich: Ist aus Deiner Sicht "Realität" eine Teilmenge dessen, was der Fall ist/sein kann oder ein Synonym dazu?

Novas
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#99 Re: Was bedeutet "weltlich" sein?

Beitrag von Novas » Fr 20. Apr 2018, 06:01

Mirjam hat geschrieben: Aber vom Denken her kann ich die atheistische Seite auch gut nachvollziehen

Guten Morgen, Mirjam. An den Gott an den die Atheisten nicht glauben, glaube ich in der Regel ebenfalls nicht. Das ist der Witz dabei. Mit Sicherheit gibt es keinen schwierigeren Begriff als „Gott“: denn es handelt sich dabei um einen Begriff, der auf eine Realität jenseits aller Begriffe verweist. Meiner Meinung nach, geht es nicht darum an Gott zu glauben, sondern Gott tatsächlich zu erfahren, um dann aus diesem Wissen zu leben. Ganz vereinfacht gesagt, ist Gott das alldurchdringende kosmische Bewusstsein, die Intelligenz hinter der Schöpfung die etwa eine Eichel zur Eiche werden lässt. Eine wachsame Betrachtung der Natur genügt vollkommen, um diese intelligente Kraft zu erkennen, aber sie ist größer und mächtiger als der Mensch (da „es“ alles durchdringt) und darum sind Demut und Hingabe die passende Geisteshaltung.

Die Wahrheit ist: manchen Menschen mangelt es einfach an Demut. So werden sie niemals zu einer tiefen Gotteserfahrung gelangen, da ihr Ego den Weg versperrt. „Selig, die reines Herz haben (die ihr Ego überwunden haben), denn sie werden Gott schauen“(Mt 5,8) Gott ist Sat und Chit, ewige Existenz und Bewusstsein. Moses wurde diese heilige Formel beim brennenden Dornbusch offenbart. Jahwe – das heißt “Ich bin” (2. Mose 3,13-14) das ist ein wunderbarer Name für Gott, weil er die Menschen zur bewussten Wahrnehmung ihrer Existenz führt. Gott ist die bewusste Existenz, die sich überall entfaltet: durch das Weltganze, durch uns, hier und jetzt. So gesehen ist es tatsächlich verkehrt “Gott” gegen “die Welt” auszuspielen, da die Welt seine Manifestation ist. Hallelujah ... :)

Doch das Zeitlose in euch ist sich der Zeitlosigkeit des Lebens bewusst[...]und was in euch singt und gewahrt, wohnt nach wie vor in den Grenzen jenes ersten Moments, der die Sterne im Weltraum verstreute. Wer von euch spürt etwa nicht, dass seine Fähigkeit zu lieben unbegrenzt ist? ~ Kahlil Gibran



لسلام عليكم as-salāmu ʿalaikum ‚der Friede sei mit dir/euch!'

Otto
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#100 Re: Was bedeutet "weltlich" sein?

Beitrag von Otto » Fr 20. Apr 2018, 09:21

Ska'ara hat geschrieben:
Otto hat geschrieben: Als sie anfingen (so wie Jesus) auch, kein Teil der Welt zu sein, wurden sie von der Welt (sie werden immer noch) gehasst.. ;)
Ist es ein Zeichen der richtigen Religion, wenn man gehasst wird?
Nein ist es nicht, es gibt auch andere die gehasst werden. Ein Diener Gottes aber der aufgrund seines Glaubens anders ist als der Rest der „Welt“, wird auf jeden Fall mehr oder weniger schlecht behandelt (vereinfacht gesagt)
Ska'ara hat geschrieben:Wo steht eigentlich, dass es auch noch auf heute anwendbar ist?
Es gibt viele Bibelverse dazu. Eins davon:
2Tim.3,12 hat geschrieben:Tatsächlich werden alle, die in Gemeinschaft mit Christus Jesus in Gottergebenheit leben wollen, auch verfolgt werden
LGrüße von Otto

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