Das ist immerhin eine hübsche und zutreffende Zusammenfassung der globalen postmodern-konstruktivistischen Skeptizismusanschauung, die ihren Ausgangspunkt in Kants fataler Ding-an-sich-Hypothese nimmt und sich bis Richard Rorty und Paul Feyerabends "Anything goes"-These fortsetzt.Roland hat geschrieben: ↑Sa 25. Mai 2019, 12:07Wie closs schon gesagt hat: So ist es auch! Wir sind Höhlenbewohner und nehmen nur die Schatten der Wirklichkeit an der dem Ausgang gegenüberliegenden Höhlenwand wahr. Wir sind begrenzte Wesen, gefangen durch die Möglichkeiten, die uns unsere Sinne bereitstellen. Wir erkennen nur stückweise, wie "durch einen Spiegel in einem dunklen Bild" (1. Kor. 13, 12). Große Dimensionen der Wirklichkeit bleiben uns verborgen. Vielleicht mit Ausnahme der Mathematik, müssen wir immer zuerst ein bestimmtes Weltbild voraussetzen und sicheres Wissen ist uns versagt.
"Die letzte Schlussfolgerung der Vernunft ist, dass sie einsieht, dass es eine Unzahl von Dingen gibt, die ihr Fassungsvermögen übersteigt; sie ist nur schwach, wenn sie nicht bis zu dieser Einsicht gelangt…" (Blaise Pascal, Pensées)
Das ist nur leider alles falsch.
1. weil schon Kants Generalisierung falsch ist, aus der Tatsache, dass es Grenzen der Vernunft und sinnlichen Wahrnehmung gibt zu schlussfolgern, dass wir darum grundsätzlich überhaupt nichts mit Sicherheit erkennen könnten; denn das tun wir sehr wohl ...
2. weil auch in Platons Höhle die unumstößliche Tatsache herrscht, dass Schatten nur existieren, wenn sie von etwas geworfen werden, denn Schatten werfen keine Schatten. Auch in Platons Höhle gibt es nicht nur Schatten, sondern Wahrheit;
3. kann der Konstruktivismus in seinen starken Formen als Kontext-, Neuro- und Wahrheitskonstruktivismus nicht korrekt sein, weil seine zentrale These, jede Wahrheit und Erkenntnis sei letztlich kontextbezogene oder neuronale Konstruktion auf sich selbst angewendet einen Widerspruch ergibt. Wenn die These korrekt ist, hebt sie sich selbst in ihrem Wahrheitsanspruch auf. Das hat mittlerweile sogar SilverBullet verstanden (womit er übrigens einen wirklichen Erkenntnisfortschritt erzielt hat, gratuliere!).
Wenn sich jemand für den Relativismus interessiert, empfehle ich den schmalen, aber ausgezeichneten Band: Bernd Irlenborn, Relativismus, Grundthemen Philosophie, de Gruyter, Berlin/Boston 2016.