Faire Textilien

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2Lena
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#1 Faire Textilien

Beitrag von 2Lena » Fr 17. Okt 2014, 11:08

Im Gespräch der Schlagzeilen über den Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (Auszug)
http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-10/t ... ade-siegel
Seine Pläne sind ehrgeizig, manch ein Kritiker nennt sie naiv. Er will ein Siegel, das die deutsche Textilbranche auf höhere Öko- und Sozialstandards verpflichtet. Und: Besonders giftige Chemikalien soll die Textilbranche durch umweltfreundlichere Stoffe ersetzen.
Soweit so gut. Zusammenstürzende Kleiderfabriken in Asien will niemand und auch keine giftigen Kleider. Auf dem "Fairtrade-Markt" reiten nun zahlreiche Produkte (selbstverständlich teurer) aber jeder zahlt gerne für eine gute Tat - sofern er etwas Geld übrig hat. Ob damit irgendjemand aus der Schar der fleißigen ArbeiterInnen mehr Lohn bekommt und gleichzeitig neue Fabriken gebaut werden?

Zwei Dinge gefallen mir nicht in dem Zusammenhang:
A) Lohnwirtschaft
B) Modeansichten über die niemand spricht

Zu A) Vor ein par Tagen ein Gespräch im Zug:
Anlässlich eines Pilotenstreiks mischte ich mich in die "hochgeistigen" Gespräche einiger BWL-Studenten, die gebetsmühlenartig alle bisherigen Perspektiven der Markwirtschaft aufrollten. Ich erzählte von meinen Expriment mit dem Landleben. Oft schaffte ich es, im Monat mit 30 € auszukommen. Das geht nicht auf Dauer, sicher, denn wichtige Fahrkarten sind oft teurer. Es reicht auch nicht für ein Wirtschaftsessen bei einem Verein oder für die Anschaffung neuer Winterkleidung. Ein Mann aus Pakistan hörte dem Gespräch interessiert, beinah erregt zu. Seinem Gesicht war die Zustimmung zu entnehmen. Danach sah er mich mit erlöstem Blick an. Fakt ist, in den Billiglohnländern spielen nicht Mieten von Tausenden Euro, und auch nicht Geschäftsessen eine Rolle. Das bescheidene Leben ist günstig durch fruchtbares Land und durch umkompliziertes Wohnen. Diese "Infrastruktur" ist nicht bei uns vorhanden. Wegen der Geldvermehrung auf dem Kapitalmarkt, durch viele unnütze Spielereien sowie der Preisspirale der Immobilien "lohnte" sich die deutsche Produktion nicht mehr. Auch ging leider das Wissen teilweise ins Ausland.

Zu B) dem Modediktat
Schmunzelnd saß ich in der S-Bahn einer etwa gleichaltrigen Künstlerin gegenüber, die verwirklicht hatte, was ich mir insgeheim schon längst wünschte. Sie hatte sich ein hübsches Kleid genäht, ihren Vorstellungen entsprechend. Es war gar nicht viel Arbeit gewesen, ein paar Nähte nur. Arbeit, das machen die vielen Firlefanz mit Jeans verschleißen, Falten reinbüglen und dergleichen mehr, dazu der tägliche Aufwand mit dem Waschen der enganliegenden Kleidung. Ich ärgere mich jedenfalls sehr, dass es kaum praktische Arbeitskleidung und so gut wie gar nichts Sinnvolles zum Warmhalten auch in der Wohnung gibt. Den Asiaten wird mit ihrer Nähbegabung sicher beim Nähen der Plastik-Textilien heiß. Wir aber brauchen mehr Öl, weil die kaum wärmen. Das Geld für Öl ist auch nur für den Schornstein bestimmt. Die Ölländer können durch unser Verhalten mehr Munition für Kriege erhalten.

Seit einiger Zeit bin ich fair.
Eine Art Poncho aus Deckenmaterial hält wunderbar bis zu den Füßen wohlig warm, ist oberbequem. Und wie es das Aufdrehen der Heizung erspart und die trockene Luft im Zimmer.

Dass so ein Verhalten viele Arbeitsplätze kostet - ist mir ganz egal. Arbeit gibt es stets trotzdem. Und - Bescheidenheit verbietet bis jetzt kein Gesetz der Welt.

Abischai
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#2 Re: Faire Textilien

Beitrag von Abischai » Fr 17. Okt 2014, 12:04

Bescheidenheit verbieten?
Das Diktat der Masse lautet "Wirtschaftswachstum !"
Niemand kann einem glaubhaft erklären, was das sein soll, dieses "Wirtschaftswachstum".

Wer noch weiß welche Farbe der Ackerboden hat, weiß auch was "Wirtschaftswachstum" bedeutet und ist in der Regel dagegen.
Aber unsere Kanzlerine beschwört es wie einen Voodoogeist.

Du sollst Dir kein Kleid nähen, sondern Du sollst es irgendwo kaufen und dafür Steuern zahlen. Wenn Du Dir das nämlich selbst nähst, hast Du was davon, aber die Arbeitslosen Tagediebe (die von Deinem Geld leben, also die "Reichen") haben nichts davon, wenn Du Dir Dein Kleid selbst nähst. Die zapfen fleißig aus dem Fluß ab, der durch die "Wertschöpfung" und "Wertverschiebung" (Produktion und Handel) entsteht.

Angenommen wir alle entschließen uns ab sofort bescheiden zu leben, dann wird es umgehend gesetzlichen Zwang zum Konsum geben, denn sonst "verarmen" die armen Reichen ja.

"Konsumklimaindex", "Verbraucherministerium", "Wirtschaftswachstum", "Außenhandelsdefizit"

All das sind Euphemismen für einen barbarischen Krieg, in dem wir ein bisschen zu leiden haben, die in Pakistan aber z.B. sehr.

Wer Weltmarkt ist scharf bewacht und hart umkämpft, und die Bewaffnung der Wächter ist zu großen Teilen made in Germany.

Ich brauche keinen Weltmarkt. Normalerweise brauche ich ihn nicht. Aber ohne ihn zu leben, kann ich gar nicht mehr.
Back to the roots, bevor es too late ist !

Aber wie ???
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

Pluto
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#3 Re: Faire Textilien

Beitrag von Pluto » Fr 17. Okt 2014, 12:08

Abischai hat geschrieben:Bescheidenheit verbieten?
Das Diktat der Masse lautet "Wirtschaftswachstum !"
Niemand kann einem glaubhaft erklären, was das sein soll, dieses "Wirtschaftswachstum".

Wer noch weiß welche Farbe der Ackerboden hat, weiß auch was "Wirtschaftswachstum" bedeutet und ist in der Regel dagegen.
Aber unsere Kanzlerine beschwört es wie einen Voodoogeist.
Sie hat erkannt, dass der Mensch immer nach mehr Wohlbefinden strebt — darin steckt das Geheimnis des Wirtschaftswachstums: das eigene Wohlbefinden wird gesteigert, ohne Rücksicht auf die Folgen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Abischai
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#4 Re: Faire Textilien

Beitrag von Abischai » Fr 17. Okt 2014, 15:17

Verhungern oder eine Waffe kaufen gehen....

Das ist bezeichnend. Wir (d.i. der Menschen generell) ist ratlos oder boshaft. Und in der Tiefe des Herzens gehen die Leute auf Raubzug (Waffen) und nehmen den fleißigen ihren Erwerb weg. Damit die dann aber nicht hungern, werden sie gleich umgelegt. So "nachhaltig" sieht man das mitunter. Daß die Rechung nicht aufgeht, kapieren die Räuber aber nicht, weil ihnen das entweder scheißegal ist, oder sie nicht bis 3 zählen können.

@Pluto
Weißt Du wirklich nicht, was "Wirtschaftswachstum" bedeutet?

In der Exponentialfunktion von Zinseszinswirtschaft ist das Wachstum erforderlich, um das System an sich auf gleichem Level zu halten.
Wirtschaft zielt nur noch auf den Zins hin, nicht auf den Menschen.
Das geht nicht gut, weiß jedes Kind, dem man das einmal richtig erklärt.
So allumfassend haben die Menschen aber keine Lust sich dem übermächtigen System gedanklich zu nähern, darum gilt:
"Laßt uns essen und trinken und feiern, denn morgen sind wir tot".

Die Wirtschaft wie sie gegenwärtig läuft, ist Betrug. 2Lena zieht sich da weitgehend raus, und das macht sie richtig.

Um in diesem System den Resetknopf zu drücken, muß man die Macht des Geldes brechen, das ist nicht so einfach!
Oder aber es erfolgt wie immer, der Aderlaß. Das ist der o.g. Raubzug mit Vernichtung der Beraubten. Dann hat man deren Sachwerte, und der Crash erfährt eine Nullpunktverschiebung, Aufschub, aber eben keine Abschaffung des Untergangs.
Der Crash kommt so sicher wie das Amen in der Kirche. Daß er noch nicht für jeden sichtbar ist verleitet viele dazu ihn hinwegzuignorieren. Massive Fakten kann man aber nicht wegdenken oder wegwünschen.
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#5 Re: Faire Textilien

Beitrag von Andreas » Fr 17. Okt 2014, 15:41

:clap: So ist es --- besser ist wohl Amen > Heilsplan s. Adam und Eva, Hiob, Jesus ...

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#6 Re: Faire Textilien

Beitrag von Pluto » Fr 17. Okt 2014, 17:48

Abischai hat geschrieben:Der Crash kommt so sicher wie das Amen in der Kirche. Daß er noch nicht für jeden sichtbar ist verleitet viele dazu ihn hinwegzuignorieren. Massive Fakten kann man aber nicht wegdenken oder wegwünschen.
So ist es, lieber Abischai.

Wenn ich so das Verhalten der Märkte beobachte (was ich fast täglich tue), dann hat der Crash IMO bereits begonnen. Ich stimme dir zu: wir steuern schlechten Zeiten für die Wirtschaft engegen.

Reden wir in drei Monaten wieder darüber. Entweder sehen wir beide "alt aus", oder aber wir klopfen uns aus traurigem Anlass gegenseitig auf die Schultern.
(In dieser Runde fehlt nur noch unser R.F.)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#7 Re: Faire Textilien

Beitrag von Abischai » Sa 18. Okt 2014, 00:21

Pluto hat geschrieben:...Entweder sehen wir beide "alt aus", oder aber wir klopfen uns aus traurigem Anlass gegenseitig auf die Schultern...
Beides.
Wir sehen dann alt aus.

Ich gräme mich nicht, wenn mich die Geschichte falsifiziert. Es gibt Dinge, da würde ich mich lieber gründlich irren. Ich habe nämlich keinen Wintervorrat an Lebensmitteln, Brennstoffen und Sprit für's Auto. Mein Haushalt ist genau so auf Kante genäht, wie der von fast allen in meiner Heimat. Wir sehen dann alle "alt" aus. Einige wenige verkriechen sich gewandt in den Lücken des Systems. Das sind diejenigen, die gelernt haben mit sehr wenig auszukommen und die das auch geübt haben und sich nicht die Zeit mit dem Zerreden von Verschwörungstheorien um die Ohren geschlagen haben.

Man sollte schon etwas "Puffer" haben, ich habe im Augenblick nur absolut kein Geld, einen solchen aufzubauen, nicht mal für eine Woche.
Ich sehe jetzt schon "alt" aus, und der Winter hat noch lange nicht begonnen...
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Pluto
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#8 Re: Faire Textilien

Beitrag von Pluto » So 19. Okt 2014, 00:20

Thema abgetrennt: Freude an der Natur
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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