Alles Teufelszeug? VIII

closs
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#1401 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » So 18. Feb 2018, 17:34

sven23 hat geschrieben:Nein, die Forschung setzt nichts, sondern untersucht ergebnisoffen.
Soll das eine der regelmäßigen Selbst-Immunisierungs-Auffrischungs-Spritzen sein?

sven23 hat geschrieben: Es gibt keine "methodische Historie", sondern Historie, der wir uns über die Quellen, die uns zur Verfügung stehen, nähern können.
Also meinst Du es jetzt wieder ontisch. - Dann muss Dir aber klar sein, dass "historische Forschung" nichts anderes bedeutet als "Wir erforschen die Historie" und vollkommen methodik-frei gemeint ist.

sven23 hat geschrieben:Man kann nicht mit einem zu einer wissenschaftlichen Methodik entwickelten Gegenmodell, das per Definition unwissenschafltlich ist, meinen, sich Historie besser nähern zu können.
Traditionell zwei Fehler in einem Satz:
1) Dass theologische Disziplinen außer der HKM "unwissenschaftlich" seien, ist keine Definition DER Wissenschafts-Theorie, sondern eine weltanschaulich motivierte Definition Deiner Fraktion.
2) Unabhängig davon kann man selbstverständlich auch unwissenschaftlich Historie gut und manchmal besser als die Wissenschaft verstehen - da hättest Du Dich nur mal ein paar Tage lang mit Zeitzeugen des 1. und 2. Weltkriegs unterhalten müssen.

sven23 hat geschrieben:Aber doch kein Glaubensmodell, dessen sich ein Wissenschaftler schämen müßte
Auch für andere Hermeneutiken muss sich ein Wissenschaftler nicht schämen. - Wenn ein Wissenschaftlicher keine kritisch-rationale Hermeneutik wählt, sondern den anderen historisch plausibel begründbaren Fall, dass Jesus wirklich göttlich war, ist das kein Grund zum Schämen. - Absurd.

sven23 hat geschrieben:Wenn sie es nicht als Problem erkennen würde, wäre es noch schlimmer.
Aus Deiner Sicht - weil Du eine Gleichschaltung zu Deiner Hermeneutik hin anstrebst - das wird nicht passieren.

sven23 hat geschrieben:Wer spricht denn davon?
Hast Du nicht gerade von Unterstützung der theologischen Fakultäten durch den Staat gesprochen? - Das ist bei allen anderen Fakultäten auch - soweit es keine rein private Uni ist (und sogar diese werden vom Staat unterstützt).

sven23 hat geschrieben:Es wurden dir jetzt oft genug die unterschiedlichen Herangehensweisen von historisch-kritischer Methode und kanonischer Exegese dargelegt. Vor der entscheidenden Frage hast du dich bisher "erfolgreich" gedrückt.
Ganz bestimmt nicht - Du hast die Antworten einfach nicht verstanden.

Pluto hat geschrieben:Erstens war es eine Reaktion auf deine Behauptung es gäbe eine solche Wirklichkeit.
Moment: Absolut WISSEN tue ich das nicht (wie man es <siehe Descartes> auch nicht absolut bei der materialistischen Welt wissen kann). - Es ist ein Glaube, der auf geistiger Plausibilität gründet.

Pluto hat geschrieben:Was sagt dir denn Mt. 16,28 oder Lk. 14,2 anderes als dass Jesus eine Naherwartung hatte?
Da gibt es noch viel mehr solcher Stellen. - Aber WAS ist Naherwartung - DARUM geht es doch.

Die großkirchlichen Theologien verstehen unterm Strich, dass Jesus etwas erwartet hat, was er wusste - die kritisch-rationale HKM sagt (offenbar mehrheitlich), dass Jesus etwas erwartet hat, was nicht eintrat. - Warum? Weil es unterschiedliche Auffassungen gibt, WAS den eintreten sollten.

Und da geht eben die Bandbreite von "Gottesreich als irdische Weltmacht, die haptisch herabkommt" bis "Das Reich Gottes ist inwendig in Euch". - DARUM geht es.

Pluto hat geschrieben:wie verstehst du Mt. 16,28 oder Lk. 14,2?
In Bezug auf "haptisches oder inwendiges Reich" bleibt das offen. - Denn es ist vollkommen offen, ob es wörtlich "haptisch" oder übertragen als "inwendige Königsherrschaft" gemeint ist.

Lassen wir Einzel-Zitate mal weg: Die Theologie versteht, dass mit Jesus und dessen "Erlösung" das Reich Gottes real in die Seele/den Geist der Menschen gekommen ist. - "Real" heißt, dass es nicht nur "Einbildung" ist, sondern historisch erwirkt ist (durch Jesus) - "in Seele/Geist" heißt, dass es kein haptisches Reich ist, sondern das, was im dialektischen Raum des Irdischen möglich ist. - Das "Dein Reich komme" drückt in diesem Sinne die Sehnsucht aus, dass diese irdische Fülle zu einer vollkommenen Fülle nach dem irdischen Tod werde.

Das ist jetzt KEINE aus Büchern abgeschriebene Formulierung, sondern MEINE Zusammenfassung dessen, was ich seit Jahrzehnten von evangelischen, katholischen und orthodoxen Theologen sowie von tief Gläubigen höre. - Das haben sie so gelernt, das lehren sie so, das empfinden sie so - das ist die Basis der Theologie.

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Worauf bezieht sich bei Deinem Textbeispiel das "den Tod nicht schmecken"?
- Heute Lebende werden noch erleben, wenn Gottes Reich als weltliche Regierungs-Form mit Pauken und Trompeten vom Himmel steigt? - Oder: Sie werden erleben, dass Jesus aufersteht?

Sie werden noch in diesem (irdischen) Leben sein.
Richtig - "das inwendige Reich Gottes" ist für die Lebenden.

Mal was ganz anderes: Unabhängig davon, dass man Deine Fragen theologie-konform beantworten kann, könnte es zusätzlich sein, dass sich ein Textverfasser getäuscht hat - so rum wie anders rum. - So hat Paulus in der Tat eine Zeit lang geglaubt, es gäbe eine "haptische" Erscheinung des Reiches Gottes - das sollte man ihm nicht weginterpretieren. An anderer Stelle spricht Lukas vom "inwendigen Reicht" - auch das sollte man ihm nicht weginterpetieren (egal, ob es "unser" Lukas oder ein anderer war, der dies geschrieben hat).

Pluto hat geschrieben:Das verlangt auch Niemand. Sie sollte lediglich ergebnisoffen an den Text ran gehen.
In Deinem Verständnis geht das gar nicht - deshalb spreche ich immer von hermeneutischer Ergebnisoffenheit. Will heißen: Man kann nur im Rahmen seiner Hermeneutik ergebnisoffen sein. - Das gilt für die kanonische Exegese genauso wie für die historisch-kritische.

Pluto hat geschrieben:Wie kommst du bloß darauf, dass die HKM dies tut?
Diese groteske Behauptung verlangt eine Erklärung. Hast du eine?
Die Erklärung für alle diese Aussage ist leicht verständlich, wenn es gemeinsame Grundlagen gibt - aber die gibt es nicht.

Solange nicht verstanden wird, dass die HKM genauso hermeneutisch arbeitet wie die Kanonik - oder dass "Zirkelschluss" und "hermeneutische Schlussfolgerung" nicht dasselbe ist - oder dass das hermeneutische Forschen, als wäre Jesus nur Mensch ist, dasselbe ist wie das hermeneutische Forschen, dass Jesus auch göttlich ist - solange das nicht verstanden wird, kann es nur Irrung, Wirrung und Mißverständnisse geben.

closs
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#1402 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » So 18. Feb 2018, 17:46

Pluto hat geschrieben:Wissenschaftliche Arbeit ist KEINE Hermeneutik.
Meine Rede (aber anders, als Du wahrscheinlich meinst): 1) Wissenschaftliche Arbeit ist selbstverständlich keine Hermeneutik.
2) Aber der wissenschaftlichen Arbeit (sobald sie interpretiert) arbeitet auf Basis einer (selbst-gewählten) Hermeneutik.

Pluto hat geschrieben: Richt angewandt garantiert wissenschaftliches Vorgehen nicht nur Ergebnisoffenheit, sondern ebenfalls die richtige Antwort.
Schlicht falsch. - Siehe Zigaretten-Beispiel/Extremismus-Beispiel. - Das ist einfach nachweisbar falsch.

Pluto hat geschrieben: Das kann die HKM gar nicht, denn sie sagt nichts Abschließendes über Gott.
Selbsttäuschung. - Denn die HKM schließt methodisch aus, Jesus so zu interpretieren, als sei er göttlich - da muss man nichts mehr sagen, da es bereits apriori rausgekürzt wurde.

Pluto hat geschrieben:Vielleicht liegt darin der Mangel an Ergebnisoffenheit?
Innerhalb des hermeneutischen Rahmens ist die Kanonik genauso ergebnisoffen wie die HKM - nur in verschiedene Richtungen. - Um es salopp zu sagen: "Hermeneutik" ist ein Pferd, das Scheuklappen hat - was es innerhalb des Sichtfeldes sieht, wird ergebnisoffen behandelt. - Das gilt auch für die HKM.

Pluto hat geschrieben:Dass da was nicht stimmen kann, denn die HKM ist keine Hermeneutik, sondern Wissenschaft.
Die HKM bearbeitet ihre Hermeneutik wissenschaftlich - die Kanonik bearbeitet ihre ganz andere Hermeneutik wissenschaftlich. - Beide können innerhalb ihres Scheuklappenfeldes intersubjektiv belegen, warum sie zu ihren Ergebnissen kommen - man nennt das dann "Wissen" oder "Nachweis".

Soweit sich solches "Wissen" und solche "Nachweise" auf DIESELBE Fragestellung beziehen, kann es zu unterschiedlichem "Wissen" und "Nachweisen" kommen. - Man hört dies an Sätzen wie: "Es wurde wissenschaftlich belegt/nachgewiesen/etc., dass ...". - Aber das kann in Bezug auf das, was der Fall ist, falsch sein. - Denn ontisch ist nur EINES wahr, selbst wenn auf Basis unterschiedlicher Hermeneutiken unterschiedliche wissenschaftliche Ergebnisse zur Verfügung stehen. - Das Problem: Es gibt keine Instanz der unabhängigen Überprüfung.

Pluto
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#1403 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Pluto » So 18. Feb 2018, 18:22

closs hat geschrieben:Absolut WISSEN tue ich das nicht (wie man es <siehe Descartes> auch nicht absolut bei der materialistischen Welt wissen kann). - Es ist ein Glaube, der auf geistiger Plausibilität gründet.
Das behauptest du zwar andauernd, aber mit Plausibilität hat es nichts zu tun: Belege sind gefordert!

Der Aufbau der alltäglichen Welt ist dank der Naturwissenschaft der letzten 200 Jahre heute sehr gut bekannt. So darf man auch sagen, dass es nichts in der Alltagswelt gibt, was nicht aus Protonen, Neutronen und Elektronen besteht. Sicher gibt es auch andere Teilchen, aber diese sind entweder zu klein, zu kurzlebig, oder sie wechselwirken nicht mit der Welt des Alltags, weshalb sie irrelevant sind. Z.B durchströmt jede Sekunde rund einer Milliarde Neutrinos unsere Körper, aber wir merken davon nichts: also für unser Leben irrelevant.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Was sagt dir denn Mt. 16,28 oder Lk. 14,2 anderes als dass Jesus eine Naherwartung hatte?
Da gibt es noch viel mehr solcher Stellen. - Aber WAS ist Naherwartung - DARUM geht es doch.
Zunächst geht es mir darum, was dir dieser Text sagt?
Magst du nicht antworten?

closs hat geschrieben:Die großkirchlichen Theologien verstehen unterm Strich, dass Jesus etwas erwartet hat, was er wusste - die kritisch-rationale HKM sagt (offenbar mehrheitlich), dass Jesus etwas erwartet hat, was nicht eintrat. - Warum? Weil es unterschiedliche Auffassungen gibt, WAS den eintreten sollten.
Es gibt keine Diskrepanz zwischen den Thologen allgemein, sondern nur die Splittergruppe der kanonischen Exegeten sehen das anders als die überwiegende Mehrheit der Theologen.

closs hat geschrieben:"Das Reich Gottes ist inwendig in Euch". - DARUM geht es.
Mag sein, aber NICHT in Mt. 16,28 oder Lk. 14,2. Dort ist keine Rede von "Inwendigkeit".

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:wie verstehst du Mt. 16,28 oder Lk. 14,2?
In Bezug auf "haptisches oder inwendiges Reich" bleibt das offen. - Denn es ist vollkommen offen, ob es wörtlich "haptisch" oder übertragen als "inwendige Königsherrschaft" gemeint ist.
Beantworte einfach die Frage.
WIE VERSTEHST DU Mt. 16,28 oder Lk. 14,2?

closs hat geschrieben:Lassen wir Einzel-Zitate mal weg:
Wieso? Alles was relevant ist, gehöret mit in die "Waagschale".

closs hat geschrieben:Die Theologie versteht, dass mit Jesus und dessen "Erlösung" das Reich Gottes real in die Seele/den Geist der Menschen gekommen ist.
Ja. Das verstehen die heutigen Theologen. Aber Matthäus und Lukas sahen das anders. Warum widerspricht die Kanonik der Aussage der Evangelisten Matthäus und Lukas? Ist es die Arroganz, es heute besser zu wissen als die Autoren beabsichtigten?

closs hat geschrieben:"Real" heißt, dass es nicht nur "Einbildung" ist, sondern historisch erwirkt ist (durch Jesus)
Unsinn. Real bedeutet wirklich, und nichts anderes. Was ist den wirklich geschehen als Jesus predigte? Wie wurde seine Botschaft von der Menge rezipiert? Was haben die Menschen DAMALS verstanden?

closs hat geschrieben:"in Seele/Geist" heißt, dass es kein haptisches Reich ist, sondern das, was im dialektischen Raum des Irdischen möglich ist.
Erst mal belegen, dass es die Seele und den dialektischen Raum gibt, sonst gehe ich davon aus, dass diese Begriffe lediglich sinnloses Geschwurbel sind.

closs hat geschrieben:Das "Dein Reich komme" drückt in diesem Sinne die Sehnsucht aus, dass diese irdische Fülle zu einer vollkommenen Fülle nach dem irdischen Tod werde.
Sehnsucht zu haben ist menschlich, aber dass es nach dem irdischen Tod weitergeht ist eine unplausible Behauptung.

closs hat geschrieben: Heute Lebende werden noch erleben, wenn Gottes Reich als weltliche Regierungs-Form mit Pauken und Trompeten vom Himmel steigt? - Oder: Sie werden erleben, dass Jesus aufersteht?
Der Teilsatz, "Pauken und Trompeten vom Himmel steigt" ist reine Makulatur. Aber der Rest stimmt genau!

closs hat geschrieben:
Sie werden noch in diesem (irdischen) Leben sein.
Richtig - "das inwendige Reich Gottes" ist für die Lebenden.
Das ist deine private Interpretaation So steht es NICHT in Mt. 16,28 oder Lk. 14,2.

closs hat geschrieben:An anderer Stelle spricht Lukas vom "inwendigen Reicht" - auch das sollte man ihm nicht weginterpetieren (egal, ob es "unser" Lukas oder ein anderer war, der dies geschrieben hat).
Wie du sagst, an anderer Stelle, was aber NICHT im Zusammenhang mit der Naherwartung steht.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das verlangt auch Niemand. Sie sollte lediglich ergebnisoffen an den Text ran gehen.
In Deinem Verständnis geht das gar nicht
Ich hätte mir denken sollen, dass diese ausweichende Antwort kommt.

closs hat geschrieben:deshalb spreche ich immer von hermeneutischer Ergebnisoffenheit. Will heißen: Man kann nur im Rahmen seiner Hermeneutik ergebnisoffen sein. - Das gilt für die kanonische Exegese genauso wie für die historisch-kritische.
Die Kanonik ist aus einem anderen Grund nicht ergebnisoffen, sie setzt die Göttlichkeit Jesus' voraus, anstatt offen an diese Frage heran zu gehen.

closs hat geschrieben:Die Erklärung für alle diese Aussage ist leicht verständlich, wenn es gemeinsame Grundlagen gibt - aber die gibt es nicht.
Wie kann etwas leicht verständlich sein, was es nicht gibt?

closs hat geschrieben:Solange nicht verstanden wird, dass die HKM genauso hermeneutisch arbeitet wie die Kanonik
Das kann ich auch!

So lange nicht verstanden wird, dass die HKM im Gegensatz zur Kanonik wissenschaftlicher Basis arbeit, kann es nur Irrtum seitens der Kanonik geben.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Roland
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#1404 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Roland » So 18. Feb 2018, 18:49

Pluto hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Auch wenn Einstein wohl nicht an einen perönlichen Gott geglaubt hat, würde er dir hierin widersprechen: "Jedem tiefen Naturforscher muss eine Art religiösen Gefühls nahe liegen, weil er sich nicht vorstellen mag, dass die ungemein feinen Zusammenhänge, die er erschaut von ihm zum ersten Mal gedacht werden. Im unbegreiflichen Weltall offenbart sich eine grenzenlos überlegene Vernunft."
Einstein ist seit fast 70 Jahren tot.
Was ist das denn für ein Argument?

Pluto hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Die Welt erscheint eben ganz sicher nicht so, als ob sie auf blinde, nichtrationale und geistlose Faktoren zurückzuführen sei sondern so, dass sie ihr Dasein einer äußerst rationalen, geistigen Instanz zu verdanken hat.
Das Gegenteil ist de Fall. Moderne Physiker erkennen wie wichtig der Zufall in der Entwicklung des Universums war und ist.
Das ist nicht das Gegenteil. Die Erkenntnis, dass es physikalisch gesehen echten Zufall gibt, ist auch schon mehr als 70 Jahre alt. Die Natur legt sich sozusagen nicht genau fest, das Universum ist keine determinierte Maschine, kein ablaufendes Uhrwerk, sondern in Richtung Zukunft offen. Sie gleicht eher einem Gedanken, wie David Bohm sagt, als einer Maschine. Es ist also nicht alles festgelegt und deshalb ist z.B. Willensfreiheit nicht ausgeschlossen. Das passt zum biblischen Weltbild und ändert überhaupt nichts daran, dass das Universum nicht den Eindruck macht als ob es auf blinde, nichtrationale und geistlose Faktoren zurückzuführen sei.

Die fein abgestimmten Naturkonstanten lassen vielmehr den Schluss zu, dass es eine intelligente Ursache hat. Einstein hat recht: "Im unbegreiflichen Weltall offenbart sich eine grenzenlos überlegene Vernunft."

Pluto hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Die Wissenschaft hat den ursprünglichen, neutestamentlichen Text mithilfe einer Unzahl antiker Manuskripte und antiker Zitate früher Kirchenväter, weitestgehend rekosntruiert. Traust du der Wissenschaft das nicht zu?
Das waren keine Wissenschaftler, sondern Theologen.
Das ist falsch. Die Textkritik, die den neutestamentlichen Text rekonstruiert, ist eine Teildisziplin der HKM und arbeitet nach wissenschaftlichen Methoden. Dazu dein Satz von eben:

Pluto hat geschrieben: So lange nicht verstanden wird, dass die HKM im Gegensatz zur Kanonik wissenschaftlicher Basis arbeit, kann es nur Irrtum seitens der Kanonik geben.
Für bestimmte Teildisziplinen, wie eben Textkritik, also Rekonstruktion der Texte, trifft das zu. Sobald die Texte quasi "methodisch-atheistisch" ausgelegt werden, folgt man einer Hermeneutik, wie closs richtig schreibt. Der handelnde Gott wird ausgeschlossen.

Pluto hat geschrieben: Die Bibelforschung hat gezeigt, wie fragwürdig die alten Texte sind.
Nimm ein Blatt Papier, lies Mat. Kapitel 1 und 2, und notiere alle Geschehnisse. Dann mach das Gleiche mit Lukas, Kapitel 1 und 2. Du wirst feststellen müssen, dass es riesige Diskrepanzen zwischen den beiden Geschichten gibt.
Nein. Jeder Autor berichtet aus seiner Perspektive und die wichtigen Fakten sind, bei aller Unterschiedlichkeit in den Details, übereinstimmend:

1. Die Geburt wird von einem Engel angekündigt. (Mt. 1, 21; Lk. 1, 26 ff.)
2. Maria und Josef waren verlobt (Mt. 1, 18; Lk. 1, 27)
3. Jungfrauengeburt durch den Heiligen Geist (Mt.1, 20+23; Lk. 1, 27+35)
4. Die Geburt geschah unter Herodes dem Großen (Mt. 2, 1; Lk.1, 5)
5. Die Geburt fand in Bethlehem statt (Mt. 2, 5; Lk. 2, 4)
6. Anschließend lebten sie in Nazareth ( Mt. 2, 23; Lk. 2, 39)

Dass es Unterschiede gibt, ist eher ein Zeichen dafür, dass an den Texten nichts verändert wurde. Sie wurden, trotz der leicht unterschiedlichen Darstellungen, nebeneinander in den Kanon übernommen, nichts wurde manipuliert, geglättet oder angeglichen.

Pluto hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Die Auferstehung ist dafür ein sehr gutes Beispiel.
Eine Behauptung, die im verlinkten Artikel des Professorenforums widerlegt wird. Die Auferstehung ist historisch sehr gut belegt.
Du glaubst den Dogmatikern?
Der Dogmatiker bist eher du, der all die Fakten und Argumente des Artikels zugunsten seiner vorgefassten Meinung einfach wegwischt.

Pluto hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Nichtmal das historische Ereignis der Mondlandung vor knapp 50 Jahren, ist vor Zweiflern sicher.
Natürlich nicht. Nichts ist sicher; nicht einmal, dass morgen die Sonne aufgehen wird. Es gibt immer einen Restzweifel. Somit bleibt uns nur der Glaube und die Wahrscheinlichkeit.
Die Auferstehung, ist derart unwahrscheinlich, dass wir in der Praxis schließen müssen, sie hat nicht stattgefunden.
Nicht wenn Gott existiert, der die Welt und alles Leben überhaupt erst erschaffen hat.
Es ist also allein eine Frage des Glaubens bezügl. der Existenz des Schöpfers.

Pluto hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Gemeint war der Glaube an einen Schöpfer und an Jesus Christus. {b]ER [/b]lässt sich rational und vernünftig begründen. Und das schenkt Trost.
Nein, Du hast Trost, Hoffnung und Sinn geschrieben.Alle diese Dinge sind nichtrationale Gefühle.
Ich habe geschrieben, dass Trost, Hoffnung und Sinn auf dem rational und vernünftig begründbaren Glauben an einen Schöpfer und an Jesus Christus gründen.

Pluto hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Für einen Wanderprediger, der nur in Sandalen brave Moralismen verbreitet hat, hätte Saulus sein sorgloses, abgesichertes Leben als Pharisäer nicht aufgegeben.
Woher willst du das wissen? Etwa aus der Bibel, dessen Historizität fragwürdig ist.
Fragwürdig ist dein Urteil über die Historizität der Bibel.
Aber wer es eben nicht glauben will, der glaubt halt daran, dass alles Lug und Trug sei, Ergebnis dubioser Machenschaften und von nachträglichen Fälschungen usw. Man kann sich grundsätzlich alles mögliche ausdenken, bis hin zu epileptischen Anfällen, die bei den Autoren Visionen verursacht hätten, wie Sven das tut. Kein einziges zwingendes Argument gegen die Bibel aber tausend Vermutungen. Da kann man eben nichts machen.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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#1405 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Roland » So 18. Feb 2018, 18:56

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Dass Paulus sein Leben nicht um 180° umgekrempelt hätte, wäre Jesus nur ein einfacher Wanderprediger gewesen, ist völlig klar.
Klar ist da überhaupt nichts. Mohammed hat sein Leben auch umgekrempelt oder unzählige andere Anhänger der verschiedendsten Religonen. Mit Vernunftargumenten kommt man da nicht weit. Religiös motivierte Selbstmordattentäter sind das beste Beispiel dafür.
Paulus selbst spricht ja von einem nicht näher beschriebenen körperlichen Gebrechen.
Epilepsie mit den damit verbundenen Halluzinationen könnten eine Erklärung für seine Visionen sein, die er für real hielt.
Es ist vielmehr so, dass DU mit Vernunftargumenten nicht weit kommst. Du bist bezüglich des Paulus gezwungen Vergleiche mit Verbrechern zu zimmern und eine Hirnkrankheit zu vermuten.
Du liest ihn eben nicht. Wer die Paulusbriefe liest, kommt gar nicht auf solch absurde Ideen.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Der "historische Jesus" IST der Jesus der Evangelien. Paulus hat also ein Rieseninteresse an diesem historischen Jesus und verkündigt ihn mit aller Konsequenz bis zum Tod in Rom.
Nein, Paulus war der historische Jesus überhaupt nicht wichtig. Ihm ging es nur um den "Auferstandenen", den "erhöhten Herrn".
Da die Auferstehung historisch sehr gut belegt ist, gehört das natürlich auch zum historischen Jesus dazu. Ratzinger hat eine Ansprache über das Wissen des Paulus über den historischen Jesus gehalten, die ich nur empfehlen kann.
Am Ende sagt er dort:
Abschließend ist zu sagen, dass Paulus nicht als Historiker an Jesus denkt, also als ob er eine Person der Vergangenheit wäre. Es kennt natürlich die umfangreiche Überlieferung über das Leben, die Worte, den Tod und die Auferstehung Jesu, doch er behandelt dies alles nicht als etwas, das zur Vergangenheit gehört; er stellt es als Realität des lebendigen Jesus dar. Die Worte und die Taten Jesu gehören für Paulus nicht der Geschichte, der Vergangenheit an. Jesus lebt jetzt, er spricht jetzt mit uns und lebt für uns. Das ist die wahre Art und Weise, Jesus zu kennen und die Überlieferung über sein Leben anzunehmen. Auch wir müssen lernen, Jesus nicht nur nach dem Fleisch, wie eine Person aus der Vergangenheit zu kennen, sondern als unseren Herrn und Bruder, der heute mit uns ist und uns zeigt, wie wir leben und wie wir sterben sollen.
Wohl dem, der ihn so kennt!

sven23 hat geschrieben: Deshalb gibt es doch die vielzitierte Diskrepanz zwischen historschem Jesus und kerygmatischen Christus.
Es ist eine konstruierte Diskrepanz. Wie schon gesagt: Ich stimme Ratzinger voll und ganz zu: der Jesus der Evangelien ist der wirkliche Jesus, also der "historischen Jesus" im eigentlichen Sinne. Und diese Gestalt ist "viel logischer und auch historisch betrachtet viel verständlicher … als all die Rekostruktionen, mit denen wir in den letzten Jahrzehnten konfrontiert wurden."

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Wenn z.B. Priester Kinder missbrauchen, kann man das nicht dem Christentum vorwerfen. Diese Dinge passieren auch in Sportverbänden, nichtkirchlichen Internaten usw.
Es ist aber kein Argument vor Gericht zu sagen, dass die anderen auch nicht besser sind. Das Christentum ist doch mit hohen moralischen und ethischen Ansprüchen angetreten.
Trotzdem gibt es eben überall auch schwarze Schafe. Und es kommt doch auch niemand auf die Idee Sportvereine zu verdammen, weil es diese schwarzen Schafe dort gibt, oder nichtchristliche Internate, wie die Odenwaldschule eine gewesen ist.
Deshalb sage ich: Wenn Christi Botschaft in den Kirchen mit Füßen getreten wurde, liegt das nicht an Christi Botschaft und am Christentum.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Typisch. Nix gelesen aber behaupten "auf sachlicher Ebene kommt nichts"…

Das, was ich von ihm gelesen oder in Interviews gehört habe, reicht mir. Glaubensbekenntnisse langweilen mich.
In einem Interview sagt er sinngemäß: man solle doch die Berichte als historisch glaubwürdig annehmen, denn schließlich würden die Evangelisten dies ja auch versichern.
Das ist einfach nur unterirdisch und zudem zirkelreferent.
Unterirdisch ist, dass du offensichtlich vom weltbekannten Professor Berger, einem der führenden Neutestamentler, nur einige Interview-Fetzen falsch in Erinnerung hast und trotzdem meinst, ein Urteil fällen zu können.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Trotzdem darf man, im Zuge einer atheistischen Deutung des NT, diese Stellen isolieren und alles andere als gefälscht betrachten oder umdeuten – alles erlaubt. Wir haben schließlich Glaubens- und Meinungsfreiheit. Aber an dieser Deutung ist für mich nichts plausibel und buchstäblich nichts zwingend.
Es ist doch genau umgekehrt. Die Glaubensdogmatiker isolieren diese Stelle und bingen sie mit der Verklärung in Verbindung, weil diese im nächsten Kapitel folgt.
Sie legen sie im Gesamtkontext des NT aus. Und der schließt Naherwartung eindeutig aus. Während die säkularen, liberalen Glaubensdogmatiker drei Verse herausoperieren um eine Lehre zu basteln, die dem gesamten NT widerspricht.

sven23 hat geschrieben: …ist Ratzinger mit Recht abgewatscht worden für seinen Versuch, die Forschungsergebnisse unterlaufen zu wollen.
https://www.bibelwerk.de/sixcms/media.p ... stbuch.pdf
Er unterläuft keinerlei "Forschungsergebnisse" sondern watscht die rein säkularen, naturalistischen Deutungen und Interpretationen derselben ab. Dass da der eine oder andere "getroffene Hund" aufheult war zu erwarten.
Was Ratzinger schreibe, so Michael Theobald, erinnere "fatal an supranaturale Weltdeutungen früherer Zeiten". Aha! Die Welt darf nur naturalistisch gedeutet werden. Wer sagt das eigentlich? DAS ist doch ein Denken aus dem 19. Jahrhundert. Heute weiß jeder halbwegs Gebildete, dass die messbare Seite der Welt eben nicht die Welt ist sondern nur die messbare Seite derselben.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Lies doch einfach mal Paulus und nicht Kubitza. Hier mal eine Kostprobe des "respektlosen, intoleranten" Paulus aus Römer 12: Wenn ihr verfolgt werdet, weil ihr zu Christus gehört, dann verflucht eure Verfolger nicht, sondern erbittet den Segen Gottes für sie. […]Vergeltet anderen Menschen nicht Böses mit Bösem, sondern bemüht euch allen gegenüber um das Gute. Tragt euren Teil dazu bei, mit anderen in Frieden zu leben, so weit es möglich ist! […]Handelt stattdessen so, wie es in der Schrift heißt: »Wenn dein Feind hungrig ist, gib ihm zu essen. Wenn er durstig ist, gib ihm zu trinken, und er wird beschämt darüber sein, was er dir angetan hat.« Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse durch das Gute!"
Genau, diesen Paulus lobt Kubitza ja auch ausdrücklich.
Nein, er schreibt, dass es "bei Paulus keine Werte wie Toleranz oder die Respektierung von Andersgläubigen gibt". Ganz im Gegensatz dazu fordert Paulus seine Leser auf sogar Andersgläubige, die Christen verfolgen, zu segnen und ihnen Gutes zu tun.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Das Gegenteil steht in den Texten des NT. Pilatus wusch, zum Zeichen seiner Unschuld nach dem Urteil an Jesus, seine Hände. (Mt. 27, 24) Aber wie gesagt: Meinungs- und Glaubensfreiheit. Jeder darf sich Anderslautendes ausdenken, wie es ihm Spass macht.
Die Forschung hält dies für christliche Legende. Die Todesstrafe lag in den Händen der Römer, die Hinrichtungsart enspricht der römischen Praxis. Schuldzuweisungen an die Juden sind wohl späteres christliches Nachtreten für die Verweigerung der meisten Juden, der neuen Sekte beizutreten.
Die "Wissenschaft des Vermutens" hat verschiedene Hypothesen erdacht, was den Prozess Jesu angeht. Grundvoraussetzung ist dabei: So wie es die Hauptquellen, also die Evangelien darstellen, darf es nicht gewesen sein. Also vermutet man mal munter drauf los, wie es denn anders gewesen sein könnte. Es wird bereits in den ersten Jahrzehnten ein haltloser, christlicher Antijudaismus angenommen und vorausgesetzt, der die Autoren der Evangelien bewogen haben könnte, die Wahrheit über den Prozess zu Lasten der Juden zu verfälschen.

Nebenbei: Dass die Texte von Gott inspiriert sein könnten, ist ja von vornherein auszuschließen. Ein handelnder Gott wird geleugnet.

Und so entstehen eben wilde Verschwörungstheorien über die judenfeindlichen, nachtretenden, lügenden Autoren der Evangelien. Ich wiederhole nochmal: Meinungs- und Glaubensfreiheit. Jeder darf sich ausdenken, wie immer ihm Spass macht. Fest steht: Nichts davon ist zwingend, nichts widerlegt die Darstellung der Evangelien. Und wie gesagt: der neueste Trend der Forschung nimmt die Evangelien als Geschichtsschreibung wieder ernst. Man lernt dazu.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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#1406 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » So 18. Feb 2018, 18:57

Pluto hat geschrieben:Das behauptest du zwar andauernd, aber mit Plausibilität hat es nichts zu tun: Belege sind gefordert!
In den Geisteswissenschaften sind Belege logischer/philosophischer Natur - naturwissenschaftliche Belege gibt es dort i.d.R. nicht.

Pluto hat geschrieben:Zunächst geht es mir darum, was dir dieser Text sagt? Magst du nicht antworten?
Es nützt nichts, das Wort "Königreich" zu buchstabieren. - Das kann der Verfasser wörtlich oder übertragen verstanden haben - dazu kommt: er kann es fäschlich wörtlich oder übertragen verstanden haben. - Jesus kann etwas anderes gemeint haben, als der Schreiber verstanden hat. - Das steht alles nicht im Text.

Pluto hat geschrieben:Es gibt keine Diskrepanz zwischen den Thologen allgemein, sondern nur die Splittergruppe der kanonischen Exegeten sehen das anders als die überwiegende Mehrheit der Theologen.
Unterm Strich ist es umgekehrt: Die großkirchlichen Theologien verstehen (auch ohne kanonische Exegese) aus dem Text, dass Jesus KEINE Naherwartung im hier kolportieren "haptischen" Sinn hatte. - Allerdings wissen die Theologen, dass es noch lange bei vielen der Jesus-Anhänger so rumgegeistert ist.

Die Gretchenfrage ist dabei: Hat Jesus als göttliche Person einen Paradigmen-Wechsel herbeigeführt, der damals erst mit der Zeit verstanden wurde - das sagt unterm Strich die Theologie. - Oder hat Jesus als Nur-Mensch irgendwas innerhalb des jüdischen Glaubens angerichtet, woran er gescheitert ist. - Für uns nicht entscheidbar - auch nicht wissenschaftlich.

Pluto hat geschrieben:Mag sein, aber NICHT in Mt. 16,28 oder Lk. 14,2. Dort ist keine Rede von "Inwendigkeit".
Dort nicht - aber an anderer Stellle. - und jetzt? - Es kann ja nicht sein, dass das Reich Gottes einmal so kommt und einmal anders - je nach Zitat.

Pluto hat geschrieben:Beantworte einfach die Frage.
WIE VERSTEHST DU Mt. 16,28 oder Lk. 14,2?
ICH verstehe, dass ein nahes Gottesreich versprochen wird, aber vielen Beteiligten unklar ist, was damit von Jesus gemeint ist.

Pluto hat geschrieben:Wieso? Alles was relevant ist, gehöret mit in die "Waagschale".
Nix dagegen - aber damit kann man keine Widersprüche auflösen.

Pluto hat geschrieben:Ja. Das verstehen die heutigen Theologen. Aber Matthäus und Lukas sahen das anders. Warum widerspricht die Kanonik der Aussage der Evangelisten Matthäus und Lukas?
Davon abgesehen, dass wir das ja nicht einmal sicher wissen (Bildsprache einer Zeit ist ein Thema für sich), lautet die Antwort: Das Verstehen dessen, was Jesus wirklich gemeint hat, musste sich erst entwickeln.

Ein Beleg dafür waren die vielen Zitate (Thaddäus hat mal über 10 gebracht), die das "Sie verstanden ihn nicht" zum Gegenstand haben. - Mit anderen Worten: Auch die Jünger haben Maulaffen feilgehalten, wenn Jesus zu ihnen sprach - sie waren überfordert. - Erst mit der Zeit hat sich Verständnis entwickelt - beginnend mit dem, was man "Pfingsten" nennt.

Pluto hat geschrieben: Real bedeutet wirklich, und nichts anderes.
Das war meine Aussage.

Pluto hat geschrieben:Was haben die Menschen DAMALS verstanden?
Nicht unbedingt viel - besonders das Volk.

Pluto hat geschrieben:Erst mal belegen, dass es die Seele und den dialektischen Raum gibt
Wenn Du "Belege" im naturalistishen Sinn haben willst, bist Du in Theologie und Philosophie falsch - Theologie und Philosophie fangen da an, wo der Naturalismus aufhört.

Pluto hat geschrieben:dass es nach dem irdischen Tod weitergeht ist eine unplausible Behauptung.
Geistig/philosophisch/theologisch ist es plausibel.

Pluto hat geschrieben:Wie du sagst, an anderer Stelle, was aber NICHT im Zusammenhang mit der Naherwartung steht.
Aber es beantwortet die Frage der Naherwartung - denn nach diesem Zitat ist die Ankunft des göttlichen Reiches erfüllt.

Pluto hat geschrieben:Die Kanonik ist aus einem anderen Grund nicht ergebnisoffen, sie setzt die Göttlichkeit Jesus' voraus, anstatt offen an diese Frage heran zu gehen.
Wie willst Du an Nicht-Falsifizierbares "herangehen" - Wissenschaft untersucht doch nicht Dinge, die nicht falsifizierbar sind. - Wissenschaft untersucht (in diesem Fall), was herauskommt, wenn das Nicht-Falsifizierbare A oder das Nicht-Falsifizierbare B zugrunde gelegt wird.

Pluto hat geschrieben:So lange nicht verstanden wird, dass die HKM im Gegensatz zur Kanonik wissenschaftlicher Basis arbeit, kann es nur Irrtum seitens der Kanonik geben.
Nach DIESER Hermeneutik hast Du recht - aber es ist aus meiner Sicht die falsche Hermeneutik.

Roland
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#1407 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Roland » So 18. Feb 2018, 18:59

Münek hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Woher weißt du, dass er das nicht getan hat? Petrus und Johannes verkünden ja gar keinen anderen Jesus als Paulus. Paulus verkündet, was er zuvor von ihnen empfangen hat (1. Kor. 15, 3+4).
Da ist Paulus wohl falsch informiert worden oder er hat was nicht verstanden.
Denn Paulus verkündete überhaupt nicht das, was Jesus verkündet hat. Was hat Jesus landauf landab dem Volk verkündigt? Richtig: die Nähe und das Kommen des Gottesreiches. Was verkündigte Paulus? Den Sühnetod des auferweckten Christus. Vom Gottesreich ist bei ihm nicht mehr die Rede. Die klare Botschaft des historischen Jesus interessierte ihn nicht.
Paulus konnte die den Gesamtkontext ignorierende, naturalistische Deutung mancher Theologen des 19. und 20. Jahrhunderts noch nicht vorhersehen, die drei Verse des NT verwendeten, um die Gesamtbotschaft Jesu auf den Kopf zu stellen, die da lautet:

1. Das Reich Gottes ist in Christus bereits da, hat angebrochen. Das sagt Jesus eindeutig in Lk. 17, 21: "Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch."
2. Das Reich Gottes ist vergleichbar einem kleinen Samenkorn das in die Erde gelegt wird aus dem sich dann eine sehr große Pflanze entwickelt. Also ein langsamer Entwicklungsprozess (Mk. 4, 30-32).
Der Feind sät Unkraut dazwischen, d.h. es ist noch durchwirkt vom Bösen (Mt. 13, 24-30).
3. Am Ende, wenn das Evangelium auf der ganzen Welt unter allen Völkern verkündet worden ist (siehe z.B. Mk. 13, 10), wird durch die Wiederkunft Christi dann das Reich Gottes endgültig und für alle sichtbar kommen.

Naherwartung also ausgeschlossen.

Für Paulus gelten, so Ratzinger, "wenn er sich auf die Rechtfertigung durch den Glauben bezieht, exakt dieselben Vorschriften, die von Jesus aufgestellt werden, um in das Himmelreich zu kommen: sowohl das Eingehen in das Himmelreich als auch die Rechtfertigung erfordern eine Haltung großer Demut und Bereitschaft, frei von jeder Anmaßung, um die Gnade Gottes zu empfangen. So erteilt zum Beispiel das Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner (vgl. Lk 18, 9–14) eine Lehre, die sich genauso auch bei Paulus findet, wenn er darauf besteht, dass jede Form von Stolz Gott gegenüber auszuschließen ist.
Auch die Sätze Jesu über die Zöllner und Dirnen, die eher bereit sind, das Evangelium anzunehmen, als die Pharisäer (vgl. Mt 21, 31; Lk 7, 36–50), und seine Entscheidung, gemeinsam mit ihnen zu Tisch zu sitzen (vgl. Mt 9, 10–13; Lk 15, 1–2) finden ihr Gegenstück in der Lehre des Paulus über die barmherzige Liebe Gottes zu den Sündern (vgl. Röm 5, 8–10; sowie auch Eph 2, 3–5). So wird das Thema des Gottesreiches auf neue Weise, aber immer in vollkommener Treue mit der Tradition des historischen Jesus gezeigt." Quelle

Münek hat geschrieben: Dass Jesus nicht im Traum daran dachte, sich selbst zu verkündigen, interessierte unseren Paulus nicht.
Unentwegt hat Jesus sich selbst verkündet, wie ich dir ein Dutzend mal belegt habe. Das kann man nur leugnen, indem man eben all die Texte als Fälschung deklariert. Ist im Rahmen der Glaubens- und Meinungsfreiheit erlaubt aber nicht plausibel und schon gar nicht zwingend.
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#1408 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » Mo 19. Feb 2018, 01:47

Roland hat geschrieben: Naherwartung also ausgeschlossen.
Kein ernst zu nehmender Exeget bezweifelt, dass die NÄHE des Gottesreiches/der Königsherrschaft Gottes im Zentrum der Botschaft Jesu stand. Bekanntlich richtete Gott aber seine von Jesus angekündigte Herrschaft auf Erden NICHT auf. Das war der große Irrtum Jesu.

Was stattdessen kam, war die KIRCHE, die der Kirchenvater Augustinus Aurelius (354 - 430 n. Chr.), einer der einflussreichsten Theologen und Philosophen der christlichen Spätantike bzw. der Patristik, in seinem berühmten Werk "Der Gottesstaat" mit dem Reich Gottes auf Erden IDENTIFIZIERTE.


Gottesreich = Kirche. Da lachen doch die Hühner - und Jesus würde sich im Grab umdrehen.

Roland hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Dass Jesus nicht im Traum daran dachte, sich selbst zu verkündigen, interessierte unseren Paulus nicht.
Unentwegt hat Jesus sich selbst verkündet, wie ich dir ein Dutzend mal belegt habe.
Aber nur in der frei erfundenen "Dichtung" des Evangelisten Johannes - geschrieben etwa siebzig Jahre nach Jesu Tod. Kannste knicken.

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#1409 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » Mo 19. Feb 2018, 06:53

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das hat nichts mit dem Thema/meiner Feststellung zu tun, dass sich Paulus NICHT für den irdischen Jesus interessierte, stattdessen ein eigenes Evangelium verkündigte, das mit Jesu zentralen Botschaft nichts mehr zu tun hatte.
Das ist bestenfalls aus Sicht Deiner Hermeneutik richtig.
Nö - das ergibt sich aus dem simplen Vergleich der verkündigten Botschaften Jesu und Pauli.

closs hat geschrieben:Ansonsten versteht Paulus Jesu zentrale Botschaft anders als Du.
Paulus setzte an die Stelle der Verkündigung Jesu seine eigenes Evangelium, in welchem vom Reich Gottes NICHT mehr die Rede ist.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dann behaupte doch nicht, Pauli nachweisliches Desinteresse am historischen Jesus sei das Ergebnis irgendeiner Hermeneutik, obwohl die historischen Fakten genau das Gegenteil belegen.
Paulus IST an "Jesus als Mensch" (also "irdisch") selbstverständlich interessiert.
Das Gegenteil ist nachweislich richtig. Pauli alleiniges Interesse galt nur dem seinem Glauben nach "auferstandenen Christus".

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wissenschaftliche Exegese ist aber nun mal kein Wunschkonzert.
Richtig - deshalb sollte man sich immer seiner jeweiligen Hermeneutik bewusst sein.
Die glaubensbasierte kanonische Exegese mit ihrer Setzung eines Heilspläne schmiedenden Gottes IST reines Wunschkonzert, welches auf der dogmatischen Spielwiese stattfindet. Da spielt die wissenschaftlich orientierte historisch-kritische Exegese selbstverständlich NICHT mit.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Was Du suchst, findest Du im "Katechismus der Katholischen Kirche" (KKK).
Nein - dessen Hermeneutik ist nicht die meinige.
Oooch - was stört Dich an der Hermeneutik des katholischen Weltkatechismus´? Hat an diesem Werk nicht der von Dir so hochgeschätzte Ratzinger maßgeblich mitgewirkt?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dass sich Ratzinger in seinem Jesusbuch gegen die eindeutigen Festlegungen der "Päpstlichen Bibelkommission" stellt, ist wohl seinem altersstarren Dogmatismus geschuldet.
DU kapierst etwas nicht, weshalb der andere schuld daran ist.
Wenn hier einer was NICHT kapiert, dann bist Du es mit Deiner Ignoranz.

closs hat geschrieben:Ich habe Dir mehrfach erklärt, warum es keinen Widerspruch zwischen den Äußerungen der Kommission und des Jesus-Buches gibt.
Deine angeblichen "Erklärungen" wurden gewogen und - wie so oft - für zu leicht befunden.

Die Feststellung der "Päpstlichen Bibelkommission", die historische-kritische Exegese habe sich Apriori-Annahmen zu enthalten und die biblischen Texte in derselben Art und Weise auszulegen wie andere antike Texte auch, steht im KRASSEN WIDERSPRUCH zu Ratzingers Forderung, Exegese müsse von der Existenz des ins Weltgeschehen eingreifenden, heilsbringenden Gottes der Bibel ausgehen.

closs
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#1410 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Mo 19. Feb 2018, 08:46

Münek hat geschrieben: Pauli alleiniges Interesse galt nur dem seinem Glauben nach "auferstandenen Christus".
Natürlich - aber als real Auferstandener - als der, der fleischlich war und ab seinem Tod geistig "ist".

Münek hat geschrieben:Paulus setzte an die Stelle der Verkündigung Jesu seine eigenes Evangelium, in welchem vom Reich Gottes NICHT mehr die Rede ist.
Warum glaubt er dann zeitweise an die Naherwartung Jesu?

Münek hat geschrieben:Die glaubensbasierte kanonische Exegese mit ihrer Setzung eines Heilspläne schmiedenden Gottes IST reines Wunschkonzert, welches auf der dogmatischen Spielwiese stattfindet. Da spielt die wissenschaftlich orientierte historisch-kritische Exegese selbstverständlich NICHT mit.
Das sind ideologisch eingebrannte Floskeln, die nicht weiterführen.

Münek hat geschrieben: was stört Dich an der Hermeneutik des katholischen Weltkatechismus´? Hat an diesem Werk nicht der von Dir so hochgeschätzte Ratzinger maßgeblich mitgewirkt?
Man sollte intellektuell nicht Menschen, sondern Inhalte hochschätzen - wenn umgekehrt Kubitza mal was Richtiges sagt, finde ich es gut.

Störend finde ich am KKK (um es erneut zu sagen) vor allem die Sprache und das mangelnde Eingehen auf Grundlagen - es wird mir dort zuviel glaubens-gesülzt. - Möglicherweise wollte man den KKK als rein didaktische Größe fürs Volk haben - aber da geht man meines Erachtens falsch mit dem Volk um. - Andererseits habe ich dann doch wieder gute Einsichten aus dem KKK geholt.

Münek hat geschrieben:Deine angeblichen "Erklärungen" wurden gewogen und - wie so oft - für zu leicht befunden.
Von WEM? :|

Münek hat geschrieben:Die Feststellung der "Päpstlichen Bibelkommission", die historische-kritische Exegese habe sich Apriori-Annahmen zu enthalten und die biblischen Texte in derselben Art und Weise auszulegen wie andere antike Texte auch, steht im KRASSEN WIDERSPRUCH zu Ratzingers Forderung, Exegese müsse von der Existenz des ins Weltgeschehen eingreifenden, heilsbringenden Gottes der Bibel ausgehen.
Nein. :lol:

Vereinfacht gesagt: Das erste ist Vorbereitung FÜR hermeneutisches Textverständnis, das andere IST hermeneutisches Textverständnis. - Ratzinger hat 1993 vermutlich schlicht gemeint, man könne die HKM als hermeneutik-neutrale, reine Sach-Disziplin verstehen - dann hat er sehen müssen, wie die HKM zum Zauberlehrling wird und sich selber hermeneutisiert (also das Apriori-Setzungsfreie aufgibt). - Natürlich nicht bei allen, aber bei den Lauten.

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