Erfahrung kontra rationale Erkenntnis

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
closs
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#21 Re: Erfahrung kontra rationale Erkenntnis

Beitrag von closs » Mo 25. Aug 2014, 00:17

Pluto hat geschrieben:Rationalität ist eine Methode (vgl. kritischer Rationalismus) um Erkenntnis zu erlangen.
Da ist die wik-Def. allgemeiner gehalten:
"Mit Rationalität (von lateinisch rationalitas ‚Denkvermögen‘, abgeleitet von ratio ‚Vernunft‘) wird ein vernunftgeleitetes und an Zwecken ausgerichtetes Denken und Handeln bezeichnet" (wik).
Und das ist wohl auch klug, das Denken an sich (intellektuell oder emotional) in den Vordergrund zu stellen und nicht eine spezielle Methode.

Wenn man sich Sorgen um den Nachbarn macht (warum auch immer) und ihn deswegen anruft: Wäre das in dem, was Du "rationale Methode" nennst, inkludiert?

Pluto hat geschrieben:Das FSM ist natürlich eine Metapher (Chiffre?)
Ja - Chiffre passt da schon. - Ich habe jetzt gemeint, dass jemand WIRKLICH meint, es gäbe ein FSM.

Unabhängig davon: Möglicherweise ist das ja tatsächlich als Chiffre gar nicht rational, nur weil es intellektuell nachvollziehbar ist. - Und jetzt könnten die Probleme anfangen:

Ein Christ könnte argumentieren, dass Gott die höchste Vernunft ist und die Orientierung an dieser Vernunft "rational" ist. - Nun kann dies aber auch eine Schein-Orientierung sein, weil etwas in falscher Orientierung an Gott geschieht. - Dann gibt es dann eine nominale Orientierung an Gott, die somit keine substantielle Orientierung ist, aus der also auch kein rationales Denken und Handeln entspringen kann. - Da fängt es an kompliziert zu werden.

Ein Naturalist könnte sagen, seine weltliche Orientierung sei "rational", weil sie methodisch nachvollziehbar ist. - Dem könnte man entgegenhalten, dass auch eine nachvollziehbare Methodik nichts an einer Falsch-Orientierung ändern kann, es also auch methodische Irrationalität gibt. - Hinwiederum kann eine weltliche Orientierung incognito gottorientiert sein (vgl. Römer 2,14) und somit "rational" sein.

Wir hätten also (aus christlicher Sicht) bis jetzt vier Möglichkeiten:

1) Authentische Gott-Orientierung und Handeln danach (egal ob intellektuell oder emotional) = rational.
2) Scheinbare Orientierung an Gott und Handeln danach = irrational.
3) Weltliche Orientierung an der göttlichen Vernunft vorbei = irrational
4) Weltliche Orientierung, die incognito an göttlicher Vernunft orientiert ist = rational.

Ich weiss, dass das provozierend ist, wollte aber gleich am Anfang die Bandbreite skizzieren, die aus geistiger/christlicher Sicht möglich ist.

Wenn Du nun unter "rational" verstehst, dass man Sachfragen methodisch sauber bearbeitet, hat das eigentlich nichts mit "Vernunft" im göttlichen/christlichen Sinn zu tun - eine ganz andere Schiene.

Im Alltag werden sich solche Unterscheidungen (1-4) nicht durchsetzen lassen, weil in der Umgangssprache "rational" als Gegenstück zu "emotional" gesehen wird - hat also mit dem Begrif "göttliche Vernunft" zu tun. - Gleichzeitig kann man obige Aufzählung (1-4) auch nicht ignorieren, weil sie zu einem Gutteil 2000 Jahre europäische Geistesgeschichte berühren - von der die Umgangsverwendung ziemlich weit weg ist.

So - und damit wäre so ziemlich alles destabilisert. - Aber es geht nicht anders, wenn man grundlegend ran geht. - Alternative: Man definiert/setzt in einem methodischen Zusammenhang - das kann man machen, kann diese Definition dann aber nicht auf geistige Fragestellungen übertragen - für diesen Fall muss man aus der methodik-orientierten Definition von "rational"/"Vernunft" aussteigen und ganz neu definieren.

Pluto hat geschrieben:Falls wir keine rationalen Gründe finden, sollten wir daraus keinerlei Schlussfolgerungen ziehen, sonder vielleicht besser innehalten und zugeben, dass wir die Antwort nicht erfahren können. Beispiel: Die Frage, "Was war vor dem Urknall"?
Das Innehalten gibt es bei geistigen Fragen oft - man merkt, dass man nicht weiterkommt, und muss sich mit dem Korridor begnügen, in dem die (unbekannte) Antwort wohl liegen wird. - Auch das ist rational.

"Was 'vor' dem Urknall war", ist insofern (ohnehin) nicht beantwortbar. - Aber wenn man - christlicherweise - davon ausgeht, dass Materie Folge von Gott (Geist) ist, kann man durch indirektes Herangehen ("Was kann NICHT sein?") das, was als Mögliches an Antworten übrig bleibt, kanalisieren - also einen Korridor finden, in dem die (unbekannte) Antwort wohl liegen wird.

Im konkreten Fall wäre EINE rationale Erkenntnis, dass ein allmächtiger und allpräsenter Gott nicht der Zeit unterworfen ist und sich dann Fragen, wie man dieses Nicht-Unterworfensein unter die Zeit benennen möchte. - Etc. - Und so robbt man sich mühsam SChritt für Schritt vor - aber nie zur Lösung (deshalb "Hermeneutische/r Zirkel/Spirale").

Schmuel

#22 Re: Erfahrung kontra rationale Erkenntnis

Beitrag von Schmuel » Mo 25. Aug 2014, 00:21

Pluto hat geschrieben: Was war z. Bsp. die Erkenntis, die du aus deiner Entrückung gemacht hast?
Meiner selbst und der Gedanken G-ttes über mich. Es gibt ein Buch das G-tt schreibt über jeden Menschen. Ich hatte einen kleinen Einblick bekommen. Nur so viel.......G-ttes Gedanken sind anders wie die der Menschen.

Pluto
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#23 Re: Erfahrung kontra rationale Erkenntnis

Beitrag von Pluto » Mo 25. Aug 2014, 01:10

closs hat geschrieben:Wenn man sich Sorgen um den Nachbarn macht (warum auch immer) und ihn deswegen anruft: Wäre das in dem, was Du "rationale Methode" nennst, inkludiert?
Ja sicher, Das wäre ein Beispiel einer rationalen Handlung basierend auf dein Gefühl.
Wenn du aber im Anschluss meinen würdest, dies sei (auf mysteriöse Weise) auf telepathische Fähigkeiten zurückzuführen, würde ich eine solche Schlussfolgerung als unbegründet und deshalb irrational bezeichnen.
closs hat geschrieben:Ein Christ könnte argumentieren, dass Gott die höchste Vernunft ist und die Orientierung an dieser Vernunft "rational" ist.
Ja. Das wäre Anselms Gottesbeweis. Gott kann nicht höher, größer, besser sein als ein gedachter Gott?
Was ist daran rational?
Meiner Meinung nach, macht Anselm eine groben Kategorienfehler, in dem er die Wirklichkeit mit dem Gedanken direkt vergleicht. Es gibt kein Grund anzunehmen, dass etwas Gedachtes nicht größer sein könnte als die Wirklichkeit. Sein Gednkengang ist somit irrational.
closs hat geschrieben:Nun kann dies aber auch eine Schein-Orientierung sein, weil etwas in falscher Orientierung an Gott geschieht. - Dann gibt es dann eine nominale Orientierung an Gott, die somit keine substantielle Orientierung ist, aus der also auch kein rationales Denken und Handeln entspringen kann.
Eben. Wenn man sich (wie du sagst) irren könnte, darf man dann überhaupt auf Grund so unsicherer Orientierungen auf die Existenz eine höheren Macht schließen?
closs hat geschrieben:Ein Naturalist könnte sagen, seine weltliche Orientierung sei "rational", weil sie methodisch nachvollziehbar ist.
Naja... sie ist mehr als nur methodisch nachvollziehbar, sie ist falsifizierbar.
closs hat geschrieben:Hinwiederum kann eine weltliche Orientierung incognito gottorientiert sein (vgl. Römer 2,14) und somit "rational" sein.
Incognito...? — Was meinst du damit?
Wir hätten also (aus christlicher Sicht) bis jetzt vier Möglichkeiten:

1) Authentische Gott-Orientierung und Handeln danach (egal ob intellektuell oder emotional) = rational.
2) Scheinbare Orientierung an Gott und Handeln danach = irrational.
3) Weltliche Orientierung an der göttlichen Vernunft vorbei = irrational
4) Weltliche Orientierung, die incognito an göttlicher Vernunft orientiert ist = rational.
Nicht ganz. Punkt 3.) ist deshalb rational, weil er sich empirisch bestätigen lässt.

Ich weiss, dass das provozierend ist, wollte aber gleich am Anfang die Bandbreite skizzieren, die aus geistiger/christlicher Sicht möglich ist.
So lange du nur Alternativen auflistest, empfinde ich das nicht als provozierend.
Allerdings ist dein Punkt 3. aus Gründen der empirischen falsifizierbarkeit der Aussage falsch, und muss deshalb revidiert werden.

closs hat geschrieben:Wenn Du nun unter "rational" verstehst, dass man Sachfragen methodisch sauber bearbeitet, hat das eigentlich nichts mit "Vernunft" im göttlichen/christlichen Sinn zu tun - eine ganz andere Schiene.
Im Gegenteil, Rationalität hat sehr viel mit Vernunft zu tun. Ratio IST Vernunft.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Falls wir keine rationalen Gründe finden, sollten wir daraus keinerlei Schlussfolgerungen ziehen, sonder vielleicht besser innehalten und zugeben, dass wir die Antwort nicht erfahren können. Beispiel: Die Frage, "Was war vor dem Urknall"?
Das Innehalten gibt es bei geistigen Fragen oft - man merkt, dass man nicht weiterkommt, und muss sich mit dem Korridor begnügen, in dem die (unbekannte) Antwort wohl liegen wird. - Auch das ist rational.
Ja. Innehalten ist rational. Was ist aber, wenn man trotzdem Schlussfolgerungen zieht, die nicht auf der Ratio gründen... man könnte ja zu Schlüssen gelangen die dann irrational sind.

closs hat geschrieben:"Was 'vor' dem Urknall war", ist insofern (ohnehin) nicht beantwortbar. - Aber wenn man - christlicherweise - davon ausgeht, dass Materie Folge von Gott (Geist) ist
Ganz langsam... was berechtigt dich davon auszugehen, dass Materie Folge von Geist ist? Welche rationalen Denkvorgänge lassen darauf schließen?

closs hat geschrieben:Im konkreten Fall wäre EINE rationale Erkenntnis, dass ein allmächtiger und allpräsenter Gott nicht der Zeit unterworfen ist und sich dann Fragen, wie man dieses Nicht-Unterworfensein unter die Zeit benennen möchte.
Ist diese Zeitlosigkeit vielleicht die Essenz Gottes?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#24 Re: Erfahrung kontra rationale Erkenntnis

Beitrag von closs » Mo 25. Aug 2014, 02:03

Pluto hat geschrieben:Es gibt kein Grund anzunehmen, dass etwas Gedachtes nicht größer sein könnte als die Wirklichkeit.
Das ist ja auch nicht meine Aussage. - Meine Aussage ist, dass auf Basis eines subjektiven Erkennens, dass Gott für die höchste Vernunft steht, alles rational ist, was sich (tatsächlich und nicht scheinbar) daran orientiert. - Mehr ist nicht gesagt.

Pluto hat geschrieben:Wenn man sich (wie du sagst) irren könnte, darf man dann überhaupt auf Grund so unsicherer Orientierungen auf die Existenz Gotte schließen?
Das muss kein intellektueller Schluss sein, sondern kann auch eine nachhaltige subjektive Erkenntnis sein. - WENN diese Erkenntnis zutrifft (was wir im Dasein nicht veri-/falsifizieren können), ist dementsprechende Orientierung rational/vernünftig.

Pluto hat geschrieben:sie ist mehr als nur methodisch nachvollziehbar, sie ist falsifizierbar.
Ja - dieses System funktioniert in sich blendend - keine Frage. - Aber wir dürfen nicht den Fehler machen, gelungene Wahrnehmungs-Selbstversicherungen zum Maßstab dafür zu machen, was "rational" ist. - Im Sinne einer absoluten Vernunft ist Selbst-Versicherung in erster Linie in sich selbst rational - ob sie im Verhältnis zur absoluten Vernunft rational ist, hat damit gar nichts zu tun.

Pluto hat geschrieben:Incognito...? — Was meinst du damit?
Das was Goethe meint mit "der gute Mensch in seinem dunklen Drang ist sich des rechten Weges wohl bewusst" - will konkret heißen: Ein Agnostiker kann der göttlichen Vernunft gerecht werden, selbst wenn er Gott weltanschaulich ablehnt - oder in den Worten von Edith Stein:" Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht". - Allerdings ist mit "Wahrheit" NICHT system-interne Korrektheit gemeint.

Pluto hat geschrieben: Punkt 3.) ist deshalb rational, weil er sich empirisch bestätigen lässt.
In Bezug auf das zugrundeliegende System JA - wenn es an der göttlichen Vernunft vorbeiginge, dann im Verhältnis zur absoluten Vernunft NEIN. - Auch der Satan (oder das, wofür diese Chiffre steht) ist "Lichtbringer" und ein brillanter Schein-Rationalist.

Pluto hat geschrieben:Ratio IST Vernunft.
Ja - das ist ja eine wörtliche Übersetzung. - Aber es kommt immer darauf an, worauf sich "Vernunft" bezieht - was also der Maßstab ist. - Wenn eine Methodik der Maßstab ist, ist der richtige Umgang mit dieser Methode "rational" - aber eben nicht notwendigerweise im Verhältnis zur göttlichen Vernunft.

Pluto hat geschrieben:man könnte ja zu Schlüssen gelangen die dann irrational sind
Deshalb ist ja auch Vorsicht geboten - im konkreten Fall: Niemand weiß, woraus der Urknall kommt. - Man kann aber rational postulieren, dass das dialektische Universum eine Ableitung aus dem "Alles in Einem" ist. - Das MUSS nicht richtig sein, ist aber geistig ziemlich gut herleitbar. - Insofern kann Rationalität nicht nur nach innen der Wahrnehmungs-Selbstversicherung dienen, sondern auch nach außen Gedanken-Korridore entwickeln, die in sich widerspruchsfrei sind mit - christlich gesprochen - persönlichen göttlichen Erfahrungen.

Pluto hat geschrieben:was berechtigt dich davon auszugehen, dass Materie Folge von Geist ist?Welche rationalen Denkvorgänge lassen darauf schließen?
WENN es eigene persönliche Erkenntnis gibt
UND theologischen/biblischen Wissen gibt, die dies bestätigt
UND dieser komplexe geistige Sachverhalt für mehrere Betrachter gleichermaßen in seiner Einordnung und Bedeutung erkennbar und nachvollziehbar ist
UND man daraus schliesst, dass es Gott gibt

DANN ist zwingende Folge, dass Materie Folge von Geist ist, weil Gott Geist ist (andere Begründungen, die wieder was mit Dialektik zu tun haben, gibt es auch).

Wenn man diese Vorerkenntnis NICHT hat, gibt es diese zwingende Schlussfolgerung natürlich nicht.

Pluto hat geschrieben:Ist diese Zeitlosigkeit vielleicht die Essenz Gottes?
"Über-Zeitlichkeit" ist mir lieber, weil es ganz distanziert lediglich sagt, dass die Zeit daraus Ableitung ist (wie Materie übrigens auch, weil beide, Zeit und Materie, siamesische Zwillinge sind, wenn dialektische Logik nicht danebenliegt).

Ansonsten glaube ich NICHT, dass diese Über-Zeitlichkeit die Essenz Gottes ist - eher ein Korridor-Begriff für das, in dem göttliches Sein wesensmäßig (nicht offenbarungs-mäßig) stattfindet. - Als Essenz Gottes würde man am ehesten das "Alles in Einem" bezeichnen, das ja als Aufhebung jeglicher Dialektik als Synonym für "Liebe" verstanden werden kann (nicht UNSERE wahre (unwahre eh nicht) Liebe - diese ist ein tiefer-dimensionales authentisches Ebenbild davon).

Also das, was "Pax et Lux" im Menschen auslöst - oder die "Visio Beatifica" (wobei dieser Begriff etwas kontaminiert in wiki beschrieben wird). - Also die Einheit mit allem bei vollständigem Erhalt der eigenen Individualität - ein Ruhen in absoluter Erkenntnis (die einen betrifft).

Es ist schwer auszudrücken, aber ich kann dieses Gefühl ganz aus der Ferne an-fühlen. - Es ist NICHT langweilig.

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#25 Re: Erfahrung kontra rationale Erkenntnis

Beitrag von Scrypton » Mo 25. Aug 2014, 08:55

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:was berechtigt dich davon auszugehen, dass Materie Folge von Geist ist?Welche rationalen Denkvorgänge lassen darauf schließen?
WENN es eigene persönliche Erkenntnis gibt
UND theologischen/biblischen Wissen gibt, die dies bestätigt
Was ist theologisches/biblisches Wissen?
Du redest ganz offensichtlich von (theologischen/biblischen) Glaubensbilder - und diese können NICHTS bestätigen!

closs hat geschrieben:UND dieser komplexe geistige Sachverhalt für mehrere Betrachter gleichermaßen in seiner Einordnung und Bedeutung erkennbar und nachvollziehbar ist
Und für viele andere eben NICHT.

closs hat geschrieben:UND man daraus schliesst, dass es Gott gibt
Nun, dann wird die Frage hier erneut eingesetzt:
Was berechtigt dich aufgrund der vorausgegangenen "Annahmen" weiter davon auszugehen/daraus zu schließen, dass es Gott gibt! ;)

closs hat geschrieben:DANN ist zwingende Folge, dass Materie Folge von Geist ist, weil Gott Geist ist
Damit bist du an einem Zirkelschluss angelangt, dieser kann prinzipiell irgendwelcher Rationalität noch sonstiger Logik zugeordnet werden sondern lediglich einem Strohmann.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ist diese Zeitlosigkeit vielleicht die Essenz Gottes?
"Über-Zeitlichkeit" ist mir lieber, weil es ganz distanziert lediglich sagt, dass die Zeit daraus Ableitung ist
Dass Gott eine Eigenzeit benötigt aufgrund jener Eigenschaften, die seinem Wesen postuliert werden hatten wir im anderen Thread bereits geklärt. Deinen Standpunkt konntest du weder ontologisch noch sonst wie plausibel begründen.

closs hat geschrieben:Es ist schwer auszudrücken, aber ich kann dieses Gefühl ganz aus der Ferne an-fühlen.
Spirituelle/esoterische Menschen sind dazu geneigt, sich derartige Sachen einzureden.. :D

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#26 Re: Erfahrung kontra rationale Erkenntnis

Beitrag von Pluto » Mo 25. Aug 2014, 10:47

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es gibt kein Grund anzunehmen, dass etwas Gedachtes nicht größer sein könnte als die Wirklichkeit.
Das ist ja auch nicht meine Aussage. - Meine Aussage ist, dass auf Basis eines subjektiven Erkennens, dass Gott für die höchste Vernunft steht,
Es kann von Rationalität so lange keine Rede sein, wie man keine exakte Definition von "höherer Macht" hat.
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wenn man sich (wie du sagst) irren könnte, darf man dann überhaupt auf Grund so unsicherer Orientierungen auf die Existenz Gotte schließen?
Das muss kein intellektueller Schluss sein, sondern kann auch eine nachhaltige subjektive Erkenntnis sein.
Das ist mir eindeutig zu vage.
Da muss die Frage erlaubt sein, welche subjektiven Erkenntnisse lassen welche Schlüsse zu?
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:sie ist mehr als nur methodisch nachvollziehbar, sie ist falsifizierbar.
Ja - dieses System funktioniert in sich blendend - keine Frage. - Aber wir dürfen nicht den Fehler machen, gelungene Wahrnehmungs-Selbstversicherungen zum Maßstab dafür zu machen, was "rational" ist. - Im Sinne einer absoluten Vernunft ist Selbst-Versicherung in erster Linie in sich selbst rational.
Die Frage um die es mir hier geht, ist, genügt die Argumentationskette den Anforderungen der Rationalität?
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Incognito...? — Was meinst du damit?
Das was Goethe meint mit "der gute Mensch in seinem dunklen Drang ist sich des rechten Weges wohl bewusst" - will konkret heißen: Ein Agnostiker kann der göttlichen Vernunft gerecht werden, selbst wenn er Gott weltanschaulich ablehnt - oder in den Worten von Edith Stein:" Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht".
Insbesondere der Satz von Edith Stein ist für mich nicht machvollziehbar. Darin steckt nicht mehr wirkliche Erkenntnis, als im Satz, "Alle Wege führen nach Rom". Das ist einfach nur sinnleeres Geschwurbel. Besser wäre: "Wer die Wahrheit sucht, der sucht Erkenntnis".
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Punkt 3.) ist deshalb rational, weil er sich empirisch bestätigen lässt.
In Bezug auf das zugrundeliegende System JA, wenn es an der göttlichen Vernunft vorbeiginge, dann ... NEIN
Ganz langsam... Warum behauptest du, etwas sei auf Grund "göttlicher Vernunft" irrational? Hier geht es doch erst mal, darum ob die Frage der Existenz der "Daseins-Welt" rational erklärbar ist, mehr nicht.
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ratio IST Vernunft.
Ja - das ist ja eine wörtliche Übersetzung.
Mehr brauchen wir im Moment auch nicht zu wisssen, denn es geht erst mal nur darum ob eine Frage vernünftig (ergo rational) erklärbar ist.
closs hat geschrieben:Man kann aber rational postulieren, dass das dialektische Universum eine Ableitung aus dem "Alles in Einem" ist.
Postulate sind Spekulationen die nicht rational sein müssen. Kann man deren Rationalität wirklich erklären? Dann bitte ich um die entsprechenden Schritte.
closs hat geschrieben:Das MUSS nicht richtig sein, ist aber geistig ziemlich gut herleitbar.
Wenn etwas nur "ziemlich gut herleitbar" ist, dann besteht die Gefahr, dass sie sich als irrational herausstellt. Dann ist es besser, man hält inne, und zieht draus keine Schlussfolgerungen, die falsch sein könnten.
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:was berechtigt dich davon auszugehen, dass Materie Folge von Geist ist?Welche rationalen Denkvorgänge lassen darauf schließen?
WENN es eigene persönliche Erkenntnis gibt
UND theologischen/biblischen Wissen gibt, die dies bestätigt
UND dieser komplexe geistige Sachverhalt für mehrere Betrachter gleichermaßen in seiner Einordnung und Bedeutung erkennbar und nachvollziehbar ist
UND man daraus schliesst, dass es Gott gibt
DANN ist zwingende Folge, dass Materie Folge von Geist ist, weil Gott Geist ist (andere Begründungen, die wieder was mit Dialektik zu tun haben, gibt es auch).
Wenn man diese Vorerkenntnis NICHT hat, gibt es diese zwingende Schlussfolgerung natürlich nicht.
Wenn das Wörtchen "wenn" nicht wäre...

Doch selbst dann erscheint mir deine Argumentation nicht rational, sondern wie ein Haus auf sandigem Boden.
Warum sollte man bspw. von der Bibel ausgehend, auf die Existenz Gottess schließen. Wo sind die Belege und Argumente, die diese Schlussfolgerung rational erscheinen lassen?

Das ist zwar hier OT, aber es erscheint mir wichtig.
Geist steht meiner Überzeugung nach über der Materie, weil Geist etwas außerordentlich seltenes in der Natur darstellt. Geist setzt hoch komplexe Strukturen der Materie voraus. Merh noch, es gibt Philosophen, die behaupten, selbst ein hoch komplexes Substrat wie das menschliche Gehirn, genüge nicht, um "Geistlichkeit" von alleine hervorzubringen — Sie sagen, es fehle ein "gewisses Etwas", damit Geist entsteht (ohne dass sie in der Lage wären, dieses Etwas zu erklären.

Geist kann also gar nicht als Ursache der Materie geltend gemacht werden, denn es fehlen die rationalen Argumente.
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ist diese Zeitlosigkeit vielleicht die Essenz Gottes?
"Über-Zeitlichkeit" ist mir lieber, weil es ganz distanziert lediglich sagt, dass die Zeit daraus Ableitung ist.
Meine Frage (an dich als Experte) zielte auf die Essenz Gottes ab. Was ist das essenzielle an Gott? Was zeichnet Ihn aus?
closs hat geschrieben:Es ist schwer auszudrücken, aber ich kann dieses Gefühl ganz aus der Ferne an-fühlen. - Es ist NICHT langweilig.
Stimmt es ist nicht langweilig, aber ist dieses Gefühl rational?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

ThomasM
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#27 Re: Erfahrung kontra rationale Erkenntnis

Beitrag von ThomasM » Mo 25. Aug 2014, 12:35

Erfahrung contra rationale Erkenntnis

Ich verstehe, was du meinst, würde die Wortwahl aber ändern.
Erfahrung contra intersubjektive Erkenntnis

Das Wort "rational" ist mir zu unscharf und hat sowohl gewollte, wie nicht gewollte Implikationen, die dem Thema durchaus abträglich sind.

Meine Meinung:
Erfahrung ist die Basis von Erkenntnis. Ohne Erfahrung kann ich mich nicht entwickeln, kann ich nicht erkennen. Jede Erfahrung ist wertvoll für mich persönlich.

Aber nicht jede Erfahrung kann intersubjektiv geteilt werden. Schmuel ist nur ein Beispiel für viele. Denn in Erfahrung sind alle Teile des Menschen beteiligt, insbesondere auch die Gefühle, alle Sinne, die Erinnerungen, Assoziationen, usw. Will ich so etwas vermitteln (Basis der Intersubjektivität) muss ich zuerst eine Sprache benutzen, die bildet nur einen Teil dessen ab, was ich erfahren habe.
Benutze ich, um Fehlkommunikation zu verringern, gar eine formale Sprache, bleibt noch viel mehr auf der Strecke.

Und zu allem Überfluss hat der Empfänger auch noch seine eigenen Gefühle, Erinnerungen, Assoziationen, macht also aus der geteilten Erfahrung seine eigene Erfahrung.

Es ist eher verwunderlich, dass überhaupt noch etwas übrig bleibt, was man als intersubjektive Erkenntnis bezeichnen kann. Aber mit Hilfe einer strengen METHODE läßt sich viel erreichen (Hab ich eigentlich die Bedeutung der Methodik schon mal erwähnt?). Das Ergebnis nennt sich Wissenschaft.

Aber was auch immer das Ergebnis ist, es ist nur ein Bruchteil der Wirklichkeit.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#28 Re: Erfahrung kontra rationale Erkenntnis

Beitrag von Salome23 » Mo 25. Aug 2014, 12:41

Erfahrung... kontra ....rationale Erkenntnis

Ratio IST Vernunft

Äh...

Der Begriff Vernunft bezeichnet in seiner modernen Verwendung die Fähigkeit des menschlichen Denkens, aus den im Verstand durch Beobachtung und Erfahrung erfassten Sachverhalten universelle Zusammenhänge in der Welt durch Schlussfolgerung herzustellen, deren Bedeutung zu erkennen, Regeln und Prinzipien aufzustellen und danach zu handeln...
Wkipedia

Also Vernunft schliesst abermals den Weg --> ERFAHRUNG<-- mit ein...

Ausserdem braucht es erst mal ein Modell- um beurteilen zu können,was vernünftig ist...

Pluto
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#29 Re: Erfahrung kontra rationale Erkenntnis

Beitrag von Pluto » Mo 25. Aug 2014, 12:56

Salome23 hat geschrieben:Also Vernunft schliesst abermals den Weg --> ERFAHRUNG<-- mit ein...
Hoffentlich wendet man bei der Erfahrung aber auch die Vernunft an. ;)

Wikipedia hat geschrieben:Mit Rationalität (von lateinisch rationalitas ‚Denkvermögen‘, abgeleitet von ratio ‚Vernunft‘) wird ein vernunftgeleitetes und an Zwecken ausgerichtetes Denken und Handeln bezeichnet.
So weit auseinander scheinen die Begriffe Vernunft und Rationalität doch nicht zu sein.

PS: Wenn kein Unterschied bestünde, bräuchte man nicht zwei Wörter. :)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#30 Re: Erfahrung kontra rationale Erkenntnis

Beitrag von Pluto » Mo 25. Aug 2014, 13:05

ThomasM hat geschrieben:Erfahrung contra rationale Erkenntnis

Ich verstehe, was du meinst, würde die Wortwahl aber ändern.
Erfahrung contra intersubjektive Erkenntnis

Das Wort "rational" ist mir zu unscharf und hat sowohl gewollte, wie nicht gewollte Implikationen, die dem Thema durchaus abträglich sind.
Das ist doch gerade der Punkt:
Dieser Thread soll nicht wieder ein Monopol der Wissenschaft werden, sondern die Tür einen Spalt offen lassen, für rationale Erfahrungen, auch spiritueller Natur.

Nur...
wie definieren wir was vernünftige spirituelle Erfahrungen sind? Sind sie Teilbar? Kanmn man sie erklären, oder bleiben sie immer diffus wie hinter einem Nebel verborgen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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