Ein offener Brief an Ben Affleck

Judentum, Islam, Hinduismus, Brahmanismus, Buddhismus,
west-östliche Weisheitslehre
Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#91 Re: Ein offener Brief an Ben Affleck

Beitrag von Pluto » Mi 12. Nov 2014, 19:22

Rembremerding hat geschrieben:Hindenburg war Kandidat des nationalkonservativen "Reichsblocks", dem sich auch die erzkatholische Bayerische Volkspartei anschloss.
Das katholische Zentrum und die SPD hatten Dr. Marx als Kandidat. Marx hielt sich aufgrund der SPD in seinem Volksblock mit christlichen Äußerungen zurück, hingegen Hindenburg vom "Beistand Gottes" sprach und die "christliche Art" hochlobte. So wählten viele Katholiken lieber Hindenburg.
Auch die deutschen Juden standen fast geschlossen hinter Hindenburg, die Nazis schwärzten ihn deshalb auch als "Judenkandidat" an.
In protestantischen Gebieten hatte Hindenburg zu 1925 massive Stimmverluste, wohl aus den von Dir angegebenen Gründen @catholic
Hier noch ein Mini-Video zur Übereinstimmung Katholiken - Hindenburgwähler:
Das Problem, was ich sehe, ist, dass die NSDAP zwar als Minderheit begann, dann aber in den 20er Jahren immer merhr an Popularität zunahm, bis sie 1933 die Mehrheit im Reichstag erreichte.
Sie war Deutschlandweit gesehen keine Splitterpartei. Religionszugehörigkeit spielte hier eine untergeordnete Rolle.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#92 Re: Ein offener Brief an Ben Affleck

Beitrag von closs » Mi 12. Nov 2014, 20:00

Catholic hat geschrieben:Wobei mir nicht ganz klar ist,was mit den politischen Strukturen bezogen auf das Mittelalter - und ich beziehe mich hierbei jetzt nur auf das deutsche Hochmittelalter
Kann ich leider nicht antworten - zu lange her. - Vage glaube ich mich zu erinnern, dass eher das Spätmittelalter gemeint war, als sich Städte und regionale Feinstrukturen gebildet hatten.

Catholic hat geschrieben:denn die damaligen Verhältnisse (politisch,geographisch usw.) waren komplett andere als 1932.
Auf "Landkreis"-Ebene nicht - denn schon immer haben geografische und linguistische Gesichtspunkte (Flussläufe, Gebirgsketten, Dialekt-Grenzen, etc.) politische Feinstrukturen wesentlich beeinflusst. - Aber wie gesagt - lange her - vielleicht täusche ich mich auch und es bezog sich auf die Strukturen nach dem Religionsfrieden von 1555 (also in der frühen Neuzeit). - Jedenfalls gab es frappierende Übereinstimmungen zweier Strukturen, die viele Jahrhunderte auseinander waren.

Rembremerding hat geschrieben:Interessant war tatsächlich, dass 1932 die Mehrheit z. B. der Katholiken den Protestanten Hindenburg wählten, nur um Hitler zu verhindern.
Schwieriges Thema - einerseits sind da die Katholiken, die generell eher weniger aufmüpfig sind - andererseits war die sog. "Deutsche Kirche" weitgehend protestantisch geprägt. - Wahrscheinlich ist es eine Herkules-Aufgabe, hier eine faire Beurteilung hinzukriegen.

Ein weiterer Aspekt: Erstaunlich ist (auch darüber gibt es eine Arbeit), dass die Positivisten/Materialisten/Religions-Kritiker der 2. Hälfte des 19. Jh. mehr zur NSDAP neigten als charismatisch-"esoterische" Kreise wie etwa der George-Kreis. - Es war also mitnichten so, dass "aufgeklärte" anti-religiöse Menschen gefeiter gewesen wären als religiöse/"esoterische" Menschen. - Dazu gibt es einiges zu lesen in "Klassiker in finsteren Zeiten" - auch der Positivismus-Streit zwischen Dilthey und den Natuaralisten könnte hier Informationen liefern.

Wie auch immer: Sehr unübersichtlich - und: Egal, was dazu geschrieben ist: Man muss ganz genau hinschauen, WER etwas dazu schreibt und in welchem Interesse geschrieben ist.

Rembremerding
Beiträge: 2984
Registriert: So 18. Aug 2013, 16:16

#93 Re: Ein offener Brief an Ben Affleck

Beitrag von Rembremerding » Mi 12. Nov 2014, 20:12

Wer Interesse an dem Thema hat, dem kann ich das Buch des Politikwissenschaftlers Jürgen Falter "Hitlers Wähler", München 1991, empfehlen. Inzwischen ein Klassiker. Falter räumt mit alten Irrtümern auf, so dass angeblich viele KPD-Wähler zur NSDAP übergelaufen wären oder dass die Jugend besonders anfällig für die Nazis waren.
Dieser katholische User ist hier dauerhaft inaktiv

Benutzeravatar
Bastler
Beiträge: 525
Registriert: Mo 3. Nov 2014, 10:45

#94 Re: Ein offener Brief an Ben Affleck

Beitrag von Bastler » Do 20. Nov 2014, 23:51

Pluto hat geschrieben:Ist es Rassismus oder Islamophobie, wen man sich gegen den Islam äußert?
Man tut meiner Meinung nach immer gut daran, präziser zu sprechen.

Islam ist ein weites Feld.
Da gibt es viele brave, gutwillige und menschenfreundliche Menschen, die ihre Gutmütigkeit und Menschenfreundlichkeit via Islam kultivieren.
Es gibt natürlich auch das genaue Gegenteil: Fanatiker, die ihre Gesinnung und ihre Macht um jeden noch so blutigen Preis durchsetzen wollen - und dies via Islam kultivieren.

Meiner Meinung nach muss man konkret sagen, gegen was man sich äußert.
Ich bin z.B. gegen Ehrenmord. Ich bin gegen gewalttätigen Dschihad. Ich bin gegen die von vielen Moslems propagierten "Körperstrafen" (Dieben die Hand abhacken und so was).

Ich könnte sogar so unpräzise werden, dass ich sage: "Ich wende mich gegen den Grundduktus von Pierre Vogels Glaubensverständnis". Aber da wird es schon schwierig: Manche hören einen anderen Grundduktus aus seinen Reden heraus. Also muss ich doch wieder präzisieren.

Rassismus und Islamophobie (Christophobie, Kommunistophobie, Antijudaismus) leben immer von der Pauschalisierung.
"Alle Juden sind ... Alle Türken sind ... Alle Moslems sind ... Alle Salafisten sind ..."
"Der ganze Koran ist eine einzige ... Die ganze Sharia ist eine einzige ... Der ganze Salafismus ist nichts als ..."

Meine Meinung:
Weg von diesen Pauschalitäten.
Hin zum konkreten Menschen
und hin zur konkreten Aussage.

Ich finde z.B. die Politik Netanjahus ziemlich übel. Und seine ganze Regierung. Deswegen bin ich noch lange kein Antijudaist.
Ich finde auch Hitler und Berlusconi ziemlich übel - und bin deshalb noch lange kein Deutschen- oder Italienerhasser.

Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#95 Re: Ein offener Brief an Ben Affleck

Beitrag von Halman » Fr 21. Nov 2014, 15:00

Bastler hat geschrieben:Meiner Meinung nach muss man konkret sagen, gegen was man sich äußert.
Ich bin z.B. gegen Ehrenmord. Ich bin gegen gewalttätigen Dschihad. Ich bin gegen die von vielen Moslems propagierten "Körperstrafen" (Dieben die Hand abhacken und so was).
Wie interpretierst Du Sure 5, Vers 39?:
Zitat aus Qur-ān* , Sure 5:
Der Dieb und die Diebin - schneidet ihnen die Hände ab, als Vergeltung für das, was sie begangen, und als abschreckende Strafe vor Allah. Und Allah ist allmächtig, allweise.
*Qurʾān: arabisch/deutsch, Herausgeben v. Hadhrat Mirza Masroor Ahmad, Iman d. Ahmadiyya Muslim Jamaat
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Benutzeravatar
Bastler
Beiträge: 525
Registriert: Mo 3. Nov 2014, 10:45

#96 Re: Ein offener Brief an Ben Affleck

Beitrag von Bastler » Fr 21. Nov 2014, 23:52

Halman hat geschrieben:Wie interpretierst Du Sure 5, Vers 39?
Ebenso wie Ex 22,17: "17 Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen."

Ich vermute, dass es in so ziemlich jeder größeren Sammlung heiliger Texte solche Stellen gibt.
Wer diese Stellen zur Leitlinie seines Handelns macht, ist normalerweise ein Fanatiker.
Man tut gut daran, sich von solchen Tötungsforderungen erst einmal zu distanzieren, bevor man mit dem exegieren beginnt.

Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#97 Re: Ein offener Brief an Ben Affleck

Beitrag von Halman » So 23. Nov 2014, 21:50

Bastler hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Wie interpretierst Du Sure 5, Vers 39?
Ebenso wie Ex 22,17: "17 Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen."

Ich vermute, dass es in so ziemlich jeder größeren Sammlung heiliger Texte solche Stellen gibt.
Wer diese Stellen zur Leitlinie seines Handelns macht, ist normalerweise ein Fanatiker.
Man tut gut daran, sich von solchen Tötungsforderungen erst einmal zu distanzieren, bevor man mit dem exegieren beginnt.
Damit stimme ich überein. Allerdings hat der Qurʾān (القرآن‎) im Islam nach meinem hier sehr bescheidenen Wissen eine fundametalere Bedeutung als die Bibel im Christentum:
Der Qurʾān gilt Wort für Wort als von Allah offenbart (Verbalinspiration). Auf einer islamischen Webside (islamreligion.com/de) heißt es:
Um ein Muslim zu sein, sollte man auch:

- glauben, dass der Edle Qur´an Wort für Wort von Gotte ist, von Ihm offenbart;
Im Buch "DER ISLAM - 1400 Jahre Glaube, Krieg und Kultur" von Spiegelverlag wird erklärt:
Zitat aus "DER ISLAM - 1400 Jahre Glaube, Krieg und Kultur" (Seiten 17-18):
In der islamischen Welt wird dem Werk meist bedinglunslose Verehrung entgegengebracht. "Al-Koran al-karim", der "ehrwürdige", der "kostbare" Koran ist die übliche Bezeichnung der Gläubigen. Denn den Muslimen gilt nicht nur der Inhalt, sondern auch das Buch, der Gegenstand an sich, als heilig. Wer aus ihm rezitiert, wer seinen Worte lauscht, so heißt es, könne den Allmächtigen hören und spüren. Religonswissenschaftler vergleichen die Bedeutung des Koran für die Muslime mit dem Stellenwert, der Jesus unter den Christen zukommt. Bei den einen verkörpere sich Gott in einem Menschen, bei den anderen in einem Buch.
Zwar gilt auch die Bibel als "Gottes Wort", doch mehrheitlich als Gottes Wort in Menschenschrift.
Ganz Wesendlich ist, dass die Majorität der Christen das AT durch das NT liest. Das mosaische Gesetz ist in seiner Strenge eben nicht mehr wortwörtlich (buchstabengetreu) zu befolgen, sondern barmherzig in seiner Kernbotschaft der Liebesgebote. Zudem wird auch durch den historischen Kontext einiges relativiert. Kernstück christlicher Ethik bildet die jesuanische Bergpredigt/Feldrede, an der sich kein Christ einfach vorbeimogeln darf.
Im Islam gibt es kein NT. Der Al-Qur´an al-karim wird mit Hilfe der sechs „schönen“ oder „gesunden“ Hadith-Sammlungen (bei den Schiiten sind es vier), die aufgrund mehrfach bezeugter Quellketten angesehener Gewährsleute als hassan („schön“) oder sahih („gesund“) gelten, ausgelegt. So kristallisierte sich die Idschmāʿ (‏إجماع‎) als Konsensus der islamischen Rechtsgelehrten heraus, die von den vier großen sunnitischen Rechtsschulen des Islam, wie die al-Azhar-Universität in Kairo anerkannt werden. Die Hathite (‏حديث‎) in der Sunna (‏سنة‎) (daher kommt das Wort Sunniten) helfen also, den Quran besser zu verstehen.
Die Amputation wird im Saudi-Arabien, Iran, Jemen, Sudan und islamischen Regionen Nigerias ausgeführt.

Die häufig zu hörende Behauptung, dass das Wort Islām (إسلام) Frieden bedeute, ist so nicht ganz korrekt. Der Begriff Islām leitet sich vom arabischen aslama ab, was "sich ergeben" bedeutet. Islām bedeutet Hingabe an Allāh bzw. Unterwerfung unter Gott. Wenn ein Mensch diesem Pfad folgt, ist er Muislām (der Gottergebene bzw. der Allah unterworfene), aus der sich die Kurzform Muslim (Moslem) herleitet.
[Zum besseren Verständnis: Safar heißt Reise; der Reisende ist Musafar.]

In einem anderem Forum erklärter mir ein User, der zum sunnitischen Islam konventiert war:
Zitat von N.A.D. ():
Wir sehen den Sufismus als Abspaltung, Strömung - strenggenommen ist das die Definition einer Sekte. Er beruht ganz klar auf demSunithischen Islam aber in einer sehr spirituellen Richtung. Ja, die LiebeGottes zu erlangen ist ein edles Ziel - aber eben nicht als das Oberste imQuran genannt. Das oberste Ziel ist Gottergebenheit.

[...]

Die Hadidthen sind neben dem Quran das Zweite grosse Instrument um den Islam leben zu koennen. Sie zeigen uns, wie der Prophet den Islam in sein Leben integriert hat und wie er mit bestimmten Fragen die an ihn gerichtet wurden umging. Auch geben sie viel Hintergrundwissen durch Erzaehlungen des Propheten da ja der Quran nicht sein Lebensbericht ist sondern nur dass, was Gott ihm als Offenbarung eingegeben hat.
Die Hadidthen sind ganz klar nicht gleichgestellt mit dem Quran und sie koennen ihn niemals ueberstimmen oder ersetzen.
Er bezeichnete den Quran an anderer Stelle als "finale Offenbarung". Sie ist für Muslime die verbalinspiratierte und somit höchste und einzig verlässliche Quelle für die reinen Worte Allahs und daher über jede Kritik erhaben und absolut verbindlich. Jedenfalls nach meinem zugebendermaßen sehr bescheidenen Verständnis.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Benutzeravatar
Bastler
Beiträge: 525
Registriert: Mo 3. Nov 2014, 10:45

#98 Re: Ein offener Brief an Ben Affleck

Beitrag von Bastler » So 23. Nov 2014, 22:34

Ich denke, dass es immer darauf ankommt, an wen man gerät.

Es gibt auch Freikirchen oder freikirchliche Gruppen, die sind von Verbalinspiration voll und ganz überzeugt.
Es gibt auch eine Menge Moslems, die sind vehement gegen solche Körperstrafen.

Mein Anliegen ist: Niemals alle über einen Kamm scheren.
Diese Alles-über-einen-Kamm-Schererei ist die beste Basis für eine Phobie (islamophobie, christophobie) und für Rassismus.

Dass sich jemand gegen Körperstrafen wendet, ist doch okay.
Ebenso, dass sich jemand gegen Gruppen wendet, die diese Körperstrafen durchsetzen wollen. Auch dies ist okay und hat überhaupt nichts mit Islamophobie zu tun.

Aber in dem Moment, wo jemand sagt: "Alle Moslems haben, weil sie den Koran wörtlich nehmen, eine brutale Einstellung, inklusive Körperstrafen", da stimmt es nicht mehr. Wenn ich solchen Pauschalisierern begegne, kommt bei mir schnell der Verdacht eine Islamophobie auf. Und ganz oft auch der Verdacht auf Rassismus oder eine andere Allophobie. Mitsamt einer Blindheit für die Fragwürdigkeiten der eigenen Kultur.

Catholic
Beiträge: 2750
Registriert: Sa 14. Sep 2013, 13:45

#99 Re: Ein offener Brief an Ben Affleck

Beitrag von Catholic » So 23. Nov 2014, 23:02

Ähnliche Erfahrungen habe ich leider mit Atheisten- nicht allen - gemacht.
"Bist Du Christ?"
"Ja!"
"Glaubst Du,dass die Bibel Gottes Wort ist?"
"Ja!"
"Dann bist Du also dafür,dass man Ehebrecherinnen steinigen soll?"
"Nein!"
"Dann bist Du kein echter/wahrer Christ,sonst wärest Du dafür,denn Gottes Wort- die Bibel- fordert das!"
:? :roll:

Benutzeravatar
Bastler
Beiträge: 525
Registriert: Mo 3. Nov 2014, 10:45

#100 Re: Ein offener Brief an Ben Affleck

Beitrag von Bastler » Di 25. Nov 2014, 01:39

Tja, Schubladendenken ist eben sehr verbreitet.
Die Illusion, davon befreit zu sein, sollten sich auch Atheisten nicht machen.
Und es gibt ja auch atheistische Islamophobe und Rassisten.

Mich würde das sehr verärgern, wenn ...
wenn ich mich nicht gelegentlich selbst beim Schubladendenken erwischen würde. Shit!

Antworten