Metaphorische Interpretation der Bibel

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Pluto
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#1 Metaphorische Interpretation der Bibel

Beitrag von Pluto » Di 10. Mai 2016, 10:01

Wenn man als Laie die Bibel liest, so liest man zunächst mal das was da steht und interpretiert es wörtlich.
Nun meinen aber einige, man müsse die Bibel metaphorisch lesen; erst dann ergibt sie einen Sinn.

Beispiel: Die leiblich Auferstehung Jesu'.
Die meisten Christen glauben fest an das Wörtliche dieser Geschichte
Falls es eher metaphorisch zu verstehen ist, was ist die Metapher?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Savonlinna
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#2 Re: Metaphorische Interpretation der Bibel

Beitrag von Savonlinna » Di 10. Mai 2016, 11:07

Pluto hat geschrieben:Wenn man als Laie die Bibel liest, so liest man zunächst mal das was da steht und interpretiert es wörtlich.
Der heutige Laie tut das.
Der Laie, der zur Zeit der Verfassung der Schriften diese las - oder besser hörte - wäre auf diese Idee nicht gekommen, weil das wörtliche Lesen damals ganz unbekannt war.
Man las sie als eine Art Märchen, die ihre Bedeutung nicht im Wörtlichen hat.
Aber auch heutige Laien wissen sehr wohl, dass Science-Fiction-Erzählungen niemals stattgefunden haben.

Pluto hat geschrieben:Nun meinen aber einige, man müsse die Bibel metaphorisch lesen; erst dann ergibt sie einen Sinn.
Solche Aussagen muss man mit Vorsicht genießen. Das sind auch nur Laien, die das sagen und denken sich solche Sachen oft aus.

Pluto hat geschrieben:Beispiel: Die leiblich Auferstehung Jesu'.
Die meisten Christen glauben fest an das Wörtliche dieser Geschichte
Falls es eher metaphorisch zu verstehen ist, was ist die Metapher?
Jetzt wird es verzwickt.

Wenn diese Erzählung in einen anderen Kulturraum transportiert wurde (in den europäischen) und man - weil man Laie ist - gar nicht wissen will, wie sie damals gemeint war, dann kann man diese Erzählung einfach umdeuten, aus ihr also eine andere machen.

Du wirst jetzt erschrecken, aber ich habe ausgerechnet in Ratzingers Jesusbuch eine Deutung gefunden, die mir einleuchtet und genau Deine Frage im Visier hat:
Achtung, ich interpretiere jetzt Ratzinger, kann also falsch liegen. Ich interpretiere ihn im Sinne von Ernst Bloch - bin aber im jetzigen Stadium überzeugt davon, dass Ratzinger das genauso meint, und ich antworte auf Deine von mir blau gefärbte Frage:

Ratzinger meint nach meinem Verstehen nicht, dass damals Jesus leiblich auferstanden sei.
Er lehnt die Forschung nicht ab, die besagt, dass es dafür keine Quellen gibt.
ABER: er sagt, dass "die Auferstehung", die in den literarischen Erzählungen als real beschrieben wird, "also als real erfunden wird", wenn man so will:
dass diese Auferstehung als eine leibliche einmal stattfinden wird. Es ist eine Utopie. Und diese Utopie wurde in einer Kollektiv-Schau damals von vielen kapiert.

Also eine Art Kollektiv-Vision, die - wie bei jeder Vision - schwer zu deuten ist. Zeigt sie Vergangenes auf, Zukünftiges oder gar Gegenwärtiges?
Eine dieser Deutungen, die von Ratzinger, scheint in die Richtung zu gehen, dass sie eine Zukunftsvision ist.

Für mich stimmt das mit dem zusammen, was die entschiedenen Atheisten Ernst Bloch und Ludwig Feuerbach sagten:
Solche Art Visionen deuten an, dass ganz konkret ein neuer Mensch - oder, wie bei Feuerbach, eine neue Menschheit - entstehen wird; das sei in uns angelegt.

Darum, sagt Ratzinger, haben die Evangelisten so viel Wert auf historisches Kolorit gelegt, reale Menschen entweder erwähnt oder erfunden: weil diese Vision im historischen Rahmen realisiert werden wird, im Hier und Jetzt.

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Janina
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#3 Re: Metaphorische Interpretation der Bibel

Beitrag von Janina » Di 10. Mai 2016, 11:41

Pluto hat geschrieben:Wenn man als Laie die Bibel liest, so liest man zunächst mal das was da steht und interpretiert es wörtlich.
Das glaube ich kaum. Erstens sind wir alle Laien, und zweitens sind wir mit dem Phänomen Gleichnis ziemlich vertraut.

Pluto hat geschrieben:Beispiel: Die leiblich Auferstehung Jesu'. Falls es eher metaphorisch zu verstehen ist, was ist die Metapher?
Das völlig Übliche: Wer nicht vergessen wird, lebt in der Erinnerung seiner Freunde weiter.
Unser "Wesen" ist zwar in unserem Gehirn lokalisiert, aber nicht nur. Wer sich an mich erinnert, hat ein Stück von mir dabei. Wo zwei oder drei an mich denken, da bin ich mitten unter ihnen.
Ganz ohne Spuk.
Oder besser: Gerade so funktioniert Spuk.

2Lena
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#4 Re: Metaphorische Interpretation der Bibel

Beitrag von 2Lena » Di 10. Mai 2016, 17:17

Pluto hat geschrieben:Beispiel: Die leiblich Auferstehung Jesu.
Die meisten Christen glauben fest an das Wörtliche dieser Geschichte
Das ist auch richtig.
Zudem sind innerhalb dieser Geschichte Regeln.
Die bekommt man jedoch nicht raus, wird der Text "einfach" genommen.

Beispiel aus dem AT:
Es wurden Ziegen geopfert.
Du kannst heute noch einen Ziegenbraten machen.
Dass in der Geschichte die Regeln für Stärke waren, ahnst du vielleicht nicht. Es wurde uns nicht erzählt. Zwar wirst du vom Ziegenbraten kräftig. Aber weil Ziege "Ass" hieß und das Wort "Stärke" ist, geht die Regel nicht über das Grillfeuer, sondern über "Hochbringen" (opfern) von "Stärke".

Opferstätten sind historisch, Psychologie ist - die Möglichkeit von Stärke gewinnen.

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