Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Pluto
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#171 Re: Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Beitrag von Pluto » Sa 17. Feb 2018, 18:04

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Nu unterstellst du ihm sogar hellseherische Fähigkeiten? Weder konnte Descartes an die MATRIX glauben, noch kannte er Ratzinger oder Sven.
Ähm - ich habe seine Aussagen auf heute übertragen.
Darf man das denn?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Seine Erkenntnis "Je pense, donc je suis" fand in seiner Jugend als Soldat statt. Seinen Dualismus der "Res exstena/cogitans" formulierte er als älterer Mann, völlig unabhängig vom "cogito".
Aber es gehört sachlich zusammen - das eine ist die Folge des anderen.
Aber NUR in DEINER persönlichen Fantasie. Es besteht keinerlei Verbindung zwischen beiden Behauptungen. Esteres (Je pense, donc je suis) ist eine Erkenntnis die heute noch gilt

Pluto hat geschrieben:. Hinzu kommt, dass sein Dualismus im 20. Jahrhundert widerlegt wurde.
"Widerlegen" ist eine methodische/hermeneutische und keine ontische Größe.[/quote]Das behauptest aber auch NUR du.
Selbstvrständlich wurde es auch ontisch widerlegt.

closs hat geschrieben:Konkret: Natürlich macht Dualismus keinen Sinn, wenn man das Materielle als existent setzt und das Geistige nicht. - Descartes hat das Geistige gesetzt und die MAterie insofern in Frage gesetzt, dass er nachweisen konnte, dass es prinzipiell nicht möglich ist, Entität und Vorstellung davon vom Subjekt aus zu unterscheiden - da war Descartes einen Schritt weiter als Ryle.
Die alte Geschichte: Descartes wusste es halt nicht besser; Ryle hatte den Vorteil von drei Jahrhunderten Fortschritt in den Naturwissenschaften.

Dein Problem ist eines der Vorstellung. Du kannst es dir nicht vorstellen, dass das woraus wir bestehen nur Atome sind. Das Denken einschließlich Geist und Bewusstsein sind emergente, aus der speziellen Anordnung dieser Atome entstehende Qualitäten. Niemand erwartet, dass man im Einzelnen verteht, wie es dazu kam. Einzige Voraussetzung ist, dass Bewusstsein mit dem atomaren Aufbau kompatibel ist. Und das ist es zweifelsfrei. Was soll es sonst sein? Eine Analogie: Die Erde besteht aus vielen Billionen Atomen. Doch die Erde umkreist seit Jahrmilliarden unsere Sonne. Müssen wir wissen, wie die einzelnen Atome sich verhalten? — Nein, müssen wir nicht. Wir können vereinfachen, und betrachten nur den Schwerpunkt der Erde; mehr brauchen wir nicht. So ähnlich verhält es sich mit dem Bewusstsein und deren atomaren Aufbau. Wir wissen, das es so sein muss, denn andere Kräfte oder Teilchen haben weder die Erde, noch der Körper zur Verfügung. Das Schicksal einzelner Atome interessiert auf der Ebene des Bewusstseins nicht mehr. Es sind einfach mehrere Wege, um sich über den Körper zu unterhalten.

Was Descartes angeht, seine These war, dass der Geist irgendwie dem Körper Befehle geben konnte. Lebte er in der heutigen Zeit, wäre er hingerissen von der Entwicklung und würde sofort intellektuell nachvollziehen können, dass er falsch gelegen hatte.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#172 Re: Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Beitrag von closs » Sa 17. Feb 2018, 18:34

sven23 hat geschrieben:Du kannst Descartes ausrichten. Er muss keine Angst haben, es gibt die Welt wirlklich.
Das wird nicht nötig sein, da er es fest geglaubt hat. - Aber er würde Dir, würde Dein Wunsch ihn in Deiner Formulierung erreichen, die Ohren mega-lang ziehen und Dir erklären, warum Du das gar nicht wissen, sondern glauben kannst.

sven23 hat geschrieben:Dein Zigarettenbeispiel war ein untauglicher Vergleich. Hast du einen besseren?
Begründung?

Wahlweise nimm das Beispiel "Über 30%/unter 1% aller inländischen Muslime sind extremistisch" - oder nimm die Naherwartungs-Geschichte - alles Tema con variazione.

Pluto hat geschrieben:Darf man das denn?
Um etwas deutlich zu machen, darf man das - das ist keine wissenschaftliche, sondern eine pädagogische Frage.

Pluto hat geschrieben: Es besteht keinerlei Verbindung zwischen beiden Behauptungen.
Inhaltlich schon - wie mehrfach dargelegt. - Woran machst Du Deine Behauptung abhängig - historisch-kritisch?

Pluto hat geschrieben:Selbstvrständlich wurde es auch ontisch widerlegt.
Nein - ganz sicher nicht.

Pluto hat geschrieben:Ryle hatte den Vorteil von drei Jahrhunderten Fortschritt in den Naturwissenschaften.
Denkfehler. - Du bestätigst immer wieder den Verdacht, dass Du meinst, anthropogene Überprüfung führe notwendigerweise zu ontisch-relevanten Ergebnissen.

Das wird nach meiner persönlichen Einschätzung oft so sein - aber es ist nicht selbstverständlich. - Die Tatsache, dass wir naturwissenschaftlich dieses oder jenes feststellen können, hat mit den Grundsatzfragen von Descartes kategorial ÜBERHAUPT nichts zu tun.

Pluto hat geschrieben: Lebte er in der heutigen Zeit, wäre er hingerissen von der Entwicklung und würde sofort intellektuell nachvollziehen können, dass er falsch gelegen hatte.
Wenn er in dieser Zeitreise nicht seine eigenen Erkenntnisse vergessen hätte, würde er NICHT nachziehen, weil es ein falsches Nachziehen wäre.

Er würde sicherlich fasziniert sein, was die Naturwissenschaften inzwischen alles auf die Beine gebracht hätten - aber das hat - ich wiederhole mich - mit seiner bahnbrechenden Erkenntnis (naja - Augustinus und andere hatten es schon vorher bemerkt) nichts, aber auch gar nichts zu tun.

Descartes wäre vielmehr über unsere heutige Philosophie erschüttert und fragen: "Seid Ihr so weit zurückgefallen?".

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sven23
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#173 Re: Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Beitrag von sven23 » Sa 17. Feb 2018, 18:45

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du kannst Descartes ausrichten. Er muss keine Angst haben, es gibt die Welt wirlklich.
Das wird nicht nötig sein, da er es fest geglaubt hat. - Aber er würde Dir, würde Dein Wunsch ihn in Deiner Formulierung erreichen, die Ohren mega-lang ziehen und Dir erklären, warum Du das gar nicht wissen, sondern glauben kannst.
Nein, unser Wissen ist da ziemlich gesichert. Die Truman Show gehört nach Hollywood.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dein Zigarettenbeispiel war ein untauglicher Vergleich. Hast du einen besseren?
Begründung?
Habe ich gebracht. Wenn die Aufgabenstellung nicht die gleiche war, vergleichst du Äpfel mit Birnen.

closs hat geschrieben: Wahlweise nimm das Beispiel "Über 30%/unter 1% aller inländischen Muslime sind extremistisch"
Dasselbe in grün.

closs hat geschrieben: - oder nimm die Naherwartungs-Geschichte - alles Tema con variazione.
Die Naherwartung gilt in der wissenschaflichen historischen Forschung als ziemlich gesichert.
Die Gegner kommen aus dem glaubensdogmatischen Lager, die für ihre Ansicht Glaubensbekenntnisse benötigen.
Da es in der historischen Forschung nun mal um die historische Wahrheit geht, ist klar, wer hier die Nase vorn hat.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#174 Re: Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Beitrag von closs » Sa 17. Feb 2018, 19:22

sven23 hat geschrieben:Nein, unser Wissen ist da ziemlich gesichert.
Dein inner-hermeneutisches Wissen mag gesichert sein - sonst nichts. Ist Deine Hermeneutik falsch, ist das Wissen weg.

sven23 hat geschrieben:Wenn die Aufgabenstellung nicht die gleiche war, vergleichst du Äpfel mit Birnen.
Die HKM hat die Aufgabe, in ihrer Hermeneutik die Wirklichkeit Jesu zu erforschen - andere Exegesen tun dasselbe in einer anderen Hermeneutik. - Die unterschiedlichen Hermeneutiken sind "Äpfel und Birnen", obwohl die Frage dieselbe ist.

Das war bei den Zigaretten genauso: Die GEMEINSAME Aufgabenstellung war, was ein Päckchen Zigaretten kosten müsste, um alle Kosten der Raucher zu decken - die Hermeneutik, diese Frage zu lösen, war unterschiedlich - und dann kamen halt in diesem Fall extrem unterschiedliche Ergebnisse raus, die beide im Sinne der wissenschaftlichen Untersuchung richtig waren. - Trotzdem kann "wirklich" nur EINE Antwort richtig sein - also: Welche Hermeneutik ist die richtige?

sven23 hat geschrieben:Dasselbe in grün.
Richtig.

sven23 hat geschrieben:Die Naherwartung gilt in der wissenschaflichen historischen Forschung als ziemlich gesichert.
Sie gilt in der wissenschaftlichen theologischen Forschung ebenfalls als ziemlich gesichert - dito dasselbe in grün.

sven23 hat geschrieben:Da es in der historischen Forschung nun mal um die historische Wahrheit geht, ist klar, wer hier die Nase vorn hat.
Nein, ist es eben NICHT.

Wenn Du mit "Historie" hier ausnahmsweise das meinst, was vor 2000 Jahren der Fall war (also ontisch), ist es überhaupt nicht klar, wer die Nase vorn hat. - Es hängt davon ab, ob Jesus nur Mensch oder auch göttlich war - zwei unterschiedliche Hermeneutiken. - Welche ist richtig? Ich weiß es nicht - also glaube ich eine. - Bei Dir ist es dasselbe.

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#175 Re: Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Beitrag von Zeus » Sa 17. Feb 2018, 19:46

ThomasM hat geschrieben:Und es ist immer eine persönliche Entscheidung, etwas zur Kenntnis zu nehmen oder nicht.
Argumente oder Fakten, die dir nicht passen, nimmst du also nicht zur Kenntnis. Oder?
Das würde diese deine kühne Aussage erklären:
Nein, es gibt keinen Unterschied.
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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#176 Re: Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Beitrag von Josi » Sa 17. Feb 2018, 21:32

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du kannst Descartes ausrichten. Er muss keine Angst haben, es gibt die Welt wirlklich.
Das wird nicht nötig sein, da er es fest geglaubt hat. - Aber er würde Dir, würde Dein Wunsch ihn in Deiner Formulierung erreichen, die Ohren mega-lang ziehen und Dir erklären, warum Du das gar nicht wissen, sondern glauben kannst.
Klaro, deswegen Du auch um die Existenz deiner Nase im Gesicht nicht wissen, sondern bestenfalls nur glauben kannst.
Auf diese Weise versuchst Du die Verwertbarkeit einzig nur beschließbarer Glaubenssätze in den Stand naturwissenschaftlicher Erkenntnisstände anzuheben bzw. zugleich in umgekehrter Weise naturwissenschaftliche Erkenntnisse in reine Glaubensstände bis zur Gleichstellung beider Anliegen abzuwerten.
Daher; alles nur Wortspielereien.
Und sowieso zur Frage, ob Jesus eine Naherwartung hatte.
Was willst Du eigentlich mit einer solchen Frage bzw. mit dessen Beantwortung anfangen?
Würde sich dadurch in der Welt irgendwas ändern?
Vielleicht Hormonhaushalte, Wachstumsraten von Pflanzen und Trallala?
Oder meinst Du vielleicht, dadurch würden vielleicht effektivere Technologien ermöglicht?
Für was also soll das gut sein?
Wer propagiert, es sei nicht schlimm wenn Menschen - einschließlich Kinder - getötet werden, da sie bei Gott weiter leben würden, gehört selbst auf der Stelle mit der Begründung getötet: "DIES SEI AUCH DIR GEGÖNNT!!!"

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#177 Re: Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Beitrag von closs » Sa 17. Feb 2018, 21:47

Josi hat geschrieben:Klaro, deswegen Du auch um die Existenz deiner Nase im Gesicht nicht wissen, sondern bestenfalls nur glauben kannst.
In der Praxis bezeichne ich es umgangssprachlich selbstverständlich als "Wissen" - streng genommen ist es ein Glaube.

Josi hat geschrieben:Auf diese Weise versuchst Du die Verwertbarkeit einzig nur beschließbarer Glaubenssätze in den Stand naturwissenschaftlicher Erkenntnisstände anzuheben bzw. zugleich in umgekehrter Weise naturwissenschaftliche Erkenntnisse in reine Glaubensstände bis zur Gleichstellung beider Anliegen abzuwerten.
Gar nicht - die inner-naturalistischen Erkenntnisse sind davon vollkommen unberührt. - Aber man muss sich auch klar sein, dass inner-naturalistische Erkenntnisse wenig tauglich sind für geistige Erkenntnisse.

Josi hat geschrieben:Was willst Du eigentlich mit einer solchen Frage bzw. mit dessen Beantwortung anfangen? Würde sich dadurch in der Welt irgendwas ändern?
Da sind Sven und ich aus Versehen von einem anderen Thread hier rein gerutscht.

Davon abgesehen: Gottseidank hängt die Welt weder vom Materialismus noch von der Theologie ab.

Josi hat geschrieben:Oder meinst Du vielleicht, dadurch würden vielleicht effektivere Technologien ermöglicht? Für was also soll das gut sein?
Was bringt uns "Technologie ohne Ende"? Die Ausblicke, die man heute machen kann, weisen auf eine komplette Orwellisierung der Welt hin - bringt das was?

Demgegenüber steht eine spirituelle Haltung, mit der man tatsächlich an eine über-geordnete Singualität glaubt, die man "Gott" nennt. - Wobei dies in der Regel nicht intellektuell analysiert wird, sondern persönlich so empfunden wird. - Man sieht dies besonders bei Kulturen, die noch nicht so sehr anthropozentriert sind wie unsere Kultur - mit anderen Worten: Was bei uns verschwindet, wächst woanders nach.

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#178 Re: Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Beitrag von Josi » Sa 17. Feb 2018, 22:50

closs hat geschrieben:
Josi hat geschrieben:Klaro, deswegen Du auch um die Existenz deiner Nase im Gesicht nicht wissen, sondern bestenfalls nur glauben kannst.
In der Praxis bezeichne ich es umgangssprachlich selbstverständlich als "Wissen" - streng genommen ist es ein Glaube.
Aber genau hier irrst Du, denn dass Du eine Nase im Gesicht hast, entspricht nach aller naturwissenschaftlicher Manier einem erwerbbaren Wissen, nicht aber in der Weise, wie Kant zu bedenken gab, stets zwischem dem Ding an sich und dem Ding für uns zu unterscheiden.
Selbiges Motiv trieb auch Descartes >im Widerstreit gegen seine damals zeitgenössischen Nihilisten< zu seinen Überlegungen an.
closs hat geschrieben:[...] - die inner-naturalistischen [...]
Es gibt keinen "inner- u.o. außer-naturalistischen" Trallala; entweder trifft existenziell etwas zu, oder halt nicht.
closs hat geschrieben:Gottseidank hängt die Welt weder vom Materialismus noch von der Theologie ab.
Letzteres trifft tatsächlich zu.
Was ich hingegen nicht verstehe, ist, was im Konkreten die Welt für Dich ist und ebenso in welchem Kontext Du den Terminus "Materialismus" gebrauchst.
Ich frage deshalb, weil sich "ismen" zum kreieren von Unwörtern gut verwenden lassen.
closs hat geschrieben:Was bringt uns "Technologie ohne Ende"? [...]
Lebensfreude, Abenteuer, Befriedigung...
closs hat geschrieben:Demgegenüber steht eine spirituelle Haltung, mit der man tatsächlich an eine über-geordnete Singualität glaubt, die man "Gott" nennt. [...]
Und wozu soll das gut sein?
Um vielleicht so tun zu können, als wisse man sehr genau, dass Gott hinter allem Trallala steckt?
Darum mal als Gegenvorschlag: Wie wärs mal mit; "aufrichtig werden"?
Oder ein wenig anders gesagt: Placebos sind nicht wirklich notwendig - das sind alles nur Lügen...
Verstehst? ;)
Wer propagiert, es sei nicht schlimm wenn Menschen - einschließlich Kinder - getötet werden, da sie bei Gott weiter leben würden, gehört selbst auf der Stelle mit der Begründung getötet: "DIES SEI AUCH DIR GEGÖNNT!!!"

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#179 Re: Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Beitrag von JackSparrow » Sa 17. Feb 2018, 23:09

closs hat geschrieben:In der Praxis bezeichne ich es umgangssprachlich selbstverständlich als "Wissen" - streng genommen ist es ein Glaube.
Streng genommen bezeichnet "Wissen" (Kognat mit englisch "vision", lateinisch "videre" und griechisch "hister") etwas, was jemand schonmal gesehen hat. Hast du deine Nase schonmal im Spiegel gesehen?

https://en.m.wiktionary.org/wiki/wissen#German

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#180 Re: Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Beitrag von closs » Sa 17. Feb 2018, 23:48

Josi hat geschrieben:Aber genau hier irrst Du, denn dass Du eine Nase im Gesicht hast, entspricht nach aller naturwissenschaftlicher Manier einem erwerbbaren Wissen
Ja - nach naturwissenschaftlicher Manier stimmt das ja auch. - Es stimmt auch, wenn jemand sagt: "Ich weiß, dass ich sie/ihn liebe". - Innerhalb eines Systems/einer Hermeneutik/eines Modells gibt es immer Wissen.

Christen "wissen" in diesem Sinne auch, dass Jesus göttlich ist - während Atheisten "wissen", dass Jesus NICHT göttlich ist - es kommt aufs Bezugssystem an. - Aber so meine ich es nicht - ich meine es absolut.

Josi hat geschrieben:Es gibt keinen "inner- u.o. außer-naturalistischen" Trallala; entweder trifft existenziell etwas zu, oder halt nicht.
Vorsicht: "Naturalistisch" ist nicht dasselbe wie "existentiell" im ontischen Sinne.

Josi hat geschrieben:Was ich hingegen nicht verstehe, ist, was im Konkreten die Welt für Dich ist und ebenso in welchem Kontext Du den Terminus "Materialismus" gebrauchst.
Die Welt ist das für mich, was ich glaube. - Ich glaube bspw. (wie Descartes), dass naturwissenschaftlich ermittelte Existenz ontisch zutrifft - da wären wir uns also einig. - Aber ich weiß ebenso, dass dies ein "Glaubensentscheid" ist.

Welche Rolle spielt das? - In der weltlichen Alltagspraxis ist es irrelevant - es ist dann relevant, wenn man über Materielles hinausdenkt.

"Materialismus" ist in diesem Sinne gleichbedeutend mit dem Postulat/der Glaubensentscheidung, dass Geist primär ein Produkt der Materie ist. - Das reicht schon - alles andere ergibt sich daraus.

Josi hat geschrieben:Und wozu soll das gut sein?
Das ist DANN für etwas gut, wenn der Mensch spürt, dass er nicht nur ein materiell funktionierendes Wesen ist, sondern geistig aktiviert ist (damit ist NICHT "intellektuell" gemeint). - Wir sind uns einig, dass Letzteres für unser westliches Gesellschaftsbild nicht unbedingt nötig, bisweilen sogar schädlich ist. - Aber davon geht es nicht weg. ;)

Josi hat geschrieben:Lebensfreude, Abenteuer, Befriedigung...
Und was ist mit dem jungen Soldaten, der mit 17 Jahren im Stacheldraht verdurstet? - Gibt es dafür eine materialistische Antwort?

Josi hat geschrieben:Wie wärs mal mit; "aufrichtig werden"?
Das gilt für jeden, da man Unaufrichtiges auf beiden Seiten findet - sowohl bei Glaubigen als auch bei Atheisten/Agnostiker.

Josi hat geschrieben:Placebos sind nicht wirklich notwendig - das sind alles nur Lügen... Verstehst? ;)
ICh verstehe Deine Glaubensaussage - aber Du solltest Dir bewusst sein, dass es eine Glaubensaussage ist.

JackSparrow hat geschrieben:Streng genommen bezeichnet "Wissen" (Kognat mit englisch "vision", lateinisch "videre" und griechisch "hister") etwas, was jemand schonmal gesehen hat. Hast du deine Nase schonmal im Spiegel gesehen?
Zu flach - man kann mit Sprache nicht das manipulieren, was der Fall ist. - Man kann SPrache so anlegen, dass es für Dinge, die der Fall sind/sein könnten, kein Wort mehr gibt - aber es geht davon nicht weg.

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