Bedingte Entstehung der Freiheit

Judentum, Islam, Hinduismus, Brahmanismus, Buddhismus,
west-östliche Weisheitslehre
JackSparrow
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#11 Re: Bedingte Entstehung der Freiheit

Beitrag von JackSparrow » Fr 21. Aug 2015, 12:18

erbreich hat geschrieben:Was nun aber als möglich und realisierbar gelehrt wird, ist ein (mentales) Vorgehen, welches durch Einsicht (durchdringende Erkenntnis, Wissen) in die Unentrinnbarkeit von Alter, Schmerz und Tod - also durch vollständiges Erkennen der wirklichen Natur unserer Existenz
Wenn man davon absieht, dass das Streben nach dieser Erkenntnis selbst wieder "Leid" verursacht, kann ich dem sogar zustimmen. Allerdings brauchen wir dafür keinen Buddhismus.

Das europäische Wort für einen Zustand, in welchem man sich nicht mit Spekulationen beschäftigt, heißt "Pragmatismus" (griechisch πράσσω, lateinisch practico: ich handle). Das Gegenteil für Leute, die vielleicht einfach zu viel Zeit oder Energie übrig haben, nennt sich "Theorie" (griech. θεός + ὁράω = einen Gott/ein Orakel befragen)

Falls obige Annahme zutrifft, gewinnen sowohl du persönlich als auch die Gesellschaft, das Umfeld, in dem du lebst.
Das gilt für Stammesgesellschaften, in denen jeder Einzelne ungefähr gleich viel Energie investiert. Aber in kapitalistischen Staaten wird für gewöhnlich die Mehrheit von einer Minderheit ausgebeutet.

erbreich
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#12 Re: Bedingte Entstehung der Freiheit

Beitrag von erbreich » Fr 21. Aug 2015, 16:31

JackSparrow hat geschrieben:Wenn man davon absieht, dass das Streben nach dieser Erkenntnis selbst wieder "Leid" verursacht...
Einverstanden. Das Habenwollen der Erkenntnis ist mit Leiden verbunden, eben weil die Erkenntnis noch fehlt. Wenn die Erkenntnis aufleuchtet erübrigt sich das Streben danach und erlischt (und damit auch das mit dem Streben verbundene Leiden).

Allerdings brauchen wir dafür keinen Buddhismus.
Nein, brauchen wir nicht. Erkenntnis kommt durch die verschiedensten Bedingungen zustande. Eine davon kann aber auch das Studium buddhistischer Lehre und die Praxis der Meditation sein.

Das europäische Wort für einen Zustand, in welchem man sich nicht mit Spekulationen beschäftigt, heißt "Pragmatismus" (griechisch πράσσω, lateinisch practico: ich handle). Das Gegenteil für Leute, die vielleicht einfach zu viel Zeit oder Energie übrig haben, nennt sich "Theorie" (griech. θεός + ὁράω = einen Gott/ein Orakel befragen)
Da geht mir ein Spruch durch den Kopf:

"Was ist Theorie?
Wenn's gehen soll und geht doch nie.
Was ist Praxis?
Frag nicht so dumm:
Wenn's geht und keiner weiss warum."

...in kapitalistischen Staaten wird für gewöhnlich die Mehrheit von einer Minderheit ausgebeutet.
Ja. Das ändert aber nichts daran, dass sowohl du selber als auch dein Umfeld - bestehend aus obgenannter Mehrheit und Minderheit - davon profitieren, wenn du realitätsbezogen und pragmatisch lebst statt in realitätsfremden Illusionen (Theorien).

JackSparrow
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#13 Re: Bedingte Entstehung der Freiheit

Beitrag von JackSparrow » Fr 21. Aug 2015, 20:50

erbreich hat geschrieben:Erkenntnis kommt durch die verschiedensten Bedingungen zustande. Eine davon kann aber auch das Studium buddhistischer Lehre und die Praxis der Meditation sein.
Religiöse Lehren führen für gewöhnlich nicht zum Verschwinden von Theorien und Spekulationen. Sie sind deren Ursache.

Immerhin wissen Buddhisten ja schon vorher, nach welcher Erkenntnis sie suchen. Ihre Suche ist also ein relativ nutzloser Zeitvertreib. Als hätte man die Brille auf der Nase und würde dann jemand anderen fragen, wo man die Brille hingelegt hat.

Buddha vertraute nicht seinen religiösen Führern. Er vertraute nur seiner eigenen Erkenntnis. Aber heute denken seine Anhänger, sie müssten die gleiche Erkenntnis haben wie der Budda.

davon profitieren, wenn du realitätsbezogen und pragmatisch lebst statt in realitätsfremden Illusionen (Theorien).
Pragmatisch ist, wenn man macht, was einem Freude bereitet. Wenn jemand der eigenen Freude nicht mehr traut, liegt das vermutlich an irgendeiner Religion. Gegen dieses Symptom hilft dann nur radikale Desillusionierung.

erbreich
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#14 Re: Bedingte Entstehung der Freiheit

Beitrag von erbreich » So 23. Aug 2015, 10:54

JackSparrow hat geschrieben:Religiöse Lehren führen für gewöhnlich nicht zum Verschwinden von Theorien und Spekulationen. Sie sind deren Ursache.
Das liegt nicht an der Lehre, sondern an der Art und Weise, wie die Lehre verstanden und praktiziert wird. Die buddhistische Lehre kann zum unmittelbaren Erleben der Wirklichkeit wie sie ist führen. So, wie Wegweiser dich an den von ihnen gewiesenen Ort führen können. Wenn allerdings der Wegweiser mit dem Ziel selber verwechselt wird, dann funktioniert das nicht. Übrigens weiss das auch die Bibel, da, wo sie feststellt, dass "der Buchstabe tötet, der Geist aber lebendig macht" (2.Kor 3,6). Die Theorie und das, worauf sich die Theorie bezieht, sind zwei paar Schuhe. Wenn du das Ziel erreicht hast, wird die Landkarte hinfällig.

Buddha vertraute nicht seinen religiösen Führern. Er vertraute nur seiner eigenen Erkenntnis. Aber heute denken seine Anhänger, sie müssten die gleiche Erkenntnis haben wie der Budda.
Buddha hatte sehr wohl seine Lehrer. Und die Ziele, die diese gewiesen haben, hat er auch verwirklicht (jedenfalls laut Überlieferung). Er ist dann aber noch weiter gegangen. Natürlich kannst du auch ohne Landkarte wandern. Niemand zwingt dich, ein bestimmtes Ziel zu realisieren, das von irgend jemandem gewiesen worden ist. Beides hat seinen Reiz.

Pragmatisch ist, wenn man macht, was einem Freude bereitet.
Genau. Und der eine wandert gerne auf gewiesenen Wegen, der andere findet gerne neue Wege. Es geht nicht darum, das eine gegen das andere Vorgehen auszuspielen. Beides ist okay, wenn da ein Interesse und eine Freude daran ist.

Wenn jemand der eigenen Freude nicht mehr traut, liegt das vermutlich an irgendeiner Religion.
Das kann so sein, kann aber genauso gut an irgend einer anderen Fixierung liegen. Ich kenne völlig areligiöse Menschen, die sehr fixiert sind in ihrem Weltbild. Die Frage ist eben, wie stark du dein Weltbild, deine Theorie, als die einzig mögliche und einzig wahre anschaust. Je zwanghafter diese Fixierung, desto dogmatischer, fanatischer und bar echter Freude wird sich dir dein Leben präsentieren, das sehe ich auch so.

Gegen dieses Symptom hilft dann nur radikale Desillusionierung.
Meine Rede.
:-)

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