Descartes und Glaube

closs
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#231 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » So 1. Mai 2016, 09:16

sven23 hat geschrieben:Das Menschenbild des christlichen Mittelalters fällt weit hinter das eher positive Menschenbil der Antike zurück.
Dass der Erbsünde-GEdanke durch die Kirche instrumentalisiert wurde, ist unbestritten. Der Gedanke, der eigentlich dahinter steht, ist auch heute noch aktuell.

Dass dieser Gedanke heute nicht mehr verstanden wird, ist unter anthropozentrischen Gesichtspunkten mehr als verständlich. Und so bleibt eigentlich kaum mehr, als die Bewahrung dieses Gedankens für verständigere Zeiten. Dies ist an sich nichts Dramatisches und wird gelingen - es ist nicht Ausnahme.

Pluto
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#232 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Pluto » So 1. Mai 2016, 09:21

closs hat geschrieben:Dass der Erbsünde-GEdanke durch die Kirche instrumentalisiert wurde, ist unbestritten. Der Gedanke, der eigentlich dahinter steht, ist auch heute noch aktuell.
Mehr noch. Die Kirche hat die Erbsünde erfunden.
Siehe Augustinus.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Novas
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#233 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Novas » So 1. Mai 2016, 09:48

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Dass der Erbsünde-GEdanke durch die Kirche instrumentalisiert wurde, ist unbestritten. Der Gedanke, der eigentlich dahinter steht, ist auch heute noch aktuell.
Mehr noch. Die Kirche hat die Erbsünde erfunden.
Siehe Augustinus.

Der Gedanke, der dahinter steht, ist auch heute noch aktuell. „Sünde“ meint lieblose Gedanken, lieblose Wahrnehmung, die einen zerstörerischen Einfluss auf unsre Beziehungen und unsre Kommunikation haben. Der Begriff bezieht sich also auf einen psychologischen Vorgang, den man beobachten kann. Lieber Pluto, gehe doch ausnahmsweise davon aus, dass Christen Menschen sind wie Du - also ausgestattet mit Herz und Verstand - und sie sich somit wirklich etwas gedacht haben, als sie solche Begriffe prägten :) ich meine.... lieblose, verurteilende Gedanken können wie eine mentale Hölle sein! Beispielsweise ein Alkholiker befindet sich in diesem Zustand.

Ich weise hier gerne mal auf die 12. Schritte der Anonymen Alkoholiker hin:


1. Schritt
Wir gaben zu, dass wir dem Alkohol gegenüber machtlos sind - und unser Leben nicht mehr meistern konnten.

2. Schritt
Wir kamen zu dem Glauben, dass eine Macht, größer als wir selbst, uns unsere geistige Gesundheit wiedergeben kann.

3. Schritt
Wir fassten den Entschluss, unseren Willen und unser Leben der Sorge Gottes - wie wir Ihn verstanden - anzuvertrauen.

4. Schritt
Wir machten eine gründliche und furchtlose Inventur in unserem Inneren.

5. Schritt
Wir gaben Gott, uns selbst und einem anderen Menschen gegenüber unverhüllt unsere Fehler zu.

6. Schritt
Wir waren völlig bereit, all diese Charakterfehler von Gott beseitigen zu lassen.

7. Schritt
Demütig baten wir Ihn, unsere Mängel von uns zu nehmen.

8. Schritt
Wir machten eine Liste aller Personen, denen wir Schaden zugefügt hatten und wurden willig, ihn bei allen wieder gutzumachen.

9. Schritt
Wir machten bei diesen Menschen alles wieder gut - wo immer es möglich war -, es sei denn, wir hätten dadurch sie oder andere verletzt.

10. Schritt
Wir setzten die Inventur bei uns fort, und wenn wir Unrecht hatten, gaben wir es sofort zu.
11. Schritt
Wir suchten durch Gebet und Besinnung die bewusste Verbindung zu Gott - wie wir Ihn verstanden - zu vertiefen. Wir baten Ihn nur, uns Seinen Willen erkennbar werden zu lassen und uns die Kraft zu geben, ihn auszuführen.

12. Schritt
Nachdem wir durch diese Schritte ein spirituelles Erwachen erlebt hatten, versuchten wir, diese Botschaft an Alkoholiker weiterzugeben und unser tägliches Leben nach diesen Grundsätzen auszurichten.
https://www.anonyme-alkoholiker.de/cont ... 1schri.php

Beachte den 5. Schritt: Wir gaben Gott, uns selbst und einem anderen Menschen gegenüber unverhüllt unsere Fehler zu. Dieses Zugeben ist ein wesentlicher Schritt, um von der Sucht frei zu werden und zu heilen!
Zuletzt geändert von Novas am So 1. Mai 2016, 10:14, insgesamt 2-mal geändert.

Salome23
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#234 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Salome23 » So 1. Mai 2016, 10:11

Pluto hat geschrieben: Die Kirche hat die Erbsünde erfunden.
Römer 5,12-17

12 Deshalb, wie durch "einen" Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und der Tod durch die Sünde, so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben.
13 Denn die Sünde war wohl in der Welt, ehe das Gesetz kam; aber wo kein Gesetz ist, da wird Sünde nicht angerechnet.
14 Dennoch herrschte der Tod von Adam an bis Mose auch über die, die nicht gesündigt hatten durch die gleiche Übertretung wie Adam, welcher ist ein Bild dessen, der kommen sollte.

15 Aber nicht verhält sich's mit der Gabe wie mit der Sünde.
Denn wenn durch die Sünde des Einen die Vielen gestorben sind, um wie viel mehr ist Gottes Gnade und Gabe den Vielen überreich zuteil geworden durch die Gnade des einen Menschen Jesus Christus.
16 Und nicht verhält es sich mit der Gabe wie mit dem, was durch den einen Sünder geschehen ist.
Denn das Urteil hat von dem Einen her zur Verdammnis geführt, die Gnade aber hilft aus vielen Sünden zur Gerechtigkeit.
Zuletzt geändert von Salome23 am So 1. Mai 2016, 10:14, insgesamt 1-mal geändert.

closs
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#235 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » So 1. Mai 2016, 10:12

Pluto hat geschrieben:Mehr noch. Die Kirche hat die Erbsünde erfunden.
Sie hat den BEgriff dazu erfunden - genauso wie sie den Begriff "Trinität" erfunden hat. - Aber das, was damit zum Ausdruck gebracht werden soll, gab es schon davor. - Wir reden hier im Grunde darüber, ob etwas benannt wurde - ja: das hat die kirchliche Theologie getan. - Sie hat etwas Bestehendes benannt - sprachlich "thematisiert", würde Heidegger sagen.

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sven23
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#236 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von sven23 » So 1. Mai 2016, 11:10

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Mehr noch. Die Kirche hat die Erbsünde erfunden.
Sie hat den BEgriff dazu erfunden - genauso wie sie den Begriff "Trinität" erfunden hat. - Aber das, was damit zum Ausdruck gebracht werden soll, gab es schon davor. - Wir reden hier im Grunde darüber, ob etwas benannt wurde - ja: das hat die kirchliche Theologie getan. - Sie hat etwas Bestehendes benannt - sprachlich "thematisiert", würde Heidegger sagen.
Nein, sie hat einen Fetisch daraus gemacht, so wie es keine andere Religion getan hat. Sie hat ein künstliches Dilemma geschaffen, aus dem sich der Mensch angeblich nicht selbst befreien kann. Folgerichtig bietet sie sich selbst als Problemlöser an und zeigt damit marketingtechnisches Geschick.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#237 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » So 1. Mai 2016, 11:21

sven23 hat geschrieben:Sie hat ein künstliches Dilemma geschaffen, aus dem sich der Mensch angeblich nicht selbst befreien kann.
Das ist kein künstliches Dilemma, sondern ein echtes. - Die Frage ist eher, wie sehr man aus diesem Dilemma Profit schlägt - DA hat die Kirche Schuld auf sich geladen. - Für die Existenz dieses Dilemmas selbst kann die Kirche nichts - es ist einfach da.

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#238 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von sven23 » So 1. Mai 2016, 12:45

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie hat ein künstliches Dilemma geschaffen, aus dem sich der Mensch angeblich nicht selbst befreien kann.
Das ist kein künstliches Dilemma, sondern ein echtes. - Die Frage ist eher, wie sehr man aus diesem Dilemma Profit schlägt - DA hat die Kirche Schuld auf sich geladen. - Für die Existenz dieses Dilemmas selbst kann die Kirche nichts - es ist einfach da.
Natürlich ist sie ein willkürliches Kunstprodukt, sonst müßte alle Religionen zwangläufig zum selben Ergebnis kommen. Tun sie aber nicht.

"Der Erbsündengedanke ist zudem so alt nicht. Er findet sich weder im Alten noch im
Neuen Testament. Im Gegenteil wird auch dort eher die persönliche Verantwortung
betont trotz des Sündenfalls des Urmenschen. Erst bei Augustinus im 5. Jahrhundert
findet sich der Gedanke einer Erbsünde ausgearbeitet. Dieser vielfach zu Unrecht
hochgelobte Kirchenvater treibt den Sündenfetischismus der Alten Kirche auf einen
vorläufigen Höhepunkt. Im Bestreben, die Sünde immer wirkmächtiger und
grundsätzlicher zu beschreiben (mit der Zielabsicht, die Gnade Gottes umso größer
erscheinen zu lassen), und unter Hinweis auf die Schuld Adams spricht er dem Menschen
jede Möglichkeit ab, nicht als Sünder zu handeln. Der Mensch kann nicht nicht sündigen
(non posse non peccare).
Die Menschen befinden sich in einem generellen Zustand der Sünde, und zwar von Geburt an.
Schon Neugeborene sind Sünder und gehören in die Hölle. Denn durch die Zeugung haben
sie die Schuld Adams geerbt. Man kann schon ahnen, welche Auswirkungen eine solche Lehre
auf die Stellung der Kirche zur Sexualität hatte. Kein vernünftiger Mensch hält eine solche Lehre
noch für richtig oder irgendwie hilfreich. Selbst Christen schweigen hier betreten. Doch die
Erbsündenlehre findet sich definiert im Tridentinischen Konzil im 16. Jahrhundert, ist also ein zu
glaubendes Dogma der katholischen Kirche. Ein schönes Exempel religiös-mythologischer Relikte und ein
Beispiel eines verzerrten Welt- und Menschenbilds."

Kubitza, Jesuswahn

Genau aus diesem Grund hat die Kirche ein Dogma aus der Erbsünde gemacht, damit man es glauben muss.

"Zwar hat es nie einen Sündenfall gegeben; dennoch sprechen heutige
Theologen vom schuldhaften Herausfallen des Menschen aus der Verbundenheit mit Gott, so als wäre
die Paradiesgeschichte dennoch real geschehen. Weitreichende „Wahrheiten“ über den heutigen
Menschen werden aus fiktiven Erzählungen eruiert, die vielleicht schon in der Bronzezeit kursierten.
Ein geradezu lächerliches Vorgehen, absurd und unlogisch und antiquiert. Nicht nur die Theologie
insgesamt, auch die theologische Anthropologie ist im Kern Mythologie, an staatlichen Hochschulen
gelehrte Mythologie."

...
"Ebenso kennt der Hinduismus, bei allen Absurditäten, die diese Religion sonst
auszeichnet, keinen Sündenbegriff. Das Grundübel ist dort keine vererbte Schuld, sondern das „Nicht-
Wissen“. Ein Großteil der Menschheit lebt also, obwohl religiös gebunden, seit Jahrtausenden ganz
ohne das inflationäre Sündenverständnis der Christen."

Kubitza, Dogmanwahn
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#239 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » So 1. Mai 2016, 14:11

sven23 hat geschrieben:Natürlich ist sie ein willkürliches Kunstprodukt, sonst müßte alle Religionen zwangläufig zum selben Ergebnis kommen.
Müssten sie selbstverständlich NICHT. - Denn jede Religion hat aus kulturellen, heilsgeschichtlichen, etc. Gründen andere Schwerpunkte.

Wenn Du genau liest, wirst Du feststellen, dass ich sinngemäß geschrieben habe, dass ein echt guter Imam oder Rabbi das christliche Motiv der Erbsünde geistig VERSTEHEN, wenn auch nicht für sich übernehmen würde. - Das ist übrigens der Grund, warum sich Religionen auf entsprechend hoher Gesprächsebene (!!) untereinander gut verstehen - es ist KEIN Zufall, wenn Benedikt und jetzt auch Franziskus eine Politik der religiösen Ökumene (soweit wie es halt geht) mit Juden, Moslems, Orthodoxen, Dalai Lama, etc. machen. - Man weiss, dass die Gemeinsamkeiten größer sind als bei einer geistig entkernten säkularen Philosophie.

sven23 hat geschrieben:Genau aus diesem Grund hat die Kirche ein Dogma aus der Erbsünde gemacht, damit man es glauben muss.
Das ist vollkommen absurd. - Kubitza scheint nicht den geringsten substantiellen Einblick in die geistigen Gründe zu haben und faselt etwas aus der Peripherie hinein.

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NIS
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#240 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von NIS » So 1. Mai 2016, 14:16

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Natürlich ist sie ein willkürliches Kunstprodukt, sonst müßte alle Religionen zwangläufig zum selben Ergebnis kommen.
Müssten sie selbstverständlich NICHT. - Denn jede Religion hat aus kulturellen, heilsgeschichtlichen, etc. Gründen andere Schwerpunkte.
Planet der Affen? :lol:
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