Die Muslime sehen Gott unverstellt (Eugen Drewermann)

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west-östliche Weisheitslehre
Novas
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#1 Die Muslime sehen Gott unverstellt (Eugen Drewermann)

Beitrag von Novas » Mo 19. Mär 2018, 21:59

Die Muslime sehen Gott unverstellt

West und Ost, Christentum und Islam stehen einander wie Feinde gegenüber. 1300 Jahre lang wurde es versäumt, von Mohammed und seiner reinen Sicht auf Allah zu lernen. Die SN (Salzburger Nachrichten) sprachen mit dem Theologen, Psychotherapeuten und Erfolgsautor Eugen Drewermann über Krieg, Religion und ein völlig anderes Verständnis des Islam.


SN: Wir stehen derzeit fassungslos vor Kriegen, in denen Religion eine große Rolle spielt. Woher kommt diese Potential der Religion zum Krieg?

Drewermann: Man kann Menschen nur töten in Serie, wenn man dafür absolute Rechtfertigungen hat. Die Absolutsetzung der Ziele hat immer etwas Religiöses, Totalitäres und Endgültiges. Historisch war die Religion der Ort für das Motiv, zum Äußersten zu schreiten, um etwas absolut zu verteidigen: In Gestalt der eigenen Glaubensüberlieferung, der eigenen Kulturwerte, der eigenen ethischen Tradition. Wir sehen mit Blick auf den Islam oder Krieg zwischen Palästina und den Juden sehr stark den Zustand einer solchen Religion, aus dem wir in Europa nach der Aufklärung großenteils herausgewachsen sind. Aber vergessen wir nicht, wir hatten in Spanien einen Bürgerkrieg, der im Letzten auch religiös motiviert war: Katholizismus gegen Sozialismus. Wir haben, kulturkritisch betrachtet, vielleicht auf Mahatma Gandhi zu hören, dem einzigen Politiker im 20. Jahrhundert, der den Wahn des Kriegs so begriffen hat, dass er vermied, die Hand an eine Waffe zu legen. Gandhi konnte schon vor 80 Jahren sagen, es hat ein Christentum im Abendland nie gegeben. Sonst wären von dort nicht immer wieder die schlimmsten Kriege ausgegangen. Gandhi wollte sagen, eine Religion, mit der man Krieg führt, widerlegt sich selbst. Von Gott reden kann man nur, wenn es Menschen zusammenführt, nicht spaltet, wenn es versöhnt und nicht mobilisiert bis zur wechselseitigen Vernichtung.

Aber derselbe Gandhi konnte noch hinzufügen, in Europa glaube man nicht länger an Gott. Wir in Europa glauben nicht mehr an eine Religion in dieser Art, wir haben an ihre Stelle andere, nicht weniger gefährliche, in jedem Falle zynisch erscheinende Werte gesetzt: Geld, Ressourcenzugriff, Handelswege, Absatzmärkte, geostrategische Machtgewinne. Das sind, wenn man die Maske der Propaganda wegnimmt, die wirklichen Ziele, weswegen wir Krieg führen, verbrämt mit humanen Zielgebungen.

Ist die säkularisierte Religion die des Marktes? Und das unter hehren Vorzeichen?

SN: Das Pentagon weiß, dass man Kriege akzeptabel reden kann, wenn man die Frauen überzeugt. Also gingen wir 2001 allen Ernstes nach Afghanistan zur Befreiung von Frauen. Die Burka wollten wir abschaffen. Dass wir das Desaster im Irak mit Lügen von Massenvernichtungswaffen angerichtet haben, die allenfalls dort hätten sein können, wenn die Amerikaner sie selbst geliefert hätten, wird vergessen. Schuld sind die Islamisten, nicht die Neokonservativen mit ihrem Ziel, im ganzen Nahen Osten einen Regimewechsel herbeizuführen.

Das ist die säkularisierte Form von Religion. Die biblischen Propheten würden vom Baals-Kult reden. Auch das ist eine Religion, wir betrachten sie nur nicht so. Wir bringen ihr Hekatomben von Opfern. Mit bestem Gewissen. Wir tun es nicht für Allah, wir tun es durch die Vernichtung. Ohne Skrupel. Wir sind an der Nahrungsmittelbörse in Chicago dabei, mit dem Hunger Geschäfte zu machen. Das kostet Millionen Menschen das Leben. Wir finden nichts dabei. Es ist normal.

Heute lebt das römische Wort auf: Wenn Du den Frieden willst, rüste für den Krieg.

SN: Wir kehren zurück in den Status des Kalten Kriegs, nicht weil die Russen es wollten, nicht weil die Menschen es wollten. Aber weil die Machtpolitik vor allem der Amerikaner, angeschlossen der Briten, in Gestalt der NATO dazu nötigt. Wobei die Europäer in die Pflicht genommen werden, die untragbare Rüstungslast der Amerikaner wenigstens ein Stück zu minimieren. Amerika ist völlig pleite, auch die können sich nicht 700 Milliarden Dollar jedes Jahr nur für Rüstung leisten, mehr als der Rest der Menschheit. Wir provozieren mit unserer offensiven Machtstrategie nichts anderes als Feindschaft, die wir dann den anderen anlasten. Da fängt man beinahe an, diejenigen zu beneiden, die als Muslime noch an etwas glauben.

SN: Das ist allerdings auch ein Glaube, der junge Menschen verführt, mit Begeisterung in einen Krieg zu gehen. Was passiert in diesen Seelen? Der Krieg ist eine Pathologie der menschlichen Seele. Wir haben es zu tun mit der hohen Ansteckungsgefahr dieser Seuche, die der Krieg ist. Man glaubt, etwas Richtiges zu tun, indem man sogar sein eigenes Leben bereit ist wegzuwerfen. Aber dass Muslime so glauben – unsere Sache, unsere muslimische Tradition ist unendlich viel besser als die Korruption des Westens – hat Erfahrungswerte. In der Kolonialzeit haben wir Araber nicht als Araber gesehen. Wir haben ihre Religion lächerlich gemacht und ihren Stolz beleidigt. Wir haben die Versprechen am Ende des Ersten Weltkriegs, die Araber bekämen ein geordnetes Staatswesen in einer eigenen Regierung, Lügen gestraft. Briten und Franzosen teilten sich das Terrain. Sie waren die Kriegsgewinnler an der Westfront. Das alles musste man im Nahen Osten hinnehmen. Ich drehe das Ganze einmal in die Perspektive eines gläubigen Muslims und frage mich, was wir Christen tun müssten, um dem Angebot, vielleicht auch der Herausforderung der Religion Mohammeds zu entsprechen und konstruktiv damit umzugehen: Der Islam begreift sich als die letzte Offenbarungsreligion. Im 7. Jahrhundert nach Christus entdeckt Mohammed etwas religionsgeschichtlich überaus Wichtiges: Dass die Christen Dogmen auf Gott gelegt und mit Christus in Verbindung gebracht haben. Wenn wir religionsgeschichtlich exakt sprechen, müssten wir sagen, die Christen haben die Gestalt des Jesus von Nazareth mit den Mythen der Religionsgeschichte des Vorderen Orients, insbesondere des antiken Ägyptens, begrifflich umkleidet. Und sie haben die Bilder, mit denen man die Gestalt Jesu deutete, als Selbstoffenbarung Gottes, als Mitteilung seines eigenen Wesens metaphysisch dogmatisiert. Vereinfachend gesagt hat Mohammed dazu erklärt, dass diese Bilder alle zu den Tausenden Namen Allahs gehören. Nützlich vielleicht, um sich Gott vorzustellen, aber nicht zu verwechseln mit Gott selbst. Das ist ein riesiges Angebot, die Überlieferung Jesu auf den Kern zurückzubringen, der ganz und gar prophetisch ist, es ist ein Angebot, unmittelbar auf Gott hinzuweisen und die Fenster nicht länger mit Bildern zu verkleben, sondern durchsichtig zum Himmel zu machen.

Dieses Geschenk wollte Mohammed dem Christentum, den Schriftbesitzern, auch den Juden, im Namen Allahs zurückgeben. Und wo er recht hat, hat er recht. Davon könnten wir lernen. Wenn wir irgendeinen Kirchenvertreter einmal hätten, der nur so spräche: Wir Christen lernen jetzt – wir hätten es schon seit 1300 Jahren lernen können – von euch Muslimen, Gott reiner zu sehen, unverstellter, mystischer, wie eure großen Weisen. Was für ein Gespräch zwischen Muslimen und Christen, zwischen Orient und Abendland, käme doch dadurch zustande! […] Christen und Muslime müssten sich beide aus der Gefangenschaft der eigenen Geschichte erlösen.

~ Eugen Drewermann, ehemaliger katholischer Theologe, suspendierter Priester, Psychoanalytiker, Schriftsteller und bekannter Kirchenkritiker



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manden1804
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#2 Re: Die Muslime sehen Gott unverstellt (Eugen Drewermann)

Beitrag von manden1804 » Di 20. Mär 2018, 06:49

Die Muslime sehen Gott anders als die Christen , aber beider Sicht ist falsch . Im Übrigen hat der Islam ca. 60% des Christentums übernommen .

Soweit zu seiner Glaubwürdigkeit . Noch unglaubwürdiger als das Christentum .
Gott segne euch alle .

Novas
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#3 Re: Die Muslime sehen Gott unverstellt (Eugen Drewermann)

Beitrag von Novas » Di 20. Mär 2018, 08:07

Suum cuique. Jedem das Seine. Wir werden alle zu Gott heimkehren und alle offenen Fragen beantwortet werden.

manden1804
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#4 Re: Die Muslime sehen Gott unverstellt (Eugen Drewermann)

Beitrag von manden1804 » Di 20. Mär 2018, 08:15

Novalis hat geschrieben:Suum cuique. Jedem das Seine. Wir werden alle zu Gott heimkehren und alle offenen Fragen beantwortet werden.
Stimmt !

Aber erst müssen wir heimkommen !
Gott segne euch alle .

Novas
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#5 Re: Die Muslime sehen Gott unverstellt (Eugen Drewermann)

Beitrag von Novas » Di 20. Mär 2018, 08:22

manden1804 hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Suum cuique. Jedem das Seine. Wir werden alle zu Gott heimkehren und alle offenen Fragen beantwortet werden.
Stimmt !

Aber erst müssen wir heimkommen !

Zu früh auch nicht, denn ich will noch ein bisschen in dieser Welt leben :D Wir gehören Allah, und zu Ihm kehren wir heim – „Inna li'Llahi wa inna ilaihi radschi'un“ – heißt es im Qur'an. Der Prophet Muhammad sagte: „Lebe in dieser Welt wie ein Fremder oder wie einer, der auf der Durchreise ist.“ von Jesus gibt es einen ähnlichen Satz im Thomas-Evangelium.

Logion 42: Jesus sagte: „Werdet Vorübergehende!“

manden1804
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#6 Re: Die Muslime sehen Gott unverstellt (Eugen Drewermann)

Beitrag von manden1804 » Di 20. Mär 2018, 10:44

Ich komme immer mehr zu der Auffassung , dass jede Religion einen Aspekt der Wahrheit hat .
Niemand hat die ganze .
Die Aussage Muhammads ( und Du sagst so ähnlich auch von Jesus ) : Lebe wie ein Fremder in dieser Welt , müsste näher erläutert werden .
Denn jeder Mensch ist für die Menschheit verantwortlich . Das ist zumindest mir völlig klar .
Gott segne euch alle .

janosch
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#7 Re: Die Muslime sehen Gott unverstellt (Eugen Drewermann)

Beitrag von janosch » Di 20. Mär 2018, 19:21

Novalis hat geschrieben:Suum cuique. Jedem das Seine. Wir werden alle zu Gott heimkehren und alle offenen Fragen beantwortet werden.
DA bin ich sicher...jeden zu sein eigen...Gott :lol:

Das Problemen und Kriegen liegen ihre Händen deren Gläubiger...was ihre Götter befohlen.

Daran ändert Drewermann Erklärung wenig. :cry:

manden1804
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#8 Re: Die Muslime sehen Gott unverstellt (Eugen Drewermann)

Beitrag von manden1804 » Di 20. Mär 2018, 19:58

Es gibt nur Gott .

Deine Interpretationen sind falsch .
Gott segne euch alle .

Mirjam
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#9 Re: Die Muslime sehen Gott unverstellt (Eugen Drewermann)

Beitrag von Mirjam » Fr 30. Mär 2018, 00:33

Novalis hat geschrieben:
SN: Wir stehen derzeit fassungslos vor Kriegen, in denen Religion eine große Rolle spielt. Woher kommt diese Potential der Religion zum Krieg?

Drewermann: Man kann Menschen nur töten in Serie, wenn man dafür absolute Rechtfertigungen hat. Die Absolutsetzung der Ziele hat immer etwas Religiöses, Totalitäres und Endgültiges. Historisch war die Religion der Ort für das Motiv, zum Äußersten zu schreiten, um etwas absolut zu verteidigen:


Dieser Punkt erinnert mich an den Begriff der "mosaischen Unterscheidung" nach Jan Assmann.
Er sagt, dass der Anspruch auf absolute und exklusive Wahrheit in der Religion im Prinzip eine Erfindung des Monotheismus sei:
Das Entscheidende ist dabei "nicht die Unterscheidung zwischen dem Einen Gott und den vielen Göttern..., sondern die Unterscheidung zwischen wahr und falsch in der Religion, zwischen dem wahren Gott und den falschen Göttern, der wahren Lehre und den Irrlehren, zwischen Wissen und Unwissenheit, Glaube und Unglaube" (J. Assmann, Die Mosaische Unterscheidung... , 12f).

Ein paar der grundlegenden Aussagen finden sich hier:
http://www.theologie-systematisch.de/go ... ssmann.htm
Die originale und ausführliche Version, falls es jemanden interessiert, gibt es von Jan Assmann auch im Buchformat (Titel ebenso "Die mosaische Unterscheidung")

Ich habe das Gefühl, dass viele Menschen hier im Forum ganz selbstverständlich davon ausgehen, dass "Die Eine Wahrheit" im Bezug auf Gott existieren MUSS, und es nur auszufechten gilt, wer diese Wahrheit am besten erkannt hat (meistens man selbst, versteht sich - nicht wahr, Manden? ;) )
Diese Annahme ist aber historisch und global gesehen ganz und gar nicht selbstverständlich, sondern vielleicht wirklich eher eine Sache der abrahamitischen Monotheisten.
Das Beharren auf den Einen Gott und die Verklärung einer eher zufällig historisch zusammengeklaubten Schriftsammlung als "Wort Gottes" erscheint mir persönlich manchmal etwas absurd.

Die antiken polytheistischen Kultreligionen waren in dieser Hinsicht viel entspannter. Eine Vielzahl von Traditionen, Mythen und Kulten konnten relativ friedlich nebeneinander und miteinander existieren - Man ging entweder, wie die Griechen, davon aus, dass alle Völker die gleiche Gruppe von Göttern verehrten, sie aber mit verschiedenen Namen nannten. Oder man nahm an, dass jedes Land oder jedes Volk seine eigenen Götter habe, diese aber keinen Anspruch und kein Interesse hatten weltumspannend zu wirken.
(Friedlicher hat das die Welt allerdings nicht gemacht, die Herrschenden und die Kriegstreiber haben auch so genug Möglichkeiten gefunden, die Menschen gegeneinander aufzuhetzen.)

Trotzdem, könnte es heute dem Frieden in der Welt nicht zuträglich sein, wenn man von diesem Absolutheitsanspruch auf die eigene religiöse Wahrheit wieder mehr abrücken könnte? Ob nun der Koran einen klareren Blick auf Gott gewährt oder ob Jesus mich persönlich errettet hat - das ist doch letztlich allein für den einzelnen Menschen relevant! Warum mit anderen darüber streiten? Schon gar bis aufs Blut?
Schade also, dass die toleranten und friedlichen Stimmen meist die leiseren sind.


liebe Grüße

Mirjam

Munro
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#10 Re: Die Muslime sehen Gott unverstellt (Eugen Drewermann)

Beitrag von Munro » Fr 30. Mär 2018, 01:26

Die Muslime sehen Gott unverstellt?

Und die Christen sehen Gott "verstellt"?

Oder wie oder was?
Jean Paul Getty:
Die Sanftmütigen werden die Erde besitzen, aber nicht die Schürfrechte.

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