Der Jesus der Gnosis

Alternative Heilmethoden, Astrologie, Numerologie, Tarot...
closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#41 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von closs » Di 31. Mai 2016, 18:16

Pluto hat geschrieben:Das vermittelt ein völlig falsches Bild von Erkenntnis.
Im heutigen Sinn ist das so. Aber wir sprechen hier ja von der Bibel und der Gnosis - also "Erkenntnis" in Bezug auf die Bibel bzw. auf das Verständnis des Christentums. Und da ist es wichtig, was "jada" (das Wort für "erkennen") zeitgenössisch bedeutete. - Ansonsten interpretiert man mit heutigem Verständnis rum, ohne die eigentliche damalige Bedeutung zu erfassen (das passiert übrigens oft).

Pluto hat geschrieben:Wie ich finde, beschreibt dieser Teil des Wikipedia Artikels den Begriff und seine Entwicklung bis in die heutige Zeit sehr gut.
Historisch und aus unserer Sicht stimmt das wohl. Aber damit sagt es genau NICHT etwas darüber hinaus, was die Gnostiker damals ausgemacht hat.

Warum wurde Gnostizismus als Häresie bezeichnet? Doch sicherlich nicht, weil die Gnostiker etwas erkennen wollten. Da muss mehr dahinter stecken. - Und so weit ich sehen kann, steckt dahinter, dass die Gnostiker eventuell glaubten, sie könnten mit dem, was man heute als "Vernunft" bezeichnet, göttliches Handeln verstehen - als könne man selbst, also anthropozentrisch, beurteilen, was Gott tut. - Aber ich bin hierin nicht sattelfest, sondern auf sehr lückenhaftes Wissen angewiesen. Weiss einer diesbezüglich mehr?

Benutzeravatar
Savonlinna
Beiträge: 4300
Registriert: So 2. Nov 2014, 23:19

#42 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Savonlinna » Di 31. Mai 2016, 20:47

Der Thread ist von lovetrail eröffnet worden, und er hat klar umrissen, worum es ihm geht.
Auf der einen Seite sieht er den biblisch überlieferten Jesus, auf der anderen Seite sieht er z.B. die User Novalis und erbreich. ->

lovetrail hat geschrieben:Liebe Forumsteilnehmer!

Ich würde gerne herausarbeiten, wie die Gnosis (bzw Esoterik) Jesus Christus auffasst und worin die Unterschiede zum biblisch überlieferten Jesus bestehen.

Aus der gnostischen Perspektive ist Jesus jemand der Erleuchtung erlangt hat. Er hat erkannt, dass der Mensch einen göttlichen Kern hat, welcher allerdings durch Ignoranz/Blindheit verdeckt ist. Jesus wäre demnach jemand, der diese Erkenntnis (= Gnosis) realisiert hat und überbringt.
Somit wären wir alle Kinder Gottes, wüssten dies aber nicht. Wir würden uns dementsprechend in Illusionen der Welt verlieren und uns somit als getrennt von Gott auffassen. Der Mensch wäre also in Wirklichkeit gar nicht von Gott entfernt. Auch die Sünde wäre in diesem Schema eine Illusion.

Jesu Aussage: "Ich und der Vater sind eins" würde somit offenbaren, dass wir alle in Wirklichkeit mit Gott eins wären. Getrenntheit wäre somit ein falsches Konzept, eine Lüge, ein Vergessen wer wir wirklich sind.

Jesus wäre demnach ein Mensch gewesen, welcher das Christusbewusstsein realisiert hätte, welches als Funke aber allen Menschen innewohnen würde.

Soweit mal die gnostische (New Age) Position. Mir ist bewusst, dass es da einige verschiedene Auffassungen gibt, habe aber versucht, die wesentlichen Gemeinsamkeiten aufzuzeigen.

Wie seht ihr das? Gibt es Schnittpunkte/Schnittmengen zum biblischen Bild?

Da Novalis und erbreich User dieses Forums sind und Novalis sich bereits gewehrt hat, scheint mir die Themenfrage relativ klar umrissen, und ich finde sie auch interessant. ->

Novalis hat geschrieben:
lovetrail hat geschrieben:Mein Interesse gilt vor allem zeitgenössischer christlicher Gnosis (wie sie hier im Forum etwa von "Novalis" oder auch "erbreich" vertreten wird.)

LG lovetrail

Mit solchen Kategorisierungen bin ich nicht einverstanden. Vorallem nicht, wenn Du diesen Begriff gezielt in einem einseitig polemischen Zusammenhang verwendest, um damit zu verdeutlichen, dass dein Verständnis des Christentums meinem grundsätzlich überlegen ist. Mein Glaube ist nicht unrichtig, nur weil ich Dir nicht nach dem Mund rede, Du Zug der Liebe ;) präzisiere doch mal genauer, was Du mit „Gnosis“ meinst und was genau Du daran kritisierst.

Nur so kann ich dazu eine sinnvolle Antwort schreiben.

Lovetrail hat sich seither nicht mehr gemeldet, erbreich hat das vermutlich gar nicht zur Kenntnis bekommen.

Trotzdem ist die Frage nicht irrelevant:
Widerspricht das, was lovetrail als "Esoterik" auffasst - und was er oben beschrieben hat - dem "biblischen Jesus".

Das heißt: es handelt sich hier um zwei unterschiedliche Auffassungen von "Christentum".
In der Regel ist die erste Auffassung - die den "biblischen Jesus" betont - dogmatischer, die zweite - der lovetrail unterstellt, sie sei im modernen Sinne gnostisch - freier, liberaler, offener.

JackSparrow
Beiträge: 5501
Registriert: Mi 30. Okt 2013, 13:28

#43 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von JackSparrow » Di 31. Mai 2016, 20:51

Savonlinna hat geschrieben:Also, wenn ich chronische Schmerzen habe
Er schrieb doch er tut es wegen seiner "Mündigkeit"...

Wer den Mangel an Erkenntnis nicht spürt, der braucht keine Erkenntnis.
Wer keine chronischen Schmerzen hat, braucht keine Erkenntnis.

Benutzeravatar
Savonlinna
Beiträge: 4300
Registriert: So 2. Nov 2014, 23:19

#44 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Savonlinna » Di 31. Mai 2016, 22:27

JackSparrow hat geschrieben: Wer keine chronischen Schmerzen hat, braucht keine Erkenntnis.
Ich sagte: Wer keine chronischen Schmerzen hat, sucht nach keiner Medizin.
Und wer keinen Mangel an Erkenntnis spürt, sucht nach keiner Erkenntnis.

Wortverdrehen zeigt, dass man dem Argument gegenüber ratlos ist.

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#45 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Novas » Mi 1. Jun 2016, 05:09

closs hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Ein Gnostiker ist erst mal nur - wie der Begriff selbst sagt - jemand der an Erkenntnis (in diesem Falle auch spirituelles Wissen) interessiert ist.
Aber genau die richtige Frage steckt in Euren Aussagen dahinter: Meint man mit "Gnosis" eine gesunde Wissensbegierde oder die Anmaßung von Wissen, das man als Mensch nicht haben kann?


Da der Mensch ein Wesen ist, das von Natur aus nach Wissen verlangt und strebt, gehe ich hier grundsätzlich von einem natürlichen Drang nach Wissen aus ;) Anmaßung von Wissen, welches kein Wissen ist, ist maskierte Unwissenheit und nicht wahre Erkenntnis und Wissen, was „Gnō̂sis“ dem reinen Wortsinne nach jedoch bedeutet.
Um das noch mal klar zu stellen: ich unterscheide Wissen, welches sich auf die objektive materielle Welt bezieht und spirituelles Wissen, welches die menschliche Seele, die innere Welt des Bewusstseins mit einbezieht. Die Erforschung und Entdeckung der inneren Welt ist nicht weniger interessant, als die Erforschung der äußeren Welt (mal ganz davon abgesehen, dass man beides nicht wirklich voneinander trennen kann, denn für den Astronauten, der die Erde aus dem Weltraum betrachtet, ist das sicher eine außerordentlich tiefgehende innere - bewusstseinserweiternde - Erfahrung )

Savonlinna hat geschrieben:Und wer keinen Mangel an Erkenntnis spürt, sucht nach keiner Erkenntnis

Genau so ist es. Dieser Text - „J. R. R. Tolkien: An Imaginative Life“ - von der „Gnostic Society Library“ könnte Dich interessieren: http://www.gnosis.org/tolkien/index.htm

Benutzeravatar
Savonlinna
Beiträge: 4300
Registriert: So 2. Nov 2014, 23:19

#46 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Savonlinna » Mi 1. Jun 2016, 05:51

Novalis hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Und wer keinen Mangel an Erkenntnis spürt, sucht nach keiner Erkenntnis
Genau so ist es. Dieser Text - „J. R. R. Tolkien: An Imaginative Life“ - von der „Gnostic Society Library“ könnte Dich interessieren: http://www.gnosis.org/tolkien/index.htm

Bei solchen Werken bin ich vorsichtig, Tolkien wird gerne vereinnahmt, von allen möglichen Seiten.
Er war Professor für Sprachwissenschaft und Literaturwissenschaft, er war kein Gnostiker oder Esoteriker.

Darum wäre schon mal ganz interessant, zu klären, was "Gnosis heute" ist.

Das Eingangspost von lovetrail weist auf die Idee des göttlichen Funkens im Menschen hin - und diese Idee finden wir schon in der literarischen Romantik - 18.Jahrhundert - , die aber dennoch keine Gnosis war.

In der Romantik war dieser Gedanke durchaus mit dem Christentum eng verbunden, aber es ist die Frage, ob es dort eine Weltanschauung war oder auch nur dichterische Bilder für essentielle menschliche Fragen.

Wenn lovetrail fragt, ob der biblische Jesus mit der heutigen Esoterik vereinbar sei, dann kann man nicht ausklammern, dass oder ob die Gnosis auch in die Bibel Eingang gefunden hat.

Unter "Erkenntnis" im existentiellen Sinn verstehe zumindest ich keine naturwissenschaftliche Erkenntnis, auch keine intelekktuelle.
Andererseits verstehe ich darunter auch nicht automatisch ein "spirituelles Wachstum", das manche durch Meditation oder Ähniches zu erzielen suchen.

Was also ist "Gnosis heute"? Gibt es sie überhaupt in dieser Form?

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#47 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von closs » Mi 1. Jun 2016, 09:31

Novalis hat geschrieben:Um das noch mal klar zu stellen: ich unterscheide Wissen, welches sich auf die objektive materielle Welt bezieht und spirituelles Wissen, welches die menschliche Seele, die innere Welt des Bewusstseins mit einbezieht.
Absolut einverstanden. - Aber was ist die HISTORISCHE Gnosis? Warum wurde sie "exkommuniziert"? Weil sie schlauer war als der Papst oder weil sie "ge-babelt" hat, also den Mensch und seine Erkenntnis zum Maßstab des Göttlichen gemacht hat?

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#48 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von sven23 » Mi 1. Jun 2016, 10:06

closs hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Um das noch mal klar zu stellen: ich unterscheide Wissen, welches sich auf die objektive materielle Welt bezieht und spirituelles Wissen, welches die menschliche Seele, die innere Welt des Bewusstseins mit einbezieht.
Absolut einverstanden. - Aber was ist die HISTORISCHE Gnosis? Warum wurde sie "exkommuniziert"? Weil sie schlauer war als der Papst oder weil sie "ge-babelt" hat, also den Mensch und seine Erkenntnis zum Maßstab des Göttlichen gemacht hat?
Weil sie die Priesterschaft als Vermittler zwischen Mensch und Gott überflüssig machte.
Und wer sägt schon den Ast ab, auf dem er sitzt?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#49 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von closs » Mi 1. Jun 2016, 10:10

sven23 hat geschrieben:Weil sie die Priesterschaft als Vermittler zwischen Mensch und Gott überflüssig machte.
Das wäre wieder die flache Variante. - Mich würde die inhaltliche Begründung interessieren.

Benutzeravatar
Josi
Beiträge: 666
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:13

#50 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Josi » Mi 1. Jun 2016, 10:18

closs hat geschrieben:Im heutigen Sinn ist das so.
Um einen "heutigen Sinn" kann und sollte es nicht gehen, denn Hypothesen werden durch umdefinierte Begriffe nicht schlüssiger.
Sogar im Gegenteil, wie folgendes Beispiel zeigt:
closs hat geschrieben: Aber wir sprechen hier ja von der Bibel und der Gnosis - also "Erkenntnis" in Bezug auf die Bibel bzw. auf das Verständnis des Christentums.
Bezogen also auf eine Bibel, die heutzutage - wie sonstige Bücher auch - gewöhnlich aus Papier gefertigt wird.
Kurz: Die Bibel wird als Bibel erkannt.
Und zum "bzw. auf das Veständnis des Christentums": Es wird ein Verständnis des Christentums erkannt.

Fehlt nur noch ein "Hurra!" auf den nun neu definierten Begriff "Gnosis".

closs hat geschrieben:Aber was ist die HISTORISCHE Gnosis?
Diesen Ansatz halte ich für sinnvoll, wenn auch in Form einer Frage ansetzend.

;)
Wer propagiert, es sei nicht schlimm wenn Menschen - einschließlich Kinder - getötet werden, da sie bei Gott weiter leben würden, gehört selbst auf der Stelle mit der Begründung getötet: "DIES SEI AUCH DIR GEGÖNNT!!!"

Antworten