Alles Teufelszeug? IX

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sven23
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#811 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Sa 19. Mai 2018, 10:38

closs hat geschrieben: 2) Das, was wir "Welt" nennen, ist die Übertragung in den dialektischen Raum ("(Sünden-) Fall") - also der Ort, an dem Entwicklung möglich sein soll, die ihren Abschluss finden soll (= "Sterblichkeit"/"Tod"). - Insofern ist das, was wir "Evolution"/"Geschichte" nennen eine Offenbarungs-Ebene, eine Gleichnis-Ebene. - Ohne die Notwendigkeit der Heilsgeschichte gäbe es keine Geschichte/biologisch Evolution.
Das ist eine reine Glaubensaussage, um nicht zu sagen: eine reine glaubensideologische Aussage, die weder belegbar noch plausibel begründbar ist.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
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#812 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Sa 19. Mai 2018, 12:37

sven23 hat geschrieben: der historischen Jesusforschung, die auch von Theologen betrieben wird.
Richtig - als Grundlagen-Forschung, aber nicht als Forschung im Sinne von Apg.8,30.

sven23 hat geschrieben:Kanoniker forschen nicht, sondern suchen die zirkelreferente Bestätigung ihrer eigenen Glaubensbekenntnisse
Wie oft denn noch: Das tut eine HKE mit Bultmannschen Vorannahmen genauso. - Das ist NICHT zirkelreferent in der gängigen BEdeutung.

sven23 hat geschrieben: Die Physik funktioniert auch ohne diese Zusatzannahmen.
Im wesentlichen korrekt - deshalb ist die ET voll anerkannt.

sven23 hat geschrieben:Ich vergleiche nicht, sondern beschreibe die historische Vergangenheit.
Die historisch-methodischen ERgebnisse beschreibst Du.

sven23 hat geschrieben:Häh, die Genesis ist eine Zukunftsvision?
Freilich: Guckst Du "Baum des Lebens".

sven23 hat geschrieben:Es gab die Schöpfung schon vor dem Urknall?
Es gab Gott und der Schöpfung in sich bereits vor dem, was wir "Urknall" nennen.

sven23 hat geschrieben:Wenn es nur unbedeutende Punkte wären, gäbe es keinen Grund, sich in 42000 Konfessionen zu zersplittern.
Das ist leider nicht richtig - es gibt viele recht ähnliche Denominationen.

sven23 hat geschrieben:Genau deshalb hatten die griechischen Philosophen so ihre Probleme mit den paulinischen Wundermärchen.
Viele kamen über ihr eigenes Bild nicht hinaus. - Aber das ist kein Grund für Bashing - die griechischen Philosophen haben sehr viel geleistet.

sven23 hat geschrieben:Nein, kann er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht.
Im historisch-kritischen Sinne mag das sein - aber es gibt eben halt auch Disziplinen, die das anders sehen.

sven23 hat geschrieben:Ähm, das ist geklärt. Der historische Jesus der Forschung ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit näher am "echten" Jesus dran, als alle glaubensideologischen und theologischen Übermalungen.
Das ist ganz sicher NICHT geklärt - darüber kann auch Deine ideologisch formulierte Aussage nichts ändern. - Du sprichst immer von "Wahrscheinlichkeiten innerhalb einer Disziplin" - das kann die Wirklichkeit ganz anders sehen.

sven23 hat geschrieben:es gibt objektiv keinen Grund, Wunderberichte von anderen antiken Personen anders zu behandeln als die vom galiläischen Wanderprediger.
Es gibt innerhalb der HKE keinen Grund, Wunderberichte von anderen antiken Personen anders zu behandeln als die vom galiläischen Wanderprediger. - "Objektiv" ist etwas anderes.

sven23 hat geschrieben:Warum können glaubensbasierte Exegesen nicht in der historischen Forschung eingsetzt werden, da sie ja nach Meinung von closs ebenso forschen, wie die historisch-kritische Forschung und angeblich näher am "echten" Jesus sind als der historisch-kritisch ermittelte?
Diese Frage wurde x-mal beantwortet: Weil man Hermeneutiken unterschiedlicher Forschungs-Disziplinen nicht miteinandern vermischen kann. - Das Apriorifreie der HKE ist allseits verwendbar, aber nicht deren hermeneutischen Ergebnisse - umgekehrt setzt die Kanonische Exegese erst da ein, wo die HKE aufhören müsste, wollte sie ihren apriorifreien Anspruch beibehalten.

sven23 hat geschrieben:Nur die historische-kritische Forschung verdient den Namen
Natürlich tut sie das: Sie arbeitet im Rahmen ihrer methodischen und hermeneutischen Grundlagen wissenschaftlich.

sven23 hat geschrieben:Auch das ist falsch. Es gibt keine christliche oder jüdische oder muslimische Forschung. Forschung ist neutral und ergebnisoffen und das muss sie auch sein, sonst ist es keine.
Falsch: Es gibt Forschung auf Basis jüdischer, christlicher, säkularer Vorannahmen - im Rahmen dieser Vorannahmen sind diese Forschungen ergebnisoffen.

sven23 hat geschrieben:Welche "eigenen" Glaubensbekenntnisse soll die Forschung denn haben?
Welche? - Meinst Du die HKE? - Stichworte:

* kritisch-rational
* Bultmann
* Jesus = x-beliebige antike Figur
* etc.

sven23 hat geschrieben:du selbst hast doch die Behauptung von der "urtextnahen" Übersetzung nachgeplappert, oder hast du sie erfunden?
Ich habe mich mit den ersten 15 Büchern des AT sehr intensiv befasst.

sven23 hat geschrieben:Beim Klerus bin ich mir da gar nicht so sicher, zumindest nicht bei den konservativen Kräften.
Irrtum - gerade letztere sind diejenigen, die besondern deutlich für eine Umwandlung des Staatsvertrags eintreten.

sven23 hat geschrieben:Das ist eine reine Glaubensaussage, um nicht zu sagen: eine reine glaubensideologische Aussage, die weder belegbar noch plausibel begründbar ist.
Das ist selbstverständlich eine Glaubensaussage, die selbstverständlich belegbar und plausibel ist - allerdings nicht unter historisch-kritischen Bedingungen.

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sven23
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#813 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Sa 19. Mai 2018, 13:34

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: der historischen Jesusforschung, die auch von Theologen betrieben wird.
Richtig - als Grundlagen-Forschung, aber nicht als Forschung im Sinne von Apg.8,30.
Natürlich muss die Forschung auch verstehen, was die Verfasser gemeint haben. Sie muss aber nicht zwangsläufig an Geister, Wunder und Dämonen glauben.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Kanoniker forschen nicht, sondern suchen die zirkelreferente Bestätigung ihrer eigenen Glaubensbekenntnisse
Wie oft denn noch: Das tut eine HKE mit Bultmannschen Vorannahmen genauso. - Das ist NICHT zirkelreferent in der gängigen BEdeutung.
Richtig, die Forschung arbeitet nicht zirkelreferent. Wer dagegen von göttlich inspirierten und irrtumsfreien Schriften ausgeht, kann sie gar nicht kritisch in Frage stellen und wird demzufolge zu den gewünschten Glaubensergebnissen kommen. (siehe Kanoniker)

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die Physik funktioniert auch ohne diese Zusatzannahmen.
Im wesentlichen korrekt - deshalb ist die ET voll anerkannt.
Nicht bei Kurzzeitkreationisiten und artverwandten Spezies. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich vergleiche nicht, sondern beschreibe die historische Vergangenheit.
Die historisch-methodischen ERgebnisse beschreibst Du.
Die mit wissenschaftlicher Methodik ermittelten Ergebnisse. Anders geht es gar nicht, wenn man einen wissenschaftlichen Anspruch hat.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Häh, die Genesis ist eine Zukunftsvision?
Freilich: Guckst Du "Baum des Lebens".
Also wird Adam erst zukünftig vom Baum naschen? :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es gab die Schöpfung schon vor dem Urknall?
Es gab Gott und der Schöpfung in sich bereits vor dem, was wir "Urknall" nennen.
Von deiner "Überzeitlichkeit" hält die Kirche aber nichts, wie man am Dogma 50 sieht.

50. Die Welt hat einen zeitlichen Anfang genommen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn es nur unbedeutende Punkte wären, gäbe es keinen Grund, sich in 42000 Konfessionen zu zersplittern.
Das ist leider nicht richtig - es gibt viele recht ähnliche Denominationen.
Die sich trotzdem genötigt sehen, sich von anderen abgrenzen zu müssen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau deshalb hatten die griechischen Philosophen so ihre Probleme mit den paulinischen Wundermärchen.
Viele kamen über ihr eigenes Bild nicht hinaus. - Aber das ist kein Grund für Bashing - die griechischen Philosophen haben sehr viel geleistet.
Natürlich, mehr als Paulus. Deshalb zielte das Bashing ja eher auf Paulus.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, kann er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht.
Im historisch-kritischen Sinne mag das sein - aber es gibt eben halt auch Disziplinen, die das anders sehen.
Es gibt Glaubensideologen und Dogmatiker, die das anders sehen. Die haben aber in der historischen Forschung keine Heimat.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ähm, das ist geklärt. Der historische Jesus der Forschung ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit näher am "echten" Jesus dran, als alle glaubensideologischen und theologischen Übermalungen.
Das ist ganz sicher NICHT geklärt - darüber kann auch Deine ideologisch formulierte Aussage nichts ändern. - Du sprichst immer von "Wahrscheinlichkeiten innerhalb einer Disziplin" - das kann die Wirklichkeit ganz anders sehen.
In "Wirklichkeit" könnte auch das Spaghettimonster das Universum erschaffen haben. Aber wie wahrscheinlich ist das?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:es gibt objektiv keinen Grund, Wunderberichte von anderen antiken Personen anders zu behandeln als die vom galiläischen Wanderprediger.
Es gibt innerhalb der HKE keinen Grund, Wunderberichte von anderen antiken Personen anders zu behandeln als die vom galiläischen Wanderprediger. - "Objektiv" ist etwas anderes.
Gerade objektiv verhält es sich so. Ohne Objektivität ist keine ergebnisoffene Forschung möglich.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Warum können glaubensbasierte Exegesen nicht in der historischen Forschung eingsetzt werden, da sie ja nach Meinung von closs ebenso forschen, wie die historisch-kritische Forschung und angeblich näher am "echten" Jesus sind als der historisch-kritisch ermittelte?
Diese Frage wurde x-mal beantwortet: Weil man Hermeneutiken unterschiedlicher Forschungs-Disziplinen nicht miteinandern vermischen kann.
Genau das tun doch Kanoniker, wenn sie die Ergebnisse der Forschung mit ihrer Glaubensideologie zukleistern.
Das beantwortet aber die Frage nicht. Warum können glaubensbasierte Exegesen nichts zum historischen Jesus beitragen?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nur die historische-kritische Forschung verdient den Namen
Natürlich tut sie das: Sie arbeitet im Rahmen ihrer methodischen und hermeneutischen Grundlagen wissenschaftlich.
Deshalb ist sie die Standardauslegung. :thumbup:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch das ist falsch. Es gibt keine christliche oder jüdische oder muslimische Forschung. Forschung ist neutral und ergebnisoffen und das muss sie auch sein, sonst ist es keine.
Falsch: Es gibt Forschung auf Basis jüdischer, christlicher, säkularer Vorannahmen - im Rahmen dieser Vorannahmen sind diese Forschungen ergebnisoffen.
Da geht wieder einiges durcheinander bei dir. Es gibt Forschung über das Christentum, das Judentum oder den Islam. Du verwechselst das wie immer mit Glaubensbekenntnissen, die vorgeschaltet werden und meinst, das sei dann "christliche" Forschung. Die gibt es aber ebensowenig wie katholische oder evangelische Wissenschaft.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Welche "eigenen" Glaubensbekenntnisse soll die Forschung denn haben?
Welche? - Meinst Du die HKE? - Stichworte:
* kritisch-rational
* Bultmann
* Jesus = x-beliebige antike Figur
* etc.
Das sind keine Glaubensbekenntnisse, sondern ganz normale Vorraussetzungen, um wissenschaftlich arbeiten zu können.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:du selbst hast doch die Behauptung von der "urtextnahen" Übersetzung nachgeplappert, oder hast du sie erfunden?
Ich habe mich mit den ersten 15 Büchern des AT sehr intensiv befasst.
Und woher weißt du, dass Buber "urtextnah" übersetzt hat?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Beim Klerus bin ich mir da gar nicht so sicher, zumindest nicht bei den konservativen Kräften.
Irrtum - gerade letztere sind diejenigen, die besondern deutlich für eine Umwandlung des Staatsvertrags eintreten.
Was hat das mit weltlicher Macht zu tun? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist eine reine Glaubensaussage, um nicht zu sagen: eine reine glaubensideologische Aussage, die weder belegbar noch plausibel begründbar ist.
Das ist selbstverständlich eine Glaubensaussage, die selbstverständlich belegbar und plausibel ist - allerdings nicht unter historisch-kritischen Bedingungen.
Also unter keinen vernünftigen Begründungen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
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#814 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Sa 19. Mai 2018, 14:49

sven23 hat geschrieben:Natürlich muss die Forschung auch verstehen, was die Verfasser gemeint haben.
Klar - aber selbst das ist zwiespältig. - Denn es ist ein Unterschied, ob man selbst Jesus als göttlich versteht und deshalb Johannes diesbezüglich versteht - oder ob man Jesus nur als Mensch versteht und deshalb Johannes als "Vergotter" versteht.

sven23 hat geschrieben:Nicht bei Kurzzeitkreationisiten und artverwandten Spezies.
Stimmt - aber das hat nichts mit den großkirchlichen Theologien zu tun.

sven23 hat geschrieben:Die mit wissenschaftlicher Methodik ermittelten Ergebnisse. Anders geht es gar nicht, wenn man einen wissenschaftlichen Anspruch hat.
Damit ist nach wie vor nicht geklärt, was "wissenschaftlich" ist. - Der eine versteht "Wissenschaft" als etwas, was auf naturalistischer Basis steht - der andere versteht "Wissenschaft" als etwas, was methodisch nachvollziehbar Thesen entwickelt.

sven23 hat geschrieben:Also wird Adam erst zukünftig vom Baum naschen?
Genau das tut der 2. Adam für den Menschen.

sven23 hat geschrieben:Von deiner "Überzeitlichkeit" hält die Kirche aber nichts, wie man am Dogma 50 sieht.

50. Die Welt hat einen zeitlichen Anfang genommen.
Das bestätigt exakt, was ich sage: Die (irdische!) Welt hat einen zeitlichen Anfang (= dialektische Welt/Welt des "Falls"). - Gott dagegen ("Geist") steht darüber.

sven23 hat geschrieben:Die sich trotzdem genötigt sehen, sich von anderen abgrenzen zu müssen.
Klar - sonst hätten sie ja kein weltliches Existenzrecht.

sven23 hat geschrieben: Deshalb zielte das Bashing ja eher auf Paulus.
Auch klar: Beide Seiten fühlen sich überlegen.

sven23 hat geschrieben:Gerade objektiv verhält es sich so. Ohne Objektivität ist keine ergebnisoffene Forschung möglich.
Aus MEINER Sicht ist letztlich nur die Wirklichkeit "objektiv". - Du meinst wahrscheinlich inner-methodische Dinge, also nachvollziehbare Aussagen über ein Objekt.

sven23 hat geschrieben:Genau das tun doch Kanoniker, wenn sie die Ergebnisse der Forschung mit ihrer Glaubensideologie zukleistern.
Nein - sie schließen da an, von die apriorifreien ERgebnisse der HKE aufhören. - Das ist kein Vermischen auf gleicher Ebene, sondern eine hermeneutische Weiterentwicklung apriorifreier Ergebnisse. - Richtig allerdings ist, dass dabei NICHT-apriorifreie hermeneutische Interpetationen NICHT übernommen werden.

sven23 hat geschrieben:Das beantwortet aber die Frage nicht. Warum können glaubensbasierte Exegesen nichts zum historischen Jesus beitragen?
:lol: Nochmal?? - Religiös glaubensbasierte Hermeneutiken führen zu exegetischen Ergebnissen in Bezug auf die WIRKLICHKEIT Jesu - natürlich führen sie NICHT zu Ergebnissen in Bezug auf die historisch-kritisch vermutete Wirklichkeit Jesu. - Beide Ansätze sind nicht falsifizierbar, sondern nur im Rahmen der jeweiligen Hermeneutikl (bestenfalls) plausibel.

Du fragst immer wieder dasselbe und ich gebe jedesmal in anderen Worten die selbe Antwort: Wo klemmt's?

sven23 hat geschrieben:Es gibt Forschung über das Christentum, das Judentum oder den Islam.
Das ist klar - aber das meine ich nicht.

sven23 hat geschrieben:Du verwechselst das wie immer mit Glaubensbekenntnissen, die vorgeschaltet werden und meinst, das sei dann "christliche" Forschung.
Es ist Forschung mit christlicher Hermeneutik - also mit anderen Vorannahmen, als Du sie favorisierst. - Das Forschen selber ist in beiden Fällen qualitativ gleich gut, aber eben anders unterlegt.

sven23 hat geschrieben:Das sind keine Glaubensbekenntnisse, sondern ganz normale Vorraussetzungen, um wissenschaftlich arbeiten zu können.
Genau :lol: - und das ist genau die Falle, in die Du ständig tappst. - Denn diese Voraussetzungen sind nicht Voraussetzungen für "Wissenschaft", sondern für ein ganz bestimmtes Modell von "Wissenschaft". - ODER: Man legt per Definition fest, dass nur dieses Modell "wissenschaftlich" sei, was aber zwangsläufig dazu führt, dass "Wissenschaft in diesem Sinne" die Bibel nur peripher auslegen kann.

Also entscheide Dich - beides gleichzeitig kannst Du nicht haben. - Entweder Du akzeptierst, wie "Wissenschaft" in den Geisteswissenschaften verstanden wird (natürlich gibt es hier wissenschafts-theoretischen Streit) und kannst damit die Bibel in die Tiefe hinein wissenschaftlich untersuchen - oder Du beharrst auf DEINEM Verständnis, dann ist Tiefe nicht möglich.

sven23 hat geschrieben:Und woher weißt du, dass Buber "urtextnah" übersetzt hat?
Weil er hebräische Worte genau so zu übersetzen versucht, wie sie hebräisch gemeint sind - was übrigens zu einem mitunter schwer verständlichen Deutsch führt. - EIN Beispiel: Was normalerweise mit "fromm" übersetzt wird, übersetzt Buber mit "schlicht" (wenn ich mich recht erinnere). - Warum? Weil es damals die Konnotation "fromm" nicht gab, die man heute gerne zuordnet - er schreibt "schlicht", obwohl er weiß, dass man das im Deutschen im Sinne von "fromm" nicht ohne weiteres versteht. - Urbedeutung geht vor.

sven23 hat geschrieben:Was hat das mit weltlicher Macht zu tun?
Wird der Staatsvertrag gelgentlich nicht als Rest früherer weltlicher Macht verstanden?

sven23 hat geschrieben:Also unter keinen vernünftigen Begründungen.
Doch - allerdings nicht, wenn man "vernünftig" mit "kritisch-rational" gleichsetzt. - Hier sind wir wieder beim Thema, ob "Vernunft" ein anthropozentrischer oder ein universaler Begriff ist.

Roland
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#815 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Roland » Sa 19. Mai 2018, 18:57

sven23 hat geschrieben: Im übrigen liefern die Evangelien ja selbst Hinweise, dass es zeitgenössische Kritik und Zweifel an der Auferstehung gab.
Wäre auch wundersam, wenn es an der Auferstehung eines Toten keinerlei Zweifel unter den Zeitgenossen gegeben hätte…

sven23 hat geschrieben: Die Schreiber verarbeiteten dies, indem sie wieder mal den Juden die Schuld für "gekaufte Gerüchte" in die Schuhe schoben.
Die Schreiber waren erstens selbst Juden und zweitens sind diese Gerüchte aus heutiger Sicht schlicht absurd: Menschen lassen die Leiche eines zum Tode Verurteilten verschwinden, um anschließend freimütig und leidenschaftlich dessen Auferstehung zu verkünden, und sich also selbst der Gefahr auszusetzen, dass sie selbst dieses Todesurteil trifft, wohl wissend, dass das alles Lüge ist, wofür sie sich in Gefahr begeben…

Es geht kaum absurder.

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Bezweifelt Roland die naturalistische Relevanz der Evolutions-Theorie?
Ich fürchte ja.
Nein. Evolution findet zweifellos statt. Das was man empirisch von ihr erforschen kann, lässt nur nicht den Schluss zu, dass wir so entstanden sind.

sven23 hat geschrieben: Allerdings haben auch Gläubige, die die ET anerkennen, keine Lösung für das Problem, dass ein angeblich gütiger Schöpfer das Leben durch die "pöhse" Evolution hat entstehen lassen.
Hat er ja auch nicht.

sven23 hat geschrieben: Das Theodizeeproblem bleibt bestehen.
Ich sehe das nicht so, wie jetzt mehrfach dargelegt.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Die Naturwissenschaft kann allenfalls Vermutungen äußern was die Frage nach unserer Herkunft und der des Universums angeht.. Ersetze also "es wird kein Schöpfer benötigt" durch "wir schließen bei unseren Erklärungen/Vermutungen einen Schöpfer aus".
Nö, korrekterweise kann man sagen: die Zusatzhypothese Schöpfer wird nicht benötigt. Es ist kein "Must have".
Statt der Hypothese "Intelligenz" benötigt man halt die Hypothese "geistloser Zufallsprozess". Diese Hypothese ist auch kein "Must have". Bei sorgfältiger Betrachtung eher ein "No go"!

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Das ist falsch.
" Am Anfang des Lukas Evangeliums lesen wir, dass ein hochrangiger Römer namens Theophilus bereit ist, Christ zu werden, wenn er genügend zuverlässige Informationen erhält. Und so schreibt Lukas für ihn, nachdem er selbst "alles von Anfang an sorgfältig erkundet" hat, damit er "den sicheren Grund" der Lehre erfährt (Lukas 1,3-4). Lukas will also wie ein Historiker schreiben, und nicht anders erwartet es Theophilus von ihm." (C.P. Thiede)
Literarische Tricks lassen aus Mythen noch keine historischen Tatsachenberichte werden, auch wenn die Schreiber behaupten, es wären welche.
Es steht dem Sven doch frei zu behaupten, Lukas bediene sich irgendwelcher Tricks. Das bleiben aber bloße Behauptungen, der Historiker sieht das zurecht anders.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Von der Geburt, über seine Kindheit, seinen Beruf, sein Wirken als Prophet, Heiler, Prediger, bis zu seinem Tod, wird seine Biografie dargelegt. Sicher nicht lückenlos aber wo gibt’s das schon.
Die Evangelien berichten nur über seine Zeit des öffentlichen Auftretens, die von 1-3 Jahre gedauert haben soll.
Das ist falsch. Geburt, Kindheit, Berufsausübung, all das wird auch erwähnt. Und zwar obwohl die Evangelien gar keine "Biografie" liefern wollen, sondern, wie das Wort "Evangelium" schon sagt, die "Frohe Botschaft" von dem Gott, der für uns Mensch wurde.

sven23 hat geschrieben: Über die Kindheit und die Zeit davor weiß man so gut wie gar nichts. Einzelne Passagen über die Kindheit gelten als spätere Erfindungen der Schreiber.
Nein, es gibt Hinweise, dass Maria selbst dem Lukas aus der Familiengeschichte berichtet hat. Jesus hatte außerdem Brüder. Warum sollte nichts von Jesu Kindheit bekannt gewesen sein? Diese Informationen waren sicher da, sie als "Erfindungen" zu bezeichnen ist natürlich erlaubt, aber das sind dann auch wieder bloße Behauptungen, die wenig plausibel sind.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Einfach mal zur Kenntnis nehmen, dass die ET keine heilige Kuh ist, der man auf den Knien huldigen muss, sondern eine wacklige Theorie, die das Entscheidende nicht liefern kann.
Eine heilige Kuh ist sie nicht, aber eine der am besten bestätigten Theorien überhaupt.
Amen! :lol:

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Habe neulich mal das Sendschreiben der päpstlichen Bibelkommission von 1993 mit dem Namen "Die Interpretation der Bibel in der Kirche" gelesen und es standen mir die Haare zu Berge. Dort wird ein reines Zerrbild der evangelikalen Theologie gezeichnet. Diese "Bibelkommission" ist offenbar von der Lobby der atheistisch-historisch-kritischen Theologie annektiert worden.
Tja, jetzt sitzen die Antichristen auch schon beim Papst auf dem Schoß.
Das war wohl der Grund für Ratzingers Kritik. Und, neben manchem anderen, vielleicht auch ein Grund für seinen Rücktritt.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Was ursprünglich nicht seine Absicht war. Aber wenn eine Kirche an unbiblischen Praktiken festhält, geht es manchmal nicht anders.
Jedenfalls ist das pauschale Gerede von "DER" Kirche die den Akzent auf die Bestrafung legte, um damit Geschäfte zu machen, falsch.
Nö, es ist eine Beschreibung von historischen Fakten.
Nein, "oberflächliche Pauschalierungen" wäre der treffendere Begriff.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Und der Antisemitismus gründet auf Luther und dessen Antijuadaismus auf dem NT.
Beides grundfalsch, wie bereits ausführlich gezeigt.
Du hast ihm widersprochen, widerlegt hast du überhaupt nichts.
Dann hast du es mal wieder alles vergessen.
Zu Zeiten Luthers war Judenfeindlichkeit Alltag, sie kann also nicht durch eine späte, wenig verbreitete Schrift Luthers entstanden sein. Und im NT streiten stets Juden mit Juden. So sieht es auch, wie gezeigt, die Wissenschaft. Von Schreckenberg, Thiede/Stingelin bis Gerd Theißen. Von Jesus stammt der Ausspruch "das Heil kommt von den Juden" (Joh. 4, 22) und Paulus sagt klar, dass Gott sein Volk nicht verstoßen hat (Römer 11, 2). Auch Petrus verdammt die Juden nicht (Apg. 3, 17).
Antijudaismus ist aus dem Gesamtkontext des NT nicht begründbar.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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#816 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Roland » Sa 19. Mai 2018, 19:03

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Ich würde es eher Vertrauen in die Forschung nennen.
Sag ich ja. Das ist mehr als naiv.
Warum naiv? Naiv wäre es, zu glauben, dass wir heute so komfortabel leben könnten ohne wissenschaflichen Fortschritt.
Darum geht’s doch gar nicht. Es ging um die Frage, ob Wissenschaft erklären kann, welche zufälligen, planlosen, geistlosen Randbedingungen hitec-Fabriken herstellen können.
Nochmal das Zitat aus einer Fachpublikation in der Zeitschrift "Cell Biology International" der Wissenschaftler Abel & Trevors: "Chance, necessity, and extended periods of time cannot generate algorithmic programming. No empirical or rational support exists for believing that the environment can generate a sophisticated configurable system such as a computable cell."

Sie vertreten nicht Intelligentes Design, begründen aber, dass Zufall, Naturgesetze und lange Zeiträume nicht ausreichen, für eine Erklärung, wie lebende Zellen entstanden sind.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Nicht meine Schuld, Plan impliziert nunmal einen Planer und der wird ja willkürlich ausgeschlossen. Im Evolutionsdenken gibt es NICHTS, was einen Plan verfolgen könnte.
Eben, Evolution funktioniert auch ohne einen Plan oder ein Ziel, weil es ein effizienter Mechanismus ist.
Die Tatsache, dass man das Entscheidende nicht erklären kann, zeigt ja gerade, dass dem nicht so ist.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Der nur Vorhandenes anpassen, das Vorhandene aber nicht konstruieren konnte. Dafür kennt man bisher keinen Mechanismus.
Dass wir den Mechanismus (noch) nicht kennen, heißt ja nicht, dass es ihn nicht gibt.
Und so ist es dein Glaube, dass man in den nächsten 150 finden wird, was man in den vergangenen 150 Jahren nicht gefunden hat. So sind wir eben alle Glaubende.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Nur wenn man glaubensideologisch kontaminiert ist. Biologen sehen das berechtigerweise anders.
Viele Biologen sehen es genau so.
Ja, besonders wenn sie im Nebenberuf Kurzzeitkreationisten sind.
Solche "Glaubenstechnische Nebenberufe" haben auch andere Biologen. Dawkins z.B. nennt sich "durch den Darwinismus intellektuell befriedigter Atheist", Lewontin "A-Priori-Materialist" usw.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Solange sie zu nicht Falsifizierbarem keine Aussagen macht, hab ich nichts zu kritisieren und jede weitere Diskussion wäre unnötig. Geschichtswissenschaft, Textkritik, Literarkritik, all diese Teilbereiche der HKM tun dem christlichen Glauben nichts. Dort, wo die HKM dann die Texte auslegt und interpretiert und dabei den methodischen Atheismus zugrunde legt, ist sie nicht mehr neutral sondern ebenfalls "glaubensbasiert" bzw. weltanschaulich voreingenommen.
Warum, dann wäre die Forschung auch weltanschaulich voreingenommen, wenn sie Allah, Jahwe, Wotan und Zeus nicht als real existierend annehmen würde.
Na klar. wenn man den Koran erforscht indem man davon ausgeht, dass es Allah nicht gibt, dann ist das natürlich eine Vorannahme, was denn sonst? In dem Fall ist es die Plausiblere.
Natürlich spielt Plausibilität auch eine Rolle.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Falsch. Jedes Märchen ist klar als solches gekennzeichnet und keines macht historisch verwertbare Aussagen, nie wird die Handlung als wirklich geschehen bezeichnet und kein Historiker macht sich deshalb die Mühe das nachzuprüfen.
Da bist du nicht auf dem neuesten Stand. Märchen gehen sehr weit zurück.

In den Schriftzeugnissen aller frühen Hochkulturen finden sich märchenhafte Züge, so bereits im Gilgamesch-Epos, das Motive enthält, die auch in Märchen vorkommen.
Quelle: Wikipedia
Der Gilgamesch Epos wurde von den Bibelschreibern in die Sintflutgeschichte aufgenommen. So hat ein Märchen das andere befruchtet.
Der Gilgamesch-Epos ist eben kein Märchen sondern ein Epos, wie der Name schon sagt, auch wenn er "märchenhafte Züge" enthält. Und dass er von "den Bibelschreibern" aufgenommen wurde ist nichts als eine wacklige Hypothese. Es gibt, über den ganzen Globus verteilt, zig Sintflutberichte aus unterschiedlichsten Kulturen, was eher dafür spricht, dass die Sintflut eben nicht irgendwann als Märchen erfunden wurde, sondern tatsächlich stattgefunden hat.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Demgegenüber ist "die biblische Überlieferung … seit zweitausend Jahren immer wieder geprüft worden, und sie hat diese Prüfung stets bestanden.
Bis zur Aufklärung mag das so gewesen sein, weil bis dahin die Prüfer stets das zirkelreferente Bestätigen eines Glaubenskonstrukts im Auge hatten.
Nein, das gilt bis heute, du hast das Zitat des Geschichtswissenschaftlers an der entscheidenden Stelle abgeschnitten: "Gerade heute wissen wir dank der Entdeckungen aus der Archäologie und der Papyrologie mehr als je zuvor, wie unvergleichlich genau diese Überlieferung ist."
Zirelrefent ist es, wie du, auf eine Exegese zu verweisen, die die Bibel auslegt "als gäbe es Gott nicht" (Lüdemann) - um die Ergebnisse derselben dann als Beweis zu nehmen für die Behauptung: "Es gibt Gott nicht."

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Das ist Unsinn. Im Weltbild jedes aufgeklärten Menschen ist ein Genozid verwerflich.
"Ist einfach so" ist ja kein Argument. Die Frage ist doch WARUM das so ist.
Die interessantere Frage wäre doch, warum Gläubige den biblischen Genozid nicht für verwerflich halten, bzw. warum sie dem fast schon faschistoiden Gottesbild des AT noch anhängen?
Liest du, was ich schreibe eigentlich?
Wenn der, der das Leben gegeben hat, es wieder zurückruft, ist das sein Recht und kein Mord.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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#817 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Roland » Sa 19. Mai 2018, 19:07

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Gott erschafft das Leben und er ruft es zurück, nach seinem Ermessen. Weil das Leben von ihm kommt, ist Er der Einzige der das Recht dazu hat, es auch wieder zu nehmen. Das hat mit Mord nichts zu tun.
Natürlich nicht, die Sintflut war ja nur ein liebevolles Waterboarding.
Darum geht’s doch gar nicht. Der Vorgang des Sterbens ist vermutlich selten schön.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Ach, da gäbe es soviel zusagen… Wie wäre die Welt, wenn Kinder nicht krank werden könnten und es keine Naturkatastrophen gäbe und wenn außerdem der Mensch nichts Böses tun könnte.
Eine Wohlfühloase mit Marionettenwesen, die von Gut und Böse keine Ahnung hätten, sondern flach und traumwandlerisch dahin leben würden.
Punkt 1: was hast du gegegn Wohlfühloasen?
Nichts, aber niemand könnte doch das Glück als Glück empfinden, hätte er nicht auch das Leid schon einmal erfahren. Und niemand könnte das Gute erkennen, gäbe es das Böse nicht. Die Dialektik von Gut und Böse, Glück und Leid, ist für unsere Erkenntnis der Welt notwendig. Und wir durchleben sie für sehr kurze Zeit – im Vergleich zur Ewigkeit.

sven23 hat geschrieben: Punkt 2: Kinder fühlen sich nicht als Marionetten, wenn sie nicht an Krebs erkranken
Hab ich auch nicht gesagt. Marionetten wären wir, wenn wir von Gott keinen freien Willen bekommen hätten.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Was hast du denn, angesichts des Leides auf der Welt, eigentlich zu bieten?
Ich bin kein Sektenguru und muss demzufolge nichts anbieten oder als Belohnung in Aussicht stellen.
Du hast aber ein Weltbild, einen Glauben - und jedes Weltbild hat natürlich Folgen. Würde ich also deinem Glauben folgen, wäre das Leid in einem tauben, blinden, erbarmugslos gleichgültigen Universum völlig sinnlos und wen es trifft, der hat eben Pech gehabt. So weit, so trostlos, aber das Entscheidende kommt erst noch: Du hast buchstäblich nichts in der Hand, was diesen Glauben wirklich plausibel machen könnte. Warum sollte ich ihm also folgen?

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Dann nenne mir einen Häretiker des ersten christlichen Jahrtausends, der mit Billigung der Kirche getötet worden wäre.
Bitte sehr.

Am schlimmsten aber erging es bis dahin dem adligen, reichen und gelehrten Spanier Priscillianus, der eine Partei um sich sammelte, in der gnostische und manichäische Gedanken laut wurden, die aber auch asketisches Leben übte. Sie wurden im Jahre 380 von einer Synode in Cäsaraugusta (Saragossa) verdammt. Priscillian wurde nach Trier gebracht und dort 385 hingerichtet. Das war der erste Ketzermord in der christlichen Kirche, die nicht ein Jahrhundert vorher noch unterdrückt war. Jetzt hatte sie selbst zu unterdrücken begonnen und sollte das noch in gesteigertem Maße fortsetzen.
Quellel:http://deutschland-im-mittelalter.de/Re ... ntwicklung
Genau das ist das falsche Beispiel für eine Hinrichtung mit Billigung der Kirche.
Alle Bischöfe, die an diesem Urteil beteiligt waren, wurden von Papst Siricius exkommuniziert. Er, wie auch Ambrosius von Mailand und Martin von Tours, haben seine Hinrichtung zu verhindern versucht. Jahrhundertelang hat es daraufhin durch die Kirche keine Ketzertötungen mehr gegeben. Es galt das Wort des Augustinus "Zum Glauben ist niemand zu zwingen."

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Zum historischen Jesus gelangt man nur durch die Evangelien.
Richtig, denn was anderes haben wir nun mal nicht zur Verfügung.
Allerdings darf man nicht naiv und unkritisch mit Glaubensbekenntissen an sie herangehen, sondern muss sie wie jeden anderen antiken Text historisch-krititisch untersuchen.
Das gilt für beide Seiten. Die von dir bevorzugte Seite geht eben naiv und unkritisch mit dem Glaubensbekenntnis des Naturalismus an die Evangelien heran. Und kommt dabei zu Ergebnissen, die in jeder Hinsicht unlogisch sind. Der Jesus der Evangelien ist der wirkliche Jesus, der »historischen Jesus« im eigentlichen Sinn. Ratzinger: "Diese Gestalt ist viel logischer und auch historisch betrachtet viel verständlicher als all die Rekostruktionen, mit denen wir in den letzten Jahrzehnten konfrontiert wurden. Ich denke, dass gerade dieser Jesus - der der Evangelien – eine historisch sinnvolle und stimmige Figur ist."
Recht hat er.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Stimmt. Dazu gehören auch Universen und Lebenswelten, die sich selbst erschaffen können.
Nö, nur Physik und Biologie.
Die beide genau das nicht erklären können. Weder kann die Physik erklären, wie ein Universum aus dem Nichts entsteht, noch kann die Biologie erklären, wie Leben aus Nichtleben entsteht noch wie eine einzelne Zellen sich zu einem Menschen emporentwickeln konnte. Physik und Biologie kommen in diesen Fragen letztlich auch nicht über Glaubenssätze hinaus.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Es gibt keinen einzigen zwingenden Beleg dafür, dass nicht ALLE überlieferten Worte Jesu authentisch sind. Und wenn sie alle authentisch sind, kann man eindeutig ausschließen, was Gerd Theißen da vermutet.
Wenn es das Spagetthimonster gibt, kann man ausschließen, dass es es nicht gibt. So kann man sich auch zirkelreferent im Kreis drehen.
Nein, das Spagetthimonster ist eine Erfindung. Jesus eine historische Person. Und seine Worte sind historisch überliefert und es gibt kein vernünftiges, objektives Kriterium irgendeines seiner Worte als unauthentisch zu klassifizieren.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Welche Hoffnung?
Stimmt. Welche Hoffnung. Der Atheismus ist der Glaube an die Hoffnungslosigkeit.
Warum? Nur wein nicht-Gläubige keine Belohnung erwarten?
Christen tun das, wie nun mehrfach gesagt, auch nicht. Sie glauben, genau genommen, an unverdiente Gnade, nicht an Belohnung.
Und so ist die Hoffnung des Atheisten, dass es nichts zu hoffen geben möge. Und dass hoffentlich alles nur ein sinnloser Zufall war und dass man einfach ins Nichts zurückfällt, aus dem man gekommen zu sein glaubt.

sven23 hat geschrieben: Übrigens wurden die Christen von den Römern auch Atheisten (Leugner der Götter) genannt.
Hm. Wenn dem so war, würde es keinen Sinn machen, denn Christen glauben an einen Theos, sind also Theisten. "Apolytheisten" wäre also der treffendere Begriff.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Du behauptest, lange Zeitperioden würden nicht ausreichen. Wie man sieht, haben sie ausgereicht, um die Vielfalt des Lebens hervorzubringen.
Du wiederholst noch einmal deinen von mir aufgezeigten Zirkelschluss. Dadurch wird es ja nicht richtiger…
Nix Zirkelschluss. Eine milliarden Jahre alte Erde ist nun mal Fakt. Ebenso, wie eine seit milliarden Jahren andauernde Evolution.
Doch Zirkelschluss. Du setzt zunächst voraus, dass die Welt und das Leben durch Zufall, Notwendigkeit und lange Zeiträume entstanden sind. Um dann zu sagen, die Tatsache, dass die Welt existiere, beweise, dass sie durch Zufall, Notwendigkeit und lange Zeiträume entstanden sind.
Hier nochmal zwei Sätze vor obigem Dialog:

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Zufall, Notwendigkeit und lange Zeitperioden reichen dazu nicht aus:
Doch, die Welt ist das beste Beweis.
Genauso zirkelschlüssig kann ich sagen, die Tatsache, dass die Welt existiert, sei der beste Beweis dafür, dass Gott sie erschaffen hat. Nein, wir haben beide keinen Beweis in der Hand. Allenfalls können wir Plausibilität herstellen. Und Intelligenz ist eben als Ursache weitaus plausibler, als geistlose Zufallsprozesse.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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Münek
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#818 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Sa 19. Mai 2018, 21:48

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Habe neulich mal das Sendschreiben der päpstlichen Bibelkommission von 1993 mit dem Namen "Die Interpretation der Bibel in der Kirche" gelesen und es standen mir die Haare zu Berge. Dort wird ein reines Zerrbild der evangelikalen Theologie gezeichnet. Diese "Bibelkommission" ist offenbar von der Lobby der atheistisch-historisch-kritischen Theologie annektiert worden.
Tja, jetzt sitzen die Antichristen auch schon beim Papst auf dem Schoß.
Das war wohl der Grund für Ratzingers Kritik. Und, neben manchem anderen, vielleicht auch ein Grund für seinen Rücktritt.
:o

Kardinal Ratzinger war damals Präsident der "Päpstlichen Bibelkommission", die das von Dir so stark kritisierte Dokument "Die Interpretation der Bibel in der Kirche" verfasst hat.

Und jetzt?

closs
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#819 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Sa 19. Mai 2018, 22:28

Münek hat geschrieben:Kardinal Ratzinger war damals Präsident der "Päpstlichen Bibelkommission", die das von Dir so stark kritisierte Dokument "Die Interpretation der Bibel in der Kirche" verfasst hat.
EBEN - dann darfst Du doch davon ausgehen, dass er seine Meinung NICHT geändert hat. - Er hat es schlicht anders gemeint, als Du es ihm unterstellst. - Er wollte die HKE auf das apriorifreie Feld hin-definieren - und wenn das nicht klappt und die HKE auf eine interpretative Hermeneutik besteht, wenigstens darauf bestehen, dass diese Hermeneutik eine christliche ist. - 1993 und 2006 passen voll zusammen.

Roland
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#820 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Roland » So 20. Mai 2018, 00:06

Münek hat geschrieben: Kardinal Ratzinger war damals Präsident der "Päpstlichen Bibelkommission", die das von Dir so stark kritisierte Dokument "Die Interpretation der Bibel in der Kirche" verfasst hat.

Und jetzt?
Ich kann dazu nur sagen, dass ich der "Jesus-Trilogie" des Papstes Benedikt XVI. allergrößtenteils zustimme. Was diese "Bibelkommission", die ja nicht nur aus einem Präsidenten, sondern auch 20 sogenannten "Bibelwissenschaftlern" und einem Sekretär besteht, da über evangelikale Theologie verzapft, kann ich nur kopfschüttelnd zu Kenntnis nehmen.

Ich kann mir, nach der Lektüre von Ratzingers Jesus-Büchern, jedenfalls nicht vorstellen, dass es seine Meinung ist, dass es "gefährlich" sei, wenn Menschen auf Lebensprobleme biblische Antworten suchen. Dieser Text "Die Interpretation der Bibel in der Kirche" lobt jede Art des historisch-kritischen Umgangs mit der Bibel, selbst die "feministische Exegese", mit ausdrücklicher Ausnahme der Annahme, dass die Bibel Gottes Wort ist. Und das, obwohl das Bekenntnis, dass die Bibel das inspirierte Wort Gottes ist, selbstverständlich nach wie vor zum Lehrbestand der katholischen Kirche gehört.

Die "Bibelkommission" wirft den Evangelikalen in diesem Text "Selbstaufgabe des Denkens" vor, sagt damit also, dass man in all den evangelikalen theologischen Hochschulen gar nicht denkt.
Das ist eigentlich ein unwürdiges Schauspiel einer historisch-kritischen Lobby in der kath. Kirche, es sind unsinnige Aussagen, die man offenbar nötig hat, weil man selbst auf äußerst wackligem Boden steht.

In meiner Beschäftigung mit der päpstlichen Bibelkommission wundert es mich jedenfalls nicht mehr, dass sie die historische-kritische Methode als die "empfohlene Auslegung" darstellt, denn die haben offenbar schlicht die Mehrheit. Und dass die Kirchenbänke leer bleiben, wundert mich schon gar nicht. Während die Freikirchen boomen, wie die Hamburger Morgenpost Anfang April schrieb.
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