Ist Gott ein Antisemit?

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sven23
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#1 Ist Gott ein Antisemit?

Beitrag von sven23 » So 18. Okt 2015, 08:59

Versucht man der Ursache für 2000 Jahre Antijudaismus/Antisemtismus zu ergründen, landet man unweigerlich bei den Schriften des Neuen Testaments.
Obwohl die Gerichtsbarkeit bei der römischen Besatzungsmacht lag, schob man den Juden die alleinige Schuld für den Tod Jesu in die Schuhe, was natürlich völlig absurd ist. Die jüdische Tempelaristokratie mag sich wohl von Jesus angegriffen gefühlt haben, aber daß Pilatus Jesus für unschuldig befand und allein den Juden zuliebe die Hinrichtung befahl, ist höchst unglaubwürdig. Hier spielen religionspolitische Gründe mit hinein. Die Schreiber - besonders Paulus- wollten den endgültigen Bruch mit dem Judentum manifestieren, weil sie sich die Juden in der Mehrzahl als missionierungsresistent erwiesen haben.
Wäre das Christentum ein kleine unbedeutende Sekte geblieben, wäre das alles nicht so schlimm gewesen. Aber als der Durchbruch mit der Verbreitung als Staatreligion begann, konnte diese Botschaft mit Hilfe staatlicher Macht ihre tödliche Wirkung entfalten.
Als dann noch die ersten Kirchenväter den Terminus von den Juden als "Gottesmörder" prägten, war das Schicksal der Nachkommen des "auserwählten Volkes" besiegelt. Es begannen Jahrhunderte der Ausgrenzung, Verfolgung, Stigmatisierung, Progrome bis letzlich zum Holocaust der Neuzeit.
Dieser Blutfleck auf dem christlichen Hemd ist eine schwere Hypothek.

"Mit dem Leiden ihres Herrn begann aber auch das Leiden seines Volkes, mit Golgatha nahm aber auch der christliche Antijudaismus seinen Anfang.
Denn schon für Paulus war klar, dass die Juden Jesus getötet haben, so wie sie es auch schon mit den Propheten getan hatten (1. Thess 2,15). Für ihn sind sie die Christusmörder, die eigentlich Schuldigen am Tode Jesu. Und bald wurden die Juden unter Berufung auf den Juden Paulus verfolgt. Es kann Paulus nicht vorgeworfen werden, dass er die über Jahrhunderte tödlichen Konsequenzen seiner Ausfälle nicht hat überblicken oder auch nur erahnen können, man muss ihm aber vorwerfen, dass es ihm offenbar auch selbst nicht aufgefallen ist, dass seine Schuldzuweisung auch seiner
Theologie widerspricht. Denn wenn es Gottes Wille war, dass Jesus am Kreuz für unsere Sünden stirbt, und dies lehrt Paulus ja, dann ist doch alles wunderbar nach Plan verlaufen. Wieso sollte dann die Juden, wieso sollte irgendjemand dafür eine Schuld treffen? Juden und Römer hatten dann doch ihre heilsgeschichtliche Funktion und haben sie erfüllt. Doch man darf vermuten, dass es unter anderem die permanenten Auseinandersetzungen mit den Juden (eben um die Person Jesu und seine Bedeutung) waren, die Paulus in seinem ältesten erhaltenen Brief und sicher auch bei vielen anderen Gelegenheiten zu unbedachten Äußerungen hingerissen haben. Seine ehemaligen Glaubensbrüder haben dies schwer büßen müssen."

Kubitza, Jesuswahn

Zur Threadfrage:
Glaubt man an die göttliche Inspiriertheit der Bibel und speziell des Neuen Testaments, so muß man bei logischem zu Ende denken davon ausgehen, daß Gott ein Antijudaist/Antisemit ist. Zumindest hätte er dann den Holocaust billigend in Kauf genommen.
Zuletzt geändert von sven23 am So 18. Okt 2015, 12:24, insgesamt 1-mal geändert.
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R.F.
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#2 Re: Ist Gott ein Antisemit?

Beitrag von R.F. » So 18. Okt 2015, 11:01

sven23 hat geschrieben: - - -
Glaubt man an die göttliche Inspiriertheit der Bibel und speziell des Neuen Testaments, so muß man bei logischen zu Ende denken davon ausgehen, daß Gott ein Antijudaist/Antisemit ist. Zumindest hätte er dann den Holocaust billigend in Kauf genommen.
Wohl dem, der Lesen gelernt hat. Kubitza gehört offenbar nicht zu diesem Privilegierten-Kreis...

Lena
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#3 Christus schafft Frieden

Beitrag von Lena » So 18. Okt 2015, 11:44

Durch die Versöhnung von Jesus Christus wird ein neuer Mensch geschaffen und der gehört zu dem einen Volk.

Anti kommt aus der Welt der Kriege, der Mächte und des Hasses dieser Welt.
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
Erbreich 

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sven23
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#4 Re: Ist Gott ein Antisemit?

Beitrag von sven23 » So 18. Okt 2015, 11:53

R.F. hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: - - -
Glaubt man an die göttliche Inspiriertheit der Bibel und speziell des Neuen Testaments, so muß man bei logischen zu Ende denken davon ausgehen, daß Gott ein Antijudaist/Antisemit ist. Zumindest hätte er dann den Holocaust billigend in Kauf genommen.
Wohl dem, der Lesen gelernt hat. Kubitza gehört offenbar nicht zu diesem Privilegierten-Kreis...
Lesen ist nicht das Problem, lieber Erwin. Verstehen muß man auch. Vor allem muß man wissen, wie die alten Texte zustande kamen, mit welcher Absicht sie geschrieben wurden, wie sie verändert wurden usw. Erst dann ergibt sich ein klareres Bild und das Verdienst der historisch kritischen Forschung ist, daß sie das Bild etwas schärfer gestellt hat, als es Jahrhunderte überliefert wurde.
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Abischai
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#5 Re: Ist Gott ein Antisemit?

Beitrag von Abischai » So 18. Okt 2015, 11:55

R.F. hat geschrieben:Wohl dem, der Lesen gelernt hat. Kubitza gehört offenbar nicht zu diesem Privilegierten-Kreis...
Wohl dem der lesen will, denn Sven kann das sehr wohl, aber er will es nicht, darum erschöpft sich seine ganze Anstrengung in "Bibelkritik" die eigentlich gar keine ist. Vom Verstehen reden wir dann gar nicht erst. Dazu müßte man bescheiden fragen, aber das liegt nicht jedem.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

R.F.
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#6 Re: Ist Gott ein Antisemit?

Beitrag von R.F. » So 18. Okt 2015, 12:28

sven23 hat geschrieben: - - -
Lesen ist nicht das Problem, lieber Erwin. Verstehen muß man auch. Vor allem muß man wissen, wie die alten Texte zustande kamen, mit welcher Absicht sie geschrieben wurden, wie sie verändert wurden usw. Erst dann ergibt sich ein klareres Bild und das Verdienst der historisch kritischen Forschung ist, daß sie das Bild etwas schärfer gestellt hat, als es Jahrhunderte überliefert wurde.
Ach Sven, der Kubitza spekuliert letztendlich doch auch nur. Habe eben seine Bücher "Der Jesuswahn" und "Der Dogmenwahn" angefordert. Dauert allerdings ein paar Tage, bis ich die Bücher erhalte. Täte mich sehr wundern, wenn Kubitza tatsächlich Ideologie-frei vorgeht.

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sven23
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#7 Re: Ist Gott ein Antisemit?

Beitrag von sven23 » So 18. Okt 2015, 12:33

R.F. hat geschrieben: Ach Sven, der Kubitza spekuliert letztendlich doch auch nur. Habe eben seine Bücher "Der Jesuswahn" und "Der Dogmenwahn" angefordert. Dauert allerdings ein paar Tage, bis ich die Bücher erhalte. Täte mich sehr wundern, wenn Kubitza tatsächlich Ideologie-frei vorgeht.
Das ehrt dich, daß du dich wenigstens damit auseinander setzt.
Andere- ich will keine Namen nennen- wissen immer schon was in einem Buch steht, bevor sie auch nur ein Kapitel gelesen haben.
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George Orwell

Samantha

#8 Re: Ist Gott ein Antisemit?

Beitrag von Samantha » So 18. Okt 2015, 12:46

sven23 hat geschrieben:Wäre das Christentum ein kleine unbedeutende Sekte geblieben, wäre das alles nicht so schlimm gewesen. Aber als der Durchbruch mit der Verbreitung als Staatreligion begann, konnte diese Botschaft mit Hilfe staatlicher Macht ihre tödliche Wirkung entfalten.
Als Staatsreligion kann nur eine starke, gut verbreitete und bemerkenswerte Religion, die auch vom Volk akzeptiert wird, Erfolg haben ... also keine Minderheit. Und wenn andere Religionen mit dem Christentum vereint werden, hat man ein Mischmasch unter dem Banner der Christenheit.

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sven23
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#9 Re: Ist Gott ein Antisemit?

Beitrag von sven23 » So 18. Okt 2015, 13:25

Samantha hat geschrieben: Als Staatsreligion kann nur eine starke, gut verbreitete und bemerkenswerte Religion, die auch vom Volk akzeptiert wird, Erfolg haben ... also keine Minderheit.
Wenn Konstantin den Mithraskult zur Staatsreligion erhoben hätte, wärst du wohl heute Mithrasanhänger. So ist das eben mit Religionen.
Dem "Erfolg" hat man dann auch kräftig mit entsprechendem Druck nachgeholfen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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R.F.
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#10 Re: Ist Gott ein Antisemit?

Beitrag von R.F. » So 18. Okt 2015, 13:30

Samantha hat geschrieben: - - -
Als Staatsreligion kann nur eine starke, gut verbreitete und bemerkenswerte Religion, die auch vom Volk akzeptiert wird, Erfolg haben ... also keine Minderheit. Und wenn andere Religionen mit dem Christentum vereint werden, hat man ein Mischmasch unter dem Banner der Christenheit.
Man lese dazu die Schriften der "Kirchenväter". Bis zu Irenäus hatten die Lehrmeinungen noch einen gewissen Bezug zu den von der Ur-Gemeinde vertretenen Inhalten. Danach aber scheint die wahre Botschaft kaum mehr durch. Ein schlimmer Vertreter der Verräter war der Eusebius, der sich ohne Rücksicht auf biblische Inhalte der Staatsgewalt fügte...

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