Lamarck hat geschrieben:Hi Thaddäus!
Wittgenstein hat sich damit vor allem in seinem Spätwerk beschäftigt. Du kennst sicher dies hier:
Wittgenstein (Tractatus) hat geschrieben:
6.363 Der Vorgang der Induktion besteht darin, dass wir das einfachste Gesetz annehmen, das mit unseren Erfahrungen in Einklang zu bringen ist.
6.3631 Dieser Vorgang hat aber keine logische, sondern nur eine psychologische Begründung. Es ist klar, dass kein Grund vorhanden ist, zu glauben, es werde nun auch wirklich der einfachste Fall eintreten.
6.36311 Dass die Sonne morgen aufgehen wird, ist eine Hypothese; und das heißt: wir 'wissen' nicht, ob sie aufgehen wird.
Jep, kenne ich. Wittgenstein übernimmt hier die Auffassung des schottischen Philosophen David Hume. Nach ihm ist das induktive Schließen eine rein psychologische Gesetzmäßigkeit, die aus der Erfahrung bzw. der Gewohnheit sinnlicher Erfahrung stammt.
Nach Kant können wir dagegen induktiv schließen, weil unser Verstand selbst die Induktion als Gesetzmäßigkeit
vorgibt, und zwar der sinnlichen Erfahrung
vorgibt, wodurch wir überhaupt etwas erkennen können bzw. Urteile fällen können. Das induktive Schließen stammt also nicht aus der Erfahrung, sondern ist
a priori (= stammt nicht aus Erfahrung). Beide Positionen sind nicht unproblematisch.
Lamarck hat geschrieben:
Definitionen sind bekanntlich immer tautologisch: Der rechte Teil lässt sich durch den linken ersetzen:
Das ist - so - eigentlich nicht korrekt. Allerdings habe auch ich einen Fehler gemacht.
Meine Bemerkung,
deine Aussage:
"Die Welt ist alles, was ist", sei ein Tautologie, ist genau genommen falsch.
Eine Tautologie wäre es gewesen, wenn du geschrieben hättest:
"Die Welt ist die Welt".
Ich
meinte, deine Aussage läuft auf eine Tautologie hinaus.
Defintionen sind keine Tautologien. Defintionen sind stattdessen intensional oder extensional.
Definiere ich z.B.
Tisch als
die Menge aller Tische, die es auf der Welt gibt, dann ist diese Defintion
extensional, denn sie rekurriert auf alle Objekte, die ein Tisch sind.
Definiere ich
intensional, dann versuche ich das
Wesen eines Tisches zu beschreiben, also: "Ein Tisch hat mindestens einen Tisch-Fuß, drei Beine oder mehr, eine Platte, man kann Dinge auf ihm abstellen usw.
Lamarck hat geschrieben:
- Welt := (ÆŽ) |Es gilt bemerkenswerterweise: (ÆŽ) = âŒ(âŒÆŽ)
Hier interessiert mich vor allem, wo du das Non-Zeichen her hast?
1. wüsste ich gerne, wie man es hier einfügt,
2. ist es falsch herum. Ich bräuchte es also nach rechts umgeklappt.
Ansonsten ist (ÆŽ) kein prädikatenlogischer Ausdruck, sondern nur der Existenzquantor. Du musst also logisch korrekt schreiben:
ÆŽ(x) = âŒ[âŒÆŽ (x)] (und das ⌠muss umgeklappt werden)
(Und das ist natürlich eine Tautologie.)
Lamarck hat geschrieben:
Nichts anderes ist die Technik, ein Axiom zu gewinnen: Über eine Def. durch Induktion zum Axiom.
Die Induktion ist logisch die
Implikation, also die
"Wenn ..., dann ... ."-Funktion.
Ein Axiom ist dem gegenüber nur eine Setzung, die natürlich möglichst einleuchtend sein sollte.
Lamarck hat geschrieben:
Es ist leicht zu sehen, dass Wittgenstein nicht so recht damit fertig wird, was der Ausdruck "was der Fall ist" bedeuten soll. Das ist das Induktionsproblem!
Das Induktionsproblem ist eher die Frage, weshalb wir unentwegt von etwas auf etwas anderes schließen, obwohl nicht klar ist, weshalb ein solcher Schluss eigentlich gültig sein soll?
Aus der Tatsache, dass alle Dinge auf unserer Erde nach unten (zum Gravitationszentrum hin) fallen, schließen wir, dass Dinge auch auf einem Planten im Orionnebel nach unten fallen, weil wir induktiv aus unseren Einzelbeobachtungen schließen, dass die Naturgesetze - und in diesem Falle das Gravitationsgesetz - überall im Universum gelten. Tatsächlich können wir das nicht
wissen, wir schließen nur induktiv darauf (denn niemand konnte das bislang auf einem Planeten außerhalb unseres Sonnensystems empirisch überprüfen).
Lamarck hat geschrieben:
Ein Axiom ist aber eine Setzung, keine Schlussfolgerung.
Ich fürchte, hier widersprichst du dir selbst, denn oben sagst:
"Über eine Def. durch Induktion zum Axiom" und das ist das Gegenteil.
Liebe Grüße
Thaddäus