Alles Teufelszeug? IX

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Münek
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#831 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Mo 21. Mai 2018, 00:26

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Natürlich muss die Forschung auch verstehen, was die Verfasser gemeint haben.
Klar - aber selbst das ist zwiespältig.
Nö. Ganz bestimmt gibt es hier keinen Zwiespalt.

Die Hauptaufgabe der Exegese ist es, die Aussageabsicht, die Intention, die Glaubensvorstellung der Textverfasser für den Leser verständlich zu machen. Zum Wahrheitsgehalt von göttlichen Glaubensvorstellungen äußert sie sich NICHT.
;)

closs hat geschrieben:Denn es ist ein Unterschied, ob man selbst Jesus als göttlich versteht und deshalb Johannes diesbezüglich versteht - oder ob man Jesus nur als Mensch versteht und deshalb Johannes als "Vergotter" versteht.
Tja - hier spricht der Unkundige.

Der Prozess der "Vergottung Jesu" lässt sich anhand den Evangelien - von Markus (ca. 70 n. Chr.) bis Johannes (ca. 100 n. Chr.) historisch sehr gut nachvollziehen. Ich denke, Du interpretierst den Begriff "Vergottungsprozess" falsch oder hast von diesem Prozess schlicht keine Ahnung.


Kauf`Dir endlich ein gutes Exegese-Lehrbuch.

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#832 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Mo 21. Mai 2018, 00:51

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eben, deshalb ist doch die historisch-kritische Methode die Standardauslegung, eben weil man die ältesten Traditionen für die authentischen hält und nicht das, was spätere Generationen sich ausgedacht haben.
Nee - die HKE ist die Grundlagen-Disziplin, weil man damit Sachergebnisse erhält, die für die weitere Auslegung im Sinne von Apg. 8,30 grundlegend sind.
Welche weitere Auslegung? Wer legt was weiter aus?

Also das kann man locker als Blödsinn abhaken. Dein Versuch, Exegese auf die Ermittlung biblischer "Sachergebnisse" zu reduzieren, ist in höchstem Maße albern. Das kommt davon, wenn man sich weigert, ein Exegese-Lehrbuch zur Hand zu nehmen.

Der Begriff EXEGESE bedeutet Interpretation und Auslegung ALLER biblischen Texte. Da geht es nicht nur um "Sachergebnisse".

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#833 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Mo 21. Mai 2018, 01:06

Münek hat geschrieben:Die Hauptaufgabe der Exegese ist es, die Aussageabsicht, die Intention, die Glaubensvorstellung der Textverfasser für den Leser verständlich zu machen.
"Paulus glaubte, dass Teutates drei Ohren hat und gerne Skat spielt" - dagegen ist nichts einzuwenden - das ist eine Sachaussage. - Man kann auch sachlich sagen: "Paulus glaubte zumindest zeitweise, dass Jesus sich in seiner Ankündigung des nahe Himmelreichs getäuscht hatte" - ebenfalls kein Problem. - Aber die HKE kann NICHT im Sinne seines Auftrags, die Aussageabsicht, die Intention, die Glaubensvorstellung der TEXTVERFASSER für den Leser verständlich zu machen, sagen "Jesus HATTE eine Naherwartung, in der er sich irrte". - Das ist pure Interpretation aus HEUTIGER Sicht.

Weiterhin: Welchen Sinn hätten die bultmannschen Postulate/Setzungen, wenn es nur im "die Aussageabsicht, die Intention, die Glaubensvorstellung der Textverfasser" ginge? - Selbige kann man sachlich beschreiben, ohne darüber zu schwadronieren, ob es zeitgemäß sei, mythisch zu denken?

Münek hat geschrieben:Tja - hier spricht der Unkundige.
Nein - hier spricht jemand, der nicht auf Selbsttäuschungen von HKE-Vertretern reinfällt. - Denn der Begriff "Vergottung" induziert doch bereits, dass Jesus vorher NICHT Gott war - was vollkommen offen ist.

Münek hat geschrieben:Der Prozess der "Vergottung Jesu" lässt sich anhand den Evangelien - von Markus (ca. 70 n. Chr.) bis Johannes (ca. 100 n. Chr.) historisch sehr gut nachvollziehen.
Nicht die "Vergottung" lässt sich nachvollziehen, sondern die Interpretation Jesu als göttliche Person. - Das kann wzei Gründe haben:

1) Jesus ist nur Mensch, den man aus welchen Interessen auch immer als göttliche Person stilisieren will - kann sein.
2) Jesus wird erst mit der Zeit nach und nach als das erkannt, was er wirklich war - nämlich göttliche Person.

Im ersten Fall kann man von "Vergottung" sprechen - im zweiten Fall ist es das Erkennen Jesu Göttlichkeit. - Aber nachdem niemand wissenschaftlich wissen kann, ob er nur Mensch oder auch Gott war, ist es NICHT-apriorifreie Interpretation, wenn man von "Vergottung" spricht, sondern ein Produkt HEUTIGER Hermeneutik - also ganz das Gegenteil dessen, was Du oben schreibst: "die Aussageabsicht, die Intention, die Glaubensvorstellung der Textverfasser für den Leser verständlich zu machen".

Münek hat geschrieben:Kauf`Dir endlich ein gutes Exegese-Lehrbuch.
Falsch - das macht erst Sinn, wenn Grundfragen geklärt werden. - Oder denkst Du, dass in einem interessegeleiteten Buch ausgerechnet die Schwächen dieses Interessens-Systems drin stehen? - Du kannst doch nicht erwarten, in einem HKE-Lehrbuch zu erfahren, was die Schwächen der HKE sind.

Ich rudere zurück: Theißen tut es ja sogar in seinem Vorwort - das aber anscheinend überhaupt nicht verstanden wird - also nutzlos. - Ansonsten muss weit darüber hinaus noch einmal klar gestellt werden, dass "Wissenschaft" nicht Wirklichkeit, sondern Modelle zur Wirklichkeit untersucht - bei Rückfragen wende Dich an Anton.

Das heißt: Die Aussage "Jesus hatte nach der HKE-Methodik eine Naherwartung im Sinne des damaligen Volkes" ist ok - aber dann muss man solche Sätze als methodische Ergebnisse verstehen, die überhaupt nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben müssen. - Denn wenn der HKE-Ansatz an dieser Stelle falsch ist, kann er 10 Mal wissenschaftlich sein und ist in der Sache trotzdem falsch.

Insofern ist die Verwechslung von "historisch-methodisch" und "historisch-wirklich" fatal - wird aber gerne gepflegt, um damit den dummen Satz "Wissenschaftliches Ergebnis = so war es" aufrechterhalten zu können". - Kurzum und im Ganzen: FALLS die Kerygmatik den richtigen Ansatz hat (was wir nicht wissen), ist ihr erschlossener Jesus näher am wirklichen Jesus von vor 2000 Jahren als der historisch-kritisch ermittelte Jesus. - Das eine ist Methodik/MOdell - das andere ist Wirklichkeit.

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#834 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Mo 21. Mai 2018, 01:27

Münek hat geschrieben:Der Begriff EXEGESE bedeutet Interpretation und Auslegung ALLER biblischen Texte.
Aber doch im Sinne und im Horizont der Verfasser, nicht wahr? - In DIESEM Sinn wird das sehr im Großen und Ganzen in der Theologie akzeptiert.

Aber die Fundamentaltheologen/Kerygmatiker/und was sonst noch machen doch davon nicht abhängig, was JESUS gedacht und gemeint hat: "Aha - Jesus hat sich also geirrt - hm, da müssen wir jetzt umschreiben". ;) - Im Gegenteil untersuchen sie, was Jesus im Gesamt-Kontext unter der Prämisse gedacht und gemeint hat, dass er göttlich ist - was man ja nicht wissenschaftlich untersuchen kann, deshalb "PRämisse".

Nun wirst Du einwenden, dass die HKE keine Prämissen habe, was schlicht falsch ist. - Auch sie kann nicht wissenschaftlich untersuchen, ob bei den Bibeltexten die Regel "je älter die Quelle, desto authentischer zu dem, was Jesus gemeint hat" richtig ist - das setzt man einfach. - Auch ein naturalistisches Verständnis setzt man ("Naja - die Leute damals waren nicht aufgeklärt und haben deshalb Mythen für bare Münze genommen - aber das wissen wir jetzt besser" - auch eine Setzung.

Münek hat geschrieben:Wer legt was weiter aus?
Die HKM-"Sachergebnisse" sowie "Was haben die Verfasser nach unserer Methodik gemeint?" ist Grundlage für den größeren theologischen Kontext im Sinne von Apg. 8,30.

Denn Apg 8,30 bedeutet etwas anderes als "Exegese" - dazu H. SChönemann:
" Sicher ist er <der 'Schüler'> ein Ge­bildeter, ein Belesener; so hat er sich wohl auch in Jerusalem das Buch des Propheten Jesaja gekauft, um in dieser Weisheit der Weisheit seines Lebens auf die Spur zu kommen. Jetzt aber ist er auf der Rückkehr. Er hat in Jerusalem offenbar nicht gefunden, was er gesucht hat. ... Das Gespräch, das sich in der Folge zwischen den beiden „Weggefährten“ entwickelt, wird sprachlich von der Ähnlichkeit der beiden griechischen Begriffe lesen (anaginoskein) und verstehen (ginoskein) gestaltet. Offenbar gibt es die Erfahrung eines Lesens ohne wirkliches Verständnis. ... Es braucht offenbar jemanden, der anleitet (v31), aber nicht als Fachmann oder Exeget für das „richtige“ Verständnis, sondern im Sinne eines, der den Weg weist, so die wörtli­che Übersetzung aus dem Griechischen (hodegasei").

Dieses "hodegasei" ist ein Schritt über ein "apriorifreies" Exegieren hinaus - im Sinne von: "Wir stellen nicht nur wissenschaftlich sauber dar, was der Textverfasser meint, sondern wir können es innerlich nachvollziehen".

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#835 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Mo 21. Mai 2018, 03:14

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Hauptaufgabe der Exegese ist es, die Aussageabsicht, die Intention, die Glaubensvorstellung der Textverfasser für den Leser verständlich zu machen.
"Paulus glaubte, dass Teutates drei Ohren hat und gerne Skat spielt" - dagegen ist nichts einzuwenden - das ist eine Sachaussage.
Das wäre bei näherem Betrachten keine Sach-, sondern eine Glaubensaussage.

closs hat geschrieben:Man kann auch sachlich sagen: "Paulus glaubte zumindest zeitweise, dass Jesus sich in seiner Ankündigung des nahe Himmelreichs getäuscht hatte" - ebenfalls kein Problem.
Moment - eine solche Aussage zu machen, wäre Paulus NIE im Traum eingefallen. Wie kommst Du denn auf solchen Unsinn?

closs hat geschrieben:Aber die HKE kann NICHT im Sinne seines Auftrags, die Aussageabsicht, die Intention, die Glaubensvorstellung der TEXTVERFASSER für den Leser verständlich zu machen, sagen "Jesus HATTE eine Naherwartung, in der er sich irrte".
Richtig - keiner der Verfasser der neutestamentlichen Schriften behauptet, Jesus hätte sich in seiner Naherwartung geirrt.

Zur Aufgabe der Exegeten gehört es aber auch, Historisches so gut wie möglich festzustellen und Unhistorisches auszusortieren. Das sollte man nie vergessen. Es ist klar, dass es einem Dogmatiker wie Ratzinger nicht passt, wenn u.v. die Geburtsgeschichten oder die Erscheinungen des "Auferstandenen" als unhistorische Legenden festgestellt werden.

closs hat geschrieben:Weiterhin: Welchen Sinn hätten die bultmannschen Postulate/Setzungen, wenn es nur im "die Aussageabsicht, die Intention, die Glaubensvorstellung der Textverfasser" ginge? - Selbige kann man sachlich beschreiben, ohne darüber zu schwadronieren, ob es zeitgemäß sei, mythisch zu denken?
Der Großtheologe Bultmann ist NICHT die HKM. Seine vor fast 100 Jahren geäußerte Auffassung, dass Gott - an den er glaubte - auf Erden nicht mit Wundern agiert, war halt seine persönliche Meinung.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Tja - hier spricht der Unkundige.
Nein - hier spricht jemand, der nicht auf Selbsttäuschungen von HKE-Vertretern reinfällt. - Denn der Begriff "Vergottung" induziert doch bereits, dass Jesus vorher NICHT Gott war - was vollkommen offen ist.
Ich wiederhole mich: Hier spricht der Unkundige.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Prozess der "Vergottung Jesu" lässt sich anhand den Evangelien - von Markus (ca. 70 n. Chr.) bis Johannes (ca. 100 n. Chr.) historisch sehr gut nachvollziehen.
Nicht die "Vergottung" lässt sich nachvollziehen, sondern die Interpretation Jesu als göttliche Person.
Nein - der Prozess der Vergottung Jesu lässt sich vom ältesten bis zu jüngsten Evangelium sehr genau nachvollziehen. Da müsstest Du Dich mal schlau machen. Eigendefinitionen des Begriffs "Vergottung" bringen nichts.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Kauf`Dir endlich ein gutes Exegese-Lehrbuch.
Falsch - das macht erst Sinn, wenn Grundfragen geklärt werden. - Oder denkst Du, dass in einem interessegeleiteten Buch ausgerechnet die Schwächen dieses Interessens-Systems drin stehen? - Du kannst doch nicht erwarten, in einem HKE-Lehrbuch zu erfahren, was die Schwächen der HKE sind.
Die Stärken und Schwächen der historisch-kritische Exegese kannst Du nur dann herausfinden, wenn Du Dich mit den Methoden dieser Standardauslegung vertraut machst - ohne Fachlektüre geht das aber nicht. Ein Exegese-Lehrbuch genügt.

closs hat geschrieben:Ich rudere zurück: Theißen tut es ja sogar in seinem Vorwort
Eben - aber der Theologe Theißen sagt auch klipp und klar, dass Jesus noch innerhalb seiner Generation mit dem Ende dieses Äons gerechnet hat. Das steht für Theißen fest.

closs hat geschrieben:das aber anscheinend überhaupt nicht verstanden wird - also nutzlos.
Es mag sein, dass Du Theißens Aussage aus glaubens-apologetischen Gründen nicht verstehen WILLST. Ich meine, ihn genau verstanden zu haben. Sven auch!

closs hat geschrieben:Ansonsten muss weit darüber hinaus noch einmal klar gestellt werden, dass "Wissenschaft" nicht Wirklichkeit, sondern Modelle zur Wirklichkeit untersucht.
Nö - das Grönlandeis ist kein Modell, wenn Wissenschaftler dort vor Ort Eisbohrkerne zutage fördern... ;)

closs hat geschrieben:Das heißt: Die Aussage "Jesus hatte nach der HKE-Methodik eine Naherwartung im Sinne des damaligen Volkes" ist ok
Ich denke nicht, dass Jesus eine andere Vorstellung von der nahe bevorstehenden Gottesherrschaft hatte als seine Landsleute. Wäre es anders gewesen, hätte Jesus das seinen Zeitgenossen gewiss nicht vorenthalten. Er wollte schließlich kein mystisch-esoterisches Bla-bla absondern, sondern mit seiner Verkündigung verstanden werden.

closs hat geschrieben:aber dann muss man solche Sätze als methodische Ergebnisse verstehen,
Bestreitet ja auch niemand. Das Ding nennt sich: Historisch-kritische METHODE. Die Betonung liegt auf METHODE. :angel:

closs hat geschrieben:die überhaupt nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben müssen. - Denn wenn der HKE-Ansatz an dieser Stelle falsch ist, kann er 10 Mal wissenschaftlich sein und ist in der Sache trotzdem falsch.
Gewiss - aber eher äußerst unwahrscheinlich.

closs hat geschrieben:Insofern ist die Verwechslung von "historisch-methodisch" und "historisch-wirklich" fatal.
Den Verwechslern sollte man auf die Finger klopfen. Die HKM selbst verwechselt da nichts.

closs hat geschrieben:wird aber gerne gepflegt, um damit den dummen Satz "Wissenschaftliches Ergebnis = so war es" aufrechterhalten zu können".
Diese Menschen soll es geben.

closs hat geschrieben:Kurzum und im Ganzen: FALLS die Kerygmatik den richtigen Ansatz hat (was wir nicht wissen), ist ihr erschlossener Jesus näher am wirklichen Jesus von vor 2000 Jahren als der historisch-kritisch ermittelte Jesus.
Gewiss - und FALLS nicht, dann NICHT.

closs hat geschrieben:Das eine ist Methodik/MOdell - das andere ist Wirklichkeit.
Tjo - und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie auch noch heute... ;)

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#836 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Mo 21. Mai 2018, 03:22

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Begriff EXEGESE bedeutet Interpretation und Auslegung ALLER biblischen Texte.
Aber doch im Sinne und im Horizont der Verfasser, nicht wahr?
Bingo. :clap:

Bei der sachgerechten Interpretation biblischer Texte geht es IMMER nur um den Wortsinn, um die Aussageabsicht, die Intention und die Theo-
logie des Textverfassers, aber NIE um den persönlichen Glauben des auslegenden Exegeten. Sonst tanzt man auf dem dünnen Eis der EISEGESE.

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sven23
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#837 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Mo 21. Mai 2018, 07:29

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Es geht um die ursprüngliche Verfasserintention.
Klar tut es das - aber es KANN nicht gelingen, wenn es um Denkweisen geht, die man selber nolensvolens vorher qualifiziert. - Einfaches Beispiel: Wer selber an Wunder glaubt, wird dazu neigen, eine diesbezügliche Verfasserintention anders zu bewerten als jemand, der die Verfasser unter naturalistischen Gesichtspunkten interpretiert.
Genau aus diesem Grund ist ein Methodenapparat entwickelt worden, um solche persönlichen Vorlieben zu eleminieren. Aber das hast du bei den Doppelblindstudien auch nie verstanden. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Bultmann verweist auf die unterschiedlichen Weltbilder: dort das antike mythische Weltbild, in der Wunderglauben etwas "normales" war und das heutige Weltbild, in dem Wunder nun mal nicht an der Tagesordnung sind.
Richtig - aber das kann doch dazu führen, dass man einen wundergläubigen Textverfasser anders interpretiert als er es selbst gesehen hat. - Es ist ein Unterschied, ob jemand als "zeitgemäßer Wundergläubiger wider die Aufklärung" verstanden wird oder als jemand, der die Wahrheit sagt.
Die Forschung sieht Jesus vor allem als Heiler und Exorzisten. Die späteren Wunderberichte müssen im Kontext des myhtischen antiken Weltbildes und der damalingen allgmeinen Wundergläubigkeit gesehen werden. Das ist - wie Theißen sagt - zum hermeneutischen Verständnis der Texte unabdingbar.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ist aber so.
Nein - es "IST" nicht so, sondern es ist im historisch-kritischen Verständnis so. - Und dass man dann innerhalb der HKE Konsens erzielen kann, ist ja möglich - aber dieser Konsens bezieht sich doch nicht auf die Wirklichkeit, sondern auf deren Modell.
Das aber eine gute Chance hat, näher an der historischen "Wirklichkeit" zu sein, als alle Glaubensbekenntnisse zusammen genommen.

closs hat geschrieben: Das Christentum ist naturalistisch nicht widerlegbar, weil es geistig und eben nicht naturalistisch denkt.
Warum? Die goldene Regel, Feindes- und Nächstenliebe beziehen sich auf die naturalistische Welt.
Wenn du mit "geistig" das meinst, was Paulus sich zusammengeschustert hat, dann ist das meist nicht widerlegbar, aber doch kritisch zu hinterfragen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Bundesligatabelle natürlich.
Die Bundesliga-Tabelle zeigt, wer in EINEM Spiel die Nase vorn hat
Eben, damit ist deine Behauptung, Schalke sei besser als Bayern, widerlegt. Die Tabelle hat immer Recht. :lol:

closs hat geschrieben: - eines dieser Spiele ist die HKE. - Das sind betriebsinterne Tabellen. - Es gibt keine Tabellen, in denen sowohl HKE-ler als auch Kerygmatiker auftauchen -
Das wäre wieder das alte Thema: Wissenschaft vs. Glaubensideologie

closs hat geschrieben: oder kennst Du sowas: Gemischte Basketball- und Schach-Tabelle. :lol:
Es gibt die Kombi Boxen und Schach. Vielleicht wäre das was für dich. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch das läßt sich wissenschaftlich untersuchen.
In der Naturwissenschaft geht das weitgehend per experimentelle Prüfung. - Bei der HKE geht dies weitestgehend NICHT.
Deshalb gibt es die historisch-kritische Methode.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: apriorifrei bedeutet, dass die HKM keine Glaubensbekenntnisse benötigt.
Doch - auch das kritisch-rationale resp. naturalistische Weltbild ist ein Glaubensbekenntnis. - Dir fällt diese Erkenntnis deshalb schwer, weil Du in einer kritisch-rationalen resp. naturalistischen Welt aufgewachsen bist und meinst, dies sei "normal".
Es ist normal, deshalb werden die biblischen Texte behandelt wie alle anderen antiken Texte. Es gibt keine Sonderbehandlung für clossens Lieblingsreligion.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mit großer Wahrscheinlichkeit schon.
"Wahrscheinlich" in Bezug auf Dein Modell - sonst nichts.
Nein, wahrscheinlich in Bezug, auf das, was der Fall war.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Welche anderen "Forschungsdisziplinen" sollen das sein?
Alle anderen Exegesen außer HKE, Kerygmatik, etc.
Closs will uns allen Ernstes die Kanonik als "Forschungsdisziplin" verkaufen, die auf solche Glaubensbekenntnisse angewiesen ist. :shock:

Die inspirierten Bücher lehren die Wahrheit. ,,Da also all das, was die inspirierten Verfasser oder Hagiographen aussagen, als vom Heiligen Geist ausgesagt gelten muß, ist von den Büchern der Schrift zu bekennen, daß sie sicher, getreu und ohne Irrtum die Wahrheit lehren, die Gott um unseres Heiles willen in heiligen Schriften aufgezeichnet haben wollte"
Katechismus der katholischen Kirche

Du bestreitest immer, dass es dir um den wissenschaftlichen TÜV-Stempel für deine Glaubensideologie geht. Dabei willst du uns in jedem 2. Satz Glaubensbekenntnisse als Basis für wissenschaftliche und historische Forschung verkaufen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ratzinger wußte doch längst, zu welchen Ergebnissen die Forschung gekommen ist. Warum lobt er sie dann noch vordergründig?
Er lobt DEN Teil, den er haben will - diesen Teil nennt er "apriorifrei".
Du redest wie der Blinde von der Farbe, ohne den Text je gelesen zu haben.

Die Interpretation der Bibel in der Kirche, Dokument der Päpstlichen Bibelkommission von Johannes Paul II., 1993, die damals von Kardinal Ratzinger präsidiert wurde. Diese von Ratzinger initiierte, konzipierte und mitverfasste Studie bezeichnet die eigentliche, pure (Apriori freie) historisch-kritische Methode als erforderliches wissenschaftliches Instrument für ein echtes Bibelverständnis: „Die historisch-kritische Methode ist die unerläßliche Methode für die wissenschaftliche Erforschung des Sinnes alter Texte. Da die Heilige Schrift, als «Wort Gottes in menschlicher Sprache», in all ihren Teilen und Quellen von menschlichen Autoren verfasst wurde, lässt ihr echtes Verständnis diese Methode nicht nur als legitim zu, sondern es erfordert auch ihre Anwendung.“ […] „Wenn diese Methode auf objektive Weise angewendet wird, schließt sie kein Apriori in sich. Wenn solche Apriori ihre Anwendung bestimmen, so kommt dies nicht von der Methode her, sondern von hermeneutischen Optionen, die die Auslegung bestimmen und tendenziös sein können.“
Quelle: Wikipedia

closs hat geschrieben: - Ratzinger wollte gute Stimmung machen und integrieren.
Das ging in die Hose. Entweder ist man Wissenschaftler oder Glaubensdogmatiker. Beides zusammen geht. nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Kunst des Übersetzers besteht doch darin, die Intention des Verfassers in eine verständliche Sprache zu transformieren, ohne den Sinn zu entstellen.
Und das tut Buber allen Anschein nach sehr gut - er wird dementsprechend beschrieben, und ich selbst kann es merken. Aber das setzt, wie gesagt, vertiefte Beschäftigung voraus.
Ja eben, allem Anschein nach. Du kannst es selber nicht prüfen, bist also genau so auf "Nachplappern" angewiesen, was du ja anderen vorwirfst.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dein Lieblingsgott muss sich auch einreihen in die Liste aller je erfundenen Götter.
Dein Satz macht eventuell Sinn, wenn Du von "Gottes-Vorstellungen" spricht. - Natürlich "erfindet" eine Zeit ihre Vorstellungen - aber doch nicht das, was dahinter ist.
Schon mal daran gedacht, dass möglicherweise gar nichts "dahinter" steckt?
Wenn die Erde dereinst von der Sonne aufgeschmolzen oder gar verdampft wird, dann werden auch alle Götter, bzw. Gottesvorstellungen verschwinden, als wenn es sie nie gegeben hätte.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die HKM ist nicht erst 1993 erfunden worden.
Ähm - richtig. - Aber 1993 war das Jahr, in dem sich der Vatikan dazu "mit Zuckerbrot" geäußert hat.
Warum hat er Kreide gefressen? Die ernüchternden Ergebnisse lagen doch schon lange auf dem Tisch.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#838 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Mo 21. Mai 2018, 09:46

Münek hat geschrieben:Das wäre bei näherem Betrachten keine Sach-, sondern eine Glaubensaussage.
Moment: Wenn Paulus seinen Glauben beschreiben würde und dies wissenschaftlich festgestellt werden würde, wäre es eine wissenschaftliche Sachaussage: "Wir stellen fest, dass Paulus glaubt, dass ...".

Münek hat geschrieben:eine solche Aussage zu machen, wäre Paulus NIE im Traum eingefallen. Wie kommst Du denn auf solchen Unsinn?
Bitte hinhören. - Wenn Paulus sich wundert, dass das Kommen des Gottesreiches irdisch spürbar noch nicht da ist, ist es eine Sacheaussage, wenn die Wissenschaft dies feststellt.

Münek hat geschrieben:keiner der Verfasser der neutestamentlichen Schriften behauptet, Jesus hätte sich in seiner Naherwartung geirrt.
Aber die HKE tut es.

Münek hat geschrieben: Es ist klar, dass es einem Dogmatiker wie Ratzinger nicht passt, wenn u.v. die Geburtsgeschichten oder die Erscheinungen des "Auferstandenen" als unhistorische Legenden festgestellt werden.
Es ist eine interpretative Aussage (also nicht apriorifrei), wenn die HKE darauf besteht, dass diese Erscheinungen nicht wirklich stattgefunden hätten. - Man kann sagen, dass sie nach methodischen Vorgaben nicht stattgefunden haben - das geht.

Münek hat geschrieben:Ich wiederhole mich: Hier spricht der Unkundige.
Du und Sven haben Eines gemeinsam: Ihr projeziert die Mängel Eures Denkens auf andere - der Andere sei es dann, der unkundig, unsinnig, laienhaft oder sonstwas sei. - Wenn ich es umgekehrt genauso machen würde, wären meine Posts doppelt so lang.

Erneut meine Aussage:
Closs hat geschrieben:der Begriff "Vergottung" induziert doch bereits, dass Jesus vorher NICHT Gott war - was vollkommen offen ist.
Mit Bitte um sachlicher Replik.

Münek hat geschrieben:der Prozess der Vergottung Jesu lässt sich vom ältesten bis zu jüngsten Evangelium sehr genau nachvollziehen.
Ich weiß, was Du meinst - aber erneut: "Vergottung" bedeutet, dass er vorher nicht Gott gewesen sein kann. - Genau das ist aber eine Prämisse/VOrannahme.

Münek hat geschrieben:Die Stärken und Schwächen der historisch-kritische Exegese kannst Du nur dann herausfinden, wenn Du Dich mit den Methoden dieser Standardauslegung vertraut machst
Die Grundlagen sind mir doch klar - die Details kenne ich NICHT (Du wahrscheinlich ebenfalls nicht), weil das ein ganzes Studium benötigen würde, das ich nicht habe. - Du wirst deshalb nicht erleben, dass ich Feinheiten innerhalb der HKE kritisiere - es geht hier um etwas anderes: Grundlagen.

Münek hat geschrieben:der Theologe Theißen sagt auch klipp und klar, dass Jesus noch innerhalb seiner Generation mit dem Ende dieses Äons gerechnet hat.
Richtig - im Sinne seines Modells - also als Schlussfolgerung aus seinen methodischen Ergebnissen (siehe Vorwort). - Aber in der Tat würde ich Theißen kritisieren, wenn er die Inhalte dieses Vorworts nicht regelmäßig im Buch wiederholt - konkret: "Nach unseren methodischen Vorgaben rechnete Jesus mit ...".

Münek hat geschrieben:Es mag sein, dass Du Theißens Aussage aus glaubens-apologetischen Gründen nicht verstehen WILLST.
Das hat damit nichts zu tun - es geht hier um Wissenschafts-Disziplin.

Münek hat geschrieben:das Grönlandeis ist kein Modell, wenn Wissenschaftler dort vor Ort Eisbohrkerne zutage fördern...
Ein Bohrkern ist kein Modell - "Bohrkern" ist eher die Grundlage einer experimentellen Überprüfung von Modell-Aussagen. - Solche "Bohrkerne" gibt es in der HKE so gut wie nicht, sieht man von archäologischen Funden und physikalischen/chemischen Überprüfungen von Quellen-Funden ab.

Münek hat geschrieben:Ich denke nicht, dass Jesus eine andere Vorstellung von der nahe bevorstehenden Gottesherrschaft hatte als seine Landsleute.
Aus anderer Sicht besteht gerade darin der Gag, dass Jesus anders dachte als das Volk. - Aber jetzt sind wir am Punkt: Wenn man natürlich Jesus nur als Wanderprediger versteht, der KEINE geistigen Paradigmen-Wechsel gebracht hat, haut die HKE hin - aber eben diese Vorannahme hat die Theologie NICHT - sie hat eine andere Vorannahme.

Münek hat geschrieben: Die Betonung liegt auf METHODE.
Richtig - und deren Einhaltung ist wichtiger als das Ergebnis. - Das ist ganz normal in der Wissenschaft. - Aber das heißt doch nicht, dass diese Methode notwendigerweise zur Wirklichkeit hinführt - sie kann auch davon wegführen.

Münek hat geschrieben:Den Verwechslern sollte man auf die Finger klopfen. Die HKM selbst verwechselt da nichts.
Das denke ich jenseits des Öffentlichkeits-Getöses auch - insofern kann man Theißen zugute halten, dass er sich mit seinem Buch an ein Fachpublikum richtet, das dies wissen müsste.

Münek hat geschrieben:Gewiss - und FALLS nicht, dann NICHT.
Genau so - aber das ist wissenschaftlich nicht ermittelbar, weil es keine experimentelle Überprüfung von dem gibt, was Jesus gedacht hat.

Münek hat geschrieben:Bei der sachgerechten Interpretation biblischer Texte geht es IMMER nur um den Wortsinn, um die Aussageabsicht, die Intention und die Theologie des Textverfassers, aber NIE um den persönlichen Glauben des auslegenden Exegeten.
Darauf müsste man schließen, dass der Satz "Jesus HATTE eine Naherwartung (in Deinem Verständnis)" nicht sachgerecht ist.

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#839 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Mo 21. Mai 2018, 10:19

sven23 hat geschrieben:Genau aus diesem Grund ist ein Methodenapparat entwickelt worden, um solche persönlichen Vorlieben zu eleminieren.
Wer Beobachtungen in SEINEM Verständnis interpretiert, handelt nach Vorlieben - das ist doch gerade der Punkt, weshalb ich zwischen "sachlich" und "interpretativ" unterscheide.

sven23 hat geschrieben:Aber das hast du bei den Doppelblindstudien auch nie verstanden.
Und da sieht man wieder mal, dass Du "Methodik" und "experimentelle Überprüfung" vermanschst. - Davon abgesehen, dass sogar eine experimentelle Überprüfung im Sinne einer Methodik konstruiert ist - also sogar zwei Ebenen, auf denen man sich vertun kann. - Aber nein: Du verstehst es nicht und spiegelst es routiniert aufs Gegenüber.

sven23 hat geschrieben: Die späteren Wunderberichte müssen im Kontext des myhtischen antiken Weltbildes und der damalingen allgmeinen Wundergläubigkeit gesehen werden.
Kann man ja. - Wenn man es tut, kommt raus: "Jesus lebte in einer ZEit, als es soche Phänomene gab". - Aber es heißt doch nicht, dass Jesus deshalb nur ein "Heiler und Exorzist" war - er kann genauso gut göttlich gewesen sein.

sven23 hat geschrieben:Das aber eine gute Chance hat, näher an der historischen "Wirklichkeit" zu sein, als alle Glaubensbekenntnisse zusammen genommen.
Das wissen wir nicht - das hängt davon ab, welche Vorannahmen die richtigen sind - und diese sind leider nicht falsifizierbar.

sven23 hat geschrieben:Die goldene Regel, Feindes- und Nächstenliebe beziehen sich auf die naturalistische Welt.
Ähm - ja. --- Natürlich bezieht sich das Christentum auf die Welt - aber seine Grundlagen sind - nach Einschätzung vieler - nicht von dieser Welt.

sven23 hat geschrieben:Eben, damit ist deine Behauptung, Schalke sei besser als Bayern, widerlegt. Die Tabelle hat immer Recht.
:?: - Meine Behauptung ist, dass Kasparow/Schach und Lewandowski/Bayern nicht in EINE Tabelle gehören.

sven23 hat geschrieben:Deshalb gibt es die historisch-kritische Methode.
Wieso "deshalb"? - Eine Methodik ersetzt doch nicht eine experimenelle Überprüfung ihrer selbst. :shock:

sven23 hat geschrieben:Es ist normal, deshalb werden die biblischen Texte behandelt wie alle anderen antiken Texte.
Nach Deiner Definition ist dieser Satz eine lupenreine Zirkelreferenz.

sven23 hat geschrieben:Nein, wahrscheinlich in Bezug, auf das, was der Fall war.
Das ist wissenschaftlich undiszipliniert formuliert.

sven23 hat geschrieben:Closs will uns allen Ernstes die Kanonik als "Forschungsdisziplin" verkaufen
Wenn man "Wissenschaft" als das definiert, das auf Basis von Vorannahmen Fragestellungen methodisch unf systematisch untersucht, dann ist Deine Beobachtung richtig.

sven23 hat geschrieben:Du bestreitest immer, dass es dir um den wissenschaftlichen TÜV-Stempel für deine Glaubensideologie geht
Davon abgesehen, dass ich keine Glaubensideologie habe, geht es um etwas viel Grundlegenderes:

1) "Wissenschaft" ist das, was ich (und andere sowieso) darunter verstehe: "Das, was auf Basis von Vorannahmen Fragestellungen methodisch unf systematisch untersucht". - Dann ist kanonische Exegese selbstverständlich "Wissenschaft".

2) "Wissenschaft" ist das, was auf naturalistischen Prämissen beruht (das, was Du als "normal" bezeichnest). - Dann ist Wissenschaft nur peripher zum Bibel-Verständnis einsetzbar.

Es wäre schade, wenn sich 2) durchsetzen würde (tut es übrigens NICHT!), weil damit der Wissenschaft ganze Sparten abbrechen würden. - Das ist der Hintergrund meines Insistierens.

sven23 hat geschrieben:Du redest wie der Blinde von der Farbe, ohne den Text je gelesen zu haben.
Wieder mal typisch - Du spiegelst Dein Unverständnis aufs Gegenüber - konkret:

Der von Dir zitierte Text ist voll in Ordnung - da steht alles drin, was ich hier ständig aufführe, nur dass Du es nicht verstehst:

Zitat sven23 hat geschrieben:„Die historisch-kritische Methode ist die unerläßliche MethodeFÜR die wissenschaftliche Erforschung des Sinnes alter Texte".
Man sollte also ohne Vorschaltung der HKM keine Verständnisaussagen machen - also ohne diese Sachebene keine hermeneutisch-interpretativen Aussagen machen.

Zitat sven23 hat geschrieben:WENN diese Methode auf objektive Weise angewendet wird, schließt sie kein Apriori in sich".
Aber nur DANN. - Ratzinger sagt nicht "HKM = objektiv", sondern WENN die HKM objektiv angewendet wird, DANN schließt sie kein Apriori in sich.

Zitat sven23 hat geschrieben:"WENN solche Apriori ihre Anwendung bestimmen, so kommt dies nicht von der Methode her, sondern von hermeneutischen Optionen, die die Auslegung bestimmen und tendenziös sein können.“
Eben - da steht es doch nochmals: Sobald die HKM apriorisch wird (was Du als "normal" bezeichnest), wird sie hermeneutisch.

Ich hatte diesen Absatz tatsächlich nicht mehr im Kopf - aber hier sagt Ratzinger überdeutlich exakt das, wie ich ihn ständig Euch gegenüber interpretiere.

sven23 hat geschrieben: Entweder ist man Wissenschaftler oder Glaubensdogmatiker. Beides zusammen geht. nicht.
Neutral gesehen hast Du recht. :lol: - Aber vielleicht ist wenigstens bei Dir hängengeblieben, dass Ratzinger unterscheidet zwischen "WENN HKM apriorifrei, dann gut - wenn nicht, dann nicht".

sven23 hat geschrieben:Du kannst es selber nicht prüfen, bist also genau so auf "Nachplappern" angewiesen
So gesehen sind sogar die meisten Wissenschaftler Nachplapperer. - Du versuchst einmal mehr, vertiefte Beschäftigung zu vereiteln, indem Du theoretische Kritik übst, die jedem Betroffenen fremd sind. - Besser wäre, Du setzt Dich hin und liest die Texte und machst Dir ein vertieftes eigenes Bild - vertieftes Bild geht aber nur bei intensiver Lektüre - mit Zitaten ist es da nicht getan.

sven23 hat geschrieben:Schon mal daran gedacht, dass möglicherweise gar nichts "dahinter" steckt?
Natürlich - es KANN sein, dass die weltanschaulichen Vorannahmen des Naturalismus richtig sind. - Aber dies ist nicht innerhalb des Naturalismus ermittelbar. - Deshalb bleibt am Ende immer nur Glaube übrig - der Spirituelle erklärt, warum sein Glaube plausibel ist - der Naturalist erklärt, warum sein Glaube plausibel ist.

sven23 hat geschrieben:Wenn die Erde dereinst von der Sonne aufgeschmolzen oder gar verdampft wird, dann werden auch alle Götter, bzw. Gottesvorstellungen verschwinden, als wenn es sie nie gegeben hätte.
Klar - wenn keiner mehr irdisch vorhanden ist, gibt es dort auch keine Vorstellungen mehr. - Die spannende Frage wird sein, ob es Gott als Entität gibt - denn selbigen gibt es auch dann, "wenn die Erde dereinst von der Sonne aufgeschmolzen oder gar verdampft wird".

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#840 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Mo 21. Mai 2018, 10:54

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich wiederhole mich: Hier spricht der Unkundige.
Du und Sven haben Eines gemeinsam: Ihr projeziert die Mängel Eures Denkens auf andere - der Andere sei es dann, der unkundig, unsinnig, laienhaft oder sonstwas sei. - Wenn ich es umgekehrt genauso machen würde, wären meine Posts doppelt so lang.
Dann müßtest du aber lügen. Du könntest dich dann an Paulus orientieren, dass die Lüge einem höheren Ziel dient. :lol:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Stärken und Schwächen der historisch-kritische Exegese kannst Du nur dann herausfinden, wenn Du Dich mit den Methoden dieser Standardauslegung vertraut machst
Die Grundlagen sind mir doch klar - die Details kenne ich NICHT (Du wahrscheinlich ebenfalls nicht), weil das ein ganzes Studium benötigen würde, das ich nicht habe. - Du wirst deshalb nicht erleben, dass ich Feinheiten innerhalb der HKE kritisiere - es geht hier um etwas anderes: Grundlagen.
Eben, und da hapert es bei dir gewaltig. :roll:
Sowohl was die historisch-kritische Forschung betrifft als auch was die offizielle Lehrmeinung der RKK betrifft. Aus dem Grund bist du darauf angewiesen, dir deinen eigenes Glaubensgerüst zusammen zu basteln und wunderst dich, dass du damit überall aneckst.
Außerdem hast du immer noch Schwierigkeiten, Texte zu verstehen.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich denke nicht, dass Jesus eine andere Vorstellung von der nahe bevorstehenden Gottesherrschaft hatte als seine Landsleute.
Aus anderer Sicht besteht gerade darin der Gag, dass Jesus anders dachte als das Volk. - Aber jetzt sind wir am Punkt: Wenn man natürlich Jesus nur als Wanderprediger versteht, der KEINE geistigen Paradigmen-Wechsel gebracht hat, haut die HKE hin - aber eben diese Vorannahme hat die Theologie NICHT - sie hat eine andere Vorannahme.
Der Unterschied zu anderen jüdischen Apokalyptikern bestand darin, dass Jesus die Gottesherrschaft als so unmittelbar bevorstehend angesehen hat, dass er persönliche Daseinsvorsorge nicht mehr als vordringlich betrachete.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Bei der sachgerechten Interpretation biblischer Texte geht es IMMER nur um den Wortsinn, um die Aussageabsicht, die Intention und die Theologie des Textverfassers, aber NIE um den persönlichen Glauben des auslegenden Exegeten.
Darauf müsste man schließen, dass der Satz "Jesus HATTE eine Naherwartung (in Deinem Verständnis)" nicht sachgerecht ist.
Und dann beschwerst du dich, wenn man dich als Laien bezeichnet. :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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