Naturalismus ist...

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
Pluto
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#41 Re: Naturalismus ist...

Beitrag von Pluto » Mo 2. Jun 2014, 23:36

Andreas hat geschrieben:Jetzt wird es ideologisch:
Aha!
Andreas hat geschrieben:Wie oft hast du hier schon nach Beweisen für Gott gefragt?
Nicht ein einziges Mal, weil ich weiß, dass es solche Beweise nicht gibt.
Und warum? Weil du und der Naturalismus im GEGENSATZ zur Naturwissenschaft davon ausgehen, dass die Naturwissenschaft die ganze Welt erklären kann. Einfach alles. Und alles ist beweisbar.
Ganz Im Gegenteil. Als Naturalist habe ich immer auf das Münchhausen-Trilemma hingewiesen.
Hier ein Zitat daraus:
Da es keine unfehlbaren Quellen der Erkenntnis gibt, sondern allenfalls Quellen, deren Unfehlbarkeit dogmatisch behauptet wird, gibt es gemäß dem Münchhausen-Trilemma keinen privilegierten Zugang zur Wahrheit.
Andreas hat geschrieben:Jeder der was anderes behauptet ist in der Beweispflicht.
Jeder der irgendetwas behauptet unterliegt der Beweispflicht, deshalb wirst du von mir niemals ernstgemeinte Behauptungen hören/lesen.
Andreas hat geschrieben:und die Beweise müssen naturwissenschaftlichen Ansprüchen genügen.
Schon mal was vom Positivismusstreit gehört?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#42 Re: Naturalismus ist...

Beitrag von closs » Di 3. Jun 2014, 05:18

Pluto hat geschrieben:Aber... was ist Ideologie, im Bezug auf Naturwissenschaft?
Nichts - der Naturalismus ist die Ideologie, nicht die Naturwissenschaft.

ThomasM
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#43 Re: Naturalismus ist...

Beitrag von ThomasM » Di 3. Jun 2014, 11:24

Pluto hat geschrieben: Als Naturalist habe ich immer auf das Münchhausen-Trilemma hingewiesen.
Das Münchhausen Trilemma kann vermieden werden.

Wie, das gibt die Mathematik vor. Man gründet sich auf Axiome.
Diese Axiome bedürfen der Begründung nicht, sie werden schlicht gesetzt. Daher ist ein letzter Grund nicht nötig und das Münchhausen Trilemma tritt nicht auf.

In der Naturwissenschaft gibt es ebenfalls solche Axiome. Diese bestehen darin, dass die naturwissenschaftliche Methodologie anwendbar ist (was auch die Anwendbarkeit von Matematik einschließt).
Diese Methodologie schließt aber so etwas wie Gott aus. Insofern hat Andreas Recht.
Die Benutzung von Axiomen bedeutet aber eine Beschränkung. Man kann nur begründen (erkennen), was sich aus diesen ergibt. Für alles andere ist man blind. So wie die Naturwissenschaft blind ist gegenüber Gott.

Der Naturalismus schließt ebenfalls Gott aus, ist aber eine Phlosophie. Für diese trifft dann das Trilemma zu. Konsequenz: Man weiß, dass man niemals alles wissen kann. Allerdings kann man auch andere Philosophien entwickeln, die Gott mit einbeziehen. Aber auch diese sind in ihrer Erkenntnisfähigkeit beschränkt, denn auch für diese trifft das Trilemma zu

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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Demian
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#44 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Demian » Di 3. Jun 2014, 12:47

Pluto hat geschrieben:Oft ergänzt die Naturwissenschaft diese Bilder, aber manchmal widerspricht sie ihnen auch.

Die Widersprüche haben “alles Recht der Welt”, sich zu zeigen. Sie dürfen sein. Schließlich weisen sie uns darauf hin, dass wir unsere Gedanken für wirklicher als die Wirklichkeit halten. Deshalb zeigt sich uns eine Welt, in der wirklich ist, was nicht wirklich sein kann – eine Welt, die sich im Konflikt (mit sich selbst) befindet. Auf diese Weise reagieren wir. Alle in mir auftauchenden Widersprüche weisen mich darauf hin, dass mir meine Gedankenwelt, die Welt meiner Gedanken, immer noch wirklicher ist als das, was ist. Das ist in (der) Ordnung. Es erfordert keinen neuerlichen Widerspruch.

Ich reibe mich so lange an den Widersprüchen auf, bis ich aufgerieben bin. Hier öffnet sich der Raum ins Unbekannte hinein.


aus: Daniel Herbst, “Aus dem Einen”

Pluto
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#45 Re: Naturalismus ist...

Beitrag von Pluto » Di 3. Jun 2014, 13:56

ThomasM hat geschrieben:Das Münchhausen Trilemma kann vermieden werden.
Immer nur scheinbar, denn ein letzter Grund ist bei jeder Beweisführung zwingend erforderlich.

Diese Axiome bedürfen der Begründung nicht, sie werden schlicht gesetzt.
Schon.
Aber ein Axiom was nicht falsifizierbar ist, nennt man ein Dogma.
Daher ist ein letzter Grund nicht nötig und das Münchhausen Trilemma tritt nicht auf.
Schon klar, wenn du den letzten Grund bereits mit einem Dogma vorweggenommen hast.

ThomasM hat geschrieben:In der Naturwissenschaft gibt es ebenfalls solche Axiome.
Natürlich. closs würde sie Setzungen nennen.
Setuungen die nicht falsifizierbar sind, nennt man Dogmen. Diejenigen die falsifizierbar sind, bezeichnet man als Axiome.

ThomasM hat geschrieben:Diese Methodologie schließt aber so etwas wie Gott aus. Insofern hat Andreas Recht.
Die Benutzung von Axiomen bedeutet aber eine Beschränkung. Man kann nur begründen (erkennen), was sich aus diesen ergibt. Für alles andere ist man blind. So wie die Naturwissenschaft blind ist gegenüber Gott.
Der methodologische Naturalismus ist nicht blind, sondern bezeichnet nicht falsifizierbare Annahmen als nicht relevant.

Allerdings kann man auch andere Philosophien entwickeln, die Gott mit einbeziehen.
Klar. Aber an dessen Ende steht immer ein "letzter Grund", weil Gott nicht falsifizierbar ist.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#46 Re: Naturalismus ist...

Beitrag von Demian » Di 3. Jun 2014, 14:03

Aus einer erweiterten Perspektive können wir erkennen, dass die Vielheit der Phänomene Ausdruck einer allumfassenden Einheit ist. Jedes Lebewesen, jedes Phänomen erscheint in diesem Einen. Für dieses Eine haben die Menschen im Laufe der Zeit immer wieder verschiedene Begriffe gefunden. Wenn ich sage: alles ist Bewusstsein, dann ist das für mich ein stimmiger Begriff, denn meine Individualität erscheint ebenso in dem. „Mein“ Bewusstsein ist ein Ausdruck des Einen, also kann das Eine nur identisch mit Bewusstsein sein. Meine Individualität ist nicht mehr als das Eine – es ist das Eine in individueller Gestalt. Kabir sagt: „Höre, mein Lieber, Ich bin in jedem Atemzug aller.“ - das ist aus dualistischer Sicht eine Unmöglichkeit, aber aus einer authentischen Erfahrung dieses Einen heraus, sehr wohl verständlich. Das ist die Erfahrung der Buddhanatur - diese Schönheit - diese Herrlichkeit - dieses unendliche Sein das durch Dich feiert, spielt und tanzt. Wenn Jesus sagt „Das Himmelreich ist in euch“, dann meint er genau das.
Zuletzt geändert von Demian am Di 3. Jun 2014, 14:06, insgesamt 1-mal geändert.

Pluto
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#47 Re: Naturalismus ist...

Beitrag von Pluto » Di 3. Jun 2014, 14:04

Ein Naturwissenschaftler benötigt drei (falsifizierbare) Axiome:
1.) Das Universum existiert und ist durch Beobachtung falsifizierbar, bzw. verifizierbar.
2.) Das Universum ist homogen, sodass man Modelle von (Teilen) der Natur errichten kann, die die Funktionsweise der Welt erklären.
3.) Diese Modelle sind durch Beobachtungen (Messungen) überprüfbar (falsifizierbar).
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Andreas
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#48 Re: Naturalismus ist...

Beitrag von Andreas » Di 3. Jun 2014, 14:56

Pluto hat geschrieben:Der methodologische Naturalismus ist nicht blind, sondern bezeichnet nicht falsifizierbare Annahmen als nicht relevant.
Nicht relevant für wen? Doch nur für Naturalisten und nicht für alle anderen Menschen - zu denen zähle ich auch Naturwissenschaftler die keine Naturalisten sind.

Pluto hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Wie oft hast du hier schon nach Beweisen für Gott gefragt?
Nicht ein einziges Mal, weil ich weiß, dass es solche Beweise nicht gibt.
Du hast das nicht wörtlich so gefragt, aber du forderst, dass gläubige Menschen ihre Behauptungen bezüglich Gott, Transzendenz, Materie als Folge Geist von usw. "irgendwie" belegen. Das Forum ist voll von ihren Belegen, aber keiner dieser Belege verträgt sich mit deiner Weltanschauung - oder lässt sich damit vereinbaren. Das ist soweit auch kein Problem.

Aber die Belege gläubiger Menschen für diese Dinge vertragen sich durchaus mit der Naturwissenschaft, weil die Naturwissenschaft Raum lässt im Leben der Menschen, für anders als naturwissenschaftlich geartete Belege. Belege die auf anderen Methoden beruhen und ihrerseits Mittel der Falsifizierung und Bewahrheitung kennen.

Wenn du Glaube als nicht relevant, als Wunschdenken und Illusion bezeichnest, hast du den Boden der Naturwissenschaft verlassen. Warum behauptest du das eigentlich? Kannst du diese Behauptung denn "irgendwie" beweisen oder belegen?

closs
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#49 Re: Naturalismus ist...

Beitrag von closs » Di 3. Jun 2014, 15:21

Pluto hat geschrieben: ein letzter Grund ist bei jeder Beweisführung zwingend erforderlich.
Der letzte Grund ist immer die jeweilige Setzung des Systems, innerhalb dessen ein Beweis geführt wird. - Nicht umsonst heisst es in der Mathematik NICHT "Behauptung - Beweis", sondern "Voraussetzung - Behauptung - Beweis".

Pluto hat geschrieben:Aber ein Axiom was nicht falsifizierbar ist, nennt man ein Dogma.
Dann ist es halt ein Dogma - die Funktion ist diesselbe: Voraussetzung für einen Beweis.

Pluto hat geschrieben:Der methodologische Naturalismus ist nicht blind, sondern bezeichnet nicht falsifizierbare Annahmen als nicht relevant.
Das heißt in Deinen Worten: Er ist blind für das, was der Fall ist, wenn dieses auf nicht falsifizierbaren Annahmen fußt. - Das, was der Fall ist, wird also vom Naturalismus akzeptiert, wenn die Annahmen dazu falsifizierbar sind - und nicht, wenn nicht. - Das ist dem, was der Fall ist, aber wurscht - es ist oder es ist nicht.

Anton B.
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#50 Re: Naturalismus ist...

Beitrag von Anton B. » Di 3. Jun 2014, 15:22

Andreas hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Der methodologische Naturalismus ist nicht blind, sondern bezeichnet nicht falsifizierbare Annahmen als nicht relevant.
Nicht relevant für wen? Doch nur für Naturalisten und nicht für alle anderen Menschen - zu denen zähle ich auch Naturwissenschaftler die keine Naturalisten sind.
Allerdings ist Plutos Aussageteil " ... ist nicht blind, sondern bezeichnet nicht falsifizierbare Annahmen als nicht relevant ... " nach zeitgenössischem Verständnis weder generisch "naturalistisch", noch generisch "naturwissenschaftlich", sondern eine Forderung, die wissenschaftlichen Theorien in toto zugeschrieben wird. Sie ist also generisch "wissenschaftlich".

Andreas hat geschrieben:Aber die Belege gläubiger Menschen für diese Dinge vertragen sich durchaus mit der Naturwissenschaft, weil die Naturwissenschaft Raum lässt im Leben der Menschen, für anders als naturwissenschaftlich geartete Belege. Belege die auf anderen Methoden beruhen und ihrerseits Mittel der Falsifizierung und Bewahrheitung kennen.
Ich würde es eher so bezeichnen: Die Wissenschaft lässt als solche dem Glauben null Komma nichts Raum. Umgekehrt ist es genau so. Wissenschaft und Glaube können nicht "gegeneinander querwirken", weil sie kategoriell völlig unterschiedlich sind. Wegen dieser kategoriellen Unterschiedlichkeit können Wissenschaft und Glaube jeweils eine eigene Sicht auf ein und dieselbe Sache formulieren, ohne dass sich das Eine gegenüber dem Anderen ausspielen lässt.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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