NT wirklich besser als AT?

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sven23
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#1 NT wirklich besser als AT?

Beitrag von sven23 » So 14. Jul 2013, 12:25

Es wird ja immer wieder behauptet, das NT sei um so viel besser, weil humaner, als das AT. Aber stimmt das wirklich?
Wenn dem so wäre, müßte Gott sich verändert haben, vom grausamen, eifersüchtigen Rachegott des AT zum liebenden, gütigen Gott es NT. Da aber Gott ewig sein soll und sich nicht verändert, kann dies eigentlich nicht sein. Und in der Tat, wenn man sich das NT genauer ansieht, ist von einer wirklichen Veränderung nicht viel zu spüren.
Was bleibt von der Bibel dann noch als moralischer Leitfaden übrig?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Naqual
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#2 Re: NT wirklich besser als AT?

Beitrag von Naqual » So 14. Jul 2013, 13:42

sven23 hat geschrieben:Es wird ja immer wieder behauptet, das NT sei um so viel besser, weil humaner, als das AT. Aber stimmt das wirklich?

Das AT und das NT sind aus zwei völlig verschiedenen Perspektiven geschrieben.
Im AT haben wir eine politische Sicht. Die Akteure sind in Macht und Würde. Sie haben Kriege mit umgebenden Völkern, sie haben innenpolitische Macht und erlassen das mosaische Recht. Schwerpunkt des Fokus ist auf dem Volk Israel, nicht auf die einzelne Person.
Im NT haben wir eher eine psychologische Sicht. Die Akteure im NT, soweit auf Seiten Gottes, sind ohne politische Macht, ja in der Regel der immensen und brutalen Macht des römischen Imperiums ausgeliefert. Der Schwerpunkt liegt auf dem Verhalten des einzelnen und sein Verhältnis zum Reich Gottes. Ganz irdische Macht über andere spielt keine Rolle. Außer aus der Sicht des Opfers, aber nicht des Täters, der Täter.
Zwar beschreibt auch das AT das Verhalten einzelner und das NT bettet seine eher "psychologischen Ausführungen" in den umfassenden weltweiten Heilsplan Gottes ein, aber die Schwerpunkte sind klar verteilt und die Bedingungen aus denen heraus geschrieben wird.

Das AT mit seinen Ausführungen der Anwendung politischer Macht ist das, was uns heute am meisten gegen den Strich geht. Wir würden es so nicht machen wollen: Religion und Staat ist bei einem Oberhaupt bis hin in die Strafgesetzgebung (beim Islam würde uns das immens stören, siehe Scharia). Die Handlungen des Staats werden durch Anweisungen Gottes legitimiert und dort, wo das Volk eins auf die Mütze kriegt, ist es Folge der Sünden der Staatsbürger.
Der Staat vertritt Gott. Dieser ist hart gegenüber den Gesetzesübertretern und warmherzig gegenüber denen, die ihm gehorsam sind. Das ist so völlig selbstverständlich für die Zeitgenossen. Im Vordergrund steht das Wirken in einem Diesseits, wenn auch das Jenseitige ständig im Hintergrund hineinspielt. Himmel und Hölle gibt es nicht wie in der späteren christlichen Vorstellung, ja, es ist sogar fraglich für die Juden bis einschließlich der Zeit Jesu, ob es ein Leben nach dem Tode gibt. Allein dies zeigt, wie stark diesseitsorientiert alles ist.
Das NT stellt den einzelnen Gläubigen in der Vordergrund der Überlegungen. Was kann dieser tun? Und vor allem, was kann er tun um das ewige Leben zu erlangen? Die irdische Heilsgeschichte im Ablaufplan Gottes wird getauscht mit dem Streben des Individuums nach dem Himmel. Hier ist eine Schwerpunktverschiebung. Ziel und Ansinnen werden hier (stärker) auf ein nicht erfahrbares Jenseitiges gerichtet.


Wenn dem so wäre, müßte Gott sich verändert haben, vom grausamen, eifersüchtigen Rachegott des AT zum liebenden, gütigen Gott es NT. Da aber Gott ewig sein soll und sich nicht verändert, kann dies eigentlich nicht sein.
Aufgrund des verschiedenen Fokus des AT und NT kann man eine Wesensänderung Gottes nicht belegen.
Plakativ gesagt: im AT ist die Rache Gottes und sein Bodenpersonal setzt dies durch. Das wird dann auch mit vielen Beispielen illustriert. Im NT ist der Schwerpunkt hierauf: "Gottes- und Nächstenliebe", "einer trage des anderen Last".
Das klingt natürlich ganz anders (im zweiten Fall erheblich freundlicher) ist aber kein unmittelbarer Widerspruch.

Was bleibt von der Bibel dann noch als moralischer Leitfaden übrig?
Sofern man nicht wörtlich bestimmte Regelungen verfolgen will als das absolut Verbindliche, kann man hier schon fündig werden mit Spitzenanregungen für die Entwicklung von moralischen Vorstellungen bei einem selbst.
Gerade die Spannung zwischen Moral im politischen und im persönlichen Bereich (was auf der persönlichen Ebene zu funktionieren scheint, kann im Politischen zum Gruppenselbstmord ausarten) hat mir persönlich gute Anregungen gegeben und ein tieferes Verständnis, als ich den Widerspruch endlich auflösen konnte.

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Tara
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#3 Re: NT wirklich besser als AT?

Beitrag von Tara » So 14. Jul 2013, 14:23

Hi sven in K.H. Deschner's Werken :thumbup: findest du sehr viel mehr an Details und Antworten auf deine Fragen, ich dachte aber diesen ↓↓↓ Text hier reinzustellen Quelle
Altes Testament

Die Erforschung des Alten Testaments ist seit jeher neben der kritischen Arbeit mit dem Text sehr eng mit der Archäologie verbunden. Dabei hat sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Ergebnisse der archäologischen Forschung die Angaben der alttestamentarischen Texte nicht belegen, sondern diese vielfach deutlich widerlegen. Die Ergebnisse der Archäologie in Verbindung mit Textkritik haben die als Vertreter des "Biblischen Minimalismus" bekannten Wissenschaftler zu der Schlussfolgerung geführt, dass den zentralen Erzählungen des Alten Testaments kein oder nur ein minimaler historischer Kern zugrunde liegt. Die Zeit der Patriarchen, der Exodus, die Zeit der Richter und das Königreich Davids und Salomons sind unhistorisch, wie auch die damit verbundenen Personen. Selbst das babylonische Exil wird als Gründungsmythos und nicht als historische Wahrheit betrachtet. Die Entstehungsgeschichte des Alten Testaments wird von diesen Forschern in der Persischen oder der Hellenistischen Periode angesetzt und als ein relativ kurzer zeitlicher Prozess verstanden.

Neues Testament

Im Bereich des Neuen Testaments fand man stets eine Mindermeinung vor, die die Existenz eines historischen Jesus geleugnet hat. Diese Meinung ist sowohl innerhalb als auch außerhalb der christlichen Theologie vertreten worden. In Deutschland ist sie insbesondere mit den Namen des Philosophen Arthur Drews, sowie der protestantischen Theologen Albert Kalthoff und Hermann Raschke verbunden. Zweifel an der Geschichtlichkeit Jesu ergeben sich etwa aus dem Fehlen außerbiblischer Zeugnisse für ihn, sowie aus der Art seiner Beschreibung in den Texten des Neuen Testaments und der sonstigen frühchristlichen Literatur. Während die Briefliteratur des Neuen Testaments an einer Biographie Jesu nicht interessiert ist, ist die von den Evangelien gelieferte Biographie angelehnt an das Alte Testament und die bekannten Mythen anderer sterbender und auferstehender Gottessöhne. Für die frühchristliche Literatur innerhalb wie außerhalb des Neuen Testaments ist Jesus Erlöser, Gottessohn und Logos. Die Radikalkritik sieht am Beginn des Christentums aber nicht wie die herrschende Meinung einen Menschen, der vergöttlicht wurde, sondern einen mythischen Gottessohn, eine mythische Erlösergestalt.

:wave:
Der 8te Himmel gehört den Atheisten die der Überzeugung sind, dass die Realität zwar hart sein kann, aber umso wertvoller ist als alle schöne und sanfte Märchen zusammen.

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sven23
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#4 Re: NT wirklich besser als AT?

Beitrag von sven23 » So 14. Jul 2013, 14:29

Naqual hat geschrieben:
Das AT mit seinen Ausführungen der Anwendung politischer Macht ist das, was uns heute am meisten gegen den Strich geht.

Ja, das tut es unbestreitbar (bis auf Ausnahmen, die das auch noch beklatschen).

Auch wenn das NT aus einer anderen Perspektive geschrieben sein soll, so fügt es sich doch in vielen Punkten an das AT an. Jesus selbst bestätigt dies:

"Meint nicht, dass ich gekommen sei, das Gesetz oder die Profeten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen." — «Das Evangelium nach Matthäus 5.17»

So gibt es auch viele konträre Aussagen: neben der Bergpredigt findet man auch einen intoleranten Jesus:

"Er aber antwortete und sprach: Jede Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, wird ausgerottet werden."— «Das Evangelium nach Matthäus 15.13»

oder einen Jesus, der für völlig überzogene Strafen, ganz im Sinne des AT, eintritt:

"Ich aber sage euch, dass jeder, der seinem Bruder […] sagt: Du Narr! der Hoelle des Feuers verfallen sein wird." — «Das Evangelium nach Matthäus 5.22»

Und nirgendwo ist so oft von der Hölle die Rede wie im NT

Alles in allem muß ich mein früheres Urteil revidieren, als ich noch annahm, das NT sei irgendwie besser als das AT. Wenn man sich näher damit befaßt, ist es das nicht wirklich.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#5 Re: NT wirklich besser als AT?

Beitrag von sven23 » So 14. Jul 2013, 14:42

Tara hat geschrieben:Hi sven in K.H. Deschner's Werken :thumbup: findest du sehr viel mehr an Details und Antworten auf deine Fragen, ich dachte aber diesen ↓↓↓ Text hier reinzustellen Quelle
Altes Testament


Danke Tara :thumbup:

Deschner ist ein gutes Beispiel, wie man sich auch noch im hohen Alter seinen scharfen Vestand und seine Kritikfähigkeit bewahren kann. :clap:
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Magdalena61
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#6 Re: NT wirklich besser als AT?

Beitrag von Magdalena61 » So 14. Jul 2013, 14:51

sven23 hat geschrieben:Deschner ist ein gutes Beispiel, wie man sich auch noch im hohen Alter seinen scharfen Vestand und seine Kritikfähigkeit bewahren kann. :clap:
?... wie man auch im hohen Alter noch Unwahrheiten verbreiten kann.
Behauptungen...

Wer die mit dem Konsum der biblischen Texte einhergehenden Risiken und Nebenwirkungen nicht verträgt, der sollte davon vielleicht etwas Abstand nehmen. :)
LG
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Magdalena61
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#7 Re: NT wirklich besser als AT?

Beitrag von Magdalena61 » So 14. Jul 2013, 15:45

Ergänzung:
"Die Bibel ist ein Glaubenszeugnis und kein historisches Dokument."

Maßgebend dazu hat sich der jüdische Religionsphilosoph Abraham J. Heschel (1907-1972) geäußert, der sich in seinem Denken bemühte, die Bibel gemäß ihren eigenen Kategorien zu verstehen .
Er schreibt: Die Bibel "hat nicht die Absicht, eine Geschichtsdarstellung zu geben [Its aim is not to record history...], sie will vielmehr von der Begegnung Gottes mit dem Menschen auf der Ebene des konkreten Lebens berichten."

Eine Haltung, in der "wir die Wissenschaft zum Prüfstein für die Religion machen und die Bibel als Dichtung oder Mythos ansehen", ist rationalistisch. Sie entspricht nicht der literarischen Eigenart und dem Geist der Bibel. Quelle
Man kann es sich also sparen, nach "Zeugen" der Wüstenwanderung zu suchen: Knochen, Tonscherben oder was auch immer- und davon abhängig zu machen, ob man der Bibel glauben [d]kann[/d] will oder nicht.

Das Folgende unterschreibe ich ebenfalls:
Nach der Historizität der Bibel zu fragen, ist prinzipiell etwas anderes als die Frage zu stellen, in welchem Sinn die biblischen Geschichten beanspruchen, wahr zu sein.

Wer die biblische Chronologie mit dem Spaten verifizieren will, verhält sich wie ein Landvermesser, der mit seinen Geräten die Landverheißungen an die Erzväter zu bestätigen sucht.
...
Wie die kritische Bibelwissenschaft kann auch die Archäologie mit ihren Methoden die Wahrheit der Bibel als Urkunde des Glaubens weder erweisen, noch bestreiten. Sie kann uns aber helfen, unsere Kenntnis der tatsächlichen, historisch erforschbaren Geschichte, in der die Bibeltexte verwurzelt sind, zu vertiefen, und sie kann erhellen, wann und warum die biblische Geschichte aufgeschrieben wurde.

PD Dr. Michael Heymel
Und jetzt können wir uns wieder um das eigentliche Thema kümmern :) .
LG
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Naqual
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#8 Re: NT wirklich besser als AT?

Beitrag von Naqual » So 14. Jul 2013, 16:44

sven23 hat geschrieben: Auch wenn das NT aus einer anderen Perspektive geschrieben sein soll, so fügt es sich doch in vielen Punkten an das AT an. Jesus selbst bestätigt dies:

"Meint nicht, dass ich gekommen sei, das Gesetz oder die Profeten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen." — «Das Evangelium nach Matthäus 5.17»
Persönliche gedankliche Fragmente hierzu:
Der Sachverhalt als solcher ist nicht synoptisch bestätigt. Also dieser Passus kommt nur bei Matthäus vor, sonst nirgendwo im NT, wenn ich mich richtig erinnere. Zumindest ergibt sich da für mich daraus, dass die frühe Christenheit (zur Zeit als die Schriften des NT entstanden sind) diesem nicht Priorität eingeräumt haben, eher hier einen sekundären Sachverhalt hatten in ihrem Gesamtglaubensgerüst. Matthäus ist der Autor, der noch am nächsten mit dem jüdischen Glauben korrespondiert. Für ihn hatte es eine größere Wichtigkeit.
Weil wir aber nur diesen Kurzabschnitt haben, sind Interpretationen sehr schwierig. Matthäus kann nämlich m.E. der Kuckuck was gemeint haben.
z.B. schlicht, dass Jesus meint "Die Kritik einiger an mir geht fehl. Ich halte mich an das Gesetz, ICH erfülle es"
oder: liebe Zuhörer, meint nicht, ich repräsentiere einen leichten Weg, so dass man das Gesetz einfach beseiteschieben könnte. Für mich (Jesus) ist das Gesetz eigentlich: "Liebe Gott über alles und Deinen Nächsten wie Dich selbst" und "verkaufe alles was Du hast und gib es den Armen". Er könnte dies auf Kritik vorgebracht haben, dass sein "lascher Umgang" mit dem Gesetz nicht einfach Untreue Gott gegenüber ist, sondern eine Korrektur. Aber nicht eine für faule und bequeme Egoisten, da seine Sichtweise sogar mehr erfordert vom einzelnen.
Ich persönlich tendiere zum letzteren. Aber sicheres Wissen gibt es hierzu sicherlich nicht.

So gibt es auch viele konträre Aussagen: neben der Bergpredigt findet man auch einen intoleranten Jesus:
"Er aber antwortete und sprach: Jede Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, wird ausgerottet werden."— «Das Evangelium nach Matthäus 15.13»
Ich persönlich halte dies für einen späteren Einschub "tafferer" Christen nach dem Konzil von Nicea. Denn dieser Satz kommt in keiner Abschrift vor dem 4. Jahrhundert vor.

Kann nachgeprüft werden bei:
http://nttranscripts.uni-muenster.de/An ... +start.anv

oder einen Jesus, der für völlig überzogene Strafen, ganz im Sinne des AT, eintritt:
"Ich aber sage euch, dass jeder, der seinem Bruder […] sagt: Du Narr! der Hoelle des Feuers verfallen sein wird." — «Das Evangelium nach Matthäus 5.22»
Und nirgendwo ist so oft von der Hölle die Rede wie im NT
Okay, hier ist meine Antwort von vorhin nicht möglich, der Satz kommt in einem der ältesten Fragmente überhaupt vor:
dem Magdalenen-Papyrus (P64).
Ich persönlich teile allerdings beim Lesen der Jesu-Worte nicht die Ansicht, dass es Himmel und Hölle im christlichen Sinn überhaupt gibt. "Hölle" ist einfach ein Zustand der schmerzhaften Erfahrung als Folge des eigenen Verhaltens. Und ich sehe dies bereits diesseitig (wenn es sich auch ins Jenseits erstrecken kann). Jesus wird viel zu oft jenseitig analysiert, meist hat er m.E. ganz diesseitige Dinge gemeint. Also man darf beim Begriff der Hölle nicht den standardchristlichen Sinn reinlegen. Und schon kommt etwas anderes bei heraus.

Die Hölle wird verwendet als Bild, nicht als Ort. Ist jedenfalls meine Meinung.
Petrus gebraucht sogar das Wort "Tartaros" im NT (wird von Luther natürlich nur mit Hölle übersetzt). Das ist der tiefe Abschnitt der griechischen (!) Unterwelt, noch unterhalb des Hades, bei dem sozusagen die "Schwerverbrecher" dauerinhaftiert wurden.
Denke nicht, dass Petrus hier die Existenz von Elementen der griechischen Mythologie belegen wollte.
Es war ein Bild, weil dieses im Sprachgebrauch der damaligen Menschen eine Rolle spielte.

Alles in allem muß ich mein früheres Urteil revidieren, als ich noch annahm, das NT sei irgendwie besser als das AT. Wenn man sich näher damit befaßt, ist es das nicht wirklich.
Philosophisch ist das AT stringenter. Im NT kommen schon merklich wesentliche Elemente griechischer Philosophie herein und es wird gemischt (eine Steilvorlage für spätere Exegeten die dem jüdischen Denken nicht nahe genug waren). Das eigentliche Problem sehe ich aber darin, dass man das NT interpretieren müsste ohne die spätchristlichen Dogmen, die dem ganzen einen ganz anderen Sinn und Geist geben. Aus einer Botschaft praktizierter Nächstenliebe wurde ein Ultimatum (Gott und) der Kirche zu gehören oder allezeiten in der Hölle zu schmoren.

So wie heute das NT gelesen wird, kann ich dem nicht viel abgewinnen. M.E. kann man aber noch die ursprüngliche Botschaft herausfinden. Und die finde ich toll!

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sven23
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#9 Re: NT wirklich besser als AT?

Beitrag von sven23 » So 14. Jul 2013, 16:48

Magdalena61 hat geschrieben:Man kann es sich also sparen, nach "Zeugen" der Wüstenwanderung zu suchen: Knochen, Tonscherben oder was auch immer- und davon abhängig zu machen, ob man der Bibel glauben [d]kann[/d] will oder nicht.


Ok, einverstanden, ich habe ja schon immer vermutet, daß die Bibel nur ganz spärliche historische Bezüge hat, einschließlich der Figur des Jesus. Es sind also mehrheitlich mythologische Erzählungen, die nicht in einem historischen Kontext zu sehen sind, als vielmehr in einen religiösen Zusammenhang zu stellen sind, so wie andere Religionen halt auch entstanden sind.

@Naqual

danke für deine sehr differenzierte Betrachtungsweise
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Naqual
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#10 Re: NT wirklich besser als AT?

Beitrag von Naqual » So 14. Jul 2013, 16:58

sven23 an Tara hat geschrieben: Deschner ist ein gutes Beispiel, wie man sich auch noch im hohen Alter seinen scharfen Vestand und seine Kritikfähigkeit bewahren kann. :clap:

Habe mir gerade schmunzelnd vorgestellt, dass man Deschners bekanntestes (und frühes Werk) "Abermals krähte der Hahn" an staatlichen Schulen als verbindlich zu besprechen im Religionsunterricht regeln sollte aber der 8. Jahrgangsstufe.
Schließlich bespricht man in Biologie ja auch nicht nur Genesis 1 aus Sicht der Kreationisten.

Deschner ist sehr akurat, irrsinniges Detailwissen, hat guten Blick für Zusammenhänge.
Leider mutierte er am Ende seines Lebens zum Atheisten. Der Kampf gegen Verfälschungen und Uminterpretationen hatte ihn (aus meiner Sicht) aufgefressen. Schade.

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