Zur Legendenbildung:
Am 20.02.63 kam es zur Uraufführung des Theaterstücks "Der Stellvertreter" am Theater am Kurfürstendamm. Es war, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Die zu bewältigende Vergangenheit einer sehr dunklen Geschichte in Europa wurde zu einem häßlichen Kampf für jene, die sowieso mit der katholischen Kirche abrechnen wollten. Der Verfasser des Stücks Rolf Hochhuth behauptet im Geheimarchiv des Vatikans gewesen zu sein (es gibt keinen Eintragregistrierung für Herrn Hochhuth) und daraus brisante Dokumente verwendet zu haben, die Papst Pius als großen Schweiger und Antisemiten in Sachen Völkermord unter den Nazis darstellten. Im Grunde werden in diesem Stück bereits all jene Vorwürfe aufgestellt, die bis heute noch von den Kirchengegnern für die angeblichen Verbrechen der Kirche in der Nazizeit verwendet werden. Die Legende vom Judenhasser Pius war geboren.
Die seriöse Geschichtswissenschaft hinkt mit der Aufarbeitung der historischen Ereignisse immer etwas hinterher, weil es ihr weniger um Polemik und Auflagenstärke geht, sondern um die Wahrheit. Diese wird aber nach der Etablierung der Legende nieder gehalten. Weder die Forschung des jüdischen Gelehrten Pinchas Lapide wurde gehört, der von 700000 Juden spricht, die der Vatikan rettete, noch die Proteste protestantischer Bischöfe. Spätestens seit Mitte der 1990er Jahren ist in der historischen Forschung die Falschinformation vom Schweiger und Antisemiten Pius vom Tisch, unzählige Aussagen und Dokumente sprechen dagegen.
Im Jahr 2007 wurde dann auch die "Urquelle" der Falschinformation, das Theaterstück Hochhuths, enttarnt. In einem Verhörprotokoll eines rumänischen Geheimdienst-Überlaufers liest man:
Nach Darstellung des schon 1978 in den Westen übergelaufenen ehemaligen Generals der rumänischen Securi- tate, Ion Mihai Pacepa, wurde das Hochhuth-Stück vom sowjetischen Geheimdienst initiiert und sei Teil einer Anfang 1960 von Nikita Chruschtschow gebilligten strategischen Kampagne zur Zerstörung der moralischen Autorität des Vatikans in Westeuropa gewesen. Nach Darstellung von Pacepa habe der Chef der Abteilung Desinformation des KGB, General Ivan Agayants, für sich in Anspruch genommen, das Theaterstück in seinen Grundlinien vorgegeben zu haben. Der dokumentarische Anhang zu diesem Theaterstück (‘Historische Streiflichter’), mit dem Hochhuth zentrale Aussagen seines Stücks zu begründen sucht, sei sogar unmittelbar vom KGB zusammengestellt worden. (Quelle: National Review vom 25.01.2007)
Historiker prüften den Wahrheitsgehalt und konnten die Aussagen Pacepa's bestätigen, so der Historiker Michael F. Feldkamp:
"Nicht erst seit dem Fall der Berliner Mauer ist die umfassende Infiltration westdeutscher Journalisten und ihrer Belieferung mit Aktenfälschungen durch KGB und die Staatssicherheit der DDR offenbar geworden. Der Bericht von Pacepa passt wie ein fehlendes Puzzleteil in die unsägliche Geschichte der Diskreditierung der katholischen Kirche und ihres Oberhauptes durch kommunistische Propaganda und Desinformation und muss als glaubhaft eingestuft werden."
Manchmal kann es geschehen, dass man willfährig bösartigen Manipulationen auf dem Leim geht, nur weil sie den eigenen Vorurteilen entsprechen. Dagegen hilft nur die Öffnung zur Wahrheit.
Der Antichrist, hier der Kommunismus, schläft nicht, wenn es darum geht die Braut Christi zu zerstören.
Servus
P.S.: Natürlich kam es auch zu Fehlverhalten unter kirchlichen Personal und Gläubigen in der Nazizeit. Diese aber sind im Detail und personenbezogen zu behandeln und nicht ständig pauschalisiert.