Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

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sven23
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#1 Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von sven23 » Fr 27. Nov 2015, 22:13

Die Theologie hat sich wie selbstverständlich im heutigen Universitätsbetreib eingenistet. Der Anspruch der Wissenschaftlichkeit läßt sich jedoch nur für einige Teilbereiche reklamieren, für die Theologie als Ganzes kann der Anspruch nicht gelten.

"Einige Wissenschaftstheoretiker sprechen jeder (christlichen) Theologie aufgrund ihrer Bekenntnisgebundenheit die Wissenschaftlichkeit ab und kritisieren ihre Präsenz und Finanzierung an staatlichen Universitäten in Form von theologischen Fakultäten"
Quelle: Wikipedia

Kritikpunkte sind u. a. folgende:
"eine fehlende Ergebnisoffenheit: „Gott“, „der Glaube“, „die Offenbarung“ und dergleichen würden vorausgesetzt und seien nicht falsifizierbar. Ein solcher Anspruch auf absolute Wahrheit sei in anderen Wissenschaften ausgeschlossen

eine fehlende Freiheit der Lehre: Theologische Lehrstühle würden im Einvernehmen mit der Kirche besetzt und zumindest an katholischen Fakultäten sei eine Lehrerlaubnis erforderlich; damit sei eine Freiheit der Lehre nicht mehr garantiert."

Quelle: Wikipedia

"Auch wenn in den exegetischen und geschichtlichen Fächern durchaus wissenschaftlich gearbeitet wird, ist die Theologie als Ganzes natürlich keine Wissenschaft. Sie ist es deshalb nicht, weil es ihr nicht gelingt und auch nach eigenem Anspruch nicht gelingen kann, ihren Gegenstand „Gott“ überhaupt nachzuweisen. Sie ist es deshalb nicht, weil die Kirchen wissenschaftsfremde Einflüsse auf die Besetzung von Professuren nehmen und ein der Kirche genehmes, opportunistisches Verhalten eines Bewerbers vor der Berufung provozieren. Sie kann auch deshalb nicht wissenschaftlich sein, weil sie konfessionell ist, und es keine evangelische oder katholische Wissenschaft geben kann. Sie ist es deshalb nicht, weil in den Dogmatiken der Theologen selbst freimütig eingeräumt wird, dass wissenschaftsfremde Bedingungen (eigene Gläubigkeit, Bibel, Bekenntnisse) die Grundlagen bestimmen, und dass man ohne diese nicht Theologie treiben kann. Sie will nach eigenen Aussagen keine neutrale und unvoreingenommene Wissenschaft, sondern eben „betendes Denken“ sein.
Dogmatik als Kernbereich der Theologie sei nur „als Glaubensakt möglich“. Die evangelischen Dogmatiken verwahren sich an vielen Stellen regelrecht gegen den Vorwurf der Unvoreingenommenheit und Neutralität, so dass man zur Frage, ob die Theologie eine Wissenschaft ist, nicht erst wissenschaftstheoretische Argumente bemühen muss. Theologie versteht sich selbst als „Funktion der Kirche“, es ging und geht ihr nie um zweckfreie Forschung. Wo Theologie gelehrt wird, also im Bereich staatlicher Universitäten, „da befindet man sich im Raum der Kirche“ (Karl Barth).
Theologie unterschreitet in ihrer Kerndisziplin das wissenschaftliche Niveau einer Universität. Ihre Erkenntnisse – auch das geben Theologen zu – sind nicht intersubjektiv vermittelbar, sie sind nicht methodisierbar, weil auch hier mythologische Reste (sehr beliebt sind hier der Heilige Geist und die Heilige Schrift) mit in die Beweisführung eingebaut werden."

Kubitza, Dogmanwahn
Zuletzt geändert von sven23 am Fr 27. Nov 2015, 22:20, insgesamt 1-mal geändert.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Savonlinna
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#2 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Savonlinna » Fr 27. Nov 2015, 22:18

sven23 hat geschrieben:...
"Auch wenn in den exegetischen und geschichtlichen Fächern durchaus wissenschaftlich gearbeitet wird, ist die Theologie als Ganzes natürlich keine Wissenschaft. Sie ist es deshalb nicht, weil es ihr nicht gelingt und auch nach eigenem Anspruch nicht gelingen kann, ihren Gegenstand „Gott“ überhaupt nachzuweisen. Sie ist es deshalb nicht, weil die Kirchen wissenschaftsfremde Einflüsse auf die Besetzung von Professuren nehmen und ein der Kirche genehmes, opportunistisches Verhalten eines Bewerbers vor der Berufung provozieren. Sie kann auch deshalb nicht wissenschaftlich sein, weil sie konfessionell ist, und es keine evangelische oder katholische Wissenschaft geben kann. Sie ist es deshalb nicht, weil in den Dogmatiken der Theologen selbst freimütig eingeräumt wird, dass wissenschaftsfremde Bedingungen (eigene Gläubigkeit, Bibel, Bekenntnisse) die Grundlagen bestimmen, und dass man ohne diese nicht Theologie treiben kann. Sie will nach eigenen Aussagen keine neutrale und unvoreingenommene Wissenschaft, sondern eben „betendes Denken“ sein.
Dogmatik als Kernbereich der Theologie sei nur „als Glaubensakt möglich“. Die evangelischen Dogmatiken verwahren sich an vielen Stellen regelrecht gegen den Vorwurf der Unvoreingenommenheit und Neutralität, so dass man zur Frage, ob die Theologie eine Wissenschaft ist, nicht erst wissenschaftstheoretische Argumente bemühen muss. Theologie versteht sich selbst als „Funktion der Kirche“, es ging und geht ihr nie um zweckfreie Forschung. Wo Theologie gelehrt wird, also im Bereich staatlicher Universitäten, „da befindet man sich im Raum der Kirche“ (Karl Barth).
Theologie unterschreitet in ihrer Kerndisziplin das wissenschaftliche Niveau einer Universität. Ihre Erkenntnisse – auch das geben Theologen zu – sind nicht intersubjektiv vermittelbar, sie sind nicht methodisierbar, weil auch hier mythologische Reste (sehr beliebt sind hier der Heilige Geist und die Heilige Schrift) mit in die Beweisführung eingebaut werden."

Kubitza, Dogmanwahn
Also ehrlich. Kubitza scheint selten doof.
Zuletzt geändert von Savonlinna am Fr 27. Nov 2015, 22:23, insgesamt 1-mal geändert.

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sven23
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#3 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von sven23 » Fr 27. Nov 2015, 22:21

Savonlinna hat geschrieben: Also ehrlich. Kubitza scheint selten doof.
Begründung?
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Savonlinna
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#4 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Savonlinna » Fr 27. Nov 2015, 22:39

sven23 hat geschrieben: Begründung?
Lies bitte den Parallelthread, wo wir gerade über Dogmatik diskutieren.

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#5 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Pluto » Sa 28. Nov 2015, 00:06

Savonlinna hat geschrieben:Lies bitte den Parallelthread, wo wir gerade über Dogmatik diskutieren.
Bisher ist dort noch nichts gebracht worden, was man auch nur annähernd als "wissenschaftlich" bezeichnen könnte.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Savonlinna
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#6 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Savonlinna » Sa 28. Nov 2015, 00:20

Pluto hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Lies bitte den Parallelthread, wo wir gerade über Dogmatik diskutieren.
Bisher ist dort noch nichts gebracht worden, was man auch nur annähernd als "wissenschaftlich" bezeichnen könnte.
Ich vermute, dass Du nur Naturwssenschaft als Wissenschaft akzeptierst.
Da ist dann jedes Wort zu viel. :)

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#7 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von JackSparrow » Sa 28. Nov 2015, 00:50

Savonlinna hat geschrieben:Ich vermute, dass Du nur Naturwssenschaft als Wissenschaft akzeptierst.
Theologie beschäftigt sich hauptsächlich damit, alte Bibeltexte auf möglichst originelle Weise zu interpretieren, damit es für den unkritischen Kunden am Ende so aussieht, als würde da tatsächlich irgendwas Verwertbares drinstehen.

Das Wort "Wissenschaft" (von deutsch Wissen, vgl. englisch vision = Sicht, lateinisch visum = gesehen, indogermanisch veid = gesehen haben; und von deutsch -schaft, vgl. englisch ship, indogermanisch skapjana = ein Zustand) bezeichnet aber einen Zustand des Wissens. Die Theologie hat zum menschlichen Wissen bisher keinerlei Beitrag geleistet.

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#8 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von closs » Sa 28. Nov 2015, 01:22

JackSparrow hat geschrieben:Die Theologie hat zum menschlichen Wissen bisher keinerlei Beitrag geleistet.
Ein aus Deiner Weltanschauung/Ideologie absolut folgerichtiger Satz. :thumbup:

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sven23
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#9 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von sven23 » Sa 28. Nov 2015, 06:37

JackSparrow hat geschrieben: Theologie beschäftigt sich hauptsächlich damit, alte Bibeltexte auf möglichst originelle Weise zu interpretieren, damit es für den unkritischen Kunden am Ende so aussieht, als würde da tatsächlich irgendwas Verwertbares drinstehen.
Das war zwar böse, aber irgendwie zutreffend.
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#10 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von sven23 » Sa 28. Nov 2015, 07:51

Savonlinna hat geschrieben: Lies bitte den Parallelthread, wo wir gerade über Dogmatik diskutieren.

Dogmatik und Wissenschaft passen nicht zusammen, weil Dogmatik Ergebnisse schon vorweg nimmt. Damit wird die in der Wissenschaft geforderte Ergebnisoffenheit zunichte gemacht.

"Dogmatik war lange Zeit ein Synonym für Theologie überhaupt. Biblische Stellen wurden vorkritisch in die „dogmatische Beweisführung“ einfach eingebaut, Unterschiede in den biblischen Schriften weginterpretiert oder harmonisiert. Erst mit dem Erwachen des historischen Bewusstseins im Zuge der Aufklärung entstanden die exegetischen Disziplinen Altes und Neues Testament als eigene Teilgebiete der Theologie. Und während die Dogmatiker noch bis zur Stunde mit bestimmten
Jesuszitaten argumentieren, haben ihre neutestamentlichen Kollegen längst nachgewiesen, dass Jesus viele dieser Worte gar nicht gesagt haben kann."

Kubitza, Dogmenwahn

Die Theologie spürt aber, daß man sich in der heutigen Zeit zumindest den Anstrich von Wissenschaftlichkeit geben muß, um halbwegs ernst genommen zu werden.

"Theologen spüren, dass man Wahrheit heute nicht einfach mehr dekretieren kann, und dass Wissenschaftlichkeit kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit ist.
...
Der Theologe Joest betont denn auch:
„Dass die Theologie in diesem Sinne auf die Standards wissenschaftlicher Arbeit verpflichtet ist, sollte nicht bestritten werden … Und Begründen müsste da dann doch heißen, dass die dazu eingesetzten Argumente grundsätzlich jedem Denkfähigen, nicht nur und erst dem Glaubenden, müssten einleuchten können."

Kubitza Dogmenwahn

Hat Theologie überhaupt noch einen Platz im universitären Betrieb oder ist sie, wie Overbeck sagt, ein ungebetener Mitesser?

Die Theologie fühlt sich also einem unbeweisbaren Gegenstand verpflichtet (Gott), den sie dogmatisch aufbläst (zu einem „dreieinigen“ Gott), sie bringt fragwürdige Determinanten in ihr Denken ein (Glaube und persönlicher Glaube), und sieht sich als Funktion der Kirche. Dass die Theologie trotz dieser Selbstaussagen immer noch Recht und Stimme an staatlichen Universitäten hat, lässt sich wohl nur geschichtlich erklären. Es sind ererbte Privilegien, die Theologie lebt vom einst unangefochtenen Anspruch dunkler vorwissenschaftlicher Zeiten. Sie lebt an der Universität in einer Art Reservat, genießt so etwas wie religiösen Denkmalsschutz, eine Kuriosität im Wissenschaftsbetrieb, nur von wenigen bekämpft, doch von vielen belächelt. Eigentlich beeinträchtigt sie durch ihre bloße Existenz das Ansehen einer wissenschaftlichen Universität. Die Theologie ist, wie der Nietzsche-Freund Franz Overbeck einst treffend bemerkte, ein „Parasit an der Tafel der Wissenschaften.“
Kubitza Dogmenwahn
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