Alles Teufelszeug? VI

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fin
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#1791 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von fin » Di 5. Sep 2017, 02:03

-- Machthaber & Angsthasen --

Hemul hat geschrieben:
fin hat geschrieben:Ja, die Geschichte von Eden ist Teil der christlichen Rahmengeschichte, ich halte aber ihre Erklärung, wie auch viele andere biblischen Zusammenhänge und Aussagen nicht nur für rätselhaft, sondern auch für äußerst fragwürdig. Das abrahamitische Erbe steckt voller Widersprüche, das betrifft nicht nur die Differenzen zwischen den abrahamitischen Religionen, sondern auch die einzelnen Zweige für sich genommen, die christliche Genese scheint hier keine Ausnahme zu bilden. Woran lag/liegt das? Es gab/gibt scheinbar keine einheitliche Sichtweise, was letztendlich an den Quellen (Schriften) selbst liegt, denn sie sind alles andere als klar und eindeutig, vielmehr rätselhaft und widersprüchlich - davon zeugen die zahlreichen Denominationen, Freikirchen, Sekten ...

Der Streit um die wahre Bedeutung biblischer Aussagen beschäftigt das Christentum bis auf den heutigen Tag.
1.Korinther 11:18+19,
18 Zunächst höre ich da von Uneinigkeit bei euren Versammlungen. Etwas Wahres muss wohl daran sein. 19 Allerdings muss es auch zu Spaltungen unter euch kommen, denn nur so wird sichtbar, wer sich im Glauben bewährt hat.
:chapeau:

Hemul, Danke für die sinnvolle Ergänzung, die im Grunde genommen sehr schön veranschaulicht, was ich auf eine Weise bedenklich finde, wobei ich mich frage, wie ich es anschaulich auf den Punkt bringe. Möglicherweise stellt das Höhlengleichnis von Platon eine gute erste Brücke dar, zumal uns dieses Gleichnis bereits eine sprichwörtliche Realität geworden ist und den Menschen tatsächlich eingeholt hat, man denke nur an TV und Kino, wo sich der Mensch mit Schattenbildern identifiziert und sich in diesen Vorgängen ganz real verliert ...

Dein obiger Hinweis stellt also eine sinnvolle Ergänzung dar und scheint mehr Licht in unsere Sache zu bringen, dennoch vervollständigt dein Verweis lediglich eine bestimmte biblische Logik, auf die sich bibelkundige Christen in der Folge zwar berufen mögen, wie du zb., allerdings werden meine übergeordneten Grundsatzfragen dabei nicht wirklich geklärt.

Um (dir/euch) ein erweitertes Beispiel zu geben. Anfänglich (ursprünglich) konnte ich meinen guten Glauben, den Glauben an das Gute, gerne und gut mit dem Nazarener verknüpfen und selbigen auf ihn und im erweiterten Sinne auch auf das Christentum projizieren, im naiven Vertrauen, das schon alles richtig und gut sei, auch wenn ich bestimmte Zusammenhänge nicht verstand. Man könnte also sagen, ich habe zunächst nichts in Frage gestellt, warum auch, denn 'Gott' konnte/kann ja nur gerecht und gut sein, dachte ich.

Mein (naiver) Glaube an das Gute bekam mit der Zeit jedoch Risse. Anfangs ging ich darüber hinweg, wollte es nicht wahrhaben. Irgendwann sah ich aber ein, daß es nicht an meiner Glaubenskraft lag, sondern an sonderbaren Widersprüchen und fehlenden Entsprechungen ...

Desto mehr ich mich mit den Quellen (Geschichte, Traditionen, Gemeinden, Schriften, ... ) beschäftigte, desto größer wurden meine Zweifel, wobei meine Grundmotivation in keiner Weise einer kritischen Haltung entsprach, vielmehr suchte ich tiefere Verbindung, Einsicht und Einheit. Allerdings habe ich das genaue Gegenteil gefunden, von dem, was ich mir eigentlich erhoffte. Was ich sagen möchte, ich war/bin kein Atheist und verstehe mich auch nicht als Kritiker, sondern sehe mich als einen zutiefst religiösen Menschen, der sich - wie möglicherweise Buddha einst - über unsere verrohte Welt wundert, in der das Leid nicht von der Hand zu weisen ist, eine Welt, in der bestimmte Kreise mit Leichtigkeit dies und das propagieren, aber auch nur darum, weil sie sich selbst nicht in jener Notlage befinden, die sich beliebig strecken lässt, wie eine Folterbank.

Die meisten Menschen legen sich über diese Sachverhalte kaum/keine Rechenschaft ab und haben darum auch leicht reden, weil sie eben selbst nicht zur untersten Kaste gehören oder sich am Ende der Nahrungskette befinden -> oder schlimmer noch ...

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich das erste Mal aufmerkte, als man in der Gemeinde von der Opferung Isaaks sprach. Bis dahin schien ich mit der biblischen Erzählweise und Moral völlig einverstanden, gewährte ihr innersten Einlaß. Da aber stockte es in mir, denn an jenem Tag meldete sich das Kind, das in Wahrheit das eigentliche Opfer war, nicht Abraham, der Vater und auch nicht nicht jene himmlische Größe, die diese Forderung stellte. Ich weiß noch genau, wie ich mich über mich selbst wunderte, wie das sein konnte, daß mich der arme Isaak bis dahin nicht wirklich kümmerte!?

Was mich in der Folge allerdings noch viel mehr irritierte, das waren all die sonderbaren Rechtfertigungen seitens der Gemeinde, die darin übereinstimmten, daß dieser Vorgang schon seine Berechtigung hätte, denn sie ging/geht ja von Gott aus. Tatsächlich aber stellt 'Gott' keine eindeutige Größe dar, das habe ich allerdings erst sehr viel später realisiert und hier im Forum auch schon thematisiert.

Roland hat geschrieben:Gott mutet uns zu, dass wir "nicht sehen und doch glauben" sollen (Joh. 20, 29).
Lieber Roland, was glaubst du, wie du die Sache beurteilen wirst, wenn du dich in Umständen wiederfindest, die dir zur Hölle werden?

Roland hat geschrieben:
fin hat geschrieben: Die biblische Sage von Eden leuchtet meiner Ansicht nach überhaupt nicht ein, in vielerlei Hinsicht nicht! Man muß es nur richtig durchdenken, was allerdings nicht so leicht ist, das gebe ich gerne zu. Der ursprüngliche Mensch wurde Verhältnissen/Mächten überlassen, die er als kleiner Mensch überhaupt nicht einehen & einschätzen konnte. Er war auf einmal mit Kräften und Wirklichkeiten konfontiert, die ihn nicht nur entführt, sondern zugleich auch in Verhältnisse verbracht haben, die ihn seither entstellen und entfremden ...
Woher weißt du das denn, dass der Mensch nichts davon einsehen und einschätzen konnte?
Das geht aus der biblischen Erzählung hervor und lässt sich entsprechend konkretisieren.

Roland hat geschrieben:
fin hat geschrieben:
"Ich will den Durstigen geben von dem Brunnen des lebendigen Wassers umsonst. 7 Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein. 8 Der Verzagten aber und Ungläubigen und Greulichen und Totschläger und Hurer und Zauberer und Abgöttischen und aller Lügner, deren Teil wird sein in dem Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennt; das ist der andere Tod." (Offenbarung 21:6f)
Zwischen Verzagten und böswilligen Geschöpfen wird nicht unterschieden, sondern sie werden in den gleichen Topf geschmissen und am Ende eben auf jene Weise entsorgt, wie der arme Hummer in unserer heutigen Welt, der allerdings nur für wenige Sekunden (Minuten?) leiden muß, während er lebendig verbrüht ...
Kenne diese Übersetzung nicht. Eigentlich muss es hier heißen "Die Feigen aber und Ungläubigen…" so steht es in jeder der gängigen Übersetzungen
Die Übersetzung ist von Luther und die Übersetzungen Luthers gehören sicherlich zu den gängigen Übersetzungen!

Roland hat geschrieben:Egal, wie dem auch sei:
Es ist eben nicht egal, auch wenn du die Verzagten durch Feiglinge ersetzt, wäre es ein ungeheurer Druck und eine unfassbare Forderung und Drohung. Mal ehrlich, welche Liebe würde so etwas einfordern und möglicherweise auch noch Handlanger (in der Bibel werden sie uns als Teufel verkauft) uneingeschränkten Zugriff gewähren, um deinen Glauben entsprechend auf die Probe zu stellen ...

Was glaubst du, wie belastbar dein Glaube ist, wenn die Daumenschrauben angezogen werden und sich die Streckbank in Bewegung setzt. Was glaubst du, wie belastbar dein Glaube ist, wenn eine übergeordnete Gewalt dich nicht nur körperlich zersetzt, sondern deinen Geist, deine Identität und letztendlich deine Seele vergewaltigt ...

Viele Sprüche, wie wir sie aus der Bibel kennen, lassen sich leicht dahersagen, zb. daß Liebe alles erduldet und erträgt. Das sind fromme Sprüche, die sich lange dehnen und strecken lassen. Stell dir vor, du glaubst an das Gute und es erscheint und hilft nicht. Stell dir vor, daß das Gute dich nicht bettet, sondern eine überragende Macht, die alles durchzusetzten vermag, was ihr in den Sinn kommt. Ich meine, daß Glaube, Liebe und Hoffnung sich nicht unendlich dehnen lassen und irgendwann ersterben und sich auflösen!

Das Gute, die Liebe, sie sind auf einen übergeordneten Rahmen angewiesen, wo sie gut & liebevoll aufgehoben sind.

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Thaddäus
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#1792 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Thaddäus » Di 5. Sep 2017, 08:26

JackSparrow hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Nö, wenn du einen Gegenstand als Tisch benutzt und ihn so bezeichnest, muss es Eigenschaften geben, die dich den Gegenstand unter den Begriff "Tisch" subsumieren lassen können.
Ja, und wenn verschiedene menschliche Gehirne in verschiedenen Situationen verschiedene Eigenschaften zum Tisch subsummieren, dann existiert offensichtlich kein universales transzendentes Wesen eines Tisches.
Wenn du eine Klasse von Gegenständen hast, dann erfüllen die Elemente dieser Klasse Eigenschaften, die sie als Elemente unter eben genau diese Klasse fallen lassen. Mit irgendeinem "transzendenten Wesen" hat das zunächst einmal gar nicht zu tun.
Nach deinem Verständnis von "transzendenten Wesen" bestehen Mathematik und Logik nur aus einer Menge "transzendenter Wesen", wie z.B. die natürlichen Zahlen.

JackSparrow hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Was offensichtlich schon eine eingeräumte Beschränktheit unserer Wirklichkeitsauffassung darstellt!
Beschränktheit? Ich nenne es Perfektion.
Perfektion allenfalls hinsichtlich der evolutionären Entwicklung unter den Bedingungen auf diesem Planeten. Zu dem gibt es keine Perfektion in der Evolution, denn was in einer bestimmten ökologischen Nische vielleicht eine perfekte Anpassung ist, kann sich als Überlebenshemnis heraustellen, wenn sich die Bedingungen in dieser ökologischen Nische plötzlich ändern.
Die evolutionären Bedingungen auf anderen Planeten sind unter Umständen völlig andere. Das Ergebnis sind dann (intelligente) Wesen, die völlig anders wahrnehmen als der Mensch und die infolge eine völlig andere Wirklichkeitsauffassung haben als er.

JackSparrow hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Wenn du mit der offenkundigen Beschränktheit einer bloß evolutionären Entwicklung
Welche Form von Entwicklung würdest du stattdessen vorschlagen?
Zunächst einmal gibt es neben der biologischen Evolution vermutlich auch eine kulturelle und geistige (vgl. Dawkins). Aber auch, wenn man nur von einer biologischen Evolution ausgeht, wird die auf Planeten mit anderen Bedingungen als der auf der Erde, völlig anders ausfallen. Wäre die Erde doppelt oder dreifach so groß wie sie ist, gäbe es auf ihr wegen der viel höhren Gravitation nur Wesen, die nicht größer als 1 Meter wachsen würden, vermutlich mehr als zwei und viel kürzere Beine hätten, einen wesentlich stabileren Knochenbau und im Wesentlichen aus Muskeln bestünden. Und auf einen nachtschwarzen Planeten würden sich keine Augen bilden, weil sie eine Lichtwahrnehmung nicht oder nur sehr eingeschränkt benötigen. Das heißt, ihre Wirklichkeit sieht ganz anders aus als unsere.

JackSparrow hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Wenn es dir dein evolutionär ausgebildeter Sinnesapparat erlaubte, auch ultra-violettes und infrarotes Licht wahrnehmen zu können, dann würdest du zweifelsfrei einen größeren Ausschnitt der Wirklichkeit wahrnehmen.
Meine Wirklichkeit ist nicht weniger echt als die Wirklichkeit einer Fledermaus. Nicht echt sind Fantasien über hypothetische Wirklichkeiten. Eben deshalb heißt es "Fantasie".
Natürlich ist deine Wirklichkeit so echt, wie die einer Fledermaus. Was du nicht bedenkst ist, dass die Wirklichkeit der Fledermaus so echt ist, wie deine! Ihre Wirklichkeit ist aber eine andere als deine. Es gibt Aspekte deiner Wirklichkeit, die eine Fledermaus niemals erkennen kann, wie es Aspekte der Wirklichkeit der Feldermaus gibt, die du niemals erkennen kannst.

Roland
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#1793 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Roland » Di 5. Sep 2017, 12:46

Münek hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Genau. Siehe oben, 1. Kor. 13,12.
Dann sind wir uns einmal einig.
Christen glauben demnach, dass sie nach ihrem Tod die Platonische Höhle verlassen und ins helle Licht treten können. Im hier und jetzt aber haben sie anderen Menschen nichts an Erkenntnis voraus.
Christen haben natürlich genau dieselben Sinnesorgane wie Nichtchristen. Es geht beim Höhlengleichnis um eine grundsätzliche Begrenztheit unserer sinnlichen Wahrnehmung. Was nun "Erkenntnis" angeht, so hat allerdings derjenige, der für bare Münze nimmt, was sich an der Höhlenwand abspielt und glaubt, das sei die ganze Wirklichkeit, einen Mangel an Erkenntnis. Und das sagt nicht nur Platon sondern das ist wissenschaftlich belegt. Wir können nicht nur nicht alles wahrnehmen, sondern das, was sich in unseren Gehirnen an Wahrnehmung abspielt, ist nicht identisch mit den Sinnesreizen, die im Gehirn ankommen.
Wenn elektromagnetische Wellen über den Sehnerv ins Gehirn geleitet werden, dann entsteht dort ja kein Bild sondern es ist elektromagnetische Strahlung, Punkt. Und das Gehirn wandelt sie in unserer Wahrnehmung um in ein Seherlebnis. Haben die Wellen eine Frequenz von 400 Millionstel Millimeter, wandelt das Gehirn den Reiz in das Seherlebnis "blau" um. Ist die Frequenz derselben Strahlung 700 Millionstel Millimeter, erleben wir das als rot. Den Unterschied von 300 Millionstel Millimetern ein und derselben Strahlung, legt unser Gehirn als den Kontrast der Farben blau und rot aus.

Unsere Sinnesorgane und unser Gehirn bilden also die Umwelt nicht für uns ab, sie legen sie für uns aus!
Wie die Welt für uns aussähe, wenn wir wirklich ALLES wahrnehmen könnten und dann auch noch so, wie es wirklich ist und nicht gefiltert und ausgelegt durch unser Gehirn, können wir nicht mal ahnen.

Münek hat geschrieben: Mit Deiner Meinung, Jesus habe NICHT die unmittelbar bevorstehende Gottesherrschaft (= das Reich Gottes)...
Dass das "Reich Gottes" eben nicht = sofortige "Gottesherrschaft" bedeutet sondern eben auch z.B. "Samenkorn" bedeutet, wie Jesus in verschiedenen Gleichnissen ausgeführt hat und dass es in Jesus bereits mitten unter uns ist, hatten wir schon.

Münek hat geschrieben: Genauso sollt IHR erkennen, wenn IHR all das geschehen seht, dass das Reich Gottes nahe ist...
Wenn sie all das geschehen sehen, ja. Einen Zeitpunkt nennt er aber nicht sondern sagt, dass niemand diesen Zeitpunkt kennt, außer dem Vater. Und wenn du mal das gesamte Matthäus-Kapitel 24 liest, siehst du, was Jesus alles ankündigt, was vorher geschehen wird: Kriege und Kriegsgefahr, Hungersnöte und Erdbeben, die Botschaft wird zuvor in der ganzen Welt verkündet werden, das hat alles nichts mit "unmittelbar bevorstehend" zu tun sondern passt sehr viel eher auf unsere Zeit. Aber er sagt es damals seinen Jüngern, wem denn auch sonst und sie haben es weitergegeben. Und die Generation, die all das dann erlebt, wird nicht vergehen, bis alles geschieht und Jesus wiederkommt.

Münek hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Das Martyrium der Apostel fand später statt.
Von einem Martyrium der Jünger berichten die neutestamentlich Schriften nichts. Auch nichts von deren weltweiter Heidenmission.
Ja Münek. Weil all das später stattfand, nach Abschluss der neutestamentlichen Schriften. Sie berichten auch z. B. garnichts von Pauli Tod, weil auch der später stattfand. Oder von der Zerstörung des Tempels, weil auch die später stattfand usw.

Münek hat geschrieben: Ich vertraue den Ergebnissen der professionell betriebenen historisch-kritischen Forschung, weil sie sich bei ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit nicht von subjekti-
ven Glaubensvorstellungen beeinflussen lasst.
Sie hat sogar eine subjektive Glaubensvorstellung als Grundlage! "Voraussetzungslose Exegese kann es nicht geben" schreibt Bultmann. Und diese Glaubensvorstellung ist der Atheismus. Die "Entmythologisierung" aller Texte der Bibel, alles muss rein naturalistisch, ohne jegliches Handeln Gottes erklärt werden. Damit verabschiedet man sich quasi von einem Glauben an Gott.
Zugunsten des Glaubens an eine sinnlose Zufalls-Welt ohne Schöpfer.
Darf man, ist erlaubt.

Aber es ist eben auch nur eine Glaubensvorstellung und sie ist nicht im Geringsten plausibler. Sondern eine jämmerlich trostlose, heillose und sinnlose Glaubensvorstellung: Es gibt nur die Schatten und sie sind zufällig an der Wand, werden von keiner anderen Wirklichkeit jenseits der Höhle verursacht.

fin hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Gott mutet uns zu, dass wir "nicht sehen und doch glauben" sollen (Joh. 20, 29).
Lieber Roland, was glaubst du, wie du die Sache beurteilen wirst, wenn du dich in Umständen wiederfindest, die dir zur Hölle werden?
Glaub mir, ich kenne das.

fin hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Woher weißt du das denn, dass der Mensch nichts davon einsehen und einschätzen konnte?
Das geht aus der biblischen Erzählung hervor und lässt sich entsprechend konkretisieren.
Finde ich nicht. Bzw. es läßt sich sicher vieles hineininterpretieren, wenn man denn will. Aber deine Interpretation geht davon aus, dass Gott den Menschen ungerecht und falsch behandelt. Das ist aber mE keineswegs zwingend. Warum sollte Gott den Menschen nicht geholfen haben es einzusehen und einzuschätzen?

fin hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Kenne diese Übersetzung nicht. Eigentlich muss es hier heißen "Die Feigen aber und Ungläubigen…" so steht es in jeder der gängigen Übersetzungen
Die Übersetzung ist von Luther und die Übersetzungen Luthers gehören sicherlich zu den gängigen Übersetzungen!
Auf Bibelserver.com existiert keine Übersetzung, die hier "die Verzagten" wiedergibt. Aber du hast recht, ältere Lutherüberssetzungen geben es so wieder.

fin hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Egal, wie dem auch sei:
Es ist eben nicht egal, auch wenn du die Verzagten durch Feiglinge ersetzt…
Finde da gerade sowohl für das eine, alsauch das andere eine Auslegung: https://www.evangeliums.net/predigten/b ... _21_8.html

fin hat geschrieben:Was glaubst du, wie belastbar dein Glaube ist, wenn die Daumenschrauben angezogen werden…
Auf mich selbst kann ich da sicher nicht vertrauen. Ich entscheide mich aber dafür, auf Jesus zu vertrauen. Es ist eine Entscheidung, die ich willentlich treffe. Entscheide ich mich für den Zweifel oder dafür auf Jesus zu vertrauen, das ist die Frage.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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Halman
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#1794 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Halman » Di 5. Sep 2017, 13:44

Pluto hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Und da wir beim Höhlengleichnis waren: NIEMAND hat objektive Beweise für IRGENDEINE Weltanschauung. Es kann immer maximal um Plausibilität gehen.
Stimmt! Beweisen kann man nicht, aber falsifizieren. :P
Das Höhlengleichnis wurde durch (a) den animierten Tesserakt, und (b) die String-Theorien, in denen man mit bis zu 11 Dimensionen arbeitet, falsifiziert.
Den Tesserakt kennen wir nur als dreidimensionale Animation.

Die String-Theorien mit bis zu 26 Dimensionen sind spekulative Modelle. Wie können derzeit nicht wissen, wieviel Wahrheitsgehalt diese Theorien aufweisen.

Pluto hat geschrieben:An das Höhlengleichnis darfst du natürlich weiterhin glauben, aber widerlegt ist es trotzdem.
Wie soll es möglich sein, Platons Gleichnis durch Modelle, welche die "Höhlenbewohner" über die Welt entwickeln, zu falsifizieren?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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fin
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#1795 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von fin » Di 5. Sep 2017, 14:32

-- Vertrauen --

Hallo Roland, wesentliche Aspekte meiner Darlegungen (Grundsatzfragen) lässt du unbeantwortet, eine Haltung, die leider viele sogenannte Christen an den Tag legen. Sie berufen sich auf die Auslegungspraxis ihrer Gemeinde und begründen es mit entsprechenden Bibelstellen, wie übrigens alle Glaubensgemeinschaften, die einer schriftlichen Tradition folgen. Zur Erinnerung ...

Roland hat geschrieben:Aber wenn ich an den Gott der Bibel glaube, an den Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat, dann wäre es doch geradezu aberwitzig, ihm NICHT zuzutrauen, dass er uns sein Wort im Wesentlichen authentisch überliefern konnte.
Das war einmal unser Ausgangspunkt. Was war/ist nun das authentische Wort Gottes? Und warum gelingt es scheinbar nicht einmal dem biblischen Gott eine wörtliche Offenbarung zu hinterlassen, die ihren eigenen Ansprüchen gerecht wird und in ihren Aussagen so klar und eindeutig ist, daß sie Einheit und Harmonie schafft? Was offenbart uns nämlich die Zeitgeschichte? Sie offenbart uns einen ewigen Streit innerhalb des Christentum, davon zeugen all die Denominationen, Freikirchen, Sekten und Splittergruppen. Sie alle berufen sich auf das biblische Wort Gottes.

Wer/was ist also für diese Misere verantwortlich, wenn nicht das geoffenbarte Wort selbst?

Der Dialog mit einem einfachen Menschen, der an das Gute glaubt, verläuft zumeist anders, weil er in der Regel nicht einer Lehre folgt, sondern seinem Herzen und Gewissen.

Roland hat geschrieben:
fin hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Gott mutet uns zu, dass wir "nicht sehen und doch glauben" sollen (Joh. 20, 29).
Lieber Roland, was glaubst du, wie du die Sache beurteilen wirst, wenn du dich in Umständen wiederfindest, die dir zur Hölle werden?
Glaub mir, ich kenne das.
Das kann ich nicht beurteilen. Ich könnte aber auch sagen, du kennst die wahre Hölle mit Sicherheit nicht, nicht einmal ansatzweise. Das ist der springende Punkt. Der eine gerät schon in Not, wenn er seine Lieblingsserie im Fernsehen verpasst, der andere, weil er seine Arbeit verloren hat, sein Dach über dem Kopf, seine Familie oder allein im Schützengraben liegt, wo links und rechts die Granaten einschlagen. Irdische Nöte können selbstverständlich ausreichen, um einen Menschen in Verzweifelung und tiefste Depression zu bringen und schließlich auch dazu führen, daß er/sie/es seinen Glauben an Gott verliert.

Ich spreche hier allerdings von einer Hölle, die die irdischen Nöte weit in den Schatten stellt. Betrachte die Folter als erste Sprosse in diese Welt. Ich kann dir versichern, es ist nur eine Frage der Zeit und entspechender Verhältnisse, um deine menschliche Identität zu zersetzen ...

Roland hat geschrieben:Auf mich selbst kann ich da sicher nicht vertrauen. Ich entscheide mich aber dafür, auf Jesus zu vertrauen. Es ist eine Entscheidung, die ich willentlich treffe. Entscheide ich mich für den Zweifel oder dafür auf Jesus zu vertrauen, das ist die Frage.
Ich glaube, du hast meine Einwände nicht wirklich verstanden, nicht nur darum, weil Theorie und Praxis nicht immer Hand in Hand gehen, sondern weil bestimmte (alle) Prinzipien Grundlagen benötigen. Du kannst eine Pflanze nicht beliebig umtopfen, beschneiden oder Verhältnissen ausetzen, die sie verletzten und belasten. Irgendwann geht das Pflänzlein ein. Das lässt sich auf viele andere natürliche Zusammenhänge übertragen. Eine bestimmte Art ist auf ganz bestimmte Verhältnisse angewiesen, um entsprechend gedeihen zu können, zb. irgendeine Schmetterlingsart (Spezialisten), die bereits ausgestorben ist, weil die Balance nur leicht gestört wurde.

Vertrauen gehört auch zu einer fragilen Gattung, die auf bestimmte Verhältnisse angewiesen ist, um sich entwickeln und gedeihen zu können. Vertrauen ist ursächlich keine Willensentscheidung! Vertrauen über den Willen zu forcieren stellt bereits eine Art Vergewaltigung dar. Um es an der Liebe zu veranschaulichen. Jedem leuchtet es ein, daß man Liebe nicht erzwingen kann. Ich frage dich, welcher Geist würde diese (absichtlich) auf die Probe stellen?
Zuletzt geändert von fin am Di 5. Sep 2017, 17:46, insgesamt 1-mal geändert.

Roland
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#1796 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Roland » Di 5. Sep 2017, 17:08

fin hat geschrieben:… warum gelingt es scheinbar nicht einmal dem biblischen Gott eine wörtliche Offenbarung zu hinterlassen, die ihren eigenen Ansprüchen gerecht wird und in ihren Aussagen so klar und eindeutig ist, daß sie Einheit und Harmonie schafft?
Wie stellst du dir das vor? Ein Buch, das unwiderlegbar und bewiesenermaßen von Gott kommt, an dem niemand irgend einen Mangel findet, auch der nicht, der keinen Gott über sich dulden will? Einen schlagenden Gottesbeweis, vor dem auch Gottesleugner letztlich kapitulierend in den Staub sinken müssen?
Ich glaube, dass Gott dem Menschen die Entscheidungsfreiheit lassen will und dass er deshalb in Menschengestalt zu uns gekommen ist. Und dass eben auch sein Wort im menschlichen Gewand daherkommt, geschrieben von Menschen aber inspiriert von Gott.

fin hat geschrieben: Was offenbart uns nämlich die Zeitgeschichte? Sie offenbart uns einen ewigen Streit innerhalb des Christentum, davon zeugen all die Denominationen, Freikirchen, Sekten und Splittergruppen. Sie alle berufen sich auf das biblische Wort Gottes.
Die Frömmigkeitsstile sind so verschieden, wie die Menschen verschieden sind und es herrscht doch nicht ausschließlich Streit zwischen den verschiedenen Denominationen. Das erlebe ich anders.

fin hat geschrieben: Der Dialog mit einem einfachen Menschen, der an das Gute glaubt, verläuft zumeist anders, weil er in der Regel nicht einer Lehre folgt, sondern seinem Herzen und Gewissen.
Sieh es nicht so negativ. Die "Lehre" lautet: Jesus hat dich so lieb, dass er für dich starb. Die Lehre lautet: Gott ist für dich!
Vielleicht ist das fast zu einfach für uns komplizierten Menschen, aber so ist es!

fin hat geschrieben: Irdische Nöte können selbstverständlich ausreichen, um einen Menschen in Verzweifelung und tiefste Depression zu bringen und schließlich auch dazu führen, daß er/sie/es seinen Glauben an Gott verliert.
Hast du das Buch "Die Hütte" gelesen? Oder den Film gesehen? Es ist ein modernes Gleichnis, ein Roman, der mE den Gott der Bibel sehr gut beschreibt. Einem Vater geschieht das Schlimmste, was einem Vater geschehen kann, seine kleine Tochter wird entführt und umgebracht. Auch er gerät in Verzweifelung und tiefste Depression und wird von Gott in die Hütte eingeladen, wo das Verbrechen geschehen ist. Dort verbringt er ein Wochenende mit Gott.
Das Buch, der Film zeigt sehr schön, was ich glaube: dass jenseits unserer irdischen Katastrophen ein Gott existiert, der letztlich keine Fehler macht, der mich mit Namen kennt und der am Ende all meine Fragen beantworten wird, die mir hier noch Probleme bereiten.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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#1797 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von fin » Di 5. Sep 2017, 18:51

-- Wahrheit --

Roland hat geschrieben:
fin hat geschrieben:… warum gelingt es scheinbar nicht einmal dem biblischen Gott eine wörtliche Offenbarung zu hinterlassen, die ihren eigenen Ansprüchen gerecht wird und in ihren Aussagen so klar und eindeutig ist, daß sie Einheit und Harmonie schafft?
Wie stellst du dir das vor? Ein Buch, das unwiderlegbar und bewiesenermaßen von Gott kommt, an dem niemand irgend einen Mangel findet, auch der nicht, der keinen Gott über sich dulden will? Einen schlagenden Gottesbeweis, vor dem auch Gottesleugner letztlich kapitulierend in den Staub sinken müssen?
Ich glaube, dass Gott dem Menschen die Entscheidungsfreiheit lassen will und dass er deshalb in Menschengestalt zu uns gekommen ist. Und dass eben auch sein Wort im menschlichen Gewand daherkommt, geschrieben von Menschen aber inspiriert von Gott.
Deine Antwort ist eine stereotype Ausrede/Flucht nach vorne ...

Roland hat geschrieben:
fin hat geschrieben: Der Dialog mit einem einfachen Menschen, der an das Gute glaubt, verläuft zumeist anders, weil er in der Regel nicht einer Lehre folgt, sondern seinem Herzen und Gewissen.
Sieh es nicht so negativ. Die "Lehre" lautet: Jesus hat dich so lieb, dass er für dich starb. Die Lehre lautet: Gott ist für dich!
Vielleicht ist das fast zu einfach für uns komplizierten Menschen, aber so ist es!
Nein, so stellt es sich in der Realität eben nicht dar, sondern es entspricht deiner Glaubensvorstellung, die, je nach Biographie, unterschiedlich unterlegt ist. Man glaubt, weil man vertraut. Vertrauen erwächst aus Beziehung. Wahre Beziehung lebt von gemachten Erfahrungen. Wer auf Erfahrungen aufbauen kann, kann diese auch bezeugen. Einen Zeugen braucht man in dieser Hinsicht nicht zu überzeugen, denn er verfügt ja über eigene authentische Anschauungen. Was möchte ich damit sagen? Es gibt viel zu viele Christen, die nur aus der Vorstellung leben und sprechen, sie reproduzieren nur Vorstellungen - Fremdinformationen.

Roland hat geschrieben:
fin hat geschrieben: Irdische Nöte können selbstverständlich ausreichen, um einen Menschen in Verzweifelung und tiefste Depression zu bringen und schließlich auch dazu führen, daß er/sie/es seinen Glauben an Gott verliert.
Hast du das Buch "Die Hütte" gelesen? Oder den Film gesehen? Es ist ein modernes Gleichnis, ein Roman, der mE den Gott der Bibel sehr gut beschreibt. Einem Vater geschieht das Schlimmste, was einem Vater geschehen kann, seine kleine Tochter wird entführt und umgebracht. Auch er gerät in Verzweifelung und tiefste Depression und wird von Gott in die Hütte eingeladen, wo das Verbrechen geschehen ist. Dort verbringt er ein Wochenende mit Gott.
Ja, ich habe das Buch gelesen. Das ist ein komplexe Geschichte, die mich über eine längere Zeit beschäftigt hat, insbesondere der Lebensweg des Autors. Ich glaube, daß es Überforderungen und Übergriffe gibt, die selbst die Liebe ad absurdum führen. Ich glaube, daß sich die Liebekraft eines Menschen sehr strapazieren lässt und der Mensch tatsächlich ein Wesen ist, das so schnell nicht aufgibt, weil ihm eine Kraft innewohnt, die wahrlich an das Gute glaubt. Diese schöne Kraft ist aber notwendigerweise auf eine übergeordnete Welt (Ordnung) angewiesen, die sie bettet, behütet und ihr den rechten Grund und Boden bietet.

Ich halte diese Geschichte (Die Hütte) für bedenklich, weil sie den Auftrag der Liebe verzerrt. Die Lebensgeschichte von WP.Young dokumentiert diese Zerreißprobe und zeigt einen gebrochenen Menschen, der durch seinen unerwarteten Erfolg (Bücherverkauf) eine Art Wiedergutmachung erfahren hat, wie einst der biblische Hiob, der dann zur Belohung eine neue Frau + doppelt Hab und Gut zugestanden bekam.

Natürlich rührt dieses Buch die Menschen zutiefst an, denn es bespricht die Kraft der Vergebung, letztendlich die Urkraft der Liebe, die von Natur aus nach Heilung strebt. Diese Herzenskräfte gehören zum Menschen, sie machen den Menschen erst zum wahren Menschen. Diese Wirklichkeit, ich spreche jetzt von der Seele des Menschen, sie entspricht dem innersten Wesen des Menschen und ist - für meine Begriffe - diejenige Kraft, die liebt.

Diese Kraft mußte im Laufe der Menschheitsgeschichte sehr viel erdulden. Sie wird, wie die Erde selbst, geschunden und leider auch geschändet. Wer betreibt eigentlich diesen Raubbau, guter Roland? Ist es nicht der vorherrschende (Zeit-) Geist? Worauf möchte ich hinaus? Ich glaube, daß das Christentum eine weitere Reformation durchmachen muß, um zur Wahrheit vorzustoßen. Luther löste die Gemeinde vor 500 Jahren von der Kirche. Das entscheidende Mittel war die Schrift selbst, eine Bibel fürs Volk - sola criptura. Die nächste Reform wird darin bestehen, eine ganz neue Lesart zu gewinnen und sich in der Folge von der Schrift zu emanzipieren ...

Jesus hat das bereits angedeutet: "Der Mensch ist nicht für den Sabbat da, sondern der Sabbat für den Menschen." Man könnte diesen Fingerzeig auch auf andere Sachverhalte anwenden. Das Recht ist nicht für das Gesetz da, sondern das Gesetz für das Recht. Worauf will ich also hinaus? Darüber nachzudenken lohnt sich, meine ich ...

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Thaddäus
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#1798 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Thaddäus » Di 5. Sep 2017, 20:09

SilverBullet hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Nö, wenn du einen Gegenstand als Tisch benutzt und ihn so bezeichnest, muss es Eigenschaften geben, die dich den Gegenstand unter den Begriff "Tisch" subsumieren lassen können.
…
Wenn das nicht existierte, könntest du nicht über Tische sprechen und könntest sie auch nicht als solche erkennen.
Stell dir einen Inuit/Eskimo vor, der immer nur einen Eisblock als „Tisch“ kennen gelernt hat.

Wenn er zum ersten Mal einer ebenen Holzplatte auf vier Beinen begegnet, wird er dies als Möglichkeit erkennen, etwas oben drauf zu stellen, aber er wird das Gebilde nicht als „Tisch“ bezeichnen.

=> Wie geht das? Wieso kann er einen Teil seines „Tisches“ wieder erkennen und verwenden?

Wenn der Eskimo den Besitzer des Holztisches trifft und lernt, dass dieser in dem Holzgestell auch einen „Tisch“ sieht, dann wird der Eskimo bestimmt sein Konzept von „Tisch“ abstrahieren (z.B. fällt die Geschlossenheit und die Materialgrundlage weg).

=> Wie geht das? Wieso kann sich das „Konzept von Tisch“ derart variabel anpassen?

Wenn das Konzept „existiert“, was geschieht dann bei der jeweiligen „Veränderung“ mit dem Konzept (Form-, Gewicht-, Grössenänderung?)

=> Aus was ist das „Konzept Tisch“?

(=> Aus was ist „Bedeutung“?)
Wenn die Inuit ausschließlich Eisblöcke als Tische benutzen und in ihrer Sprache Inuktitut den entsprechenden Begriff für "Eisblock" verwenden, dann haben sie ein Konzept für "Tische". Vielleicht wird ein Inuit verwundert darüber sein, dass andere Menschen von Holzplatten essen, die auf 4 hohen Beinen stehen, aber sie werden kein Problem damit haben, die Verwendungsweise von Tischen zu verstehen. Und wenn man sie fragte, welchen Namen "Tische" in Inuktitut haben, wird ein Inuit vermutlich seinen Ausdruck für "Eisblock" angeben, weil er keinen anderen und besseren hat.
Im Grunde handelt es sich also nur um ein Übersetzungsproblem.

Interessant wird es bei der Frage, wenn man den Inuit fragt, welche Eigenschaften "Tische"/"Eisblöcke" haben und was "das Wesen" ihrer "Tische"/"Eisblöcke" ist. Vermutlich wird er antworten, dass man davon essen kann, Fische und Robben auf ihnen ausnehmen und man kann etwas darauf ablegen ... Abgesehen von den vielleicht eigentümlichen Verwendungsweisen von Eisblöcken bei den Inuit, wird aber jeder Mensch auf dieser Erde (der jemals einen Tisch kennengelernt hat), sofort wissen, dass der Inuit von einem Tisch spricht.

SilverBullet
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#1799 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von SilverBullet » Di 5. Sep 2017, 21:17

@Thaddäus
Du hast die Fragen nicht beantwortet.

Aus was ist das Konzept „Tisch“, dass es sich anpassen, verringern, erweitern kann?

Du nennst
- „man kann davon essen“
- „man kann Fische und Robben darauf ausnehmen“
- „man kann etwas darauf ablegen“

aber du sagst nicht, was das alles ist – ich frage nicht nach dem Tisch, sondern es geht um die Punkte, die du hier angibst. Du möchtest damit vermutlich „das Wesen des Tisches“ vermitteln.

Aus was ist das „Wesen des Tisches“?

Es muss ja etwas sein, dessen Art unabhängig vom Tisch ist, denn es gibt ja auch das Wesen des Autos, das Wesen des Baumes usw.

Vielleicht kann man die Frage so stellen: „Was ist das Wesen des Wesens vom Tisch?“

Du hast angedeutet, dass das Wesen existiert, aber du hast nicht gesagt als was?

Wenn „das Wesen vom Tisch“ jeder Mensch auf der Welt versteht, dann kann jeder Mensch auf eine generelle Art mit „dem Wesen von Objekten“ umgehen.
Wie kann das sein, wer hat es uns beigebracht und was genau machen wir dabei?

Macht das ein heutiger Computer auch?

Wenn ein Mensch seine erste Sprache lernt, dann muss er „das Wesen“ des jeweiligen Spracheinsatzes, der vor ihm abläuft, verstehen. Wie geht das ohne Sprache?
An kleinen Kindern kann man ohne Probleme feststellen, dass sie Fehler machen. Da wird schnell ein „Ball“ als „Mond“ bezeichnet. Dies kann sich aber genauso schnell wieder ändern.
Beim Umgang mit „dem Wesen von Dingen“ muss es somit eine enorme Flexibilität und Anpassungsfähigkeit geben.
„Das Wesen“ müsste eine Art „Sammlung“ sein – du hast ja auch drei Punkte angegeben.

=> Eine „Sammlung“ von was und wie wird aus der Sammlung „ein Ganzes“?

JackSparrow
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#1800 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von JackSparrow » Di 5. Sep 2017, 21:58

Thaddäus hat geschrieben:Wenn du eine Klasse von Gegenständen hast, dann erfüllen die Elemente dieser Klasse Eigenschaften, die sie als Elemente unter eben genau diese Klasse fallen lassen.
Ja, und jedes menschliche Hirn nutzt seine eigenen Klassen.

was in einer bestimmten ökologischen Nische vielleicht eine perfekte Anpassung ist, kann sich als Überlebenshemnis heraustellen, wenn sich die Bedingungen in dieser ökologischen Nische plötzlich ändern.
Hypothetische Probleme sind ja auch die Aufgabe der Philosophen und nicht die Aufgabe der Evolution.

Das heißt, ihre Wirklichkeit sieht ganz anders aus als unsere.
Das macht sie nicht weniger perfekt.

Was du nicht bedenkst ist, dass die Wirklichkeit der Fledermaus so echt ist, wie deine!
Wie ich erwähnte.

Ihre Wirklichkeit ist aber eine andere als deine.
Mit Ausnahme der geringfügigen Schnittmenge, dass sich die Fledermaus um transzendente höhere realere Wirklichkeiten offenbar genauso wenig kümmert wie ich.

Es gibt Aspekte deiner Wirklichkeit, die eine Fledermaus niemals erkennen kann, wie es Aspekte der Wirklichkeit der Feldermaus gibt, die du niemals erkennen kannst.
Leider versteh ich das Problem nicht. Sollte ich eifersüchtig sein auf die Wirklichkeit der Fledermaus?

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