Demian hat geschrieben:Was ist eigentlich der Unterschied zur Spiritualität, über die man heutzutage, seltsamer Weise, völlig unbescholten sprechen darf?
"Spiritualität" ist ja nichts anderes als "Geistigkeit". - Unter christlichen Gesichtspunkten ist der "Schirmherr" davon der Heilige Geist.
"Esoterik" ist ja vom Wortsinn insofern mit "Spiritualität" kompatibel, dass das Geistige eigentlich nie so die Massenveranstaltung war - so gesehen wäre "Esoterik" ein quantifizierendes Etikett auf der Qualität "Geist". - Das Problem: Jede Sprache hat sogenannte "semantische shifts", also Bedeutungsveränderungen. - In diesem Sinne wird "Esoterik" heute in der allgemeinen Wahrnehmung gleichgesetzt mit irgendwelchen irrationalen Beschäftigungen von Minderheiten. - Deshalb meide ich das Wort für mich selbst auch, weil Sprache keinen Sinn macht, wenn sie zur Verwirrung führt.
Das ist das eine. - Das andere wäre eine inhaltliche Abgrenzung. - Inhaltlich würde ich Spiritualität verstehen als Disziplin, die die Wahrheit nicht im Menschen, sondern bei Gott sucht. - Diesbezüglich sind unter dem Namen "Esoterik" auftauchende Phänomene sehr heterogen. - So würde ich die Esoterik eines Hermann Hesse oder eines Willigis Jäger durchaus unter "Spiritualität" subsummieren - viele andere auf letztlich ich-orientierte Erhellungsszenarien ausgerichtete Richtungen gerade nicht. - Da aber "Esoterik" ein Sammelbegriff ist für ungeheuer heterogene Erscheinungen, ist er inhaltlich nicht belastbar.
Deshalb mache ich es persönlich umgekehrt: Sobald eine esoterische Richtung satisfaktionsfähig ist, das Attribut "spirituell" (im Sinne des HG) zu tragen, nenne ich diese Richtung "spirituell". - Insofern sind Hermann Hesse, Willigis Jäger und die deutsche Mystik spirituelle Disziplinen im Sinne des Heiligen Geistes - wie es auch geistige Richtungen anderer Religionen (!) sein KÖNNEN. - Aber der Maßstab bleibt der Heilige Geist.