Warum noch heiraten?

Leben in einer christlich geprägten Gesellschaft
Ehe & Familie, Partnerschaft & Sexualität, Abtreibung, Homosexualität
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Magdalena61
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#1 Warum noch heiraten?

Beitrag von Magdalena61 » Do 20. Jun 2013, 00:36

"Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“

Orientierungshilfe des Rates der EKD zum Thema Familie veröffentlicht


Das Teil hat 162 Seiten. Vielleicht sollte man sie lesen :) , bevor man pauschal negiert, verurteilt und verwirft-- denn das, was da drin steht, dürfte einige Stürme in der evangelischen Landschaft, vor allem im freikirchlichen Bereich, auslösen :mrgreen: .

Hier ist die Pressemitteilung zu finden. (19. Juni 2013)

Daraus, und diesen Aussagen würde ich gerne nachgehen:
Zur biblisch-theologischen Einordnung sagte der Ratsvorsitzende: „Angesichts der Vielfalt biblischer Bilder und der historischen Bedingtheit des familiären Zusammenlebens entsprechen ein normatives Verständnis der Ehe als ,göttliche Stiftung‘ und eine Herleitung der traditionellen Geschlechterrollen aus einer vermeintlichen ,Schöpfungsordnung‘ weder der Breite des biblischen Zeugnisses noch unserer Theologie.

Das „geschichtliche Gewordensein und der Wandel familiärer Leitbilder“ setze die Orientierungshilfe der EKD voraus, so Schneider.

Dabei könne sie sich auch auf Martin Luther beziehen, denn bei aller Hochschätzung als „göttlich Werk und Gebot“ erklärte Luther die Ehe zum „weltlich Ding“, das von den Partnern gestaltbar sei und gestaltet werden müsse.“

Schneider: „Aus einem evangelischen Eheverständnis kann heute eine neue Freiheit auch im Umgang mit gesellschaftlichen Veränderungen erwachsen - im Umgang mit Geschiedenen genauso wie mit Einelternfamilie oder auch mit gleichgeschlechtlichen Paaren.“ Quelle
Ich frage mich schon lange, ob es wirklich biblisch- also: Ob es der Wille Gottes-- ist, in der Gemeinde zu lehren und zu verlangen, eine Partnerschaft*** müsse zwingend per standesamtlicher Trauung offiziell als "Ehe" registriert werden. (Wo steht das in der Bibel?)

***(zwischen Mann und Frau; den gleichgeschlechtlichen Partnerschaften rede ich nicht das Wort, denn solche finde ich in der Bibel nicht)

Warum heiraten?
Was nützt der Schein, wenn Ehe nicht wirklich gelebt wird? Wenn "Treue" nicht mehr als ein Wort ist? Wenn der Wille durchzuhalten, in guten UND in schlechten Zeiten... "bis dass der Tod euch scheidet" gar nicht vorhanden ist? Wenn die beiden Partner nicht wirklich "ein- Fleisch" werden (wollen)... sondern nebeneinander herleben... und es nicht schaffen, ja, es noch nicht einmal versuchen, eine belastbare, intime, einmalige und haltbare WIR- Identität (= "ein-Fleisch") zu entwickeln?

Was ist ein Eheversprechen wert, in einer Zeit, in der Versprechen und Gelübde leichtfertig entsorgt werden, sobald sie der persönlichen Lebensgestaltung hinderlich/ lästig sind, weil der Kandidat es sich mittlerweile anders überlegt hat und sein Partner ihm bei der Verwirklichung seiner veränderten Interessen im Weg ist?

Was ist von der Orientierungshilfe der EKD zu halten, die, wenn ich das richtig verstehe, auch Lebenspartnerschaften (ohne Trauschein) als vollwertige Familien ansieht?
LG
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Pluto
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#2 Re: Warum noch heiraten?

Beitrag von Pluto » Do 20. Jun 2013, 00:59

Magdalena61 hat geschrieben:Warum heiraten?
Was nützt der Schein, wenn Ehe nicht wirklich gelebt wird? Wenn "Treue" nicht mehr als ein Wort ist? Wenn der Wille durchzuhalten, in guten UND in schlechten Zeiten... "bis dass der Tod euch scheidet" gar nicht vorhanden ist? Wenn die beiden Partner nicht wirklich "ein- Fleisch" werden (wollen)... sondern nebeneinander herleben... und es nicht schaffen, ja, es noch nicht einmal versuchen, eine belastbare, intime, einmalige und haltbare WIR- Identität (= "ein-Fleisch") zu entwickeln?

Was ist ein Eheversprechen wert, in einer Zeit, in der Versprechen und Gelübde leichtfertig entsorgt werden, sobald sie der persönlichen Lebensgestaltung hinderlich/ lästig sind, weil der Kandidat es sich mittlerweile anders überlegt hat und sein Partner ihm bei der Verwirklichung seiner veränderten Interessen im Weg ist?

Was ist von der Orientierungshilfe der EKD zu halten, die, wenn ich das richtig verstehe, auch Lebenspartnerschaften (ohne Trauschein) als vollwertige Familien ansieht?
LG
Das st ja im wahrsten Sinn des Wortes eine Bombe, die da mitten in die aktuelle Diskussion um Ehen geworfen wird. Ich sehe sie schon, dei Radikalen unter den Fundamemtalisten, werde zetern und schreien, dass das nicht geht, das der heilige bund der Ehe dadurch geschwächt wird, weil....

Wirklich?
Ist es nich so, dass man damit einerseits der modernen Praxis des Scheidungsrecht Rechnung trägt, aber andererseits dem ernsthaften gewillten Paar die Verantwortung für das Gelingen einer Partnerschaft sehr viel näher bringt?

In meiner skurrilen Vorstellung, könnte das sogar zu mehr und besseren Familien führen, als heute der Fall ist.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Magdalena61
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#3 Re: Warum noch heiraten?

Beitrag von Magdalena61 » Do 20. Jun 2013, 01:48

Hm, ich gehe mal davon aus, dass die Verantwortlichen in der EKD sich viele Gedanken gemacht haben und ihre Meinung begründen können.
Die RKK bezeichnet die Ehe als Sakrament, in der EKD sieht man das anders. Ich schließe mich der Sichtweise der EKD an.
(Wie kommt man eigentlich auf den Gedanken, "Sakramente" zu konstruieren und was sollen die bewirken? :roll:)

Die traditionelle Ehe ist nicht die schlechteste Form, um Familie zu leben, das stelle ich gar nicht in Frage.

Aber wenn ich in die Bibel schaue, dann sehe ich auch andere Ehemodelle, z.B. Polygamie... Haupt- und Nebenfrauen. Oder das Zusammenleben des Ehepaares mit "Mägden"(Sklavinnen), die notfalls als Leihmütter herhalten mussten.

Von daher meine Frage: Kann man die Praxis der Eheschließung, wie wir sie hier haben, wirklich aus der Bibel ableiten oder müsste man diese eher als eine "zeit- und kulturbedingte Tradition" bezeichnen?

Die Vorgabe Gottes lautet:
1. Mose 2,24 (Schlachter 2000): Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und sie werden ein Fleisch sein
Da steht aber nichts von "standesamtlicher Trauung". Und im Kapitel davor auch nicht.
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dvdk
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#4 Re: Warum noch heiraten?

Beitrag von dvdk » Do 20. Jun 2013, 09:54

ich habe das Thema nur angelesen. Das hat die EKD schön weichgespült. Aber von einer Staatskirche, die auf Steuergelder angewiesen ist, darf man auch nichts anderes erwarten.

Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei, wird dort immer wieder betont. Aber der zweite Teil des ganzen, nämlich: ich will ihm eine Gehilfin machen und noch weiter hinten: und sie sollen ein Fleisch sein, wird gar nicht mehr erwähnt.

Die Gemeinschaft von Adam und Eva war die erste von Gott gestiftete Ehe von Mann und Frau. Der Umstand, dass so viele Ehen scheitern, kann viele Gründe haben. Das setzt aber nicht die Ehe als göttliche Institution ausser Kraft. Viel mehr sollten wir daran arbeiten, diese Ehe wieder mit Leben zu füllen.

Sie einfach weichzuspülen und wegzudiskutieren halte ich für den falschen Weg.
Windhauch ...

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Janina
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#5 Re: Warum noch heiraten?

Beitrag von Janina » Do 20. Jun 2013, 10:07

Magdalena61 hat geschrieben:Die traditionelle Ehe ist nicht die schlechteste Form, um Familie zu leben, das stelle ich gar nicht in Frage.
Aber wenn ich in die Bibel schaue, dann sehe ich auch andere Ehemodelle...
Von daher meine Frage: Kann man die Praxis der Eheschließung, wie wir sie hier haben, wirklich aus der Bibel ableiten oder müsste man diese eher als eine "zeit- und kulturbedingte Tradition" bezeichnen?
Das hast du wunderbar zusammengefasst.
Ich habe eigentlich nichts gegen die Institution Ehe. Sie ist wirtschaftlich sinnvoll, wenn man Kinder in die Welt setzt und das Versorgungsrisiko bei dann notwendig auseinanderdriftenden Initiativenschwerpunkten gemeinsam tragen will. Ich habe allerdings Angst, dass mit dem Gefühl, sich des Partners "sicher" zu sein, die Anstrengung des Umwerbens und damit die Erotik flöten geht.

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#6 Re: Warum noch heiraten?

Beitrag von Malika » Do 20. Jun 2013, 11:07

Ein schwieriges Thema und ich bin mir da bis heute nicht ganz sicher, wie ich darüber denke. Vom gesellschaftlichen Standpunkt her macht eine Ehe sicher Sinn, weil man dann, wenn man den Namen des Partners annimmt, noch mal auf andere Weise offiziell zusammengehört. Allerdings hat sich da vieles verädert, so dass das heute mit viel (Erwartungs)druck verbunden ist - angefangen bei der Hochzeit, die selbst wenn man nur eine kleine Feier möchte, ziemlich teuer ist - heiratet man einen Ausländer steigen die Kosten schon beim Standesamt, da darf man eben mal 500 € hinblättern. Dann kommt von Christen gerne das Argument, es würde ja reichen, nur eine kleien standesamtliche Trauung zu haben, damit man eben der bibel entspricht und offiziell verheiratet ist, aber entspricht eine nichtkirchliche Trauung der Bibel? Ironisch finde ich auch, dass heute oft schon ein Ehevertrag gemacht, die Scheidung also in gewisser Hinsicht schon mit eingeplant wird. Ist das dann überhaupt noch eine Ehschließung im christlichen Sinne?

Leider habe ich in den USA und Kanada auch einige Male mitbekommen, wie Paare einfach zu früh geheiratet haben, weil es ihnen sonst nicht erlaubt gewesen wäre, zusammen zu wohnen, geschweige denn sonst etwas, und das ging dann recht schnell wieder auseinander, weil die Entschidung für die Ehe doch verfrüht getroffen worden war. Das macht mir insgesamt viele Gedanken inwiefern die heutige Institution der Ehe überhaupt noch biblisch ist.

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Janina
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#7 Re: Warum noch heiraten?

Beitrag von Janina » Do 20. Jun 2013, 11:20

Malika hat geschrieben:Ironisch finde ich auch, dass heute oft schon ein Ehevertrag gemacht, die Scheidung also in gewisser Hinsicht schon mit eingeplant wird.
Eine Ehe IST eine Lebensversicherung für den Scheidungsfall.

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#8 Re: Warum noch heiraten?

Beitrag von Malika » Do 20. Jun 2013, 11:25

Janina hat geschrieben:
Malika hat geschrieben:Ironisch finde ich auch, dass heute oft schon ein Ehevertrag gemacht, die Scheidung also in gewisser Hinsicht schon mit eingeplant wird.
Eine Ehe IST eine Lebensversicherung für den Scheidungsfall.
Aber biblisch ist das ja nun nicht. Da frage ich mich manchmal schon, ob die Ehe, wie sie in unserer Kultur inzwischen besteht, nicht schon eine Pervertierung dessen sein kann, was Gott eigentlich wollte. Betonung hier auf kann, eine Ehe muss ja nicht so geführt werden, mit Ehevertrag und getrennter Finanzierung von zwei Häusern etc., sie kann ja auch im biblischen Sinne geführt werden. Aber das ist dann eher die individuelle Entscheidung des Paares.

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Janina
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#9 Re: Warum noch heiraten?

Beitrag von Janina » Do 20. Jun 2013, 11:40

Malika hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Eine Ehe IST eine Lebensversicherung für den Scheidungsfall.
Aber biblisch ist das ja nun nicht.
Natürlich nicht, da gab es ja noch keine Standesämter. Was glaubst du, wie die Versorgungslage nach der Scheidung damals aussah?

Malika hat geschrieben:Betonung hier auf kann, eine Ehe muss ja nicht so geführt werden, mit Ehevertrag und getrennter Finanzierung von zwei Häusern etc., sie kann ja auch im biblischen Sinne geführt werden.
Das hat weniger mit Bibel zu tun, als mit Pfändungsschutz. Wer mit Gütertrennung die Villa auf die Frau umschreibt, kann ohne großen Schaden pleite gehen und die Hand heben. Oder man kann seine Frau die Bürgschaft für den Firmenkredit unterschreiben lassen, dann das Haus verkaufen und mit ner blutjungen Blondine nach Argentinien abhauen. Dann kann sich die Ex um die Schulden kümmern.

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#10 Re: Warum noch heiraten?

Beitrag von barbara » Do 20. Jun 2013, 14:07

Malika hat geschrieben: aber entspricht eine nichtkirchliche Trauung der Bibel?

Wenn ich die Geschichte von Adam und Eva lese, da finde ich weder ein Standesamt drin noch eine kirchliche Zeremonie.

grüsse, barbara

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