Liberale Christen = schlechte Christen! (?)

Rund um Bibel und Glaube
Malika
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#1 Liberale Christen = schlechte Christen! (?)

Beitrag von Malika » So 14. Jul 2013, 20:25

Vor kurzem fand ich einen amerikanischen Blog von einem liberalen Christen, der einige Probleme ansprach, die ich selbst leider nur allzu gut kenne. Mag sein, dass das in den USA noch schwieriger ist, denn ein richtiger Christ scheint dort auch automatisch Republikaner sein zu müssen, aber ich finde das Leben als liberaler Christ hier auch nicht unbedingt einfach. Vor einiger Zeit wurde mir (wieder mal) gesagt, ich würde die Bibel nicht richtig ernst nehmen, eben weil ich sie nicht "wörtlich" nehme und ich muss zugeben, dass mich das schon ziemlich verletzt hat.
Es scheint unter den bibeltreuen Christen gewisse Grundannahmen zu geben, was liberale Christen anbelangt. Sie machen sich das Leben bequem, nehmen die Bibel nicht ernst, schaffen es nicht, ganz von der Welt loszukommen, machen faule Kompromisse. Kaum jemand scheint sich vorstellen zu können, dass auch liberale Christen sich das Leben nicht einfach machen, dass sie ebenfalls keine "everything goes"-Mentalität haben und dass ihnen die Bibel ebenso wichtig ist wie den bibeltreuen Christen.

Ich persönlich war auch nicht immer "liberal", aber ich wurde es aufgrund von bestimmten Erfahrungen, einfach weil ich nicht mehr anders konnte, weil mein Glaube eine andere Art von Christsein nicht mehr zuließ. Das mag für manche schwer zu verstehen sein, aber mich haben solche liberalen Christen zum Glauben zurückgebracht, als die bibeltreuen Christen jegliches Interesse an mir längst verloren hatten und ich habe mit der Zeit viele Menschen kennengelernt, die ihre eigene, oft schwierige Geschichte haben und die man in so einigen bibeltreuen Gruppierungen in der Luft zerreißen würde.

Und ich habe lange gebraucht, um das Thema überhaupt anzusprechen, auch ein wenig in der Angst, dass mir viele der Christen hier sofort das Christsein absprechen würden und ja, ich gebe zu, dass mir das wehtut. Weil mich das ausschließt, weil ich weiß, dass ich bei diesen Menschen als Christ gar nicht akzeptiert bin, sondern nur unter "Möchtegern-Christ" laufe, weil ich weiß, dass ich dann gar nichts mehr zu sagen und erst recht kein Zeugnis mehr zu geben brauche, weil das ohnehin schon in einem bestimmten Licht gesehen wird. Nun spreche ich es doch mal an, vielleicht auch in dem Gedanken, dass ich da unter Umständen nicht die Einzige bin.

Für Interessierte mit Englischkenntnissen hier der Link zu dem Artikel aus der Huffington Post:
http://www.huffingtonpost.com/derek-pen ... 26681.html

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Magdalena61
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#2 Re: Liberale Christen = schlechte Christen! (?)

Beitrag von Magdalena61 » So 14. Jul 2013, 20:59

Malika hat geschrieben:Vor einiger Zeit wurde mir (wieder mal) gesagt, ich würde die Bibel nicht richtig ernst nehmen, eben weil ich sie nicht "wörtlich" nehme und ich muss zugeben, dass mich das schon ziemlich verletzt hat.
Nimm das nicht so schwer, bitte.... was denkst du wohl, wie oft man mir schon vorgeworfen hat, "die Bibel nicht ernst zu nehmen"?
Und das kam nicht von Fremden, sondern von Christen, mit denen ich über Jahre hinweg Gemeinschaft gehabt hatte und die es eigentlich hätten besser wissen müssen-- zumindest diejenigen, die mich näher kannten, mit denen ich vielleicht viel diskutiert hatte.

Auch Gemeindechristen fällten fahrlässige Urteile... solche, die meine Art zu glauben und meinen Glauben zu leben nicht verstehen/ tolerieren woll(t)en, weil ich in ihren Augen zu wenig "linientreu" war/ bin- zu deutsch: Weil für mich nur relevant ist, was GOTT sagt und mir die Vereinsregeln diverser Gruppierungen ziemlich egal sind.

In der Regel kamen diese Anschuldigungen, inklusive der Infragestellung meiner persönlichen und geistlichen Integrität, wenn unterschiedliche Sichtweisen aufeinander prallten; wenn man sich auslegungstechnisch in die Haare geraten war und meinen Gegnern die Argumente ausgingen.
Es scheint unter den bibeltreuen Christen gewisse Grundannahmen zu geben, was liberale Christen anbelangt. Sie machen sich das Leben bequem, nehmen die Bibel nicht ernst, schaffen es nicht, ganz von der Welt loszukommen, machen faule Kompromisse.
Man sollte vielleicht einmal definieren, was mit "liberal" gemeint ist.
Und ich habe lange gebraucht, um das Thema überhaupt anzusprechen, auch ein wenig in der Angst, dass mir viele der Christen hier sofort das Christsein absprechen würden
Nee, ich nicht. Ich muß mit dir nicht in allem konform gehen, aber aufgrund der Beiträge, die ich bisher von dir gelesen habe meine ich: Du gehörst zu den Christen, die nicht mit der Masse laufen, sondern viel nachdenken und immer alles genau er-gründen und be-gründen wollen :) .
weil ich weiß, dass ich bei diesen Menschen als Christ gar nicht akzeptiert bin, sondern nur unter "Möchtegern-Christ" laufe,
Warum möchtest du von "denen" denn akzeptiert werden? Warum ist dir das so wichtig?
Warum möchte man zu einer Gruppe gehören, mit deren Richtlinien (Dogmen, Menschengeboten) man sich nicht wirklich identifizieren kann? Wer entscheidet denn darüber, wer Christ ist und wer nicht?
Nun spreche ich es doch mal an, vielleicht auch in dem Gedanken, dass ich da unter Umständen nicht die Einzige bin.
Warum belastet dich das? Hast du ein Problem mit Menschen, oder ein Problem mit Gott?

Wenn dein Gewissen dich nicht verklagt... und du (nicht nur pro forma) um Wegweisung bittest und offen bist für die sanfte Führung und die Korrektur des Heiligen Geistes-- wer ist dazu berechtigt, dich zu kritisieren und zu verurteilen?
LG
God bless you all for what you all have done for me.

Malika
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#3 Re: Liberale Christen = schlechte Christen! (?)

Beitrag von Malika » So 14. Jul 2013, 21:16

Magdalena61 hat geschrieben:
Es scheint unter den bibeltreuen Christen gewisse Grundannahmen zu geben, was liberale Christen anbelangt. Sie machen sich das Leben bequem, nehmen die Bibel nicht ernst, schaffen es nicht, ganz von der Welt loszukommen, machen faule Kompromisse.
Man sollte vielleicht einmal definieren, was mit "liberal" gemeint ist.

Da scheint es eine ganze Bandbreite zu geben: Christen, die die Bibel nicht absolut wörtlich nehmen, Christen, die Homosexuelle nicht verurteilen, Christen, die nichts gegen die Evolutionstheorie haben - manchmal auch nur Christen, die andere nicht verurteilen... das ist sicher nicht leicht zu definieren.

Ich muß mit dir nicht in allem konform gehen, aber aufgrund der Beiträge, die ich bisher von dir gelesen habe meine ich: Du gehörst zu den Christen, die nicht mit der Masse laufen, sondern viel nachdenken und immer alles genau er-gründen und be-gründen wollen :) .

Das stimmt, das ist mir wichtig. Und leicht mache ich es mir da überhaupt nicht, im Gegenteil.

Warum möchte man zu einer Gruppe gehören, mit deren Richtlinien (Dogmen, Menschengeboten) man sich nicht wirklich identifizieren kann? Wer entscheidet denn darüber, wer Christ ist und wer nicht?
Nun, es wäre eben schön, Gemeinschaft mit anderen Christen haben zu können. Das geht aber nur dann, wenn man von denen als Christ anerkannt ist. Wobei es stimmt, dass letzten Endes Gott weiß bzw. entscheidet, ob ich Christ bin oder nicht. Aber ausgeschlossen, oder vielleicht auch missverstanden zu werden, kann mitunter verletzend sein.

Nun spreche ich es doch mal an, vielleicht auch in dem Gedanken, dass ich da unter Umständen nicht die Einzige bin.
Warum belastet dich das? Hast du ein Problem mit Menschen, oder ein Problem mit Gott?
Wohl eher ein Problem mit den Menschen. Ich denke, Gott zeigt mir, wenn ich irgendwo falsch liege, hat er auch durchaus schon getan. Aber ich bin zugegebenermaßen generell für Kritik von anderen Menschen recht anfällig, egal wie unangemessen sie ist. Unter Christen ist das aber besonders schwierig, weil das eben eine ernstere Sache ist, elementarer und mit anderen Ängsten verbunden.

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#4 Re: Liberale Christen = schlechte Christen! (?)

Beitrag von closs » So 14. Jul 2013, 21:56

Malika hat geschrieben:Es scheint unter den bibeltreuen Christen gewisse Grundannahmen zu geben, was liberale Christen anbelangt.
Ja - "liberal" wird als Gegenteil von "bibeltreu" verstanden.

Grundsätzlich sollte man unterscheiden zwischen säkular-willkürlichem Umgang mit der Bibel und geistig-freiem Umgang mit der Bibel - das eine ist eigentlich das Gegenteil vom anderen, wird aber von Menschen, die den Begriff "bibeltreu" für sich schein-objektivierend gebucht haben, gerne in einen Topf geworfen. Insofern kann selbst-zugesprochene Bibeltreue auch Selbst-Anbetung sein - also satanisch sein.

An Deiner Stelle würde ich prüfen, ob Deine Auffassungen mit dem geistigen Fundament des Christentums übereinstimmen - ob das dann "liberal" rüberkommt oder nicht, ist egal. Denn Du bist nur Gott verantwortlich und nicht den Menschen.

Pflanzenfreak
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#5 Re: Liberale Christen = schlechte Christen! (?)

Beitrag von Pflanzenfreak » So 14. Jul 2013, 23:14

Hi Malika,
ich gehöre zur selben Rasse. :lol: Für mich gillt...am höchsten aber ist die Liebe. Und was dem nicht standhält oder widerspricht ist nicht meine Sache. Zum Glück bin ich da nicht so angegeriffen wie Du. Hier gibt es viele Gleichgesinnte. Und ich wünsche Dir von Herzen, dass Du auch solche Menschen findest. Es gibt sie nämlich. Die Christen die nicht gesetzlich sondern barmherzig sind.

Grüssle, Pflanzenfreak

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Naqual
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#6 Re: Liberale Christen = schlechte Christen! (?)

Beitrag von Naqual » So 14. Jul 2013, 23:44

Hi Malika,

eigentlich ist schon die Selbstbezeichnung "bibeltreu" unschön denen gegenüber, die nicht ihre Meinungen vertreten. Denn da gibt es sehr viele die seit langem der Bibel treu sind.
Die "Bibeltreuen" faszinieren mich immer wieder. Denn genau genommen sind viele von denen wie "Wortlaut-Abhängige". Und wenn man eine nicht diesem entsprechende Interpretation der Bibel hat, verhalten sich etliche genau so wie ein Vollblutalkoholiker, dem man gerade die Flasche wegnimmt. Sie werden unterschwellig ängstlich und äußerlich (verbal) aggressiv. Gleichzeitig haben wir aber oft sehr liebe Menschen vor uns, denen Glaube auch viel bedeutet. Diesen inneren Widerspruch merken sie selbst aber nicht. Und dieser innere Widerspruch zieht sich durch. z.B. sie haben nichts gegen Schwule, aber Gott hasst die Sünde. Also hassen sie was der Schwule tut (und was zu seiner Identität gehört, er also "ist") und meinen ihn gleichzeitig lieben zu müssen, weil Gott es so sagt. Diesen innerlich unmöglichen Spagat merken sie nicht. Und das machen die bei allen als "anders" empfundenen so.
Es ist ein "tragischer Flügel" innerhalb der Christenheit, weil sie den höchsten Wert, die Liebe (Gottes) neutralisieren gegen ihre eigenen Absichten.

Malika
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#7 Re: Liberale Christen = schlechte Christen! (?)

Beitrag von Malika » So 14. Jul 2013, 23:52

closs hat geschrieben: Grundsätzlich sollte man unterscheiden zwischen säkular-willkürlichem Umgang mit der Bibel und geistig-freiem Umgang mit der Bibel

Das ist eine ganz gute Unterscheidung, ich würde mich da schon zur zweiten Gruppe zählen.
"Bibeltreu" fand ich zugegebenermaßen schon als Kind schwierig. Ich wusste oft gar nicht, wie ich das, was ich in der Bibel las, verstehen sollte. Man hält sich dann an die Auslegung der Gruppierung die man angehört, das war eine, die bibeltreu zu sein behauptete. Aber damit ist man an jene Gruppierung gebunden und es ist nicht mehr Gott, sondern eben die entsprechende Grupierung der Maßstab. Und da entsthet eine Abhängigkeit, die ich extrem ungesund finde.
Ansonsten habe ich auch in Linguistik gelernt (und lange vorher verstanden), dass jeder seinen eigenen Hintergrund, eigene Einflüsse, das eigene Sprachverständnis und Vorwissen (oder Mangel daran) mitbringt, wenn der die Bibel (oder sonst einen Text liest) und daher interpretiert bis zu einem gewissen grad ja eigentlich jeder.

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Magdalena61
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#8 Re: Liberale Christen = schlechte Christen! (?)

Beitrag von Magdalena61 » So 14. Jul 2013, 23:59

Malika hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:Man sollte vielleicht einmal definieren, was mit "liberal" gemeint ist.
Da scheint es eine ganze Bandbreite zu geben: Christen, die die Bibel nicht absolut wörtlich nehmen, Christen, die Homosexuelle nicht verurteilen, Christen, die nichts gegen die Evolutionstheorie haben - manchmal auch nur Christen, die andere nicht verurteilen... das ist sicher nicht leicht zu definieren.
Das scheint mir auch so.
Aus dem Munde nicht weniger Christen klingt "liberal" wie ein Synonym für "nicht rechtgläubig", "oberflächlich", "gehört nicht zur kleinen Herde", "nicht bibeltreu".
Liberale Theologie verfolgt das Ziel, die Theologie auf der Grundlage von humanistischen und geisteswissenschaftlichen Grundlagen zu betreiben, und dadurch unabhängiger von Dogmen, kirchlichen Traditionen und Glaubensinhalten zu sein. Die Säkularisierung ursprünglich religiöser Inhalte und die Auflösung von „Kirche“ in die Kultur der „Welt“ hinein wird von vielen liberalen Theologen als Jesus gemäß bezeichnet und begrüßt. Quelle
Das kann man tolerieren, finde ich... wir sollen alles prüfen und das Gute behalten, und nicht alles, das "weltlich" ist, ist auch gottlos, verwerflich und schlecht.
Aber hier:
Allerdings fühlen sich viele liberale Christen nicht an die liberale Theologie gebunden, sondern vertreten eine eher individualistische Auslegung der Bibel. Quelle
... wird's dann kritisch, denn die Bibel ist kein Discounter, in dem man sich herauspicken kann, was einem gefällt. Man sollte schon bei den bewährten Lehrern in die Schule gehen und die Grundlagen ordentlich erlernen und sich auch mit den Argumenten der "Gegner" auseinandersetzen, bevor man daran geht, nach Relevanz zu sortieren.
Malika hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:Du gehörst zu den Christen, die nicht mit der Masse laufen, sondern viel nachdenken und immer alles genau er-gründen und be-gründen wollen :) .
Das stimmt, das ist mir wichtig. Und leicht mache ich es mir da überhaupt nicht, im Gegenteil.
:) Ja.
Malika hat geschrieben:Nun, es wäre eben schön, Gemeinschaft mit anderen Christen haben zu können. Das geht aber nur dann, wenn man von denen als Christ anerkannt ist.
Dann mußt du dir welche suchen, die so sind wie du.
Ich glaube nicht, dass es möglich ist, mit jemandem, der ganz anders gepolt ist, wirklich Gemeinschaft zu haben.
Das Problem ist: Wenn man sich nicht in "bibeltreuen" Kreisen aufhält, die zwar teilweise von der Lehre her sehr gründlich arbeiten, aber oftmals zu gesetzlich sind (über's Ziel hinausschießen), dann wird es schwierig, eine akzeptable Gemeinde zu finden, wenn man nicht zu viele Kompromisse an das eigene Bibelverständnis machen will.
Malika hat geschrieben:Aber ausgeschlossen, oder vielleicht auch missverstanden zu werden, kann mitunter verletzend sein.
Probleme dieser Art treten häufiger in Gemeinschaften mit ausgeprägten Macht- und Abhängigkeitsstrukturen auf.
Malika hat geschrieben:Aber ich bin zugegebenermaßen generell für Kritik von anderen Menschen recht anfällig, egal wie unangemessen sie ist. Unter Christen ist das aber besonders schwierig, weil das eben eine ernstere Sache ist, elementarer und mit anderen Ängsten verbunden.
Es ist wichtiger, Verbindung mit Gott zu haben als mit Menschen.
LG
God bless you all for what you all have done for me.

Malika
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#9 Re: Liberale Christen = schlechte Christen! (?)

Beitrag von Malika » Mo 15. Jul 2013, 00:06

Pflanzenfreak hat geschrieben:ich gehöre zur selben Rasse. :lol: Für mich gillt...am höchsten aber ist die Liebe. Und was dem nicht standhält oder widerspricht ist nicht meine Sache. Zum Glück bin ich da nicht so angegeriffen wie Du.

Nun, ich habe mich recht lange versteckt, sicher auch, weil ich selber, nachdem ich eine Zeit lang mal von Gott gar nichts wissen wollte, einige Jahre lang viel sortieren, selber Bibel lesen und beten und eine eigene Beziehung zu Gott aufbauen musste - und dann erkannte, dass ich vieles anders sah, als es mir von den "bibeltreuen" Christen beigebracht worden war. Zusätzlich habe ich viele amerikanische Freunde, bei denen ist die Diskussion auch eng mit der politischen Meinung verbunden und da habe ich mich noch mal intensiver mit gewissen Theman auseinandergesetzt. Aber es ist eben noch nicht immer ganz einfach, auf meinem Standpunkt, wenn ich mir denn sicher bin, dass er richtig ist, auch dann zu beharren, wenn ich mal eben scharf verurteilt werde. Da fehlt noch etwas die Sicherheit, gleichzeitg frage ich mich aber auch oft, warum solche Verurteilungen meinerseits so heftig ausfallen müssen. ich verurteile die "bibeltreuen" Christen ja auch nicht, das ist gar nicht meine Aufgabe, sondern die Gottes.

closs
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#10 Re: Liberale Christen = schlechte Christen! (?)

Beitrag von closs » Mo 15. Jul 2013, 00:43

Magdalena61 hat geschrieben: denn die Bibel ist kein Discounter, in dem man sich herauspicken kann, was einem gefällt.
Das ist exakt das Problem, das sogenannte "Bibeltreue" vorziehen lässt, lieber zu wörtlich am Wort zu bleiben als das Geistige wirken zu lassen - insofern verstehe ich das schon. Denn wenn man sagen kann "Das steht aber so da", hat man eine gewisse, wenn auch manchmal oberflächliche Sicherheit vor Willkür.

Verlässt man den Pfad der Buchstaben-Bibeltreue, stößt man auf viele Abzweigungen, von denen manche in den Abgrund führen und manche in die Erkenntnis. - An der Abzweigung selbst ist das oft nur sehr schwer zu erkennen. - Deshalb braucht man einen Kompass, BEVOR man ins vertiefte Bibel-Studium geht. - Diesen Kompass sollte man kalibrieren an 1.Kor. 1-13 - damit hat man zwar die Bibel noch nicht verstanden, jedoch kann man daran ablesen, ob etwas abweicht oder nicht. -

Denn man darf nie vergessen, dass der Satz "Die Bibel ist Gottes Wort" allein schon dadurch relativiert ist, dass wir keine lückenlose Quellen-Tradierung haben UND dass die gängigen (auch guten) Übersetzungen den Anruch unserer Zeit haben - ich stelle das immer wieder an meiner geliebten Buber-Übersetzung fest, die meistens spirituelle Unstimmigkeiten in den "modernen" Übersetzungen korrigiert, weil sie nicht interpretiert, sondern versucht, aus dem Denken der Entstehungszeit wiederzugeben - und somit das phänomenologisch Wertfreie über das konnotativ Bewertende stellt (Beispiele massenhaft vorhanden).

Deshalb ziehe ich vor, die Bibel als "gottgewollt" zu bezeichnen, die uns so vorliegen soll, wie sie uns vorliegt - damit wir an ihr lernen, Gutes von Bösem zu unterscheiden. - Es gibt zu allem eine Heilsgeschichte - auch zur Bibel-Tradierung und zur Exegese.

Wenn auf diese Weise der Heilige Geist über den Text gestellt wird und ihm somit Vetorecht zu Falschinterpretationen eingeräumt wird, sind die Hürden höher, Gefälliges herauszupicken - weder von "Liberalen" noch von "Bibeltreuen". - Denn oft sind sich Gegensätze ähnlicher, als ihnen recht ist. Die Wahrheit liegt immer in der Mitte, im Kern.

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