Ist Geist eine Entität?

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sven23
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#11 Re: Ist Geist eine Entität?

Beitrag von sven23 » Sa 9. Apr 2016, 18:59

closs hat geschrieben: Wenn Boyer schreibt ...
sven23 hat geschrieben:"Es gibt also nicht einen „Geist“, der uns Menschen von Tieren unterscheidet. Das menschliche Gehirn ist so gross und komplex, dass es einen höheren Abstraktionsgrad als das eines Tieres erreicht, aber viele sozial wichtige Hirnfunktionen finden sich in Ansätzen bereits bei Tieren.
... dann ist das materialistisch gesehen korrekt - aber es ist halt reine Glaubenssache. - Wir sind hier auf nicht-falsifizierbarem Terrain.
Nicht falsifizierbar ist kein Qualitätskriterium, eher im Gegenteil sollte es skeptisch machen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man muss aber nicht der gleichen Meinung sein wie vor 2000 Jahren.
Natürlich nicht - "müssen" eh nicht. - Die Frage ist die Frage nach der Qualität.
Ich denke schon, dass die Qualität gestiegen ist. Wir sind nicht mehr auf Mythen und Märchen angewiesen, um die Welt zu erklären, sondern können uns auf empirisches Wissen berufen. Das ist doch ein Fortschritt. :thumbup:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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closs
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#12 Re: Ist Geist eine Entität?

Beitrag von closs » Sa 9. Apr 2016, 19:08

sven23 hat geschrieben:Nicht falsifizierbar ist kein Qualitätskriterium, eher im Gegenteil sollte es skeptisch machen.
Meinetwegen - aber das betrifft die materialistische Auffassung doch ganz genauso.

sven23 hat geschrieben:Das ist doch ein Fortschritt.
Das könnte gerade der Irrtum sein. - Wenn man sich auf methodisch Falsifizierbares beschränkt, kann viel flöten gehen.

Pluto
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#13 Re: Ist Geist eine Entität?

Beitrag von Pluto » Sa 9. Apr 2016, 19:09

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Warum ist es relevant zu wissen, wie Geist vor 2000 Jahren verstanden wurde? Wie kam der Wandel zum heutigen Bild von Geist zustande?
Weil die Thread-Frage sonst überhaupt gar nicht sinnvoll diskutiert werden kann.
Genau das verstehe ich nicht.
Die Thread-Frage ist, ob Geist eine Entität ist.
Wenn das Verständnis vor 2000 Jahren anders war als heute, dann bleibt doch Geist auch heute noch eine Entität.
Nur... nach mittelalterlichem Verständnis war Geist ein Synomym für Seele. Das ist es nach heutigem Wissensstand ange nicht mehr.
Geist ist in der heutigen Zeit nicht einem Organismus zu trennen. Jede Behauptung des Gegenteils wäre nach dem Verständnis der Mehrheit der Menschen falsch.

Halman hat geschrieben:Wenn wir Wörter wie Geist verwenden, dann drücken wir damit Gedanken aus. Wenn vor 2000 Jahren jemand πνεῦμα sprach, muss er nicht notwendigerweise den selben Gedanken damit ausdrücken.
Dies zu unterstellen, nur weil das Wort mit spiritus und schließlich mit Geist übersetzt wurde, ohne die kultursprachliche Evolution zu berücksichtigen, kann zu Fehlschlüssen führen.
Diese Denkweise (spiritus, Seele) ist in mittelalterlichen Definitionen hängen geblieben.

Halman hat geschrieben:Der Wikipedia-Artikel scheint mir eine recht hilfreiche Quelle zu sein. Einleitend wird dort festgestellt:
Geist (griechisch πνεῦμα pneuma,[1] griechisch νοῦς nous[2] und auch griechisch ψυχή psyche,[3] lat. spiritus,[4] mens[5], animus bzw. anima,[6] hebr. ruach und arab. rÅ«h, engl. mind, spirit, franz. esprit) ist ein aus historischen Gründen uneinheitlich verwendeter Begriff der Philosophie, Theologie, Psychologie und Alltagssprache.[7]
Wikipedia ist immer gut! :thumbup:
Doch dort steht auch folgendes:
  • Bezogen auf die allgemeinsprachlich „geistig“ genannten kognitiven Fähigkeiten des Menschen bezeichnet „Geist“ das Wahrnehmen und Lernen ebenso wie das Erinnern und Vorstellen sowie Phantasieren und sämtliche Formen des Denkens wie Überlegen, Auswählen, Entscheiden, Beabsichtigen und Planen, Strategien verfolgen, Vorher- oder Voraussehen, Einschätzen, Gewichten, Bewerten, Kontrollieren, Beobachten und Überwachen, die dabei nötige Wachsamkeit und Achtsamkeit sowie Konzentration aller Grade bis hin zu hypnotischen und sonstigen tranceartigen Zuständen auf der einen und solchen von Überwachheit und höchstgradiger Geistesgegenwärtigkeit auf der anderen Seite.

Demzufolge ist Geist eine Form des Denkens.

Halman hat geschrieben:Im Wikidpedia-Artkel wird sinnvollerweise zwischen demallgemeinsprachlichen Gebrauch und dem religiösen Gebrauch des Wortes unterschieden.
Warum sollte man sich nun ausschließlich mit der altgriechischen Definition befassen?
Leben wir nicht im 21. Jahrhundert?

Was mich z.B. interessiert ist, wie kamen wir von der damaligen Vorstellung zur Heutigen? Und WARUM haben de meisten Menschen umgedacht?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Samantha

#14 Re: Ist Geist eine Entität?

Beitrag von Samantha » Sa 9. Apr 2016, 20:03

Unser Geist (oder das Denken, dass im Gehirn produziert wird) besitzt nicht die Fähigkeit, sich zu entkoppeln. d. h. aber nicht, dass ein Geistkörper nicht ohne physischen Leib existieren kann. Er könnte sich vom menschlichen Denken unterscheiden, also überlegen sein. Vielleicht können wir mit unserem Gehirn nicht über die vorgegebenen Fähigkeiten hinauswachsen, so dass eine Trennung dadurch nicht vollzogen werden kann ohne Hilfe von außen = Gott. Ich würde auch einfachheitshalber sagen, dass wir durch einen Mangel an Wissen dazu nicht fähig sind.

M. E. beruhen alle Grundlagen des Lebens auf Information oder Geist. Materie oder Energie ist nur ein Produkt dessen, weil es nicht unendlich existiert haben kann. Dafür gibt keine Beweise.

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#15 Re: Ist Geist eine Entität?

Beitrag von Halman » Sa 9. Apr 2016, 22:27

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Warum ist es relevant zu wissen, wie Geist vor 2000 Jahren verstanden wurde? Wie kam der Wandel zum heutigen Bild von Geist zustande?
Weil die Thread-Frage sonst überhaupt gar nicht sinnvoll diskutiert werden kann.
Genau das verstehe ich nicht.
Die Thread-Frage ist, ob Geist eine Entität ist.
Wenn das Verständnis vor 2000 Jahren anders war als heute, dann bleibt doch Geist auch heute noch eine Entität.
Nur... nach mittelalterlichem Verständnis war Geist ein Synomym für Seele. Das ist es nach heutigem Wissensstand ange nicht mehr.
Geist ist in der heutigen Zeit nicht einem Organismus zu trennen. Jede Behauptung des Gegenteils wäre nach dem Verständnis der Mehrheit der Menschen falsch.
Dies ist deswegen so, weil sich das Denken der Menschen verändert hat. Über Sprache drücken wir Gedanken aus. Ändern sich die Gedanken, ändert sich der Sprachgebrauch.
Da wir hier im Religionsforum sind, liegt es meiner Meinung nach nahe, dass eben auch der religiöse Sprachgebrauch für Geist gemeint sein kann. Nun kenne ich leider denn Kontext nicht und weiß nicht, worauf Kurt eigentlich hinaus wollte. Manchmal hatte ich den Eindruck, als wenn er einen "holistischen" Ansatz versucht und sowohl "Geist" im religiösem Sinne wie auch Geist im profanem Sinne unter einen Hut zu bringen versucht. Unsere Sprache, also der Umstand, dass wir ein Wort mit mehreren Bedeutungen verwenden, verleitet dazu. Dies scheint mir aber kein sinnvoller Ansatz zu sein. Darum brachte ich ja das Bespiel mit der Parabel, wo jeder hier sicher unmittelbar einsieht, dass die mathematische Parabel etwas ganz anderes ist als die Parabel im literaurtwissenschaftlichem Sinn. Niemand kommt auf die Idee, aufgrund der Tatsache, dass wir ein und das selbe Wort für so verschiedene Dinge verwenden, beides in einen Topf werfen zu wollen.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Wenn wir Wörter wie Geist verwenden, dann drücken wir damit Gedanken aus. Wenn vor 2000 Jahren jemand πνεῦμα sprach, muss er nicht notwendigerweise den selben Gedanken damit ausdrücken.
Dies zu unterstellen, nur weil das Wort mit spiritus und schließlich mit Geist übersetzt wurde, ohne die kultursprachliche Evolution zu berücksichtigen, kann zu Fehlschlüssen führen.
Diese Denkweise (spiritus, Seele) ist in mittelalterlichen Definitionen hängen geblieben.
Wenn diese mittelalterlichen Dinge thematisiert werden, ist es doch sinnvoll, dieses Denken zu berücksichtigen, also zu ermitteln, was mit "spiritus, Seele" also zum Ausdruck gebracht werden soll.
Wenn es hingegen um den menschlichen Geist geht, der quasi-zweifelsfrei vom Gehirn erzeugt wird, so macht es natürlich Sinn, die Diskussion unter Berücksichtung der Hirnforschung zu führen. Wobei meiner Meinung nach auch die Psychologie und die Philosophie hier bedeutsam sind.
Wenn es um die christliche Religion geht, darum über Gott und den Heiligen Geist zu sprechen, so kann man darüber im Sinne der Thread-Frage nur dann sinnvoll sprechen, wenn wir uns klar machen, wie die Bibel die mit Geist übersetzten Begriffe im Grundtext mit Bedeutung füllt.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Der Wikipedia-Artikel scheint mir eine recht hilfreiche Quelle zu sein. Einleitend wird dort festgestellt:
Geist (griechisch πνεῦμα pneuma,[1] griechisch νοῦς nous[2] und auch griechisch ψυχή psyche,[3] lat. spiritus,[4] mens[5], animus bzw. anima,[6] hebr. ruach und arab. rÅ«h, engl. mind, spirit, franz. esprit) ist ein aus historischen Gründen uneinheitlich verwendeter Begriff der Philosophie, Theologie, Psychologie und Alltagssprache.[7]
Wikipedia ist immer gut! :thumbup:
Doch dort steht auch folgendes:
  • Bezogen auf die allgemeinsprachlich „geistig“ genannten kognitiven Fähigkeiten des Menschen bezeichnet „Geist“ das Wahrnehmen und Lernen ebenso wie das Erinnern und Vorstellen sowie Phantasieren und sämtliche Formen des Denkens wie Überlegen, Auswählen, Entscheiden, Beabsichtigen und Planen, Strategien verfolgen, Vorher- oder Voraussehen, Einschätzen, Gewichten, Bewerten, Kontrollieren, Beobachten und Überwachen, die dabei nötige Wachsamkeit und Achtsamkeit sowie Konzentration aller Grade bis hin zu hypnotischen und sonstigen tranceartigen Zuständen auf der einen und solchen von Überwachheit und höchstgradiger Geistesgegenwärtigkeit auf der anderen Seite.

Demzufolge ist Geist eine Form des Denkens.
Ja, natürlich, so das allgemeinsprachliche Verständnis. Darunter wird in Wikipedia allerdings das religiöse Verständnis dargestellt und somit vom allgemeinsprachlichen Gebrauch unterschieden.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Im Wikidpedia-Artkel wird sinnvollerweise zwischen demallgemeinsprachlichen Gebrauch und dem religiösen Gebrauch des Wortes unterschieden.
Warum sollte man sich nun ausschließlich mit der altgriechischen Definition befassen?
Leben wir nicht im 21. Jahrhundert?
Auch im 21. Jahrhundert kann die biblische Begrifflkeit für Geist thematisiert werden. In einem Religionsforum um abendländischen Kulturkreis ist dies gar nicht so unwahrscheinlich.

Christ: "Ich glaube an Gott."
Rationalist: "Was ist Gott?"
Christ: "Gott ist ein Geist."
Rationalist: "Geist kann ohne Materie nicht existieren."
Christ: "Warum nicht?"
Rationalist: "Weil Geist vom Gehirn erzeugt wird und dieses aus Materie besteht."
Christ: "Aha. Aber Gott ist doch kein menschlicher Geist. Er lebt im Himmel."
Rationalist: "So-so. Dann ist der Himmel wohl das Gehirn, welches den Geist Gott erzeugt?"
Christ: "So habe ich dies noch nie gesehen."
Rationalist: "Ist auch Unsinn, der Himmel ist kein Gehirn und kann keinen Geist erzeugen."
Christ: "Okay. Gott wird ja auch nicht erzeugt."
Rationalist: "Aber wie kann er dann exisitieren? Geist kann ohne Materie nicht existieren."
Christ: "Auf den menschlichen Geist mag dies zutreffen, aber doch nicht auf Gott."
Rationalist: "Warum nicht, er ist doch auch Geist."
Christ: "Nein, wir verwenden nur das selbe Wort und meinen unterschiedliche Dinge damit."
Rationalist: "Dann war unser Gespräch sinnlos."
Christ: "Das Wort Geist ist mehrdeutig."
... Und nun?

Also, worum geht es Euch denn hier? Um Geist im Sinne von kognitiven Fähigkeiten und Denken
ODER
im Sinne von Geistern (Gespenstern)?

Pluto hat geschrieben:Was mich z.B. interessiert ist, wie kamen wir von der damaligen Vorstellung zur Heutigen? Und WARUM haben de meisten Menschen umgedacht?
Das interessiert mich auch. Meine bescheidene Vermutung ist die, dass Menschen Geist mit Seele in Verbindung brachten und diese steht wieder in Verbindung mit der menschlichen Person, die denkt. Es fand sowas wie ein begrifflicher Wandel statt.
Hast Du dich schon mal mit Begriffsanalyse beschäftigt? Sie geht der Aussagenlogik voran. Bevor wir Aussagen von Texten logisch disktutieren können, ist es notwendig, die Begriffe im Text zu verstehen.
Wenn Jesus sagt: "Gott ist Geist", wollte er damit meiner Meinung nach nicht sagen, dass Gott Kognition wäre. Gott damit widerlegen zu wollen, dass Kognition und Denken nicht ohne Materie vorliegen können, ist nichts weiter als ein billiger semantischer Trick. Sorry, ich nenne die Dinge beim Namen, weil ich mich der Wahrheit und Ehrlichkeit verpflichtet fühle. Dies halte ich für ethisch redlich.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#16 Re: Ist Geist eine Entität?

Beitrag von Pluto » Sa 9. Apr 2016, 23:17

Halman hat geschrieben:Da wir hier im Religionsforum sind, liegt es meiner Meinung nach nahe, dass eben auch der religiöse Sprachgebrauch für Geist gemeint sein kann.
Naja... Es gibt auch eine ganz andere Definition von Geist. Beides kann Entität sein.

Halman hat geschrieben:Nun kenne ich leider denn Kontext nicht und weiß nicht, worauf Kurt eigentlich hinaus wollte. Manchmal hatte ich den Eindruck, als wenn er einen "holistischen" Ansatz versucht und sowohl "Geist" im religiösem Sinne wie auch Geist im profanem Sinne unter einen Hut zu bringen versucht.
Warum fragen wir ihn nicht?

Halman hat geschrieben:Wenn diese mittelalterlichen Dinge thematisiert werden, ist es doch sinnvoll, dieses Denken zu berücksichtigen, also zu ermitteln, was mit "spiritus, Seele" also zum Ausdruck gebracht werden soll.
Was soll denn mit "spiritus oder "Seele" zum Ausdruck gebracht werden?

Halman hat geschrieben:Also, worum geht es Euch denn hier? Um Geist im Sinne von kognitiven Fähigkeiten und Denken
ODER
im Sinne von Geistern (Gespenstern)?
Gespenster wäre eine dritte Deutung des Wortes. :lol:

Halman hat geschrieben:Meine bescheidene Vermutung ist die, dass Menschen Geist mit Seele in Verbindung brachten und diese steht wieder in Verbindung mit der menschlichen Person, die denkt. Es fand sowas wie ein begrifflicher Wandel statt.
Richtig.
Der Begriff des Geistes als "spiritus" oder "anima" hat Descartes als eine selbstständige vom Körper unabhängige Entität beschrieben. Diese Dualität von Körper und Geist war aber eine Fehlurteil von Descartes welches die psychiatrische Forschung um rund 3 Jahrhunderte zurück warf, und vielen Patienten mit geistigen Krankheiten unsägliches Leid und Hoffnungslosigkeit brachte.
Heute wissen wir nun mal besser was geistige Krankheiten sind und können diese auch schon teilweise behandeln.

Heute wissen wir, dass Geist eine Entität ist, aber wir wissen auch, dass diese Entität untrennbar mit dem Organismus verbunden ist.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#17 Re: Ist Geist eine Entität?

Beitrag von Halman » So 17. Apr 2016, 23:04

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Da wir hier im Religionsforum sind, liegt es meiner Meinung nach nahe, dass eben auch der religiöse Sprachgebrauch für Geist gemeint sein kann.
Naja... Es gibt auch eine ganz andere Definition von Geist. Beides kann Entität sein.
Darf ich Dich bitten, mir dies begrifflich zu erklären?

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Nun kenne ich leider denn Kontext nicht und weiß nicht, worauf Kurt eigentlich hinaus wollte. Manchmal hatte ich den Eindruck, als wenn er einen "holistischen" Ansatz versucht und sowohl "Geist" im religiösem Sinne wie auch Geist im profanem Sinne unter einen Hut zu bringen versucht.
Warum fragen wir ihn nicht?
Okay.

@closs
Wenn wir von Geist reden, stellt sich mir die Frage, was wir damit eigentlich meinen. In unserem Kulturkreis werden die Meisten vermutlich sinngemäß an folgende Definition denken:
Bezogen auf die allgemeinsprachlich „geistig“ genannten kognitiven Fähigkeiten des Menschen bezeichnet „Geist“ das Wahrnehmen und Lernen ebenso wie das Erinnern und Vorstellen sowie Phantasieren und sämtliche Formen des Denkens wie Überlegen, Auswählen, Entscheiden, Beabsichtigen und Planen, Strategien verfolgen, Vorher- oder Voraussehen, Einschätzen, Gewichten, Bewerten, Kontrollieren, Beobachten und Überwachen, die dabei nötige Wachsamkeit und Achtsamkeit sowie Konzentration aller Grade bis hin zu hypnotischen und sonstigen tranceartigen Zuständen auf der einen und solchen von Überwachheit und höchstgradiger Geistesgegenwärtigkeit auf der anderen Seite.
Diesen menschlichen Geist kann man rein naturalistisch verstehen. Religiöse Menschen geben sich damit aber in der Regel nicht zufrieden und sehen eine geistliche Dimension im menschlichen Geist. Sie mögen bei diesem Begriff eher an folgende Definition denken:
Mit religiösen Vorstellungen von einer Seele bis hin zu Jenseitserwartungen verknüpft, umfasst „Geist“ die oft als spirituell bezeichneten Annahmen einer nicht an den leiblichen Körper gebundenen, nur auf ihn einwirkenden reinen oder absoluten, transpersonalen oder gar transzendenten Geistigkeit, die als von Gott geschaffen oder ihm gleich oder wesensgleich, wenn nicht sogar mit ihm identisch gedacht wird. Heiliger Geist wird in der christlichen Vorstellungswelt dagegen der als Person gedachte, symbolisch als Taube oder als Auge dargestellte „Geist Gottes“ genannt.
Nun kann man diese beiden Begriffe schlicht und ergreifend getrennt betrachten, wie ich dies mache. Doch für Gläubige, die an eine geistliche Dimension im menschlichen Geist glauben, kommt dies wohl kaum in Frage. Sie sehen eher eine Verbindung zwischen menschlichen Geist und der geistlichen Welt, weshalb für sie eine strikte Trennung, wie ich sie favorisiere, vermutlich nicht in betracht kommt.
Wie kann man den menschlichen Geist, der offenkundig sehr viel mit unserem materiellen Gehirn zu tun hat, mit der geistlichen Welt der christlichen Religion verbinden?
Ist dies überhaupt Dein Ziel, lieber Kurt? Gewissermaßen eine "holistische Betrachtung", oder ist diese Ausdrucksweise falsch?

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Wenn diese mittelalterlichen Dinge thematisiert werden, ist es doch sinnvoll, dieses Denken zu berücksichtigen, also zu ermitteln, was mit "spiritus, Seele" also zum Ausdruck gebracht werden soll.
Was soll denn mit "spiritus oder "Seele" zum Ausdruck gebracht werden?
Beim lateinischen Begriff "spiritus" muss ich passen. :oops:

Der Begriff "Seele" ist ein vieldeutiger Begriff. Eine meiner Meinung nach recht gute Definition zum Begriff Seele lautet:
"Seele" ist ein Begriff, der sich sowohl auf die menschliche Person als Ganze als auch auf deren wesentliche Eigenschaften und Befindlichkeiten beziehen kann.
Vielleicht darf ich an dieser Stelle an zwei Meiner Beiträge verweisen:
Do 13. Mär 2014, 21:55
Fr 14. Mär 2014, 15:50

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Also, worum geht es Euch denn hier? Um Geist im Sinne von kognitiven Fähigkeiten und Denken
ODER
im Sinne von Geistern (Gespenstern)?
Gespester wäre eine dritte Deutung des Wortes. :lol:
:lol: :D Wieso, sind Gepsenster denn keine Geistwesen?

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Meine bescheidene Vermutung ist die, dass Menschen Geist mit Seele in Verbindung brachten und diese steht wieder in Verbindung mit der menschlichen Person, die denkt. Es fand sowas wie ein begrifflicher Wandel statt.
Richtig.
Der Begriff des Geistes als "spiritus" oder "anima" hat Descartes als eine selbstständige vom Körper unabhängige Entität beschrieben. Diese Dualität von Körper und Geist war aber eine Fehlurteil von Descartes welches die psychiatrische Forschung um rund 3 Jahrhunderte zurück warf, und vielen Patienten mit geistigen Krankheiten unsägliches Leid und Hoffnungslosigkeit brachte.
Heute wissen wir nun mal besser was geistige Krankheiten sind und können diese auch schon teilweise behandeln.
Irgendwie wurde der menschliche Geist mit der Vorstellung von Geistewesen und einer geist[l]ichen Welt im Laufe der kulturellen und sprachlichen Entwicklung miteinander verwoben. Vermutlich geschah dies über die Vorstellung einer immateriellen oder feinstofflichen Seele im Menschen, also einem Geist, der dann auch als geistige und göttliche Essenz des Menschen verstanden wurde.
Aus neurologischer Sicht mag dieses Vorstellung wie ein angestaubtes Relikt aus der Vergangenheit erscheinen, dass man besser in der Vergangenheit belassen sollte. Damit aber gleich auch alle Vorstellungen von Geistern, wie Gott und Jesus, aufzugeben, erscheint mir doch etwas voreilig, basiert sie doch darauf, dass der Begriff der Geistwesens im Laufe der Geschichte mit dem menschlichen Seele verknüpft wurde. Ich meine, dass meine verlinkten Beiträge recht gut zeigen, dass die Bibelschreiber unter den in der Bibel mit Seele und Geist übersetzten Begriffen ursprünglich etwas anderes verstanden. Demnach ist der Mensch erfüllt mit Lebenskraft, dem Odem. Dafür wurde das selbe Wort gebraucht wie für Wind und für den Heiligen Geist. Der Begriff Seele umfasst hingegen "die menschliche Person als Ganze"s. Im Laufe der Zeit wurde der Seelenbegriff allerdings neu ausformt, wie mir scheint eher im Sinne von geistlicher Entität und damit untrennbar mit dem menschlichen Geist verknüft. Wenn nun die Hirnforuschung zeigt, dass das hochkomplexe Gehirn höchst natürlich ist und dieses den menschlichen Geist über neurologische Erregunsmuster erzeugt, ist dies natürlich eine "Kränkung" für die Majorität der Gläubigen.
Allerdings wird damit der ausgeformte Geistbegriff kritisiert. Diesen vertrete ich ja gar nicht. ;)

Pluto hat geschrieben:Heute wissen wir, dass Geist eine Entität ist, aber wir wissen auch, dass diese Entität untrennbar mit dem Organismus verbunden ist.
Bezogen auf die erste Definition in Wikipedia stimme ich Dir vollstens zu. Doch davon spreche ich doch gar nicht, wenn ich von Geistwesen rede.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#18 Re: Ist Geist eine Entität?

Beitrag von Pluto » So 17. Apr 2016, 23:19

Halman hat geschrieben:Darf ich Dich bitten, mir dies begrifflich zu erklären?
Geist = kognitive Fähigkeiten wie z.B. Ideenreichtum (Technik, Musik), Planung, Entscheidugen, Absichten, usw.

Halman hat geschrieben:Ich meine, dass meine verlinkten Beiträge recht gut zeigen, dass die Bibelschreiber unter den in der Bibel mit Seele und Geist übersetzten Begriffen ursprünglich etwas anderes verstanden. Demnach ist der Mensch erfüllt mit Lebenskraft, dem Odem.
Ja. So dachten die Menschen eben vor 3000 Jahren: Dass das Leben nur von Gott kommen konnte.
Spätestens seit Darwins "gefährlicher" Theorie wird das heute von den meisten Experten anders gesehen.

Halman hat geschrieben:Der Begriff Seele umfasst hingegen "die menschliche Person als Ganze"s. Im Laufe der Zeit wurde der Seelenbegriff allerdings neu ausformt, wie mir scheint eher im Sinne von geistlicher Entität und damit untrennbar mit dem menschlichen Geist verknüft. Wenn nun die Hirnforuschung zeigt, dass das hochkomplexe Gehirn höchst natürlich ist und dieses den menschlichen Geist über neurologische Erregunsmuster erzeugt, ist dies natürlich eine "Kränkung" für die Majorität der Gläubigen.
Ja. Aber ist das Gefühl der Kränkung gerechtfertigt? Ist die moderne Sicht denn falsch?

Halman hat geschrieben:Bezogen auf die erste Definition in Wikipedia stimme ich Dir vollstens zu. Doch davon spreche ich doch gar nicht, wenn ich von Geistwesen rede.
Sondern? Was meint du dann mit Geistwesen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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