Alles Teufelszeug? IX

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sven23
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#821 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » So 20. Mai 2018, 10:22

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Natürlich muss die Forschung auch verstehen, was die Verfasser gemeint haben.
Klar - aber selbst das ist zwiespältig. - Denn es ist ein Unterschied, ob man selbst Jesus als göttlich versteht und deshalb Johannes diesbezüglich versteht - oder ob man Jesus nur als Mensch versteht und deshalb Johannes als "Vergotter" versteht.
Eben, deshalb ist doch die historisch-kritische Methode die Standardauslegung, eben weil man die ältesten Traditionen für die authentischen hält und nicht das, was spätere Generationen sich ausgedacht haben.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nicht bei Kurzzeitkreationisiten und artverwandten Spezies.
Stimmt - aber das hat nichts mit den großkirchlichen Theologien zu tun.
Heute ja, mindestens bis zur Aufklärung war es komplett anders.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die mit wissenschaftlicher Methodik ermittelten Ergebnisse. Anders geht es gar nicht, wenn man einen wissenschaftlichen Anspruch hat.
Damit ist nach wie vor nicht geklärt, was "wissenschaftlich" ist.
Doch, gerade weil es geklärt ist, könnent glaubensbasierte Exegesen in der Forschung nicht verwendet werden.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Also wird Adam erst zukünftig vom Baum naschen?
Genau das tut der 2. Adam für den Menschen.
Es gibt 2 Adams? :shock:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Von deiner "Überzeitlichkeit" hält die Kirche aber nichts, wie man am Dogma 50 sieht.
50. Die Welt hat einen zeitlichen Anfang genommen.
Das bestätigt exakt, was ich sage: Die (irdische!) Welt hat einen zeitlichen Anfang (= dialektische Welt/Welt des "Falls"). - Gott dagegen ("Geist") steht darüber.
Gott ja, aber nicht die "Schöpfung". Dein Behauptung von der Überzeitlichkeit der Schöpfung trägt die Kirche nicht mit, denn sie hatte einen Anfang.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die sich trotzdem genötigt sehen, sich von anderen abgrenzen zu müssen.
Klar - sonst hätten sie ja kein weltliches Existenzrecht.
Und gegen 42000 Konfessionen ist die Forschung doch erstaunlich homogen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Deshalb zielte das Bashing ja eher auf Paulus.
Auch klar: Beide Seiten fühlen sich überlegen.
Bei den griechischen Philosophen war es aber berechtigt. ;)

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Gerade objektiv verhält es sich so. Ohne Objektivität ist keine ergebnisoffene Forschung möglich.
Aus MEINER Sicht ist letztlich nur die Wirklichkeit "objektiv". - Du meinst wahrscheinlich inner-methodische Dinge, also nachvollziehbare Aussagen über ein Objekt.
Objektivität ist ein Idealzustand der Unabhängigkeit im Verhältnis von Beobachter und Objekt. Da dies nicht immer erreichbar ist, entwickelt man Methoden, die dies garantieren sollen.
Wer Glaubensbekenntnisse benötigt, scheidet aus.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau das tun doch Kanoniker, wenn sie die Ergebnisse der Forschung mit ihrer Glaubensideologie zukleistern.
Nein - sie schließen da an, von die apriorifreien ERgebnisse der HKE aufhören.
Die Forschung arbeitet grundsätzlich apriorifrei. Sie ist laut päpstlicher Bibelkommission gehalten, den ursprünglichen Sinn er Texte zu ermitteln. Genau das tut sie. Dass die Ergebnisse nicht immer zufriedenstellend für Glaubensideologen sind, darf die Ergebnisse nicht beeinflussen.

closs hat geschrieben: - Das ist kein Vermischen auf gleicher Ebene, sondern eine hermeneutische Weiterentwicklung apriorifreier Ergebnisse. -
Es ist ein Weitersphantasieren auf Glaubensebene. Hier wird die hermeneutische Spirale ganz schnell zum hermeneutischen Zirkelschluss.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das beantwortet aber die Frage nicht. Warum können glaubensbasierte Exegesen nichts zum historischen Jesus beitragen?
:lol: Nochmal?? - Religiös glaubensbasierte Hermeneutiken führen zu exegetischen Ergebnissen in Bezug auf die WIRKLICHKEIT Jesu -
Nein, gerade das tun sie eben nicht, sondern sie bestätigen lediglich ihre eigenen Vorannahmen und führen zwangsläufig zu der mythologisierten Kunstfigur, die spätere Generationen daraus konstruiert haben und den die Kirche dann verkündet hat.
Der Verkünder der nahen Gottesherrschaft wurde selbst zum Verkündeten durch christliche Umdeutung.


closs hat geschrieben: natürlich führen sie NICHT zu Ergebnissen in Bezug auf die historisch-kritisch vermutete Wirklichkeit Jesu. -
Eben, deshalb sind sie in der historischen Forschung nicht brauchbar.

closs hat geschrieben: Du fragst immer wieder dasselbe und ich gebe jedesmal in anderen Worten die selbe Antwort: Wo klemmt's?
An deinem Unverständnis von historischer Forschung. :roll:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du verwechselst das wie immer mit Glaubensbekenntnissen, die vorgeschaltet werden und meinst, das sei dann "christliche" Forschung.
Es ist Forschung mit christlicher Hermeneutik - also mit anderen Vorannahmen, als Du sie favorisierst. -
Wer Gaubensbekenntniss als Vorannahmen benötigt, kann damit lediglich seine Vorannahmen zirkelreferent bestätigen. Das gilt für alle Religionen.
Also für historische Forschung unbrauchbar.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und woher weißt du, dass Buber "urtextnah" übersetzt hat?
Weil er hebräische Worte genau so zu übersetzen versucht, wie sie hebräisch gemeint sind - was übrigens zu einem mitunter schwer verständlichen Deutsch führt. - EIN Beispiel: Was normalerweise mit "fromm" übersetzt wird, übersetzt Buber mit "schlicht" (wenn ich mich recht erinnere). - Warum? Weil es damals die Konnotation "fromm" nicht gab, die man heute gerne zuordnet - er schreibt "schlicht", obwohl er weiß, dass man das im Deutschen im Sinne von "fromm" nicht ohne weiteres versteht. - Urbedeutung geht vor.
Und woher weißt du, dass er urtextnah übersetzt hat? Kannst du das beurteilen?
Im übrigen hat Buber den absoluten Wahrheitsanspruch von Religionen immer abgelehnt. Da hätte die RKK noch viel Arbeit zu leisten mit ihrem veralteten Dogmenapparat.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Also unter keinen vernünftigen Begründungen.
Doch - allerdings nicht, wenn man "vernünftig" mit "kritisch-rational" gleichsetzt. - Hier sind wir wieder beim Thema, ob "Vernunft" ein anthropozentrischer oder ein universaler Begriff ist.
Da Menschen die Sprache entwickelt haben, ist davon auszugehen, dass alles anthropozentrisch ist, oder zumindest anthropogen. :lol:
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sven23
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#822 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » So 20. Mai 2018, 10:28

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Kardinal Ratzinger war damals Präsident der "Päpstlichen Bibelkommission", die das von Dir so stark kritisierte Dokument "Die Interpretation der Bibel in der Kirche" verfasst hat.
EBEN - dann darfst Du doch davon ausgehen, dass er seine Meinung NICHT geändert hat. - Er hat es schlicht anders gemeint, als Du es ihm unterstellst. - Er wollte die HKE auf das apriorifreie Feld hin-definieren - und wenn das nicht klappt und die HKE auf eine interpretative Hermeneutik besteht, wenigstens darauf bestehen, dass diese Hermeneutik eine christliche ist. - 1993 und 2006 passen voll zusammen.
Wenn Ratzinger die historisch-kritische Methode als unverzichtbar erkannt hat, dann wußte er auch, wie diese arbeitet. Nämlich, dass es vor allem um die ursprüngliche Verfasserintention geht, im Gegensatz zu glaubensbasierten Exegesen. Zudem war 1993 die HKM nicht neu, sondern ihre Ergebnisse lagen weitgehend auf dem Tisch und waren nicht viel anders als heute. Am mangelnden Wissen darüber kann es nicht gelegen haben.
Das Problem lag wohl woanders. Es gab keine Alternative zu einer wissenschaftlich fundierten Methode. Mit Glaubensexegesen hätte man sich an Universitäten lächerlich gemacht.
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#823 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » So 20. Mai 2018, 11:54

sven23 hat geschrieben:Eben, deshalb ist doch die historisch-kritische Methode die Standardauslegung, eben weil man die ältesten Traditionen für die authentischen hält und nicht das, was spätere Generationen sich ausgedacht haben.
Nee - die HKE ist die Grundlagen-Disziplin, weil man damit Sachergebnisse erhält, die für die weitere Auslegung im Sinne von Apg. 8,30 grundlegend sind. - Das heißt: Die HKE sagt, welche der Traditionsschichten jünger und älter ist - ob die ältere deshalb im Sinne von Apg. 8,30 authentischer ist,kann sie nicht entscheiden (das wäre schon wieder Verlassen des apriorifreien Feldes).

sven23 hat geschrieben:Heute ja, mindestens bis zur Aufklärung war es komplett anders.
Richtig - weil damals das Rezeptionsverhalten anders war - man hat andere Bilder gebraucht, um geistige Wirklichkeit zu vermitteln.

sven23 hat geschrieben:Doch, gerade weil es geklärt ist, könnent glaubensbasierte Exegesen in der Forschung nicht verwendet werden.
Das ist nur im apriorifreien Feld richtig, nicht aber bei hermeneutischer Interpretation. - "Jesus hatte eine Naherwartung" ist nichts als eine hermeneutische Interpretation auf Basis EINES Modells.

sven23 hat geschrieben:Es gibt 2 Adams?
Ja - Jesus ist der "2. Adam".

sven23 hat geschrieben:Dein Behauptung von der Überzeitlichkeit der Schöpfung trägt die Kirche nicht mit, denn sie hatte einen Anfang.
Die SChöpfung ist überzeitlich in Gott enthalten und wird sozusagen in den dialektischen Raum geworfen ("Fall"). - Das "Paradies" ist ein zeitlich dargestelltes Bild (insofern hast Du recht), das aber überzeitlichen Charakter hat. - Mit anderen Worten: Naturalistisch gesehen gab es "das Ideal der Schöpfung in Gott" zu keiner Zeit.

sven23 hat geschrieben:Bei den griechischen Philosophen war es aber berechtigt.
Das ist eine rein parteiische Aussage wie "Schalke ist besser als BAyern".

sven23 hat geschrieben:Objektivität ist ein Idealzustand der Unabhängigkeit im Verhältnis von Beobachter und Objekt.
Stopp: Das Objekt ist immer eine Modell und nie die Wirklichkeit.

sven23 hat geschrieben:Die Forschung arbeitet grundsätzlich apriorifrei.
Falsch - sie tut es weitgehend auf reiner Sachebene ("Jesus sprach vom nahen Gottesreich"). - Die Tatsache, dass dieses Gottesreich im Verständnis von Sven und dem damaligen Volk nicht eintrat, führt zu einer hermeneutischen Intepretation Jesu, die heißen kann "Er irrte sich" oder "Er irrte sich NICHT". - Beide Aussagen/Interpretationen sind NICHT apriorifrei, sondern werden aus einer hermeneutischen Apriori-Grundlage getan.

sven23 hat geschrieben:Der Verkünder der nahen Gottesherrschaft wurde selbst zum Verkündeten durch christliche Umdeutung.
Das ist EINE zulässige hermeneutische Interpretation.

sven23 hat geschrieben:Eben, deshalb sind sie in der historischen Forschung nicht brauchbar.
Wollen sie doch gar nicht sein - die Frage ist, ob sie in Bezug auf die Wirklichkeit Jesu vor 2000 Jahren brauchbar sind. - Und genau das kann die historisch-methodische Forschung gar nicht beurteilen.

sven23 hat geschrieben:Wer Gaubensbekenntniss als Vorannahmen benötigt, kann damit lediglich seine Vorannahmen zirkelreferent bestätigen.
Nach wie vor falsch - wäre es so, wäre die HKE-Aussage "Jesus hatte ein Naherwartung (in Deinem Verständnis)" zirkelreferent. - Im Grunde sagst Du, dass Wissenschaft nicht mit Modellen arbeiten darf, weil Modelle in ihrer Begrenztheit nur zu zirkelreferenten ERgebnissen führen würden.

sven23 hat geschrieben:Und woher weißt du, dass er urtextnah übersetzt hat? Kannst du das beurteilen?
Ja, aber nicht beweisen. - Setzt Dich mal 2 Jahre hin und lies Satz für Satz und vergleiche dies mit "normalen" Übersetzungen - dann weißt Du, was ich meine.

sven23 hat geschrieben:Im übrigen hat Buber den absoluten Wahrheitsanspruch von Religionen immer abgelehnt.
Das passt zu ihm - ist das ein Grund, nicht urtextnah zu übersetzen?

sven23 hat geschrieben:Da Menschen die Sprache entwickelt haben, ist davon auszugehen, dass alles anthropozentrisch ist, oder zumindest anthropogen.
Wahrnehmung welcher Art auch immer ist immer "anthropogen" - richtig. - Aber aufgeklärte Wahrnehmung weiß, dass diese anthropogene Wahrnehmung nicht das Maß sein kann für das, was ist. - Diese aufgeklärte Wahrnehmung nennt man dann bspw. Theozentrik.

sven23 hat geschrieben:Wenn Ratzinger die historisch-kritische Methode als unverzichtbar erkannt hat, dann wußte er auch, wie diese arbeitet.
Richtig - und deshalb hat er der HKE versucht zu erklären, dass sie als apriorifreie Disziplin unverzichtbar für das Verstehen der Bibel ist. - Er hat dabei NICHT gesagt, dass sie verzichtbar ist, wenn sie das apriorifreie Feld verlässt. - 1993 war ein Zuckerbrot, 2006 die Peitsche.

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#824 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » So 20. Mai 2018, 12:39

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eben, deshalb ist doch die historisch-kritische Methode die Standardauslegung, eben weil man die ältesten Traditionen für die authentischen hält und nicht das, was spätere Generationen sich ausgedacht haben.
Nee - die HKE ist die Grundlagen-Disziplin, weil man damit Sachergebnisse erhält, die für die weitere Auslegung im Sinne von Apg. 8,30 grundlegend sind.
Nein, die Forschung hat laut päpstlicher Bibelkommission den Auftrag, die ursprünglichen Sinn der Texte zu erfassen. Wenn das die closschen "Sachergebnisse" sein sollen, dann meinetwegen.

closs hat geschrieben: - Das heißt: Die HKE sagt, welche der Traditionsschichten jünger und älter ist - ob die ältere deshalb im Sinne von Apg. 8,30 authentischer ist,kann sie nicht entscheiden (das wäre schon wieder Verlassen des apriorifreien Feldes).
Doch, das kann sie sehr wohl entscheiden. Es entspricht er allgemeinen Lebenserfahrung und wird wie bei allen anderen antiken Texten so gehandhabt.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Doch, gerade weil es geklärt ist, könnent glaubensbasierte Exegesen in der Forschung nicht verwendet werden.
Das ist nur im apriorifreien Feld richtig, nicht aber bei hermeneutischer Interpretation. - "Jesus hatte eine Naherwartung" ist nichts als eine hermeneutische Interpretation auf Basis EINES Modells.
Nein, es ergibt sich auf Grund der Quellenlage und die ist nun mal laut Theißen das Maß aller Dinge.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es gibt 2 Adams?
Ja - Jesus ist der "2. Adam".
Hat der auch gesündigt? (Fresser und Weinsäufer)


sven23 hat geschrieben:Dein Behauptung von der Überzeitlichkeit der Schöpfung trägt die Kirche nicht mit, denn sie hatte einen Anfang.
Die SChöpfung ist überzeitlich in Gott enthalten und wird sozusagen in den dialektischen Raum geworfen ("Fall"). - Das "Paradies" ist ein zeitlich dargestelltes Bild (insofern hast Du recht), das aber überzeitlichen Charakter hat. - Mit anderen Worten: Naturalistisch gesehen gab es "das Ideal der Schöpfung in Gott" zu keiner Zeit.

Laut kirchlischem Dogma schon:

49. Gott hat die Welt gut erschaffen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Bei den griechischen Philosophen war es aber berechtigt.
Das ist eine rein parteiische Aussage wie "Schalke ist besser als BAyern".
Deshalb entscheiden die Fakten (hier die Tabelle), wer objektiv besser ist und nicht subjektive

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Objektivität ist ein Idealzustand der Unabhängigkeit im Verhältnis von Beobachter und Objekt.
Stopp: Das Objekt ist immer eine Modell und nie die Wirklichkeit.
Eine Schusswaffe, die dir das Gehirn aus dem Schädel bläst, ist nicht die Wirklichkeit?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung arbeitet grundsätzlich apriorifrei.
Falsch - sie tut es weitgehend auf reiner Sachebene
Closs ist der einzige, der immer von der "Sachebene" schwafelt. Ratzinger meinte damit, dass die HKM keine Glaubensbekenntnisse benötigt, und damit hat er Recht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Verkünder der nahen Gottesherrschaft wurde selbst zum Verkündeten durch christliche Umdeutung.
Das ist EINE zulässige hermeneutische Interpretation.
Aber eine plausible, die in der Forschung konsensfähig ist.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eben, deshalb sind sie in der historischen Forschung nicht brauchbar.
Wollen sie doch gar nicht sein - die Frage ist, ob sie in Bezug auf die Wirklichkeit Jesu vor 2000 Jahren brauchbar sind. - Und genau das kann die historisch-methodische Forschung gar nicht beurteilen.
Ähm, in der historischen Forschung geht es um die "Wirklichkeit Jesu", um nichts anderes. Mit Glaubensideologie kommt man da nicht weiter, bzw. dreht sich zirkelreferent im Kreis.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wer Gaubensbekenntniss als Vorannahmen benötigt, kann damit lediglich seine Vorannahmen zirkelreferent bestätigen.
Nach wie vor falsch - wäre es so, wäre die HKE-Aussage "Jesus hatte ein Naherwartung (in Deinem Verständnis)" zirkelreferent. -
Mit Sicherheit nicht, denn sie benötigt keine apriori Annahmen, wie Ratzinger richtig sagt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und woher weißt du, dass er urtextnah übersetzt hat? Kannst du das beurteilen?
Ja, aber nicht beweisen. - Setzt Dich mal 2 Jahre hin und lies Satz für Satz und vergleiche dies mit "normalen" Übersetzungen - dann weißt Du, was ich meine.
Was nützt das, wenn du kein hebräisch kannst. Du kannst es nicht beurteilen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Im übrigen hat Buber den absoluten Wahrheitsanspruch von Religionen immer abgelehnt.
Das passt zu ihm - ist das ein Grund, nicht urtextnah zu übersetzen?
Nein, aber es ist ein Grund, den absoluten Wahrheitsanspruch der RKK zu kritisieren.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Da Menschen die Sprache entwickelt haben, ist davon auszugehen, dass alles anthropozentrisch ist, oder zumindest anthropogen.
Wahrnehmung welcher Art auch immer ist immer "anthropogen" - richtig. - Aber aufgeklärte Wahrnehmung weiß, dass diese anthropogene Wahrnehmung nicht das Maß sein kann für das, was ist. - Diese aufgeklärte Wahrnehmung nennt man dann bspw. Theozentrik.
Du unterschlägst dabei, dass auch Götter menschliche Erfindungen sind und demzufolge auch anthropogen, es geht gar nicht anders.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn Ratzinger die historisch-kritische Methode als unverzichtbar erkannt hat, dann wußte er auch, wie diese arbeitet.
Richtig - und deshalb hat er der HKE versucht zu erklären, dass sie als apriorifreie Disziplin unverzichtbar für das Verstehen der Bibel ist. - Er hat dabei NICHT gesagt, dass sie verzichtbar ist, wenn sie das apriorifreie Feld verlässt. - 1993 war ein Zuckerbrot, 2006 die Peitsche.
Thema verfehlt. Auch 1993 waren die Ergebnisse der historischen Jesusforschung allseits bekannt. Das Problem liegt, wie ich beschrieben habe, woanders.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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sven23
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#825 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » So 20. Mai 2018, 15:56

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Im übrigen liefern die Evangelien ja selbst Hinweise, dass es zeitgenössische Kritik und Zweifel an der Auferstehung gab.
Wäre auch wundersam, wenn es an der Auferstehung eines Toten keinerlei Zweifel unter den Zeitgenossen gegeben hätte…
Eben, ganz so naiv waren ja nicht alle, wie manche das heute Glauben machen wollen.
Angeblich ist der Auferstandene ja 500 Leuten erschienen. Komischerweise waren keine Gegner und Kritiker dabei. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. ;)

Fragt man sich doch überhaupt, warum der Herr nur seinen Jüngern erschien und nicht auch seinen Anklägern und Richtern, vor denen er den Glauben an seine Auferstehung ja viel wirksamer hätte begründen können.
(Karlheinz Deschner)

Roland hat geschrieben: Die Schreiber waren erstens selbst Juden und zweitens sind diese Gerüchte aus heutiger Sicht schlicht absurd: Menschen lassen die Leiche eines zum Tode Verurteilten verschwinden, um anschließend freimütig und leidenschaftlich dessen Auferstehung zu verkünden, und sich also selbst der Gefahr auszusetzen, dass sie selbst dieses Todesurteil trifft, wohl wissend, dass das alles Lüge ist, wofür sie sich in Gefahr begeben…
Die Betrugshypothese nach Reimarus wird doch heute von der Forschung gar nicht mehr vertreten.

In der heutigen Theologie ist weithin Konsens, dass der Auferstehungsglaube seinen Ursprung nicht in der Entdeckung des leeren Grabes hatte, sondern in den Erscheinungen des Auferstandenen. Dabei ist zwischen den Erscheinungen selbst und ihrer literarischen Einkleidung zu unterscheiden.
...
Die verschiedenen Überlieferungen sind keine historischen Berichte über die Begegnung einzelner Personen mit dem Auferstandenen, sondern geben dem urchristlichen Glauben an die Auferweckung Ausdruck in der Form einer Erzählung. Es handelt sich um bewusst gestaltete literarische Erzählungen, die typische Motive und Stilmittel aufweisen.

Quelle: bibelwissenschaft.de

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Bezweifelt Roland die naturalistische Relevanz der Evolutions-Theorie?
Ich fürchte ja.
Nein. Evolution findet zweifellos statt. Das was man empirisch von ihr erforschen kann, lässt nur nicht den Schluss zu, dass wir so entstanden sind.
Wie sonst? Aus Lehmklumpen? :lol:

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Das Theodizeeproblem bleibt bestehen.
Ich sehe das nicht so, wie jetzt mehrfach dargelegt.
Da waren die alten Griechen schon wesentlich weiter und geändert hat sich am Problem bis heute nichts. (wenn man von einem gütigen Schöpfer ausgeht)

Entweder will Gott das Übel beseitigen und kann es nicht, oder er kann es und will es nicht, oder er kann es nicht und will es nicht, oder er kann es und will es. Wenn er nun will und nicht kann, ist er schwach, was auf Gott nicht zutrifft. Wenn er kann und nicht will, ist er missgünstig, was ebenfalls Gott fremd ist. Wenn er nicht will und nicht kann, dann ist er sowohl missgünstig wie schwach und dann auch nicht Gott. Wenn er aber will und kann, was allein sich für Gott ziemt, woher kommen dann die Übel, und warum nimmt er sie nicht weg?
(Epikur, gr. Philosoph, 341-ca. 270)

Roland hat geschrieben: Statt der Hypothese "Intelligenz" benötigt man halt die Hypothese "geistloser Zufallsprozess". Diese Hypothese ist auch kein "Must have". Bei sorgfältiger Betrachtung eher ein "No go"!
Da bist du mit deinen intelligent Designerkollegen nicht mehr auf dem Stand der Forschung. Sichwort: Selbstorganisation.

https://www.spektrum.de/lexikon/biologi ... tion/60886

Roland hat geschrieben: Es steht dem Sven doch frei zu behaupten, Lukas bediene sich irgendwelcher Tricks. Das bleiben aber bloße Behauptungen, der Historiker sieht das zurecht anders.
Die Forschung ist sich weitgehend einig, dass es sich bei den Evangelien um keine historischen Tatsachenberichte handelt, sondern um Gaubensschriften, die zu einem bestimmten Zweck geschrieben wurden.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Von der Geburt, über seine Kindheit, seinen Beruf, sein Wirken als Prophet, Heiler, Prediger, bis zu seinem Tod, wird seine Biografie dargelegt. Sicher nicht lückenlos aber wo gibt’s das schon.
Die Evangelien berichten nur über seine Zeit des öffentlichen Auftretens, die von 1-3 Jahre gedauert haben soll.
Das ist falsch. Geburt, Kindheit, Berufsausübung, all das wird auch erwähnt.
Sie werden legendarisch nachgeschoben. In den Apogryphen haben sich die Schreiber weitaus detaillierter und phantasiereicher ausgetobt.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Über die Kindheit und die Zeit davor weiß man so gut wie gar nichts. Einzelne Passagen über die Kindheit gelten als spätere Erfindungen der Schreiber.
Nein, es gibt Hinweise, dass Maria selbst dem Lukas aus der Familiengeschichte berichtet hat. Jesus hatte außerdem Brüder.
Genau eben jene Maria, die von den nachgeschobenen Geburtslegenden nichts wußte, als sie ihren Sohn, der "von Sinnen" war ob seiner göttlichen MIssion, wieder nach Hause holen wollte.
Ja, Brüder hatte Jesus laut Bibel auch, aber keiner folgte ihm als Jünger. Die Kirche hat sie sogar später verleugnet, um ihre Wahnvorstellung von der ewigen Jungfrau Maria aufrecht halten zu können.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Einfach mal zur Kenntnis nehmen, dass die ET keine heilige Kuh ist, der man auf den Knien huldigen muss, sondern eine wacklige Theorie, die das Entscheidende nicht liefern kann.
Eine heilige Kuh ist sie nicht, aber eine der am besten bestätigten Theorien überhaupt.
Amen! :lol:
So sei es. :thumbup:

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Habe neulich mal das Sendschreiben der päpstlichen Bibelkommission von 1993 mit dem Namen "Die Interpretation der Bibel in der Kirche" gelesen und es standen mir die Haare zu Berge. Dort wird ein reines Zerrbild der evangelikalen Theologie gezeichnet. Diese "Bibelkommission" ist offenbar von der Lobby der atheistisch-historisch-kritischen Theologie annektiert worden.
Tja, jetzt sitzen die Antichristen auch schon beim Papst auf dem Schoß.
Das war wohl der Grund für Ratzingers Kritik. Und, neben manchem anderen, vielleicht auch ein Grund für seinen Rücktritt.
Der Grund war wohl sein fortgeschrittenes Alter und das abschreckende Beispiel seines Vorgängers. Das wollte er sich wohl ersparen.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Was ursprünglich nicht seine Absicht war. Aber wenn eine Kirche an unbiblischen Praktiken festhält, geht es manchmal nicht anders.
Jedenfalls ist das pauschale Gerede von "DER" Kirche die den Akzent auf die Bestrafung legte, um damit Geschäfte zu machen, falsch.
Nö, es ist eine Beschreibung von historischen Fakten.
Nein, "oberflächliche Pauschalierungen" wäre der treffendere Begriff.
Willst du behaupten, der Ablasshandel sei nicht offizielle Kirchenpolitik gewesen? :roll:

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Beides grundfalsch, wie bereits ausführlich gezeigt.
Du hast ihm widersprochen, widerlegt hast du überhaupt nichts.
Dann hast du es mal wieder alles vergessen.
Zu Zeiten Luthers war Judenfeindlichkeit Alltag, sie kann also nicht durch eine späte, wenig verbreitete Schrift Luthers entstanden sein.
Das hat niemand behauptet. Luther war auch ein Kind seiner Zeit und 1500 Jahre kirchlicher Antijudaismus haben ihre Wirkung nicht verfehlt.

Roland hat geschrieben: Und im NT streiten stets Juden mit Juden. So sieht es auch, wie gezeigt, die Wissenschaft. Von Schreckenberg, Thiede/Stingelin bis Gerd Theißen. Von Jesus stammt der Ausspruch "das Heil kommt von den Juden" (Joh. 4, 22) und Paulus sagt klar, dass Gott sein Volk nicht verstoßen hat (Römer 11, 2). Auch Petrus verdammt die Juden nicht (Apg. 3, 17).
Antijudaismus ist aus dem Gesamtkontext des NT nicht begründbar.
Das stimmt definitiv nicht. Auch wenn es gegensätzliche Aussagen gibt ändert das nichts an den judenfeindlichen Äußerungen.

(Titus 1,10-11): "Denn es gibt viele Freche, unnütze Schwätzer und Verführer, besonders die aus den Juden, denen man das Maul stopfen muss, weil sie ganze Häuser verwirren und lehren."


(Apg 2,23) "Diesen Mann (Jesus), der durch Gottes Ratschluss und Vorsehung dahingegeben war, habt ihr (Juden) durch die Hand der Heiden ans Kreuz geschlagen und umgebracht."

Der Theologe Hans Küng kommt zu dem Schluss, "der Nationalsozialismus wäre unmöglich gewesen, ohne den jahrhundertealten Antisemitismus der christlichen Kirchen."
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#826 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » So 20. Mai 2018, 16:13

Roland hat geschrieben: Sie vertreten nicht Intelligentes Design, begründen aber, dass Zufall, Naturgesetze und lange Zeiträume nicht ausreichen, für eine Erklärung, wie lebende Zellen entstanden sind.
Offensichtlich hat es aber ausgereicht.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Nicht meine Schuld, Plan impliziert nunmal einen Planer und der wird ja willkürlich ausgeschlossen. Im Evolutionsdenken gibt es NICHTS, was einen Plan verfolgen könnte.
Eben, Evolution funktioniert auch ohne einen Plan oder ein Ziel, weil es ein effizienter Mechanismus ist.
Die Tatsache, dass man das Entscheidende nicht erklären kann, zeigt ja gerade, dass dem nicht so ist.
Die Tatsache, dass es Leben gibt, ist doch der Beleg, dass der Mechanismus sehr effizient ist, auch wenn er kein Mitleid kennt.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Der nur Vorhandenes anpassen, das Vorhandene aber nicht konstruieren konnte. Dafür kennt man bisher keinen Mechanismus.
Dass wir den Mechanismus (noch) nicht kennen, heißt ja nicht, dass es ihn nicht gibt.
Und so ist es dein Glaube, dass man in den nächsten 150 finden wird, was man in den vergangenen 150 Jahren nicht gefunden hat. So sind wir eben alle Glaubende.
Gläubige warten seit 2000 Jahren auf die Parusie. Wenn die Forschung mal ein paar Jahre länger braucht, werden sie schon ungeduldig. :lol:


Roland hat geschrieben: Na klar. wenn man den Koran erforscht indem man davon ausgeht, dass es Allah nicht gibt, dann ist das natürlich eine Vorannahme, was denn sonst? In dem Fall ist es die Plausiblere.
Natürlich spielt Plausibilität auch eine Rolle.
Deshalb müssen persönliche Glaubensvorlieben in der Forschung draußen bleiben. Nur so lassen sich Objektivität und Ergebnisoffenheit gewährleisten.

Roland hat geschrieben: Der Gilgamesch Epos wurde von den Bibelschreibern in die Sintflutgeschichte aufgenommen. So hat ein Märchen das andere befruchtet.
Der Gilgamesch-Epos ist eben kein Märchen sondern ein Epos, wie der Name schon sagt, auch wenn er "märchenhafte Züge" enthält. Und dass er von "den Bibelschreibern" aufgenommen wurde ist nichts als eine wacklige Hypothese. [/quote]
Bei ganzen Passagen, die fast wörtlich übernommen wurden ist es mehr als eine Hypothese. Man geht davon aus, dass die Schreiber im babylonischen Exil mit den Flutgeschichten in Berührung kamen und diese für eigene Zweche adapiert haben.

Roland hat geschrieben: Es gibt, über den ganzen Globus verteilt, zig Sintflutberichte aus unterschiedlichsten Kulturen, was eher dafür spricht, dass die Sintflut eben nicht irgendwann als Märchen erfunden wurde, sondern tatsächlich stattgefunden hat.
Überschwemmungen hat es fast überall gegeben und das ist bis heute so. Es sind lokale Ereignisse. Für eine weltumspannende Flut gibt es nicht die geringsten Anhaltspunkte.
Und schon gar nicht, dass Kängeruhs zu Noahs Arche geschwommen sind. Ihr Beutel wäre voll Wasser gelaufen. :lol:

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Demgegenüber ist "die biblische Überlieferung … seit zweitausend Jahren immer wieder geprüft worden, und sie hat diese Prüfung stets bestanden.
Bis zur Aufklärung mag das so gewesen sein, weil bis dahin die Prüfer stets das zirkelreferente Bestätigen eines Glaubenskonstrukts im Auge hatten.
Nein, das gilt bis heute, du hast das Zitat des Geschichtswissenschaftlers an der entscheidenden Stelle abgeschnitten: "Gerade heute wissen wir dank der Entdeckungen aus der Archäologie und der Papyrologie mehr als je zuvor, wie unvergleichlich genau diese Überlieferung ist.".
Welche Überlieferung? Es gibt über 4600 Abschriften von Abschriften und keine gleicht der anderen.

Roland hat geschrieben: Zirelrefent ist es, wie du, auf eine Exegese zu verweisen, die die Bibel auslegt "als gäbe es Gott nicht" (Lüdemann) - um die Ergebnisse derselben dann als Beweis zu nehmen für die Behauptung: "Es gibt Gott nicht."
Die Forschung macht keine Aussagen zur Existenz Gottes. Insofern greift dein Vorwurf der Zirkelreferenz gar nicht.

Roland hat geschrieben: Wenn der, der das Leben gegeben hat, es wieder zurückruft, ist das sein Recht und kein Mord.
Eben, das ist faschistoid.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#827 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » So 20. Mai 2018, 16:42

sven23 hat geschrieben:Nein, die Forschung hat laut päpstlicher Bibelkommission den Auftrag, die ursprünglichen Sinn der Texte zu erfassen.
Damit ist der Wortsinn gemeint - allenfalls das, was die Schreiber gemeint haben in Interpretation aus heutiger Sicht!!! - Dieser Zusatz ist deshalb wichtig, weil vom HEUTIGEN Standpunkt bultmannscher Postulate die SChreiber-Meinung ganz anders zu verstehen ist als aus einer Sicht, bei der es "Wunder" gibt. - Mit anderen Worten: Der Anspruch, man würde doch nur die Verfasser wiedergeben, ist nicht erfüllbar, weil deren Interpretation immer von der eigenen Hermeneutik abhängt.

Insofern ist "ursprünglicher Sinn, dessen was die Verfasser sagen" (also NICHT deren Rezeption) ist erst mal gut - aber damit ist Apg. 8,30 nicht abgedeckt - das geht nur mit einer eigenen geistigen Hermeneutik.

sven23 hat geschrieben:Doch, das kann sie sehr wohl entscheiden.
Nein - in Bezug auf die Wirklichkeit kann sie das NICHT. - Sie kann es in Bezug auf ihr Modell.

sven23 hat geschrieben:Nein, es ergibt sich auf Grund der Quellenlage und die ist nun mal laut Theißen das Maß aller Dinge.
Die Quellenlage ja, aber nicht deren Interpretation durch uns. - Davon abgesehen, dass das "Sie verstanden ihn nicht" nur durch die Zeit in ein "Man versteht es jetzt besser" überführt werden kann. - Konkret: Wenn Paulus tatsächlich meint, Jesus habe eine Naherwartung in Deinem Sinne gehabt, dann heißt das eben NICHT, dass Jesus so gedacht hat - kann sein, muss nicht sein.

sven23 hat geschrieben: Gott hat die Welt gut erschaffen.
Ja - aber das ist nicht naturalistisch gemeint. - Es gibt keine Welt seit dem Urknall, die NICHT dialektisch ist also NICHT "gefallen" ist.

sven23 hat geschrieben:Deshalb entscheiden die Fakten (hier die Tabelle), wer objektiv besser ist und nicht subjektive
Nein - Auufklärung ist eine geistige Sache und nicht eine Sache von Tabellen - übrigens: WELCHE Tabelle?

sven23 hat geschrieben:Eine Schusswaffe, die dir das Gehirn aus dem Schädel bläst, ist nicht die Wirklichkeit?
Wir reden von "Wissenschaft" und wie sie tickt - und hier ist die Aussage: Wissenschaft erforscht Modelle zur Wirklichkeit, aber nicht die Wirklichkeit.

sven23 hat geschrieben:Ratzinger meinte damit, dass die HKM keine Glaubensbekenntnisse benötigt, und damit hat er Recht.
Solangen sie nicht hermeneutisch interpretiert. - Die nackte Aussage "Jesus hatte eine Naherwartung (in Deinem Sinne)" ist eine knallharte hermeneutische Interpretation und NICHT apriorifrei.

sven23 hat geschrieben:Aber eine plausible, die in der Forschung konsensfähig ist.
Die möglicherweise innerhalb der historisch-kritischen Forschung konsensfähig ist - deshalb muss es noch lange "in Wirklichkeit" stimmen.

sven23 hat geschrieben: in der historischen Forschung geht es um die "Wirklichkeit Jesu", um nichts anderes.
Natürlich - und zwar auf Basis EINER MEthodik, die nicht die schlechteste ist. - Die HKE kann aus dieser Position NICHT beurteilen, ob anderen Forschungs-Disziplinen in Bezug auf die Wirklichkeit Jesu weiter weg oder näher dran als die HKE ist.

sven23 hat geschrieben:Mit Sicherheit nicht, denn sie benötigt keine apriori Annahmen, wie Ratzinger richtig sagt.
Ratzinger gibt keinen Freibrief dafür, dass man unter dem Deckmantel der Apriori-Freiheit apriorisch interpretiert. - Mit anderen Worten: "Jesus hatte eine Naherwartung (in Deinem Sinne)" ist nach DEINER Definition zirkelreferent.

sven23 hat geschrieben:Was nützt das, wenn du kein hebräisch kannst. Du kannst es nicht beurteilen.
Setz Dich hin und mach - dann kannst Du erkennen. - Das fängt schon damit an, dass man analysieren kann, wann dasselbe Wort gebraucht wird, wo in den "normalen" Überssetzungen andere Worte gebraucht werden (Konkordanz). - Dass man sein Erkennen immer wieder erweitern kann, ist klar. - Aber man muss erstmal selber "erwerben, um zu besitzen", anstatt irgendwas zu zitieren.

sven23 hat geschrieben: aber es ist ein Grund, den absoluten Wahrheitsanspruch der RKK zu kritisieren.
Das kann man immer - aber auch hier: Man sollte erst kritisieren, NACHDEM man verstanden hat. - Heute ist "Kritik" zum Ersatz für Verstehen geworden.

sven23 hat geschrieben:Du unterschlägst dabei, dass auch Götter menschliche Erfindungen sind und demzufolge auch anthropogen, es geht gar nicht anders.
Falsch: "Gott" ist eine Entität (wenn es ihn gibt), zu dem der Mensch Vorstellungen hat, die nah dran sind oder nicht.

sven23 hat geschrieben:Thema verfehlt. Auch 1993 waren die Ergebnisse der historischen Jesusforschung allseits bekannt.
Nicht verfehlt, weil das Ratzinger wusste. - Er hat 1993 eine Zuckerbrot-Kampagne gefahren: "Ihr seid unverzichtbar für uns, wenn Ihr apriorifrei forscht". (Ansonsten NICHT).

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#828 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » So 20. Mai 2018, 16:59

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Gott erschafft das Leben und er ruft es zurück, nach seinem Ermessen. Weil das Leben von ihm kommt, ist Er der Einzige der das Recht dazu hat, es auch wieder zu nehmen. Das hat mit Mord nichts zu tun.
Natürlich nicht, die Sintflut war ja nur ein liebevolles Waterboarding.
Darum geht’s doch gar nicht. Der Vorgang des Sterbens ist vermutlich selten schön.
Doch, genau darum geht es. Warum ist das Töten von unschuldigen Menschen kein Mord, bzw. wird es auch noch versucht zu rechtfertigen?


Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Punkt 2: Kinder fühlen sich nicht als Marionetten, wenn sie nicht an Krebs erkranken
Hab ich auch nicht gesagt. Marionetten wären wir, wenn wir von Gott keinen freien Willen bekommen hätten.
Und welches Kind wünscht sich dank freiem Willen Krebs?

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Was hast du denn, angesichts des Leides auf der Welt, eigentlich zu bieten?
Ich bin kein Sektenguru und muss demzufolge nichts anbieten oder als Belohnung in Aussicht stellen.
Du hast aber ein Weltbild, einen Glauben - und jedes Weltbild hat natürlich Folgen. Würde ich also deinem Glauben folgen, wäre das Leid in einem tauben, blinden, erbarmugslos gleichgültigen Universum völlig sinnlos und wen es trifft, der hat eben Pech gehabt. So weit, so trostlos, aber das Entscheidende kommt erst noch: Du hast buchstäblich nichts in der Hand, was diesen Glauben wirklich plausibel machen könnte. Warum sollte ich ihm also folgen?
Du meinst, du kommt mit dem Leid anderer besser klar, wenn es nicht durch Pech oder Zufall ensteht, sondern durch göttliche Fügung.
Das erinntert mich an ein chinesisches Sprichwort: nichts ist leichter zu ertragen als das Schicksal der anderen.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Dann nenne mir einen Häretiker des ersten christlichen Jahrtausends, der mit Billigung der Kirche getötet worden wäre.
Bitte sehr.
Am schlimmsten aber erging es bis dahin dem adligen, reichen und gelehrten Spanier Priscillianus, der eine Partei um sich sammelte, in der gnostische und manichäische Gedanken laut wurden, die aber auch asketisches Leben übte. Sie wurden im Jahre 380 von einer Synode in Cäsaraugusta (Saragossa) verdammt. Priscillian wurde nach Trier gebracht und dort 385 hingerichtet. Das war der erste Ketzermord in der christlichen Kirche, die nicht ein Jahrhundert vorher noch unterdrückt war. Jetzt hatte sie selbst zu unterdrücken begonnen und sollte das noch in gesteigertem Maße fortsetzen.
Quellel:http://deutschland-im-mittelalter.de/Re ... ntwicklung
Genau das ist das falsche Beispiel für eine Hinrichtung mit Billigung der Kirche.
Du wolltest doch einen Häretiker genannt bekommen. Hier hast du einen.

Roland hat geschrieben: Jahrhundertelang hat es daraufhin durch die Kirche keine Ketzertötungen mehr gegeben. Es galt das Wort des Augustinus "Zum Glauben ist niemand zu zwingen."
Selbiger hat auch gesagt:

"Was hat man denn gegen den Krieg? Etwa dass Menschen, die doch einmal sterben müssen, dabei umkommen"?

Wahrlich, wäre es nicht wegen der Autorität der katholischen Kirche, so würde ich dem Evangelium keinen Glauben schenken!

Roland hat geschrieben: Ratzinger: "Diese Gestalt ist viel logischer und auch historisch betrachtet viel verständlicher als all die Rekostruktionen, mit denen wir in den letzten Jahrzehnten konfrontiert wurden. Ich denke, dass gerade dieser Jesus - der der Evangelien – eine historisch sinnvolle und stimmige Figur ist."
Genau deshalb ist ja ein Methodenapparat entwickelt worden, um solche subjektiven Glaubensvorlieben zu elemnieren. Ratzinger hat ja auch die historisch-kritische Methode als unverzichtbar bezeichnet. Da hatte er Recht.



Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Es gibt keinen einzigen zwingenden Beleg dafür, dass nicht ALLE überlieferten Worte Jesu authentisch sind. Und wenn sie alle authentisch sind, kann man eindeutig ausschließen, was Gerd Theißen da vermutet.
Wenn es das Spagetthimonster gibt, kann man ausschließen, dass es es nicht gibt. So kann man sich auch zirkelreferent im Kreis drehen.
Nein, das Spagetthimonster ist eine Erfindung. Jesus eine historische Person. Und seine Worte sind historisch überliefert und es gibt kein vernünftiges, objektives Kriterium irgendeines seiner Worte als unauthentisch zu klassifizieren.
Doch, die Forschung hat da jede Menge Kriterien.

Schon Goethe ahnte, dass da etwas faul war im Staate Dänemark.

Eine schöne Erfindung.

Die Geschichte des guten Jesus hab ich nun so satt, daß ich sie von keinem, außer von ihm selbst, hören möchte.



Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Warum? Nur weil nicht-Gläubige keine Belohnung erwarten?
Christen tun das, wie nun mehrfach gesagt, auch nicht. Sie glauben, genau genommen, an unverdiente Gnade, nicht an Belohnung.
Du musst dich deshalb nicht schämen. Die Aussicht auf Belohnung zieht sich durch die gesamte Bibel.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Übrigens wurden die Christen von den Römern auch Atheisten (Leugner der Götter) genannt.
Hm. Wenn dem so war, würde es keinen Sinn machen, denn Christen glauben an einen Theos, sind also Theisten. "Apolytheisten" wäre also der treffendere Begriff.
Wobei es genau genommen auch wieder 3 sind. :lol:


Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Nix Zirkelschluss. Eine milliarden Jahre alte Erde ist nun mal Fakt. Ebenso, wie eine seit milliarden Jahren andauernde Evolution.
Doch Zirkelschluss. Du setzt zunächst voraus, dass die Welt und das Leben durch Zufall, Notwendigkeit und lange Zeiträume entstanden sind. Um dann zu sagen, die Tatsache, dass die Welt existiere, beweise, dass sie durch Zufall, Notwendigkeit und lange Zeiträume entstanden sind.
Hier nochmal zwei Sätze vor obigem Dialog:
Ich verstehe nicht, was du mit Notwendigkeit meinst.
Fakt ist, dass die Erde Milliarden Jahre alt ist und dass das Leben vor 3-4 Milliarden Jahren begann. Was ist daran zirkelschlüssig?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#829 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » So 20. Mai 2018, 18:23

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, die Forschung hat laut päpstlicher Bibelkommission den Auftrag, die ursprünglichen Sinn der Texte zu erfassen.
Damit ist der Wortsinn gemeint - allenfalls das, was die Schreiber gemeint haben in Interpretation aus heutiger Sicht!!! -
Nein, eben nicht aus heutiger Sicht, das wäre reine Projektion. Es geht um die ursprüngliche Verfasserintention. Deshalb sind Schreiber und Adressaten immer zusammen zu betrachten.

closs hat geschrieben: Dieser Zusatz ist deshalb wichtig, weil vom HEUTIGEN Standpunkt bultmannscher Postulate die SChreiber-Meinung ganz anders zu verstehen ist als aus einer Sicht, bei der es "Wunder" gibt. .
Bultmann verweist auf die unterschiedlichen Weltbilder: dort das antike mythische Weltbild, in der Wunderglauben etwas "normales" war und das heutige Weltbild, in dem Wunder nun mal nicht an der Tagesordnung sind. In diesen historischen Kontext müssen die biblischen Wunderberichte eingeordnet werden.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, es ergibt sich auf Grund der Quellenlage und die ist nun mal laut Theißen das Maß aller Dinge.
Die Quellenlage ja, aber nicht deren Interpretation durch uns.
Wer soll die Quellen sonst interpretieren? Der heilige Geist? :lol:

closs hat geschrieben: - Davon abgesehen, dass das "Sie verstanden ihn nicht" nur durch die Zeit in ein "Man versteht es jetzt besser" überführt werden kann. - Konkret: Wenn Paulus tatsächlich meint, Jesus habe eine Naherwartung in Deinem Sinne gehabt, dann heißt das eben NICHT, dass Jesus so gedacht hat - kann sein, muss nicht sein.
Ist aber so. Die entsprechenden Jesusworte gelten als authentisch und gehören zur ältesten Tradition. Deshalb der Konsens in der Forschung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Gott hat die Welt gut erschaffen.
Ja - aber das ist nicht naturalistisch gemeint. - Es gibt keine Welt seit dem Urknall, die NICHT dialektisch ist also NICHT "gefallen" ist.
Woher willst du das wissen?
Nach closs hat Gott also die Welt vor dem Urknall als gut erschaffen und nach dem Urknall war sie plötzlich schlecht. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb entscheiden die Fakten (hier die Tabelle), wer objektiv besser ist und nicht subjektive
Nein - Auufklärung ist eine geistige Sache und nicht eine Sache von Tabellen - übrigens: WELCHE Tabelle?
Oh je, auch im Fussball ist er noch Laie. :lol:
Die Bundesligatabelle natürlich.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eine Schusswaffe, die dir das Gehirn aus dem Schädel bläst, ist nicht die Wirklichkeit?
Wir reden von "Wissenschaft" und wie sie tickt - und hier ist die Aussage: Wissenschaft erforscht Modelle zur Wirklichkeit, aber nicht die Wirklichkeit.
Auch das läßt sich wissenschaftlich untersuchen. Oder meinst du, es tröstet deine Frau, wenn sie hört: ihr Mann ist nur nach einem Modell gestorben.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ratzinger meinte damit, dass die HKM keine Glaubensbekenntnisse benötigt, und damit hat er Recht.
Solangen sie nicht hermeneutisch interpretiert. - Die nackte Aussage "Jesus hatte eine Naherwartung (in Deinem Sinne)" ist eine knallharte hermeneutische Interpretation und NICHT apriorifrei.
Nein, apriorifrei bedeutet, dass die HKM keine Glaubensbekenntnisse benötigt. Die Naherwartung ergibt sich auf Grund der Quellenauswertung. Wer dagegen Glaubensbekennntnisse vorschalten muss, der kommt naturgemäß zu anderen Ergebnissen. Deshalb in der Forschung unbrauchbar.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aber eine plausible, die in der Forschung konsensfähig ist.
Die möglicherweise innerhalb der historisch-kritischen Forschung konsensfähig ist - deshalb muss es noch lange "in Wirklichkeit" stimmen.
Mit großer Wahrscheinlichkeit schon.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: in der historischen Forschung geht es um die "Wirklichkeit Jesu", um nichts anderes.
Natürlich - und zwar auf Basis EINER MEthodik, die nicht die schlechteste ist. - Die HKE kann aus dieser Position NICHT beurteilen, ob anderen Forschungs-Disziplinen in Bezug auf die Wirklichkeit Jesu weiter weg oder näher dran als die HKE ist.
Welche anderen "Forschungsdisziplinen" sollen das sein? :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mit Sicherheit nicht, denn sie benötigt keine apriori Annahmen, wie Ratzinger richtig sagt.
Ratzinger gibt keinen Freibrief dafür, dass man unter dem Deckmantel der Apriori-Freiheit apriorisch interpretiert. - Mit anderen Worten: "Jesus hatte eine Naherwartung (in Deinem Sinne)" ist nach DEINER Definition zirkelreferent.
Nein, ist es immer noch nicht. Ratzinger wußte doch längst, zu welchen Ergebnissen die Forschung gekommen ist. Warum lobt er sie dann noch vordergründig?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was nützt das, wenn du kein hebräisch kannst. Du kannst es nicht beurteilen.
Setz Dich hin und mach - dann kannst Du erkennen. - Das fängt schon damit an, dass man analysieren kann, wann dasselbe Wort gebraucht wird, wo in den "normalen" Überssetzungen andere Worte gebraucht werden (Konkordanz). - Dass man sein Erkennen immer wieder erweitern kann, ist klar. - Aber man muss erstmal selber "erwerben, um zu besitzen", anstatt irgendwas zu zitieren.
Ohne Hebräischkenntnisse bist du auch darauf angewiesen, das zu glauben, was du zitierst. Es ist auch nicht unbedingt ein Vorteil, "urtextnah" zu übersetzen, wenn das nicht verstanden wird. Die Kunst des Übersetzers besteht doch darin, die Intention des Verfassers in eine verständliche Sprache zu transformieren, ohne den Sinn zu entstellen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: aber es ist ein Grund, den absoluten Wahrheitsanspruch der RKK zu kritisieren.
Das kann man immer - aber auch hier: Man sollte erst kritisieren, NACHDEM man verstanden hat. - Heute ist "Kritik" zum Ersatz für Verstehen geworden.
Das wäre fatal. Kritik folgt aber meist, weil man verstanden hat. Buber hatte das offensichtlich bezüglich des Wahrheitsanspruchs des Christentums.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du unterschlägst dabei, dass auch Götter menschliche Erfindungen sind und demzufolge auch anthropogen, es geht gar nicht anders.
Falsch: "Gott" ist eine Entität (wenn es ihn gibt), zu dem der Mensch Vorstellungen hat, die nah dran sind oder nicht.
Dein Lieblingsgott muss sich auch einreihen in die Liste aller je erfundenen Götter. Ob das alles Entitäten sind, wage ich mal zu bezweifeln. Ich weiß, das gefällt dir nicht, aber so ist es nun mal.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Thema verfehlt. Auch 1993 waren die Ergebnisse der historischen Jesusforschung allseits bekannt.
Nicht verfehlt, weil das Ratzinger wusste. - Er hat 1993 eine Zuckerbrot-Kampagne gefahren: "Ihr seid unverzichtbar für uns, wenn Ihr apriorifrei forscht". (Ansonsten NICHT).
Closscher Unfug. Die HKM ist nicht erst 1993 erfunden worden. Die Gründe liegen woanders, wie ich beschrieben habe.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#830 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » So 20. Mai 2018, 21:03

sven23 hat geschrieben: Es geht um die ursprüngliche Verfasserintention.
Klar tut es das - aber es KANN nicht gelingen, wenn es um Denkweisen geht, die man selber nolensvolens vorher qualifiziert. - Einfaches Beispiel: Wer selber an Wunder glaubt, wird dazu neigen, eine diesbezügliche Verfasserintention anders zu bewerten als jemand, der die Verfasser unter naturalistischen Gesichtspunkten interpretiert.

sven23 hat geschrieben:Bultmann verweist auf die unterschiedlichen Weltbilder: dort das antike mythische Weltbild, in der Wunderglauben etwas "normales" war und das heutige Weltbild, in dem Wunder nun mal nicht an der Tagesordnung sind.
Richtig - aber das kann doch dazu führen, dass man einen wundergläubigen Textverfasser anders interpretiert als er es selbst gesehen hat. - Es ist ein Unterschied, ob jemand als "zeitgemäßer Wundergläubiger wider die Aufklärung" verstanden wird oder als jemand, der die Wahrheit sagt.

sven23 hat geschrieben:Wer soll die Quellen sonst interpretieren? Der heilige Geist?
Das ist leider nicht möglich - also: Der Mensch. - Und zwar der Mensch von HEUTE mit HEUTIGER Hermeneutik. - Darum geht es mir doch gerade.

sven23 hat geschrieben:Ist aber so.
Nein - es "IST" nicht so, sondern es ist im historisch-kritischen Verständnis so. - Und dass man dann innerhalb der HKE Konsens erzielen kann, ist ja möglich - aber dieser Konsens bezieht sich doch nicht auf die Wirklichkeit, sondern auf deren Modell.

sven23 hat geschrieben:Woher willst du das wissen?
"Wissen" tut der Mensch gar nichts außer innerhalb und in Bezug auf Modelle. - Mein Versuch will zeigen, wie es geistig plausiblerweise gewesen sein kann - damit die naturalistischen Kritiker einfach mal erkennen, dass ihr Zug ganz woanders unterwegs ist, der nicht auf denselben SChienen unterwegs ist. - Das Christentum ist naturalistisch nicht widerlegbar, weil es geistig und eben nicht naturalistisch denkt.

sven23 hat geschrieben:Die Bundesligatabelle natürlich.
Die Bundesliga-Tabelle zeigt, wer in EINEM Spiel die Nase vorn hat - eines dieser Spiele ist die HKE. - Das sind betriebsinterne Tabellen. - Es gibt keine Tabellen, in denen sowohl HKE-ler als auch Kerygmatiker auftauchen - oder kennst Du sowas: Gemischte Basketball- und Schach-Tabelle. :lol:

sven23 hat geschrieben:Auch das läßt sich wissenschaftlich untersuchen.
In der Naturwissenschaft geht das weitgehend per experimentelle Prüfung. - Bei der HKE geht dies weitestgehend NICHT.

sven23 hat geschrieben: apriorifrei bedeutet, dass die HKM keine Glaubensbekenntnisse benötigt.
Doch - auch das kritisch-rationale resp. naturalistische Weltbild ist ein Glaubensbekenntnis. - Dir fällt diese Erkenntnis deshalb schwer, weil Du in einer kritisch-rationalen resp. naturalistischen Welt aufgewachsen bist und meinst, dies sei "normal".

sven23 hat geschrieben:Mit großer Wahrscheinlichkeit schon.
"Wahrscheinlich" in Bezug auf Dein Modell - sonst nichts.

sven23 hat geschrieben:Welche anderen "Forschungsdisziplinen" sollen das sein?
Alle anderen Exegesen außer HKE, Kerygmatik, etc.

sven23 hat geschrieben:Ratzinger wußte doch längst, zu welchen Ergebnissen die Forschung gekommen ist. Warum lobt er sie dann noch vordergründig?
Er lobt DEN Teil, den er haben will - diesen Teil nennt er "apriorifrei". - Das ist so wie zwischen Merkel und Putin: Ist die Stimmung schlecht, empfängt sie Putin mit seinem Labrador, weil er weiß, dass Merkel Schiß vor Hunden hat. - Ist die Stimmung gut (wie gerade jetzt), empfängt er sie mit Blumen. - Ratzinger wollte gute Stimmung machen und integrieren.

sven23 hat geschrieben:Die Kunst des Übersetzers besteht doch darin, die Intention des Verfassers in eine verständliche Sprache zu transformieren, ohne den Sinn zu entstellen.
Und das tut Buber allen Anschein nach sehr gut - er wird dementsprechend beschrieben, und ich selbst kann es merken. Aber das setzt, wie gesagt, vertiefte Beschäftigung voraus.

sven23 hat geschrieben: Kritik folgt aber meist, weil man verstanden hat.
Nein - das ist NICHT die Regel.

sven23 hat geschrieben:Dein Lieblingsgott muss sich auch einreihen in die Liste aller je erfundenen Götter.
Dein Satz macht eventuell Sinn, wenn Du von "Gottes-Vorstellungen" spricht. - Natürlich "erfindet" eine Zeit ihre Vorstellungen - aber doch nicht das, was dahinter ist.

sven23 hat geschrieben:Die HKM ist nicht erst 1993 erfunden worden.
Ähm - richtig. - Aber 1993 war das Jahr, in dem sich der Vatikan dazu "mit Zuckerbrot" geäußert hat.

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