Ehe für alle

Leben in einer christlich geprägten Gesellschaft
Ehe & Familie, Partnerschaft & Sexualität, Abtreibung, Homosexualität
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sven23
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#551 Re: Ehe für alle

Beitrag von sven23 » Fr 16. Mär 2018, 10:04

closs hat geschrieben: Die "Erbsünde" ist dagegen eine "endogene" Größe - also nicht sozial vererbt, sondern grundsätzlich "da" - unvermeidbar - Eigenschaft des Menschen an sich. - Allerdings muss man dann auch klären, was damit gemeint ist.
Die Erbsünde ist ein künstliches Konstrukt, das geglaubt werden soll. Mit der Erbsünde hatte die Kirche ein Instrument in der Hand, das die Kundenbindung an die Institution Kirche festigte. Nur durch die Kirche war es möglich - so die verkündete Glaubensideologie - den per se sündigen Menschen wieder mit Gott zu versöhnen. Ein "Geschäftsmodell", das fast 2000 Jahre "erfolgreich" war.
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Janina
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#552 Re: Ehe für alle

Beitrag von Janina » Fr 16. Mär 2018, 10:12

closs hat geschrieben:Ist Dir ein geistiger Ansatz geläufig, der den Begriff "Erbsünde"/"Erbschuld" NICHT als Blödsinn erscheinen lässt?
Nein. Wie ich gerade dargelegt habe, ist Erbsünde weder als genetisch, noch memetisch vererbbares Konstrukt sinnvoll.
Wenn du einen Denkansatz haben solltest, der zu einem gegenteiligen Ergebnis kommt, ist das nur ein Zeichen, dass der Denkansatz nichts taugt.
Denn Ergebnisse sind entweder vergleichbar, oder falsch ermittelt.

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ProfDrVonUndZu
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#553 Re: Ehe für alle

Beitrag von ProfDrVonUndZu » Fr 16. Mär 2018, 10:28

Wenn es keine Erbsünde gibt, gibt es folglich auch keine Sünde ? Befinden wir uns dann in einer Welt, die sämtliches Handeln und Geschehnisse wie mit einem "gefällt mir" bewerten muss, oder eben gar nicht ?

Kritisieren verboten ?

Hier mal ein sehr aufschlussreicher Artikel, dessen Auffassung ich aber keineswegs teile.
http://www.jesus.ch/information/kirche/ ... ieren.html
"Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand." - Gandalf in J.R.R Tolkien - Herr der Ringe, Band 1

closs
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#554 Re: Ehe für alle

Beitrag von closs » Fr 16. Mär 2018, 10:46

sven23 hat geschrieben:Die Erbsünde ist ein künstliches Konstrukt, das geglaubt werden soll.
Janina hat geschrieben:Denn Ergebnisse sind entweder vergleichbar, oder falsch ermittelt.
Halten wir fest: Der Hintergrund dessen, warum es den Begriff "Erbsünde" aus theologischer Sicht gibt, ist übehaupt nicht auf dem Schirm - richtig?

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Janina
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#555 Re: Ehe für alle

Beitrag von Janina » Fr 16. Mär 2018, 11:33

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Erbsünde ist ein künstliches Konstrukt, das geglaubt werden soll.
Janina hat geschrieben:Denn Ergebnisse sind entweder vergleichbar, oder falsch ermittelt.
Halten wir fest: Der Hintergrund dessen, warum es den Begriff "Erbsünde" aus theologischer Sicht gibt, ist übehaupt nicht auf dem Schirm - richtig?
Doch, ist. Wurde beschrieben unter "Falsch ermittelt".

closs
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#556 Re: Ehe für alle

Beitrag von closs » Fr 16. Mär 2018, 11:53

Janina hat geschrieben:Doch, ist. Wurde beschrieben unter "Falsch ermittelt".
Widerspruch. - Es wurde NICHT als "falsch" ermittelt, weil es problemlos begründbar ist - es erscheint Dir deshalb also falsch, weil Deine Hermeneutik keinen Zugang dazu hat (was mich, ehrlich gesagt, bei Dir wundert).

Wie kommst Du eigentlich darauf, dass das Urteil "falsch" dadurch hinreichend unterlegt ist, dass etwas weder als genetisch, noch memetisch vererbbares Konstrukt sinnvoll ist? - Zur Erinnerung: "Meme" sind letztlich materialistische Größen - sozusagen die "Good Boys" bzw. "das Öl" im Getriebe des Materialismus.

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sven23
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#557 Re: Ehe für alle

Beitrag von sven23 » Fr 16. Mär 2018, 12:00

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Erbsünde ist ein künstliches Konstrukt, das geglaubt werden soll.
Janina hat geschrieben:Denn Ergebnisse sind entweder vergleichbar, oder falsch ermittelt.
Halten wir fest: Der Hintergrund dessen, warum es den Begriff "Erbsünde" aus theologischer Sicht gibt, ist übehaupt nicht auf dem Schirm - richtig?
Doch, habe ich doch eben geschrieben:

Die Erbsünde ist ein künstliches Konstrukt, das geglaubt werden soll. Mit der Erbsünde hatte die Kirche ein Instrument in der Hand, das die Kundenbindung an die Institution Kirche festigte. Nur durch die Kirche war es möglich - so die verkündete Glaubensideologie - den per se sündigen Menschen wieder mit Gott zu versöhnen. Ein "Geschäftsmodell", das fast 2000 Jahre "erfolgreich" war.
Zuletzt geändert von sven23 am Fr 16. Mär 2018, 12:33, insgesamt 1-mal geändert.
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Janina
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#558 Re: Ehe für alle

Beitrag von Janina » Fr 16. Mär 2018, 12:03

closs hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Doch, ist. Wurde beschrieben unter "Falsch ermittelt".
Widerspruch. - Es wurde NICHT als "falsch" ermittelt, weil es problemlos begründbar ist
Das bedeutet nur, dass deine Begründung falsch ist.
Messwerte sind kein Wunschkonzert. Sie stimmen (innerhalb der Genauigkeitsgrenzen) überein, oder sind falsch.

closs hat geschrieben:Wie kommst Du eigentlich darauf, dass das Urteil "falsch" dadurch hinreichend unterlegt ist...
Dadurch, dass eine andere Prüfung das Gegenteil ergibt.

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#559 Re: Ehe für alle

Beitrag von closs » Fr 16. Mär 2018, 15:31

sven23 hat geschrieben:Doch, habe ich doch eben geschrieben: "Die Erbsünde ist ein künstliches Konstrukt"
Das ist Deine atheistische Meinung, aber doch nicht Grundlage der Theologie.

Janina hat geschrieben:Messwerte sind kein Wunschkonzert.
WELCHE Messwerte?

Janina hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Wie kommst Du eigentlich darauf, dass das Urteil "falsch" dadurch hinreichend unterlegt ist...

Dadurch, dass eine andere Prüfung das Gegenteil ergibt.
Prinzipiell ebenfalls richtig - aber WER prüft WORAN, dass die geistigen Hintergründe dessen, was man "Erbsünde" nennt, falsch oder richtig sind?

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sven23
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#560 Re: Ehe für alle

Beitrag von sven23 » Fr 16. Mär 2018, 16:35

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Doch, habe ich doch eben geschrieben: "Die Erbsünde ist ein künstliches Konstrukt"
Das ist Deine atheistische Meinung, aber doch nicht Grundlage der Theologie.
Wer sagt denn, dass etwas stimmen muss, nur weil es "Grundlage der Theologie" ist?
Milliarden von Menschen kamen und kommen auch ohne dieses künstliche Konstrukt aus.


closs hat geschrieben: Prinzipiell ebenfalls richtig - aber WER prüft WORAN, dass die geistigen Hintergründe dessen, was man "Erbsünde" nennt, falsch oder richtig sind?
Wer ein allzu negatives Menschenbild hat, benötigt wohl so ein Konstrukt wie die Erbsünde, um die Menschen zu disziplinieren.

Modernes Denken kennt auch keine überpersönliche Sphäre der Schuld, der der
Einzelne ausgeliefert ist. Es gibt keine sündige Natur des Menschen, auch dies ist ein
Relikt einer repressiven Religion. Natürlich ist der Mensch nicht absolut frei. Aber der
Mensch ist zumindest endliche Freiheit, um eine treffende Definition des Theologen Paul
Tillich zu verwenden. Wir sind vielfältig gebunden und bestimmt durch Geburt,
Elternhaus, sozialem und gesellschaftlichem Umfeld, durch genetische Prägung und
Erziehung, durch Erfahrungen und Vorbilder. Dies alles ist real und Thema der
Sozialwissenschaften, der Pädagogik, der Psychologie. Aber wir sind nicht bestimmt durch
eine aus der Mythologie hergeleitete Ursünde oder Erbsünde. Der Mensch kann schuldig
werden, er ist es aber nicht per se.
Der Erbsündengedanke ist zudem so alt nicht. Er findet sich weder im Alten noch im
Neuen Testament. Im Gegenteil wird auch dort eher die persönliche Verantwortung
betont trotz des Sündenfalls des Urmenschen. Erst bei Augustinus im 5. Jahrhundert
findet sich der Gedanke einer Erbsünde ausgearbeitet. Dieser vielfach zu Unrecht
hochgelobte Kirchenvater treibt den Sündenfetischismus der Alten Kirche auf einen
vorläufigen Höhepunkt. Im Bestreben, die Sünde immer wirkmächtiger und
grundsätzlicher zu beschreiben (mit der Zielabsicht, die Gnade Gottes umso größer
erscheinen zu lassen), und unter Hinweis auf die Schuld Adams spricht er dem Menschen
jede Möglichkeit ab, nicht als Sünder zu handeln. Der Mensch kann nicht nicht sündigen
(non posse non peccare). Die Menschen befinden sich in einem generellen Zustand der
Sünde, und zwar von Geburt an. Schon Neugeborene sind Sünder und gehören in die
Hölle. Denn durch die Zeugung haben sie die Schuld Adams geerbt. Man kann schon
ahnen, welche Auswirkungen eine solche Lehre auf die Stellung der Kirche zur Sexualität
hatte. Kein vernünftiger Mensch hält eine solche Lehre noch für richtig oder irgendwie
hilfreich. Selbst Christen schweigen hier betreten. Doch die Erbsündenlehre findet sich
definiert im Tridentinischen Konzil im 16. Jahrhundert, ist also ein zu glaubendes Dogma
der katholischen Kirche. Ein schönes Exempel religiös-mythologischer Relikte und ein
Beispiel eines verzerrten Welt- und Menschenbilds.

Kubitza, der Jesuswahn

Es hätte aber auch anders laufen können, wenn Augustinus nicht gewesen wäre.

Augustin entwickelte seine Lehre in Auseinandersetzung mit dem britischen Mönch
Pelagius, der eine Erbsünde ablehnte. Durch Adams Fall, so meinte er, sei der Wille des
Menschen zwar geschwächt, aber immer noch zum Guten fähig. Adams Schuld wird bei
ihm eher durch Nachahmung auf die Nachkommen übertragen als durch Fortpflanzung.
Bei aller fragwürdigen Begründung auch bei Pelagius: Ist sein Ansatz nicht viel
nachvollziehbarer und humaner als der des Augustinus? Bedingte Freiheit des Menschen,
keine Versklavung an die Sünde? Doch seine Ansicht wird verdammt, Pelagius geht als
Ketzer in die Geschichte ein, die Erbsündenlehre Augustins hingegen macht Geschichte.

Kubitza, der Jesuswahn
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