Humanismus-Alternative zur Religion?

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#51 Re: Humanismus-Alternative zur Religion?

Beitrag von closs » Mo 4. Aug 2014, 14:55

Naqual hat geschrieben:Der große Wissenschaftstheoretiker bin ich jetzt nicht
ICh auch nicht - habe aber hier auf dem Forum viel gelernt - damit Du auch mal Dein Fett weg hast, lieber Pluto. :Herz: :lol:

Naqual hat geschrieben: warum der Konstruktivismus als auch der Kritische Rationalismus nur aufgehen soll, wenn es keinen teleologischen Ansatz gibt.
Ist eher eine Vermutung von mir. - Konstr. und KR scheinen beide "auf Sicht" zu funktionieren - also ohne Ziel (= Telos)

Naqual hat geschrieben:Bei der Hemeneutik handelt es sich nicht um wissenschaftliches Erkunden der Realität, sondern um das wissenschaftliche Verstehen von schriftlichen Aussagen über eine wie auch immer gestaltete Realität und Über-Realität.
Es gibt leider eine große Deutungs-Vielfalt in Bezug auf Hermeneutik.

Die H., die ich meine, ist die mit dem "hermeneutischen Zirkel" - im Grunde eine Sysiphos-Arbeit, weil man weiß, dass der Gipel der Erkenntnis immer in Wolken ist - woraus Materialisten schließen, dass es dort nur Wolken gäbe, wo man den Gipfel vermutet.

Naqual hat geschrieben:"teleologischen Ansatz"
Eigentlich ist jeder dedukive oder auch platonische Ansatz immer ein teleologischer Ansatz - auch wenn man es so nicht nennt. - Da wird imo einiges unnötig verkompliziert.

Naqual hat geschrieben:Das kollidiert natürlich mit dem KR mehrfach, weil dieser nur, vereinfacht gesagt, "Zwischenerkenntnisse" kennt, die jederzeit überprüfbar bleiben müssen und auch nur so lange gelten, bis sie nicht widerlegt sind.
Genau so. - Das habe ich mit "auf Sicht" gemeint.

Naqual hat geschrieben: "Kirche ist keine Demokratie"
Fundamental-theologisch kann das auch nicht sein - Stimmen zählen und Stimmen wägen sind zwei paar Stiefel. - Naturwissenschaft ist übrigens auch keine Demokratie - geht aus demselben Grund ebenfalls nicht.

Naqual hat geschrieben:Der Kritische Rationalismus, der im politischen Umfeld entwickelt wurde, ist genaugenommen die theoretische Grundlegung für "pluralistische Demokratien".
Genau dafür ist der KR doch auch gut - aber der KR ist halt nicht anwendbar bei ontologischen Fragestellungen.

Mich wundert immer wieder, wenn Werkzeuge aus EINER Disziplin bei einer anderen angesetzt werden - so als könne man mit der Falsifizierungs-Technik der KR etwas bei ontologischen/geistigen Fragen ausrichten.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#52 Re: Humanismus-Alternative zur Religion?

Beitrag von closs » Mo 4. Aug 2014, 15:08

Pluto hat geschrieben:Was meinst du, kann der Kardinal seine Kritik objektiv und glaubwürdig begründen, oder ist es nur eine glaubensbedingte Vermutung?
Natürlich ist das extrem gut begründbar - aber eben nur aus einem geistigen Koordinaten-System heraus.

Es ist KEINE Vermutung, sondern erkenntnis-theoretischer Fakt:

A) Geistige Aussagen ("Gott lenkt die Natur HINTER der Evolution") sind geistig angreifbar, aber nicht naturwissenschaftlich angreifbar.
B) Naturwissenschaftliche Aussagen ("Leben ist ohne von außen lenkende Kraft unter biologischen Gesichtspunkten möglich") sind wissenschaftlich angreifbar, aber nicht geistig angreifbar.

Schönborn wendet sich dagegen, dass eine naturwissenschaftliche Aussage so umfunktioniert wird, als sei damit etwas Weltanschauliches bewiesen: "Wenn Leben ohne von außen lenkende Kraft unter biologischen Gesichtspunkten möglich ist, GIBT es wegen Ockham keine von außen lenkende Kraft" (oder so ähnlich). - Und dann schlägt man halt mal mit der Faust auf den Tisch. - Aus meiner Sicht sehr verständlich.

Im übrigen wäre es sehr wünschenswert, wenn echte Wissenschaftler sich öffentlich nachhaltig von weltanschaulichen Aussagen im Namen der Wissenschaft distanzieren würden - einfach um ihren eigenen Laden sauber zu halten.

Pluto hat geschrieben: In welchem Sinn wären sie denn objektiv?
Wenn nur subjektiv Wahrnehmbares unabhängig von der Wahrnehmung "der Fall ist", ist es nicht nur Wahrnehmungs-Größe, sondern auch Seins-Größe und wird damit zum Objekt.

Pluto hat geschrieben:Dann zeig sie doch her!
Du meinst zum wiederholten Mal, dass der ontologische Status eines Phänomens abhängig wäre von deren objektiven Nachweis - DAS ist das "non-sequitur" - Kategoriefehler hoch 10.

Pluto hat geschrieben:Was könnte denn der Fall sein?
Muss ich nicht wissen - was ist, ist.

Pluto hat geschrieben:Was wir nicht kritisch und intersubjektiv erkennen können, ist mit Skepsis zu betrachten.
Das ist ok. - "Prüfet alles und behaltet das Gute" - das gilt für Transzendentes genauso wie für wissenschaftliche Gutachten.

Pluto hat geschrieben:Was genau erreicht man mit der Annahme einer Transzendenz ohne Evidenz?
Nichts. - Eine Transzendenz ohne Evidenz anzunehmen, wäre Schwachsinn.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#53 Re: Humanismus-Alternative zur Religion?

Beitrag von sven23 » Mo 4. Aug 2014, 15:42

closs hat geschrieben:Nichts. - Eine Transzendenz ohne Evidenz anzunehmen, wäre Schwachsinn.

Evidenz im Zusammenhang mit Transzendenz ist unangebracht. Begriffe wie subjektive Wahrnehmung, Phantasie, Kopfkino passen hier besser. Man sollte die Begrifflichkeiten sauber trennen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#54 Re: Humanismus-Alternative zur Religion?

Beitrag von sven23 » Mo 4. Aug 2014, 16:05

Passend zum Bild, das die RKK in der Geschichte geliefert hat, ist die Tatsache, daß sie von Menschenrechten nicht viel hält.


"Die katholische Kirche hat bis zum II. Vatikanischen Konzil die Menschenrechte als unchristlich verurteilt und die Menschenrechtserklärungen des Europarates bis heute nicht unterzeichnet."
(Küng Mynarek)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#55 Re: Humanismus-Alternative zur Religion?

Beitrag von closs » Mo 4. Aug 2014, 16:11

sven23 hat geschrieben:Evidenz im Zusammenhang mit Transzendenz ist unangebracht.
Das ist historisch falsch. - Du nutzt die rein materialistische Definition des Worte "Evidenz" - das ist EINE Definition.

sven23 hat geschrieben:Passend zum Bild, das die RKK in der Geschichte geliefert hat, ist die Tatsache, daß sie von Menschenrechten nicht viel hält.
Das ist hanebüchener Quatsch. - Das hat sicherlich politische Gründe - vielleicht stehen in der offiziellen Charta Sachen drin, die unzureichend oder für die RKK unakzeptabel sind (ich weiss es nicht).

Du solltest schreiben: ... dass die RKK von Menschenrechten in vorliegender offiziellen Formulierung nichts hält (wenn's stimmen würde) - das ist etwas ganz anderes.

Catholic
Beiträge: 2750
Registriert: Sa 14. Sep 2013, 13:45

#56 Re: Humanismus-Alternative zur Religion?

Beitrag von Catholic » Mo 4. Aug 2014, 16:14

Ich stimme Closs zu,die Aussage ist so schlichtweg falsch.
Es war nebenbei bemerkt gerade die Katholische Kirche,die sich recht früh für das eingesetzt hat,was wir heute als Menschenrechte bezeichnen.

sven23 hat geschrieben:Passend zum Bild, das die RKK in der Geschichte geliefert hat, ist die Tatsache, daß sie von Menschenrechten nicht viel hält.


"Die katholische Kirche hat bis zum II. Vatikanischen Konzil die Menschenrechte als unchristlich verurteilt und die Menschenrechtserklärungen des Europarates bis heute nicht unterzeichnet."
(Küng Mynarek)

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#57 Re: Humanismus-Alternative zur Religion?

Beitrag von sven23 » Mo 4. Aug 2014, 16:30

Catholic hat geschrieben: Es war nebenbei bemerkt gerade die Katholische Kirche,die sich recht früh für das eingesetzt hat,was wir heute als Menschenrechte bezeichnen.


Ja sicher, was sich unter anderem in ihrer Haltung zur Sklaverei ausgedrückt hat.

"Wenn man sich auf der Welt umsieht, so muß man feststellen, daß jedes bißchen Fortschritt im humanen Empfinden, jede Verbesserung der Strafgesetze, jede Maßnahme zur Verminderung der Kriege, jeder Schritt zur besseren Behandlung der farbigen Rassen oder jede Milderung der Sklaverei und jeder moralische Fortschritt auf der Erde durchweg von den organisierten Kirchen der Welt bekämpft wurde. Ich sage mit vollster Überzeugung, daß die in ihren Kirchen organisierte christliche Religion der Hauptfeind des moralischen Fortschrittes in der Welt war und ist."
(Bertrand Russell, engl. Philosoph, 1872-1970)

"Alle in theologischen Werken üblichen Verherrlichungen des Christentums, daß es im Mittelalter wenigstens die Sklaverei abgeschafft habe, beruhen auf krasser Unwissenheit oder verlogender Apologetik. Ungefähr das Gegenteil ist wahr...Wo sie in Europa aufhörte, sind politische und ökonomische Verhältnisse die Ursache; niemals aber ein Verbot der Kirche. Ja, die Sklaverei nimmt in Südeuropa gegen Ende des Mittelalters einen Aufschwung, und die Kirche ist nicht bloß am Sklavenbesitz beteiligt, sondern verhängt auch geradezu Versklavung als Strafe in den verschiedensten Fällen."

(Ernst Troeltsch, ev. Theologe, Philosoph u. Historiker,
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#58 Re: Humanismus-Alternative zur Religion?

Beitrag von Pluto » Mo 4. Aug 2014, 17:38

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Was meinst du, kann der Kardinal seine Kritik objektiv und glaubwürdig begründen, oder ist es nur eine glaubensbedingte Vermutung?
Natürlich ist das extrem gut begründbar - aber eben nur aus einem geistigen Koordinaten-System heraus.
Das "Koordinatensystem" wie du es nennst is irrelevant.
Womit ist eine "lenkende Macht" denn begründbar?

closs hat geschrieben:Es ist KEINE Vermutung, sondern erkenntnis-theoretischer Fakt:
Vergiss es!
Fakten kann man überprüfen. Deine Vermutungen nicht.

closs hat geschrieben:A) Geistige Aussagen ("Gott lenkt die Natur HINTER der Evolution") sind geistig angreifbar, aber nicht naturwissenschaftlich angreifbar.
B) Naturwissenschaftliche Aussagen ("Leben ist ohne von außen lenkende Kraft unter biologischen Gesichtspunkten möglich") sind wissenschaftlich angreifbar, aber nicht geistig angreifbar.
Unsinn! Jede Aussage ist immer angreifbar.
Wenn ich sage, "Ungelenkte Evolution ist Fakt", dürftest du das dann nicht angreifen?

Schönborn wendet sich dagegen, dass eine naturwissenschaftliche Aussage so umfunktioniert wird, als sei damit etwas Weltanschauliches bewiesen...
Wer hat die naturwissenschaftliche Aussage umfunktioniert?
Doch nur der Kardinal, in dem er SEINE Interpretation einer "lenkenden MAcht" in die Waagschale wirft.
Du solltest lieber fragen, warum der Kardinal so reagiert. Könnte es sein, dass er eine irrationale, ungerechtfertigte Angst verspürt, mit der Wahrheit konfrontiert zu werden?

Das ist übrigens keine willkürliche Aussage, denn ich meine genau diese Angst in den Worten und Handlungen vieler Schöpfungsgläubiger zu erkennen.

"Wenn Leben ohne von außen lenkende Kraft unter biologischen Gesichtspunkten möglich ist, GIBT es wegen Ockham keine von außen lenkende Kraft" (oder so ähnlich). - Und dann schlägt man halt mal mit der Faust auf den Tisch.
Kein Wissenschaftler schlägt wegen einer biologischen Erkenntnis mit der Faust auf den Tisch!
Du machst als Laie denselben Fehler wie der Kardinal: Interpretierst eine lenkende Kraft in eine naturwissenschaftliche Theorie hinein, wo gar keine gefunden wurde.
Wenn es diese lenkende Kraft gibt, dann obliegt es der behauptenden Partei (dir oder dem Kardinal) dieses intersubjektiv zu belegen.
Wenn ihr das nicht könnt, dann ist es (wie ich von Anfang an vermutute) eine ideologisch motivierte Einmischung in eine fremde Disziplin.

closs hat geschrieben:Im übrigen wäre es sehr wünschenswert, wenn echte Wissenschaftler sich öffentlich nachhaltig von weltanschaulichen Aussagen im Namen der Wissenschaft distanzieren würden.
Im übrigen wäre es sehr wünschenswert, wenn echte Geistliche sich öffentlich nachhaltig von narurwissenschaftlichen Aussagen im Namen der Transzendenz distanzieren würden.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: In welchem Sinn wären sie denn objektiv?
Wenn nur subjektiv Wahrnehmbares unabhängig von der Wahrnehmung "der Fall ist", ist es nicht nur Wahrnehmungs-Größe, sondern auch Seins-Größe und wird damit zum Objekt.
Wenn du aber nicht weißt "was der Fall ist", wie willst du das überhaupt entscheiden?

closs hat geschrieben:Eine Transzendenz ohne Evidenz anzunehmen, wäre Schwachsinn.
Da du keine Evidenz vorlegen kannst, ist es wohl so.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#59 Re: Humanismus-Alternative zur Religion?

Beitrag von closs » Mo 4. Aug 2014, 18:32

Pluto hat geschrieben:Womit ist eine "lenkende Macht" denn begründbar?
Sie basiert auf dem Axiom, dass Materie Folge von Geist ist. - Alles andere ergibt sich von selbst.

Pluto hat geschrieben:Fakten kann man überprüfen. Deine Vermutungen nicht.
Das ist keine Vermutung - das ist ein logisches Faktum.

Pluto hat geschrieben:Wenn ich sage, "Ungelenkte Evolution ist Fakt", dürftest du das dann nicht angreifen?
Moment: Ich habe die Logik von A) und B) als Fakt bezeichnet, nicht die weltanschauliche Haltung von SChönborn.

Pluto hat geschrieben: Könnte es sein, dass er eine irrationale, ungerechtfertigte Angst verspürt, mit der Wahrheit konfrontiert zu werden?
Nein - er hat nichts gegen biologische Wahrheiten. - Er sieht vielmehr (wie ich auch), dass biologische Erkenntnisse zum Anlass genommen werden, die (Daseins-)Welt weltanschaulich als "ungelenkt" darzustellen. - Solche Weltanschauungen sind nach seiner Ansicht mit "der Abdankung der Vernunft" verbunden.

Das ist eine rein weltanschauliche Auseinandersetzung, keine wissenschaftliche.

Pluto hat geschrieben: denn ich meine genau diese Angst in den Worten und Handlungen vieler Schöpfungsgläubiger zu erkennen.
Ja - bei Kreationisten, die die Bibel wörtlich verstehen, kann es Probleme geben.

Pluto hat geschrieben:Im übrigen wäre es sehr wünschenswert, wenn echte Geistliche sich öffentlich nachhaltig von narurwissenschaftlichen Aussagen im Namen der Transzendenz distanzieren würden.
Meine Rede seit 1848.

Pluto hat geschrieben:Wenn du aber nicht weißt "was der Fall ist", wie willst du das überhaupt entscheiden?
Man KANN es nicht entscheiden - man kann es empfinden, plausibel finden, glauben, hoffen, logisch wahrscheinlich finden - mehr geht nicht. - Es geht doch gerade darum, dass SEIN ein Größe ist, die NICHT abhängig ist vom Befinden und Entwicklungsstand der Wahrnehmung.

Merkst Du nicht, welche Hybris es ist, "das, was der Fall ist", von der eigenen Wahrnehmungs-Kompetenz abhängig zu machen?

Pluto hat geschrieben:Da du keine Evidenz vorlegen kannst, ist es wohl so.
Evidenz wird disbezüglich seit Jahrtausenden vorgelegt - aber wenn das Auge nicht sonnenhaft ist, erkennt es die Sonne nicht.

Benutzeravatar
Naqual
Beiträge: 1932
Registriert: Mi 12. Jun 2013, 19:44

#60 Re: Humanismus-Alternative zur Religion?

Beitrag von Naqual » Mo 4. Aug 2014, 18:47

closs hat geschrieben:
Naqual hat geschrieben: warum der Konstruktivismus als auch der Kritische Rationalismus nur aufgehen soll, wenn es keinen teleologischen Ansatz gibt.
Ist eher eine Vermutung von mir. - Konstr. und KR scheinen beide "auf Sicht" zu funktionieren - also ohne Ziel (= Telos)
Nachdem mir der Begriff Teleologie nicht geläufig war, habe ich danach ein wenig gesurft. Ich bin mir nun recht sicher, dass der Kritische Rationalismus /Konstruktivismus und die Teleologie verschiedene Baustellen sind. Also die KR erfordert nicht, dass etwas nicht teleologisch strukturiert ist. Es ist hiervon völlig unabhängig.
Karl Popper als DER Vertreter des KR ließ die Teleologie zu sowohl für die Naturwissenschaften (!) als auch für die Geisteswissenschaften. Popper selbst vertrat teleologische Positionen in Bezug auf die Entstehung der Arten (siehe Wiki, weiter unten). Ich nehme an, dann in anderen Forschungsbereichen eben nicht.
Anscheinend wird Teleologie als das Gegenstück zur mechanistischen Weltsicht verstanden.
Pluto wäre hier also mehr der "Mechaniker", :mrgreen: wir beide wohl eher Fans der Teleologie. (z.B. wir gehen von einem Gott aus als Ausgangspunkt, sehen aber alle Abläufe und Handlungen wieder im teleologisch verstandenen Endpunkt Gott, quasi "alles zu IHM hin geschaffen" wie es im NT heißt).

Naqual hat geschrieben:"teleologischen Ansatz"
Eigentlich ist jeder dedukive oder auch platonische Ansatz immer ein teleologischer Ansatz - auch wenn man es so nicht nennt. - Da wird imo einiges unnötig verkompliziert.
Hm, denke nicht. Es sind zwei verschiedene (Abstraktions-)Ebenen.
Teleologisch heißt z.B. etwas Beobachtbarem haftet ein wesenseigenes Ziel bzw. ein Zweck an.
Deduktiv ist eine Abstraktionsebene darüber. Es geht um die Art und Weise logischen Schlußfolgerns (von gegebenen Voraussetzungen wird auf einen bestimmten Fall geschlossen). Beispiel: Alle Menschen sind sterblich. Sokrates ist ein Mensch. Sokrates ist sterblich.
Teleologischer Ansatz würde jetzt heißen: Dem Leben uns Sterben eines Menschen haftet ein auf ein Ziel gerichteter Sinn und Zweck an (z.B. Vermeidung der Überbevölkerung).
Also wieder zwei verschiedene Baustellen.



Naqual hat geschrieben: "Kirche ist keine Demokratie"
Fundamental-theologisch kann das auch nicht sein - Stimmen zählen und Stimmen wägen sind zwei paar Stiefel. - Naturwissenschaft ist übrigens auch keine Demokratie - geht aus demselben Grund ebenfalls nicht.
Der kritisierte Satz des höchsten Kardinals ist erst einmal richtig: Demokratie ist keine Methode zur Erkenntnisgewinnung (da ist sie sogar manchmal SEHR unbeholfen), sondern eine Methode zum leichteren und gerechteren Interessensausgleich.
Nachdem die Kirche für sich die Wahrheit in Anspruch nimmt sind Abstimmungen nicht der Weg um mit besserer und sicherer Chance ihr näher zu kommen. Und genau hier laufen Reformbewegungen wie "Wir sind Kirche" an die Wand der Immunität (aber nur wenn Dogmen angetastet sind, bei allen anderen Dingen nicht!)
Naturwissenschaft ist sicher keine Demokratie. Aber sie hat etwas gemeinam: je mehr freier Diskurs (konkurrierender Haltungen), desto besser die Ergebnisse. ;)

Naqual hat geschrieben:Der Kritische Rationalismus, der im politischen Umfeld entwickelt wurde, ist genaugenommen die theoretische Grundlegung für "pluralistische Demokratien".
Genau dafür ist der KR doch auch gut - aber der KR ist halt nicht anwendbar bei ontologischen Fragestellungen.
Die KR hat ihre Vorzüge bei der Beweisführung und Beweiswürdigung, sie dient sichereren Ergebnissen. Im Bereich der Erkenntnisgewinnung ist sie methodisch relativ schwach. Deswegen wurde diese Richtung auch "Positivismus" beschimpft.
Also sie bildet nur etwas ab, was alle schon sehen wie ein Diapositiv. In bestimmten Bereichen, wie der Theologie oder der Philosophie muss die KR sogar aufpassen nicht despotisch zu wirken, jedenfalls für meinen Geschmack.

Mich wundert immer wieder, wenn Werkzeuge aus EINER Disziplin bei einer anderen angesetzt werden - so als könne man mit der Falsifizierungs-Technik der KR etwas bei ontologischen/geistigen Fragen ausrichten.
Sehe ich auch so. Sogar innerhalb einer Disziplin sollte man aufpassen. Genau genommen wird ja beim wissenschaftlichen Arbeiten auch die Wahl der Methode und die Wahl des Ansatzes in Bezug auf den Forschungsgegenstand begründet.

Antworten