Alles Teufelszeug? III

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Savonlinna
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#41 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Savonlinna » Mo 9. Mai 2016, 14:10

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Ich weiß, dass Du nicht verstehen willst, dass ich nie vom Pastoralen/Psychologischen geredet habe, sondern immer vom Fundamentalen.
Ich weiss - aber Du vermischst es ständig.
Nein. Ich lehne nur Deine Einteilung ab.
Du kannst nicht erkennen, dass ich nie vom Pastoralen geredet habe. Auch in Deinem Sinne nicht. Wenn erforscht werden soll, was der Mensch ist, muss man ihn eben erforschen. Auch C.G.Jung - und er ist da vielleicht mein Vorbild - geht von der Psyche des Menschen aus und entdeckt in ihr ein Gottesbewusstsein.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Nein, ich verwechsele nicht die Ebenen.
Da scheint das Problem zwischen uns zu liegen.
Ich erkenne Deine Ebenen nicht an, weil sie von Dir erfunden wurden und ich Deine Erfindungen als Produkt Deiner Psyche wahrnehme.
Für Dich sind sie gut, für mich sind sie für Dich wichtig, für mich aber falsch.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Ich habe Deine ontologischen Ansprüche doch immer als faulen Zauber entlarvt.
Das meinst Du aus Deinem Weltbild heraus, von dem Du sagst, es sei keines.
Nein, ich habe kein Weltbild. Aber wenn jemand schlecht argumentiert, dann kann ich das auch ohne Weltbild erkennen.
Es fällt auf, dass Du den Begriff "ontoloigsch" nie erklärst, sondern immer nur benutzt, um Selbsthinterfragung abzublocken.
Dieser Begriff ist für Dich eine Waffe, die Dich davor schützen soll, leeres Gerede als solches zu erkennen.

closs hat geschrieben:- Mir ist immer noch nicht begreiflich, wie man die Unterscheidung vom "Sein des Mondes" und und von der "Wahrnehmen des Mondes" als faulen Zauber entlarven kann.
Der faule Zauber liegt in Deinem Begriff "Sein".

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wie kommst Du auf die Idee, dass ich "den Anspruch ontologischer/fundamentaler Kategorie aufrecht erhalten" möchte?
Oben sagst Du, Du sprächest immer vom Fundamentalen.
Ja.
Das Fundamentale muss man erforschen.
Man kann es sich nicht einfach ausdenken, auf der Basis der eigenen Befindlichkeit.
Und letzteres tust Du.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wie kommst Du darauf, dass wir da je Übereinstimmung hatten?
Weil wir uns da in vielen Dingen einvernehmlich einig waren - wohlgemerkt: Befindlichkeits-Einschätzungen zu wichtigen Dingen des Alltags.
Ich finde das jetzt sehr befremdlich. Nur weil Du meinst, dass wir uns da einig seien, setzt Du voraus, dass ich das auch finde?
Ich habe Dir da ewig widersprochen, aber möglicherweise liest Du das gar nicht.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Immer wieder erkläre ich Dir, dass Du nie fundamental sprichst. Du hast gar keine Ahnung, was fundamental ist.
Da haben wir dasselbe Problem gegenseitig. - Interessant.
Ja. Aber ich möchte es erforscht wissen, Du aber willst es setzen.
Dein Versuch ist eitel - eitel im doppelten Sinn. Er führt nur zu Dir, zu Deiner Person.
C.G.Jung aber hat wirklich Allgemeines erkennen können: weil er den Menschen erforscht hat.
Zwar wird man auch bei Jung sagen können, dass er seine Ergebnisse gedeutet hat und sie darum auch subjektiv sind.
Aber die Ergebnisse liegen vor, man kann sie nachlesen und gegebenenfalls anders deuten.

Du aber legst nie etwas vor, sondern denkst Dir was aus und willst, dass alle das als fundamental erkennen.
Es scheitert schon daran, dass Du "Wahrnehmung" nicht präzise fasst. Und "Sein" ist ein leerer Kampfbegriff mit Nullaussage.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: ein Scheingebilde, das zusammenplatzt, sobald man reinpiekt
Wir haben ein ernsthaftes weltanschauliches Problem. - Du scheinst doch weiter weg zu sein, als ich dachte.
Du hättest es längst wissen können, wenn Du anderen mal zuhören würdest.

closs hat geschrieben:Da ich sehr wohl überzeugt bin und auch gemerkt habe, dass Du echte spirituell-geistige Substanz hast, scheint unser Problem in einer unterschiedlichen Verankerung derselben zu liegen.
Mir geht es nur um Deine permanente eitle Selbstdarstellung, die immer schlimmer wird in ihrer Selbstüberschätzung.
Mit verschiedenen Wegen habe ich kein Problem, weil ich weiß, dass jeder Mensch seinen eigenen Weg finden und dann auch gehen muss.

Dein Weg ist die Selbstüberschätzung, und ich habe die undankbare Aufgabe, zu versuchen, sie Dir bewusst zu machen.
Tue ich es nicht, mache ich mich schuldig. :?

Dein Gott wird mich dann donnernd fragen - bzw. tut es jetzt schon -: Wo warst Du, Savonlinna, als closs immer mehr den Boden unter den Füßén verlor und sich selber erhöhte in schwindelnde Höhen, die er selber nicht mehr erfassen kann? Was hast Du dagegen getan, Savonlinna?????

Novas
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#42 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Novas » Mo 9. Mai 2016, 16:10

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das behaupten Esoteriker
Alles, was vom Formalen ins Substantielle geht, nennt man offenbar heute "Esoterik".

Im Grunde steckt dahinter ein einseitig männliches (rationalisierendes) Denken, während das weibliche fühlende Bewusstsein, als „esoterisch“ abgetan wird und das bedeutet so viel wie „Unsinn“. Mehr Frauen gehen in eine esoterische Richtung, weil sie den Männern in diesem Bereich überlegen sind.
Ich schaute mal einer Diskussionsrunde mit einer Wissenschaftlerin zu, die offen zugab, dass sie sich das weibliche Denken abgewöhnen und das männliche Denken lernen musste, als sie sich für die Wissenschaft entschied. Sie musste gewissermaßen ein weiblicher Mann werden, weil sie von ihren männlichen Kollegen „ernst“ genommen werden wollte. Achja, in dem Vortrag sprach sie über C. G Jung, das kollektive Unbewusste usw. mein Eindruck ist auch, dass das Frauen leichter begreifen.

Wohl nicht grundlos gibt es das Urbild der Großen Mutter. Von Erich Neumann gibt es dazu ein Buch: „Die Große Mutter, eine Phänomenologie der weiblichen Gestaltungen des Unbewussten“

http://www.amazon.de/Die-Gro%C3%9Fe-Mut ... 9Fe+mutter


Ich erinnere gerne an diese geradezu prophetischen Worte von Rainer Maria Rilke:

Das Mädchen und die Frau, in ihrer neuen, eigenen Entfaltung, werden nur vorübergehend Nachahmer männlicher Unart und Art und Wiederholer männlicher Berufe sein. Nach der Unsicherheit solcher Übergänge wird sich zeigen, dass die Frauen durch die Fülle und den Wechseln jener [oft lächerlichen] Verkleidungen nur gegangen sind, um ihr eigenstes Wesen von den entstellenden Einflüssen des anderen Geschlechtes zu reinigen. Die Frauen, in denen unmittelbarer, fruchtbarer und vertrauensvoller das Leben verweilt und wohnt, müssen ja im Grunde reifere Menschen geworden sein, menschlichere Menschen als der leichte, durch die Schwere keiner leiblichen Frucht unter die Oberfläche des Lebens herabgezogene Mann, der, dünkelhaft und hastig, unterschätzt, was er zu lieben meint. Dieses in Schmerzen und Erniedrigungen ausgetragene Menschentum der Frau wird dann, wenn sie die Konventionen der Nur-Weiblichkeit in den Verwandlungen ihres äußeren Standes abgestreift haben wird, zutage treten, und die Männer, die es heute noch nicht kommen fühlen, werden davon überrascht und geschlagen werden. Eines Tages [wofür jetzt, zumal in den nordischen Ländern, schon zuverlässige Zeichen sprechen und leuchten], eines Tages wird das Mädchen da sein und die Frau, deren Name nicht mehr nur einen Gegensatz zum Männlichen bedeuten wird, sondern etwas für sich, etwas, wobei man an keine Ergänzung und Grenze denkt, nur an Leben und Dasein: der weibliche Mensch.

Dieser Fortschritt wird das Liebe-Erleben, das jetzt voll Irrung ist [sehr gegen den Willen der überholten Männer zunächst], verwandeln, von Grund aus verändern, zu einer Beziehung umbilden, die von Mensch zu Mensch gemeint ist, nicht mehr von Mann zu Weib. Und diese menschlichere Liebe [die unendlich rücksichtsvoll und leise, und gut und klar in Binden und Lösen sich vollziehen wird] wird jener ähneln, die wir ringend und mühsam vorbereiten, der Liebe, die darin besteht, dass zwei Einsamkeiten einander schützen, grenzen und grüßen.
Ihr
Rainer Maria Rilke

http://www.marschler.at/worte-rilke-briefe-kappus-4.htm

„Sehr gegen den Willen der überholten Männer zunächst“ ....... genau das erleben wir gerade :D Gerade im polarisierenden Dialog zwischen Wissenschaft und Religion/Spiritualität. Denn wo der männliche Verstand trennt, da verbindet die weibliche Intuition und sieht und erahnt schon längst die höhere Verbindung.

closs
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#43 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mo 9. Mai 2016, 17:22

Savonlinna hat geschrieben:Wie müsste eine historisch-kritische Methode beschaffen sein, die voraussetzt, dass es Gott gibt.
Ich habe nie behauptet, dass die HKM bei der Bibel-Arbeit voraussetzen soll, es gäbe Gott, also NICHT voraussetzen sollte, es gäbe ihn nicht, sondern dass sie ganz einfach beide Möglichkeiten getrennt untersucht.

Aus meiner Sicht müsste sich die Arbeitsweise der HKM NICHT ändern - aus folgendem Grund:
Da beide Versionen historisch möglich sind (Jesus könnte nur ein Mensch, aber auch Gott gewesen sein)), müssten sie ohnehin untersucht werden. - Den Einwand, genau dies müsse man doch historisch-kritisch erst herausfinden, würde ich nicht gelten lassen, weil man dies prinzipiell historisch-kritisch nicht herausfinden kann.

Vermeiden kann man dieses Verfahren nur dann, wenn man HKM SO versteht, wie wir es damals verstanden haben:
Bei uns war die HKM ein Trabant um die eigentliche Literatur-Interpretation herum - wir haben also die HKM überhaupt nicht als Interpretations-Disziplin des zu untersuchenden Stückes verstanden, sondern als Lieferant von wichtigen Daten für die eigentliche Interpretation.

Hier aber wird der Eindruck erweckt, die HKM könne Textzusammenhänge inhaltlich interpretieren. - Will man diesen Anspruch aufrecht erhalten, muss man unterscheiden, ob man unter der Setzung "Jesus ist nur Mensch" oder "Jesus ist Gott" interpretiert. - Tut man es nicht, kann man nicht ergebnisoffen interpretieren.

Wenn dies nicht logisch zugänglich ist, macht es kuinen Sinn über Philosophie zu sprechen - denn dann geht schon die Vorstufe schief.

Savonlinna hat geschrieben:Mich würde wirklich interessieren, ob Du das Schritt für Schritt durchdacht hast.
Ich denke schon.

Savonlinna hat geschrieben:Du kannst nicht erkennen, dass ich nie vom Pastoralen geredet habe.
Du hast selbst dieses Wort nie in den Mund genommen - das habe ich auch nie unterstellt.

Savonlinna hat geschrieben:Auch C.G.Jung - und er ist da vielleicht mein Vorbild - geht von der Psyche des Menschen aus und entdeckt in ihr ein Gottesbewusstsein.
NATÜRLICH ist in der Psyche des Menschen Gottesbewusstsein. - Das ist doch exakt das, was die Theologie anders chiffriert als Ebenbildlichkeit bezeichnet.

Savonlinna hat geschrieben:Ich erkenne Deine Ebenen nicht an, weil sie von Dir erfunden wurden
Ähm - ganz bestimmt nicht. - Ich möchte Dir nicht unterstellen, dass Du meinst, dass Gott eine Erfindung der menschliche Psyche sei - denn dann wäre Gott nichts anderes als eine Selbst-Erhöhung des Menschen. - Und wenn ich Jung richtig verstehe, hat er seine Archetypen schon auch transzendent verstanden.

Savonlinna hat geschrieben:Es fällt auf, dass Du den Begriff "ontologisch" nie erklärst
Habe ich schon des öfteren. - Mit "ontologisch" verbinde ich keine bestimmte philosophische Schule, sondern das, was WIRKLICH ist (ohne selber wissen zu müssen, WAS es ist). - "Ontologische Wirklichkeit" steht damit "methodischer Wirklichkeit" gegenüber - als DER Wirklichkeit, die bei einer methodischen Untersuchung herauskommt (und im besten Fall mit ontologischer Wirklichkeit koinzidiert). - Man könnte auch sagen: "Absolute Wirklichkeit" und "systematisch/methodisch erschlossene Wirklichkeit" stehen normalerweise nicht im Gegensatz, aber gegenüber. - Wir können das Wort "ontologisch" sofort weglassen, wenn jedem klar ist, dass methodisch erzielte Wirklichkeit mit dem, was WIRKLICH ist, übereinstimmen soll, aber nicht übereinstimmen muss.

Im konkreten Fall würde dies heißen:
"Wenn man Jesus als normalen Menschen versteht, ist unter HKM-Gesichtspunkten naheliegend, dass Jesus selbst eine Naherwartung hatte".
Die Gegenposition wäre:
"Wenn man Jesus als Mensch und Gott versteht, ist unter theologischen Gesichtspunkten naheliegend, dass Jesus KEINE Naherwartung hatte".
Bei gleicher Quellenlage also verschiedene Interpretations-Ergebnisse.

Savonlinna hat geschrieben:Der faule Zauber liegt in Deinem Begriff "Sein".
Dann finde ein anderes Wort, das daselbe bedeutet.

Savonlinna hat geschrieben:Man kann es sich nicht einfach ausdenken, auf der Basis der eigenen Befindlichkeit. Und letzteres tust Du.
Das ist wirklich schräg von Dir. - Einerseits betone ich, dass das Fundament gerade nicht Folge meiner Befindlichkeit ist, andererseits drehst Du mir einen Strick, weil ich es als Individuum sage. - Es gibt aber nur Individuen, die es sagen können, weil jeder, der es sagt, zwangsläufig Individuum ist.

Savonlinna hat geschrieben:Ich habe Dir da ewig widersprochen, aber möglicherweise liest Du das gar nicht.
In vielen pragmatischen Dingen waren wir uns sehr einig.

Savonlinna hat geschrieben:Mir geht es nur um Deine permanente eitle Selbstdarstellung
Die Tatsache, dass ich unbeirrt daran festhalte, dass menschliches Maß (incl. Methodik) NICHT ontologischer Maßstab sein können, hat wirklich nichts mit Eitelkeit zu tun, sondern gerade mit dem Gegenteil - ich gebe ab zulasten meiner Selbst-Maßstäblichkeit. - Dass ich dabei manchmal zu ungeduldig und selbstbewusst auftrete, kannst Du mir anlasten.

Savonlinna hat geschrieben:sich selber erhöhte in schwindelnde Höhen, die er selber nicht mehr erfassen kann?
Du spiegelst in mir genau das Problem, gegen das ich hier gegen größte Widerstände angehe - das ist sehr merkwürdig.

Savonlinna hat geschrieben: Was hast Du dagegen getan, Savonlinna?????
Da ich Dich nach wie vor für eine ehrliche Haut halte, die nur das beste will, ist es schön, dass Du da bist. - Aber ich bin wirklich sehr verwundert über die Umkehrung der Dinge - es wird etwas zu bedeuten haben.

closs
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#44 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mo 9. Mai 2016, 17:25

Münek hat geschrieben:Ich kann mit Deinem Lieblingswort "substanziell" in Bezug auf die biblischen Schriften nichts anfangen.
Du bringst es auf den Punkt.

Novalis hat geschrieben:Ich schaute mal einer Diskussionsrunde mit einer Wissenschaftlerin zu, die offen zugab, dass sie sich das weibliche Denken abgewöhnen und das männliche Denken lernen musste, als sie sich für die Wissenschaft entschied.
Dein Gedanke ist ungeheuer schwer vermittelbar, weil man heute die unterschiedlichen Charismen von Mann und Frau ablehnt.

Novas
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#45 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Novas » Mo 9. Mai 2016, 19:24

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Auch C.G.Jung - und er ist da vielleicht mein Vorbild - geht von der Psyche des Menschen aus und entdeckt in ihr ein Gottesbewusstsein.
NATÜRLICH ist in der Psyche des Menschen Gottesbewusstsein. - Das ist doch exakt das, was die Theologie anders chiffriert als Ebenbildlichkeit bezeichnet

Aus phänomenologischer Sicht ist die Psyche die einzig erkennbare Realität. Es kann gezeigt werden, dass Symbole, Bilder und Mythen – und damit einhergehende religiöse Vorstellungen und Fragestellungen – in der Psyche des Menschen wirkmächtig und somit relevant sind. Dabei gilt: die Wahrheit des phänomenologischen Standpunktes ist Tatbestand, nicht Urteil: „Wenn die Psychologie z.B. von dem Motiv der jungfräulichen Geburt spricht, so beschäftigt sie sich mit der Tatsache, daß es eine solche Idee gibt, aber sie beschäftigt sich nicht mit der Frage, ob eine solche Idee in irgendeinem Sinne wahr oder falsch sei.
http://www.psychologische-praxis.rielae ... ligion.pdf
Das halte ich für einen sehr wichtigen Denkansatz, wenn es um Religion geht, denn entscheidend ist nicht ob sie wahr oder falsch ist, entscheidend ist, dass es ein inneres Erleben gibt und dieses Erleben können Menschen miteinander teilen. Diesbezüglich spreche ich mich für einen „Conscious realism“ aus, der Bewusstsein an die erste Stelle setzt. Siehe auch Donald D. Hoffman: Conscious Realism and the Mind-Body Problem.
http://www.cogsci.uci.edu/~ddhoff/ConsciousRealism2.pdf
Bei vielen Neo Atheists habe ich den Eindruck, dass sie Bewusstsein unbedingt weg erklären wollen, weil sie es innerhalb ihrer Weltanschauung nicht erklären können. Das hard problem of consciousness ist das Haar in der Suppe :D vielleicht ist es so knifflig, weil das materialistische Paradigma falsch ist und Max Planck Recht hat:


“I regard consciousness as fundamental. I regard matter as derivative from consciousness. We cannot get behind consciousness. Everything that we talk about, everything that we regard as existing, postulates consciousness.” – Max Planck, theoretical physicist who originated quantum theory, which won him the Nobel Prize in Physics in 1918

“It was not possible to formulate the laws of quantum mechanics in a fully consistent way without reference to consciousness.” Eugene Wigner, theoretical physicist and mathematician. He received a share of the Nobel Prize in Physics in 1963
Zuletzt geändert von Novas am Mo 9. Mai 2016, 19:46, insgesamt 2-mal geändert.

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#46 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mo 9. Mai 2016, 19:43

Novalis hat geschrieben:Bei vielen Neo Atheists habe ich den Eindruck, dass sie Bewusstsein unbedingt weg erklären wollen, weil sie es innerhalb ihrer Weltanschauung nicht erklären können.
Sie erklären es ja, indem sie es so lange reduzieren, bis es weltanschauungs-konform erklärbar wird.

Novalis hat geschrieben:Aus phänomenologischer Sicht ist die Psyche die einzig erkennbare Realität.
Wenn Du damit meinst, dass nur das erlebbar ist, was das "Cogito" bewusst oder unbewusst aufnimmt, stimme ich Dir zu.

Novalis hat geschrieben: denn entscheidend ist nicht ob sie wahr oder falsch ist, entscheidend ist, dass es ein inneres Erleben gibt und dieses Erleben können Menschen miteinander teilen.
Es sollte aber auch eine Wertung geben, sonst wäre es dasselbe, ob ein japanischer Teenie in seiner Comic-Welt aufgeht oder ein Christ in seiner anderen, aber kategorial gleichen Glaubens-Welt.

Das Gefährliche dabei:
Die Tatsache, dass der Mensch nur über die Psyche (synonym verstanden als "Cogito") aufnehmen kann, darf nicht zum automatischen Schluss führen, dass deshalb das Aufgenommene nur eine Vorstellung sei. - Konkretes Beispiel:

Wenn ich Novalis' Beiträge lese, steht dort das, was halt dort steht - ob Du ein Mensch, ein Computer oder Gott oder Comic-Figur bist. Trotzdem bedeutet es etwas anderes, ob Du ein Mensch, ein Computer oder Gott oder Comic-Figur bist. - Wenn eine Comic-Figur sagt "Ich rette die Welt", bedeutet etwas anderes, als wenn es Gott sagt.

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#47 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Savonlinna » Mo 9. Mai 2016, 20:11

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wie müsste eine historisch-kritische Methode beschaffen sein, die voraussetzt, dass es Gott gibt.
Ich habe nie behauptet, dass die HKM bei der Bibel-Arbeit voraussetzen soll, es gäbe Gott, also NICHT voraussetzen sollte, es gäbe ihn nicht, sondern dass sie ganz einfach beide Möglichkeiten getrennt untersucht.
Ja, eben. Darum möchte ich wissen, wie Du Dir vorstellst - und es wissenschaftlich präzise begründest -, wie dies geschehen kann.

Ich gehe durchaus wohlwollend an einen solchen Entwurf heran, bin aber unnachgiebig in der Forderung, dass dabei Begriffe, die in Benutzung sind, wissenschaftlich korrekt analysiert werden.

Leg bitte los.

Was Du anschließend hier geschrieben hast, ist mir jetzt nicht so wichtig, sondern ich möchte an Deinem konkreten Entwurf erkennen können, ob Du nur - ich benutz mal den Begriff von Münek - "Nebelkezen" wirfst, um Dich rasch aus dem Staub zu machen - oder ob Du wissenschaftlich denkst und auch weißt, was Du forderst.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Mich würde wirklich interessieren, ob Du das Schritt für Schritt durchdacht hast.
Ich denke schon.
Dann mach bitte einen Entwurf.

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#48 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Savonlinna » Mo 9. Mai 2016, 20:21

Novalis hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Auch C.G.Jung - und er ist da vielleicht mein Vorbild - geht von der Psyche des Menschen aus und entdeckt in ihr ein Gottesbewusstsein.
NATÜRLICH ist in der Psyche des Menschen Gottesbewusstsein. - Das ist doch exakt das, was die Theologie anders chiffriert als Ebenbildlichkeit bezeichnet

Aus phänomenologischer Sicht ist die Psyche die einzig erkennbare Realität.
Ich möchte hinzufügen: die Vorstellung, die Wahrnehmung kann mit dem besten Recht als "Realität" bezeichnet werden, weil für mich nur das "Wirklichkeit" ist, was wirkt.

Die Vorstellung ist geistig, die Wahrnehmung ist geistig.
Dieses Wissen gehört heute zum philosophischen Standard.
Darum sei auch die Naturwissenschaft primär geistig. Denn nur das wird zur Realität, was durch unseren Geist erfasst wird.

closs hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben: denn entscheidend ist nicht ob sie wahr oder falsch ist, entscheidend ist, dass es ein inneres Erleben gibt und dieses Erleben können Menschen miteinander teilen.
Es sollte aber auch eine Wertung geben, sonst wäre es dasselbe, ob ein japanischer Teenie in seiner Comic-Welt aufgeht oder ein Christ in seiner anderen, aber kategorial gleichen Glaubens-Welt.
Genauso argumentieren die Naturalisten. Sie fordern die Zensur der Innenwelt.

Novas
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#49 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Novas » Mo 9. Mai 2016, 20:27

closs hat geschrieben:Es sollte aber auch eine Wertung geben

Natürlich, aber theologische Gedankensysteme können niemals das innere Erleben ersetzen (sie sind ja selbst ein entwicklunsgoffenes Resultat dessen). Ich denke, dass die jüdisch-christliche Religion in erster Linie eine Erfahrungstatsache darstellt und auch gar nichts anderes sein will. Wir sprechen ja auch vom biblischen Zeugnis. Ein Offenbarungsgeschen – losgelöst von jenen, die es bezeugen – gibt es nicht. Die Theologie muss sich hier wirklich der Moderne aussetzen, im Sinne einer bedingungslosen Akzeptanz der Autonomie des Subjekts. Deswegen vermutlich die Aussage von Karl Rahner: „Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein oder er wird nicht mehr sein“.

Es ist m.E. eine Frage auf Leben und Tod für Christentum und Kirche in der westlichen Kultur, ob sie sich als fähig erweisen, eine Brücke zwischen der befreienden Offenbarungsbotschaft des Evangeliums und der unveräußerlichen Wahrheitskompetenz des modernen Individuums zu schlagen. Es ist Zeit, den exklusiven Anspruch auf Wahrheitsbesitz zu verwandeln in die Entdeckung, dass unser Zugang zur Wahrheit nie abgeschlossen sein wird, weil wir in und mit diesem ständigen Prozess unsere Indivdiualität intensivieren. Mitten in der Suche nach dem eigenen Selbst in einer individualsierten Gesellschaft radikalisiert sich also die Frage, ob und in welcher Weise die Identität des Glaubens und das menschliche Freiheitsprojekt miteinander konvergieren. Man könnte dahinter das ganze Drama "zwischen Mensch und Gott" (Ulrich) vermuten.
Franz Wilhelm Jansen. Von der Menschlichkeit Gottes und der Göttlichkeit des Menschen, Offenbarung und Erfahrung bei Edward Schillebeeckx und Eugen Drewermann. Ansätze zu einer befreienden Theologie
http://www.lit-verlag.de/isbn/3-8258-7690-x

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#50 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mo 9. Mai 2016, 21:33

Savonlinna hat geschrieben:Dann mach bitte einen Entwurf.
Du kannst hier einen Entwurf haben, der unendlich kurz ist, weil sich nämlich nichts ändert - nimm die Jesus-Aussage: "Ich rette die Welt".

Wenn man diesen Satz aus der Perspektive des "Jesus ist nur ein Wanderprediger" interpretiert, wird man leicht zum Ergebnis kommen, dass hier einer was gesagt hat, der sich mal beim Arzt vorstellen sollte. - Wenn man denselben Satz interpretiert aus der Perspektive "Jesus ist der Messias/Gott", ist er theologisch sehr ernstzunehmen.

Allein dieser Perspektivenwechsel kippt die Interpretation, obwohl der Satz selbst identisch bleibt. - Man müsste also, WENN man in der HKM inhaltlich interpretieren will und nicht nur technische Ergebnisse liefern will ("Die Quelle ist aus 80 -120 n.Chr."/"Der Text ist in Kleinasien entstanden"/etc), BEIDE Perspektiven untersuchen: Was würde dieser Satz bedeuten, wenn a) Jesus nur ein Wanderprediger,b) der Messias/Gott war. - Momentan wird nur a) untersucht, wie es scheint.

Savonlinna hat geschrieben:die Vorstellung, die Wahrnehmung kann mit dem besten Recht als "Realität" bezeichnet werden, weil für mich nur das "Wirklichkeit" ist, was wirkt.
Das ist doch reine Definitions-Sache - wenn Du auf das Subjekt kalibirierst, hast Du meine volle Zustimmung. - Aber das ist wirklich nichts Neues. - Wenn man es auf Gott kalibiriert, kann es umgekehrt sein, dass etwas als Realität zu bezeichnen ist, was in der eigenen Wahrnehmung nicht vorkommt.

Das ist doch eine pure Perspektiven-/Kalibrierungsfrage. - Deswegen habe ich Dich schon mehrfach gefragt, aus welcher Perspektive Du eine Antwort möchtest. - Je nach Perspektive fällt die Antwort anders aus.

Novalis hat geschrieben:Natürlich, aber theologische Gedankensysteme können niemals das innere Erleben ersetzen
Natürlich nicht - deshalb ist doch so wichtig, dass es Röm. 13ff gibt. - Das "Gesetz des Herzens" steht über jeglicher Theologie. Siehe auch 1.Kor. 13.

Novalis hat geschrieben: Ein Offenbarungsgeschen – losgelöst von jenen, die es bezeugen – gibt es nicht.
Moment: Wenn Gott seinen "Engel des Herrn" zu den Menschen schicken würde und jeder würde meinen, es sei der Milchmann, wäre nichtsdestoweniger der Engel des Herrn da gewesen:
„Das Sein ist die Voraussetzung für das Seiende“.

Allerdings stimmt natürlich für den Fall, dass es nicht wahrgenommen wird:
„Das Sein kommt auf der Ebene des Seienden ohne ein Seiendes nicht vor.“
In anderen Worten: Wenn's nicht gecheckt wird, kommt es in der Wahrnehmung nicht vor - logisch. - Das Sein (hier "der Engel des Herrn") ist nur wahrnehmungs-präsent, wenn er erkennbar ist als zu Thematisierendes. - Weshalb gilt:
„Daher ist das Sein zwar das Nächste, weil es im Umgang mit der Welt immer schon vorausgehend und mitgängig ist; andererseits erweist es sich als das Fernste, da es als Unthematisches nie explizit wird.“

Egal, in welchem Kontext Heidegger seine Sätze angewendet hat: Sie passen immer.

Novalis hat geschrieben: Es ist Zeit, den exklusiven Anspruch auf Wahrheitsbesitz zu verwandeln in die Entdeckung, dass unser Zugang zur Wahrheit nie abgeschlossen sein wird, weil wir in und mit diesem ständigen Prozess unsere Indivdiualität intensivieren.
Natürlich - das ist Heilsgeschichte/das ist Hermeneutik.

Ich stimme Dir wirklich voll zu, verstehe aber nicht, wieso durch meine Ausführungen ein anderer Eindruck entstehen könnte.

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