Eugen Drewermann: Wir glauben, weil wir lieben

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Demian
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#1 Eugen Drewermann: Wir glauben, weil wir lieben

Beitrag von Demian » Do 23. Mai 2013, 01:46

Ein paar Zitate aus dem Buch Heilende Religion von Eugen Drewermann:

„In Wirklichkeit geht es um die Frage, wie wir leben und wofür es sich zu leben lohnt. Jesus bezweifelt entschieden, dass das, was wir für gewöhnlich Leben nennen, diesen Namen wirklich verdient. Ihm schwebt im Gegenteil die Vision eines Neuanfangs vor, so radikal, dass es ist wie eine neue Geburt, wie eine Taufe ( Mk 10,38 ), die das ganze Leben als Lüge und Verfälschung entlarvt, zugleich aber die Chance eröffnet, noch einmal neu zu beginnen, als Kinder, sagt Jesus, als Erlöste, kann man auch sagen.“

„In einer wahren Gestalt der Religion, deren Bilder und Symbole aus der Tiefe des Unbewussten erwüchsen und deren Inhalte den Einzelnen in seinen Ängsten und Hoffnungen wirklich meinen würden, dürfte die Botschaft vom Frieden hingegen gerade nicht als Anspruch, als Ideal, als Postulat, als Gottesbefehl o.ä. verstanden werden; sie müsste allein aus der Kraft und der Ichstärke des Einzelnen erwachsen. Der Friede ergibt sich entweder aus der Versöhntheit mit der eigenen Person, oder er ist nicht.“


Abischai
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#2 Re: Eugen Drewermann: Wir glauben, weil wir lieben

Beitrag von Abischai » Do 23. Mai 2013, 02:06

Eugen Drewermanns Ansichten sind so ziemlich die größte Zumutung für jeden Christen im deutschsprachigen Raum. Wenn er nicht diese Karriere in der Theologie hätte, würde niemand ihn ernst nehmen.
Es ist Hyde-Park-Philosophie, fern des historischen Bestandes der Bibel, exzentrisches Wunschdenken, nicht mehr.

Jeder Mensch hat seine Vorgeschichte, aber nicht jeder Mensch hat die Plattform wie Herr Drewermann, seine Ideen so weit zu streuen. Ihm wird geglaubt, weil er er ist, nicht weil das stimmt was er sagt.

Wenn man den Quellennachweis ausnahmsweise weg ließe, niemand wüßte von wem die Sprüche stammen, könnte man sich viel freier darüber austauschen.

Ich halte den Spruch: "wer die Jugend hat, hat die Zukunft" für sehr gewichtig, von wem der stammt verschweige ich aber mal.
Oder "Kinder genießt den Krieg, der Friede wird furchtbar". Ohne lästige, ablenkende Nennung der Autoren, bestaunen wir dann nämlich nicht des Kaisers neue Kleider, sondern schauen direkt das Gesagte an, diesmal korrekterweise völlig ohne Ansehen der Person.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

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Demian
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#3 Re: Eugen Drewermann: Wir glauben, weil wir lieben

Beitrag von Demian » Do 23. Mai 2013, 02:15

Hier soll es nicht um ad personam gehen, sondern um inhaltliche Anregungen. Ich persönlich lese und finde auch bei Menschen, die völlig andere Ansichten zu vielen Themen haben, wichtige Gedanken; das ist für mich eine Frage der Neugier und Offenheit. Er versucht, auf seine eigene Weise, das Anliegen Jesu in zeitgemäßen Worten wiederzugeben ... mich persönlich berührt dieses Engagement sehr.

Abischai hat geschrieben:Eugen Drewermanns Ansichten sind so ziemlich die größte Zumutung für jeden Christen im deutschsprachigen Raum. Wenn er nicht diese Karriere in der Theologie hätte, würde niemand ihn ernst nehmen.
Es ist Hyde-Park-Philosophie, fern des historischen Bestandes der Bibel, exzentrisches Wunschdenken, nicht mehr.
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#4 Re: Eugen Drewermann: Wir glauben, weil wir lieben

Beitrag von Demian » Do 23. Mai 2013, 02:26

Davon abgesehen: seit wann ist eine eigene Meinung denn eine Zumutung? Viel wichtiger ist da doch die Art und Weise, wie man sie vorträgt. Oder gilt Meinungsfreiheiten nicht für Christen? Ich schätze, dann wäre die frohe Botschaft wirklich verloren und man müsste, heutzutage, Agnostiker und Atheist werden. ;)

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#5 Re: Eugen Drewermann: Wir glauben, weil wir lieben

Beitrag von Abischai » Do 23. Mai 2013, 02:32

Soll ich den ganzen von Dir zitieren Text sezieren? Da stimmt ja gar nichts daran, das hat auch keinen Zweck.
Du darfst das ja gut finden, bitte. Ich wollte nur, daß Du wie überall, so auch in dieser Sache einfach weißt, was ich davon halte.

Die heimtückische Autoritätspotenzierung einer philosophischen Ansicht durch Zitierung eines bekannten wenn auch umstrittenen Theologen und dann noch angebliche "Jesus"-Worte, das ist unsachlich!!

(Du kannst das auch als Deine Meinung zur Diskussion stellen, dann bestünden keinerlei Hemmungen wirklich darüber zu diskutieren.)

Ich erfreche mich nun lediglich, vor eben diesen "neunen Kleidern des Kaisers" nicht ehrfürchtig kniefällig zu werden. Und ich warne andere davor, das habe ich jetzt getan, und nun lasse ich Dich wieder mit dem Thema in Ruhe.

Der juristische "Kunstgriff" der "Meinung".:
Eugen Drewermann ist in dieser seiner Position kein Meinungsäußerer, sondern ein Meinungsmacher, ein Lehrer. Seine Worte haben automatisch Gewicht, weil er eben in dieser Welt etwas gilt.

Ich äußere eine Meinung, Du auch, und das ist etwas ganz anderes.
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#6 Re: Eugen Drewermann: Wir glauben, weil wir lieben

Beitrag von Demian » Do 23. Mai 2013, 02:41

Er lebt sein Christentum auf eine eigene Weise ... nicht ohne Grund habe ich den Thread im Bereich für Spiritualität und Mystik verortet, denn auch ich würde seine Worte nicht auf eine rein "christliche" Auslegung reduzieren, was immer das im Einzelnen bedeuten mag. Auklärung ist ein Prozess und dazu gehören auch die Arbeiten von Drewermann. Eigentlich sind wir alle "Meinungsmacher", im Rahmen unsrer Möglichkeiten. Auch da ist nicht eben das ein Problem, sondern ob andere Meinungen zulässig sind; und das sind sie bei ihm. Es gibt keine einseitig wahre und falsche Religion, keine reine und ketzerische Lehre, sondern es gibt nur eine die zum Leben befähigt oder davon wegführt.

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#7 Re: Eugen Drewermann: Wir glauben, weil wir lieben

Beitrag von Abischai » Do 23. Mai 2013, 02:48

Im philosophischen Sinne sind Drewermanns Meinungen natürlich zulässig und bereichern die Vielfalt aller bisher geäußerten Vorstellungen der Menschen.
Im Bereich christlichen Lebens ist das aber nicht zulässig, weil es den Rahmen sinnvoller Überlegungen sprengt und weit in die falsche Richtung verlassen hat.

Du hast also Recht, es ist kein christliches Thema. Deine Vermutung, Drewermann lebe "sein Christentum auf seine Weise" ist ein substanzloser Satz. Weißt Du das wirklich, oder hoffst Du das? Er wird Dir das sicher nicht unter vier Augen gesagt haben.

Aber es ist wahrscheinlich richtig, es ist "sein Christentum", ein fremdes, was außer ihm keiner kennt.
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#8 Re: Eugen Drewermann: Wir glauben, weil wir lieben

Beitrag von Demian » Do 23. Mai 2013, 03:10

Spirituelle Wahrheit ergibt sich, in meinen Augen, aus der persönlichen Situation eines Menschen, aus der Frage, was für ihn ganz persönlich heilsam und wahrhaftig ist; so, stelle ich mir vor, hat Jesus die Menschen angesprochen. Die eine Richtung gibt und kann es gar nicht geben, denn jeder hat seine eigene. Wenn ich - im 21. Jahrhundert - das Christentum ernst nehmen möchte, so kann ich das nur, wenn es mir ermöglicht dieses Ureigene zu leben, so, dass ich wirklich ergriffen und beseelt bin davon. Wenn die Religion es nicht vermag, so zu sprechen, dass es mein Herz berührt, dann geht sie an mir und am Leben vorbei.

Abischai hat geschrieben: Im Bereich christlichen Lebens ist das aber nicht zulässig, weil es den Rahmen sinnvoller Überlegungen sprengt und weit in die falsche Richtung verlassen hat.Du hast also Recht, es ist kein christliches Thema. Deine Vermutung, Drewermann lebe "sein Christentum auf seine Weise" ist ein substanzloser Satz.

Er gehört nicht grundlos zu den erfolgreichsten, zeitgenössischen Theologen in Europa. Das spricht dafür, dass er einen Ton trifft, der in der gewöhnlichen, althergebrachten, christlichen Dogmensprache, nicht zu finden ist ... seine Sprache ist eben die der Poesie.

Aber es ist wahrscheinlich richtig, es ist "sein Christentum", ein fremdes, was außer ihm keiner kennt.
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barbara
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#9 Re: Eugen Drewermann: Wir glauben, weil wir lieben

Beitrag von barbara » Do 23. Mai 2013, 07:15

Drewermann hat geschrieben: „In Wirklichkeit geht es um die Frage, wie wir leben und wofür es sich zu leben lohnt. Jesus bezweifelt entschieden, dass das, was wir für gewöhnlich Leben nennen, diesen Namen wirklich verdient.

Zustimmung. Alltag zur Zeit Jesus kenn ich nicht im Detail, aber Alltag heute heisst für die Meisten, sich den Bedürfnissen des Mammon anzupassen - zu arbeiten, egal was, egal wie stumpfsinnig und verbrecherisch an der Natur es ist; immer dem Geld nachrennen müssen, weil ohne geht's nicht - eine "Vernunft" anwenden müssen, die sich rein aufs Materielle beschränkt.

nein, Leben ist anders. Und ja, der Prozess, zu einem sinnvollen Leben zu kommen, ist begleitet und Krämpfen und Schmerzen wie eine Geburt, und ja, diese Geburt ist eine Erlösung. Endlich keine Angst mehr! Endlich die Dinge sehen, wie sie wirklich sind, und nicht verzerrt durch die Brille des Materialismus!

- nun, wenn das nicht christlich sein soll, dann weiss ich nicht, was christlich sein kann.


Der Friede ergibt sich entweder aus der Versöhntheit mit der eigenen Person, oder er ist nicht.“

Stimmt, das ist etwas, was jeder Mensch selbst tun muss. Auch das hat Jesus so gesagt laut den Evangelien. Es geht nicht darum, ein von Menschen geschriebenes Gesetzeswerk zu erfüllen (Darf man denn Ähren rupfen am Samstag? Oder ein Schaf aus dem Brunnen retten, in den es gefallen ist? oder essen zur vorgeschriebenen Fastenzeit?), sondern es geht darum, was im Herzen ist. Und das ist eine Sache zwischen jedem einzelnen Menschen und Gott. Individuell und persönlich.

grüsse, barbara

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GanzBaff
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#10 Re: Eugen Drewermann: Wir glauben, weil wir lieben

Beitrag von GanzBaff » Do 23. Mai 2013, 10:24

Eugen Drewermann ist einer der Anstöße die mich wieder zum Christentum gebracht haben. Ich habe mehrere Bücher von ihm gelesen und ich schätze sein Engagement in der Friedensbewegung. "Heilende Religion" habe ich noch nicht gelesen. Ich habe Herrn Drewermann mal einen Brief geschrieben und ihm meine Ansichten mitgeteilt, er hat sehr ausführlich geantwortet, was mich persönlich sehr gefreut hat. Über seine Theologie kann man geteilter Meinung sein, jedoch erreicht er viele Menschen, auch jene, die nicht Christen sind (so wie mich damals). Auch die Auseinandersetzungen mit der römisch katholischen Kirche sind kein Gegenargument für das Schaffen Eugen Drewermanns. Dass er gerade unter Christen polarisiert ist bekannt, ich empfehle als "Einstiegslektüre" sein Buch über die 7 Tugenden. Dort beleuchtet er die aus dem Heidentum stammenden "Kardinaltugenden" und setzt sie im Kontrast zur christlichen Lehre. Wenn man auch nicht hundertprozent seiner Meinung ist, so bewirkt er doch einen Perspektivwechsel beim Leser. Drewermann ist eben nicht nur Theologe, sondern auch Psychotherapeut, genau wie sein "Gegenspieler" Manfred Lütz. Beide versuchen ihre psychologischen Ansichten mit denen des Christentums zu verquicken, Lütz eher katholisch-Traditionsorientiert, Drewermann eher Bibelorientiert. Es gelingt beiden nicht bis zu meiner vollständigen Überzeugung, aber sie bieten viele Ansichten, an denen man auch als sehr kritisch denkender Mensch durchaus anknüpfen kann.

Mir ist zum Beispiel Drewermanns Auslegung der "Speisung der 5000" im Gedächtnis und was dieses Gleichnis für die heutige Welt bedeutet. Sinngemäß sagte er, dass das Wunder nicht in der materiellen Speisevermehrung bestand, sondern dass Menschen miteinander teilten die wohlmöglich selbst vorher nie genug bekamen, so dass es für alle reichte. Und das ist heute auch noch so. Es gibt nicht zu wenig Lebensmittel auf der Welt, aber sie sind falsch verteilt. Diese Art der Bibelexegese stößt bei vielen Christen sauer auf, weil es ihrer Meinung nach einer Herabsetzung Jesu Wunder gleichkommt. Ich sehe viele Dinge ähnlich: Das Wunder ist nicht, dass Jesus über Wasser ging, sondern dass es Petrus möglich gewesen wäre, wenn er nur geglaubt hätte, aber das führt zu weit vom Thema hier weg.

Ich kann in vielen - nicht in allen - Punkten den Aussagen des Herrn Drewermann beipflichten.

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