Hass & Gewalt

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
Salome23
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#51 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von Salome23 » Fr 23. Jan 2015, 14:29

Leute die versuchen alles gleichgültig zu sehen, verpassen meiner Meinung darum sehr Vieles im Leben.
Sie reagieren mit Gleichgültigkeit darauf.
Ein gleichgültiger Mensch hat keine oder versagt sich eine eigene Meinung, bildet sich kein Urteil, bewertet nichts und unternimmt keine Handlungen, um offensichtlich ungerechte oder unethische Zustände zu ändern.
Ist doch oft von Vorteil, wenn man nicht bewertet oder beurteilt...

JackSparrow
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#52 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von JackSparrow » Fr 23. Jan 2015, 14:48

erbreich hat geschrieben:Und diese Verblendung erzeugt die Begierde (nach lustvollem Erleben) und die Aversion (den Hass) gegen leidvolle Erfahrungen.
Eine Aversion dagegen zu haben, sich dreimal täglich mit dem Holzhammer auf den Daumen zu hauen, würde ich nicht unbedingt als "Verblendung" bezeichnen. Ich glaube der umgangssprachliche Begriff dafür lautet "Überlebenstrieb".

Aber weder die Gier nach Lusterleben, noch der Hass gegen Leiderleben vermögen dem Menschen das zu geben, was er sich dadurch erhofft.
Was erhofft er sich denn?

Solange kein höheres Wohl gekannt wird als das der Sinne, dreht sich der dieses Ziel Anstrebende endlos im Kreis.
Er dreht sich maximal 90 oder im Ausnahmefall vielleicht 120 Jahre lang im Kreis. Danach verschwinden sowohl diejenigen körperlichen Bedürfnisse, die ihn zur Nahrungsaufnahme antreiben, als auch diejenigen körperlichen Bedürfnisse, die ihn dazu antreiben, den diversen Formen "höheren Wohls" nachzulaufen, welche andere Leute ihm Zeit seines Lebens verkaufen wollten.

Echte Erkenntnis - Einsicht in die Daseinswirklichkeit - ist meines Erachtens nicht an Ideologie gebunden.
Wenn man den eigenen Sinneswahrnehmungen nicht mehr traut, muss man zwangsläufig auf die Ideologien von Leuten zurückgreifen, die man für klüger, weiser, erleuchteter oder erlöster hält als sich selbst. Meist betreiben diese Leute ein effizientes Marketing, indem sie behaupten, alle anderen Menschen seien verblendet und würden in Illusionen schwelgen. Die sofort ins Auge springende Daseinswirklichkeit, dass die auch alle bloß mit Wasser kochen und gelegentlich sogar aufs Klo müssen, blendet man da gern mal aus.

erbreich
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#53 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von erbreich » Sa 24. Jan 2015, 17:38

JackSparrow hat geschrieben:Eine Aversion dagegen zu haben, sich dreimal täglich mit dem Holzhammer auf den Daumen zu hauen, würde ich nicht unbedingt als "Verblendung" bezeichnen.
Um nicht den Willen zu hegen, das zu tun, brauche ich keine Aversion. Da genügt mir der gesunde Menschenverstand.

Aber weder die Gier nach Lusterleben, noch der Hass gegen Leiderleben vermögen dem Menschen das zu geben, was er sich dadurch erhofft.
Was erhofft er sich denn?
Ein leidfreies Leben.

Er dreht sich maximal 90 oder im Ausnahmefall vielleicht 120 Jahre lang im Kreis.
Ob dem so ist oder nicht, weiss ich nicht. Und du weisst es ebensowenig. Für mich macht aber eine Lebensanschauung die den Tod als Lösung des Leidens-Problems propagiert keinen Sinn.

Pluto
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#54 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von Pluto » Sa 24. Jan 2015, 17:43

Salome23 hat geschrieben:Ist doch oft von Vorteil, wenn man nicht bewertet oder beurteilt...
Es ist sicher gut, wenn man nicht alles emotionsgeladen sieht, und etwas auf Distanz geht.
Aber ein Leben ganz ohne Werte oder Urteile ist erstens unmöglich, und zweitens stelle ich mir ein Leben ohne Emotion ziemlich öde und leer vor.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Salome23
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#55 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von Salome23 » So 25. Jan 2015, 00:37

zweitens stelle ich mir ein Leben ohne Emotion ziemlich öde und leer vor.

Ich hab in Novalis "Osho link" bisschen herum geschmöckert und fand da was, das eventuell im Sinne dessen liegt, was erbreich-als auch Jack ansprach:

Oft erfüllt mein Herz und mein ganzes Wesen ein Gefühl, das ich nicht beschreiben kann.
Das passiert, wenn ich in tiefer Liebe bin.
Doch ein ähnliches Gefühl habe ich auch in Angst, Sorge, Schmerz, Hilflosigkeit und Frustration.

“Tatsächlich steckt in den meisten Emotionen etwas Ähnliches:
das Gefühl, überwältigt zu werden. Es mag Liebe sein, es mag Hass sein oder Wut… es kann alles mögliche sein.
Wenn eine Emotion zuviel wird, gibt sie dir das Gefühl, von etwas überwältigt worden zu sein.
Auch Schmerz und Leiden können die gleiche Erfahrung erschaffen.
Jedoch hat Überwältigt-sein keinen Wert, es zeigt nur, dass du emotional bist.

Nicht emotional handeln!

Das Gefühl von Überwältigt-sein ist typisch für eine emotionale Persönlichkeit.
Wenn sie wütend ist, dann ist sie es total.
Und wenn sie liebt, dann liebt sie vollkommen.
Die emotionale Persönlichkeit wird von der Emotion fast betrunken und blind.
Jede Handlung, die aus einer Emotion entsteht, ist verkehrt.
Sogar wenn es überwältigende Liebe ist, die Handlung, die daraus entsteht, wird nicht richtig sein.

Grundlegend kann man sagen: Wenn du von einem Gefühl überwältigt wirst, dass du dann alle Vernunft verlierst, deine ganze Empfindsamkeit und auch dein Herz dabei verloren geht.
Die Emotionen werden wie zu einer dunklen Wolke, in der du dich verlierst.
Alles, was du daraus tust, ist verkehrt, was immer es auch sein mag.

Quelle

erbreich
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#56 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von erbreich » So 25. Jan 2015, 11:36

Salome23 hat geschrieben:Ich hab in Novalis "Osho link" bisschen herum geschmöckert und fand da was, das eventuell im Sinne dessen liegt, was erbreich-als auch Jack ansprach...
Ja, danke Salome, da kommen wir vielleicht der Sache näher. Was mir nun auffällt, ist, dass die Begriffe "Gefühl" und "Emotion" synonym verwendet werden. Das ist in meiner (vom Buddhismus geprägten) Terminologie nicht der Fall.

Als Gefühl verstehe ich nur das mit jedem körperlichen oder geistigen Erleben zusammen bestehende angenehme, unangenehme oder neutrale Empfinden. Und zwar vom schwächsten wohl- oder Wehempfinden bis zum stärksten Glücks- oder Schmerzerleben. Dieses Gefühlserleben gehört unabdingbar zu jedem Erleben dazu (und ist im buddhistischen Verständnis karmisch neutral, das heisst, es kann nicht als heilsam oder unheilsam bezeichnet werden).

Als Emotion verstehe ich die Gemütsbewegung oder Willensregung, die (leider oft unbewusst und daher auch ungeprüft) als Reaktion auf das Gefühlserleben aufkommt. Und dort haben begehrliches Greifen und aversives Bekämpfen ihren Ursprung. Wenn hier beim Gefühl kein Bewusstwerdungsprozess einsetzt, dann entsteht bei einem Wohlgefühl Greifen, Anhaften und Süchten nach mehr, bei einem Wehgefühl Ärger, Wut, Hass.

Darauf bezogen schreibt Nyanaponika in seinem Klassiker zur Achtsamkeitsmeditation "Geistestraining durch Achtsamkeit":

Wenn man sich darin übt, beim Aufsteigen eines Gefühls bei der Feststellung «angenehm», »unangenehm» oder «neutral» stehenzubleiben, so wird die Wissensklarheit genügend Zeit haben, über eine der Situation angemessene Einstellung oder Handlung zu entscheiden. Beobachtet man immer wieder und mit zunehmender Klarheit, wie Gefühle entstehen, allmählich verblassen und von anderen Gefühlen abgelöst werden, so wird es zur eigenen Erfahrung, daß in den Gefühlen keinerlei Notwendigkeit liegt, zu Begehren oder Hassen zu führen, und daß es daher möglich ist, sie von dieser gewohnheitsmäßigen Assoziation zu befreien. Wenn man bei den anfänglichen angenehmen oder unangenehmen Empfindungen innehalten kann, so werden sie keine Gelegenheit haben, einen üblen Nachwuchs in die Welt zu setzen. So kann diese unscheinbare Gefühlsbetrachtung zur Geburtstätte der inneren Freiheit werden.

erbreich
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#57 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von erbreich » Mo 2. Feb 2015, 15:54

erbreich hat geschrieben:
Salome23 hat geschrieben:Ich hab in Novalis "Osho link" bisschen herum geschmöckert und fand da was, das eventuell im Sinne dessen liegt, was erbreich-als auch Jack ansprach...
Ja, danke Salome, da kommen wir vielleicht der Sache näher. Was mir nun auffällt, ist, dass die Begriffe "Gefühl" und "Emotion" synonym verwendet werden. Das ist in meiner (vom Buddhismus geprägten) Terminologie nicht der Fall.
Da ich davon überzeugt bin, dass das Zulassen der Gefühle - angenehme und leidvolle - auch ein Schlüssel ist zur Überwindung von Hass und Gewalt, hier noch ein Link zu einem Text bezüglich der Achtsamkeit auf die Gefühle.

JackSparrow
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#58 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von JackSparrow » Mo 2. Feb 2015, 21:53

erbreich hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:Was erhofft er sich denn?
Ein leidfreies Leben.
Körperliche Bedürfnisse können befriedigt werden. Religiöse Bedürfnisse können nicht befriedigt werden und erzeugen nur zusätzliches Leid. Zumindest bei den Suchenden. Bei den jeweiligen Anbietern erzeugen sie große Freude.

Für mich macht aber eine Lebensanschauung die den Tod als Lösung des Leidens-Problems propagiert keinen Sinn.
Der Buddhismus propagiert die totale Auslöschung allen Begehrens. Also den Tod.

erbreich
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#59 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von erbreich » Mo 2. Feb 2015, 23:01

JackSparrow hat geschrieben:Religiöse Bedürfnisse können nicht befriedigt werden und erzeugen nur zusätzliches Leid.
Der Buddhismus propagiert die totale Auslöschung allen Begehrens. Also den Tod.
So ist das eben nicht. Aber du scheinst ja in der Sache bestens Bescheid zu wissen, so sei es für dich so, wie du denkst.

Pluto
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#60 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von Pluto » Di 3. Feb 2015, 00:28

erbreich hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:Der Buddhismus propagiert die totale Auslöschung allen Begehrens. Also den Tod.
So ist das eben nicht. Aber du scheinst ja in der Sache bestens Bescheid zu wissen, so sei es für dich so, wie du denkst.
Ich denke, die entscheidende Frage hier ist, wie man im Buddhismus den Begriff des Nirwana interpretiert.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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