Hass & Gewalt

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
erbreich
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#61 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von erbreich » Di 3. Feb 2015, 11:42

Pluto hat geschrieben:Ich denke, die entscheidende Frage hier ist, wie man im Buddhismus den Begriff des Nirwana interpretiert.
Hier zur Definition des buddhistischen Wörterbuchs: Nibbana.

Es ist klar ersichtlich, dass der Tod nur dann auch die definitive Erlösung bedeutet, wenn zuvor die vollständige Triebbefreiung (Völlige Befreiung des Geistes von allen Formen der Gier, des Hasses und der Verblendung) realisiert (erkannt und verwirklicht) worden ist. Deshalb ist das wahre Ziel des Buddhisten nicht der Tod, sondern die Befreiung des Geistes von Gier, Hass und Verblendung.

Ob man dabei an Wiedergeburt (und an das Ende des Wiedergeborenwerdens und Sterbens) glaubt oder nicht, ist nicht relevant. Der Weg an sich wird vom Praktizierenden bereits als leidbefreiend erkannt und erlebt. Und zwar psychologisch für sich selber, wie auch für sein soziales Wirken, also im Verhalten gegenüber den Mitmenschen.

JackSparrow's letzte Aussagen mögen vielleicht einem Piraten gerecht werden, nicht aber dem Thema.

JackSparrow
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#62 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von JackSparrow » Di 3. Feb 2015, 23:30

erbreich hat geschrieben:wenn zuvor die vollständige Triebbefreiung (Völlige Befreiung des Geistes von allen Formen der Gier, des Hasses und der Verblendung) realisiert (erkannt und verwirklicht) worden ist.
Ein Lebewesen, welches vollständig von seinen Trieben befreit worden ist, ist ein verstorbenes Lebewesen.

closs
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#63 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von closs » Mi 4. Feb 2015, 01:03

JackSparrow hat geschrieben:Ein Lebewesen, welches vollständig von seinen Trieben befreit worden ist, ist ein verstorbenes Lebewesen.
Sehe ich genauso.

Lieber Erbreich: Am Ende ist das (aus meiner Sicht) schon so, wie Du sagst. - Aber "erkennen, wie man erkannt" ist, kann man meines Erachtens nicht im Dasein. - Ist "Erlösung" nicht ein Versprechen für nach dem Daseins-Tod? - Wobei Erlösung natürlich schon in der persönlichen Gewissheit ihrer vorher wirkt.

Wäre der Mensch vor dem Daseins-Tod vollkommen befreit, gäbe es keine ontologische Differenz zwischen Gott und Mensch/Sein und Dasein/Realität und Wahrnehmung. - Das würde ich persönlich ausschließen.

Martinus
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#64 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von Martinus » Mi 4. Feb 2015, 07:15

closs hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:Ein Lebewesen, welches vollständig von seinen Trieben befreit worden ist, ist ein verstorbenes Lebewesen.
Sehe ich genauso.


Wieso? ... die Seele lebt doch weiter!
Angelas Zeugen wissen was!

JackSparrow
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#65 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von JackSparrow » Mi 4. Feb 2015, 10:46

Martinus hat geschrieben:Wieso? ... die Seele lebt doch weiter!
Du hast recht. Eine Seele, die vollständig von allen Trieben befreit worden ist, ist eine verstorbene Seele.

erbreich
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#66 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von erbreich » Mi 4. Feb 2015, 23:16

closs hat geschrieben: Wäre der Mensch vor dem Daseins-Tod vollkommen befreit, gäbe es keine ontologische Differenz zwischen Gott und Mensch/Sein und Dasein/Realität und Wahrnehmung. - Das würde ich persönlich ausschließen.
Wie aus dem obigen Link zu Nibbana ersichtlich, werden zwei Erlösungsaspekte gelehrt:
1. Das völlige Erlöschen der Triebe, das geschieht zu Lebzeiten, d.h. alles Vergängliche, dem Tod Unterworfene (alles Geistige und alles Körperliche) bleibt noch erhalten, verursacht daher auch noch körperlichen Schmerz, der aber kein psychische Leiden mehr hervorruft (mangels begehrlichem, aversivem und egozentriertem Anhaften an das Vergängliche, Leidunterworfene).
2. Der Tod bringt dann noch die Befreiung vom (schmerzunterworfenen) Körperlichen und vom das Körperliche erlebenden Geistigen (Gefühl, Wahrnehmung, Willensregungen, Bewusstsein).

Über einen absoluten, unbedingten ewigen (Schöpfer-) Gott können wir im Buddhismus nicht reden, weil es in der buddhistischen Lehre kein solches absolutes Wesen gibt und nicht geben kann...

JackSparrow hat geschrieben:Eine Seele, die vollständig von allen Trieben befreit worden ist, ist eine verstorbene Seele.
...ebensowenig gibt es nach der buddhistischen Lehre eine unabhängig vom Körperlichen und Geistigen existierende Seele, weder eine Zeitliche noch eine Ewige. (siehe anatta).

Wenn wir die buddhistische Lehre verstehen wollen, dann müssen wir dies ebenso innerhalb ihres Systems angehen, wie wir auch, wenn wir eine theistische Lehre (Religion) verstehen wollen, dies innerhalb ihres Kontextes tun müssen.

Es geht ihr nicht um Rechthaberei bezüglich einer vermeintlich einzig absoluten, objektiven Wahrheit. Es geht um Lehren und Wege der Lebensbewältigung. Ich würde es so sagen: Es geht darum, für sich einen Weg zu finden und zu verwirklichen, der es ermöglicht, in dieser leidunterworfenen Welt möglichst leidbefreiend leben zu können. Für sich, für die Mitmenschen und für die Umwelt. Absolutheitsansprüche sind hierbei wenig hilfreich (wie die Geschichte zur Genüge zeigt).

Salome23
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#67 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von Salome23 » Mi 4. Feb 2015, 23:28

Ich würde es so sagen: Es geht darum, für sich einen Weg zu finden und zu verwirklichen, der es ermöglicht, in dieser leidunterworfenen Welt möglichst leidbefreiend leben zu können.
Bei meinem momentanen Leiden bringt mich Buddhismus auch nicht weiter und ist diesbezüglich absolut nicht hilfreich, daher trank ich einen Tee, Mischung aus Pfefferminz und Fenchel, mal sehn ob es wunder bewirken kann und vielleicht hilft mir ja das Licht dieser Pflanzen-eigentlich müsste dies ja dann ein göttliches Licht sein, da Gott in allem ist... 8-)

closs
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#68 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von closs » Do 5. Feb 2015, 00:16

Martinus hat geschrieben:Wieso? ... die Seele lebt doch weiter!
"Verstorben" ist hier doch im Sinne des Daseins-Tod gemeint - oder nicht? - Dann lebt die Seele selbstverständlich weiter.

erbreich hat geschrieben:kein ... egozentriertem Anhaften an das Vergängliche, Leidunterworfene
Das mag sein bei sehr alten Menschen, die schon woanders hinschauen - eine ganz alte Pianistin (112 Jahre) sagt in youtube: "Ich liebe jeden Menschen - jeden".

erbreich hat geschrieben: zwei Erlösungsaspekte
Das verstehe ich - aber ich glaube, dass Aspekt 1 nur ganz, ganz wenigen Menschen in einem "normalen" Lebensalter zuteil wird.

Mein Einwand geht eigentlich woanders hin: Es gibt Glaubensgemeinschaften, die meinen, als "Wiedergeborene" nicht mehr sündigen zu können (tun's aber ständig), und laufen dann subjektiv als fleisch-gebliebene Erlöst-Seins-Figuren rum.

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#69 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von Pluto » Do 5. Feb 2015, 00:21

erbreich hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Wäre der Mensch vor dem Daseins-Tod vollkommen befreit, gäbe es keine ontologische Differenz zwischen Gott und Mensch/Sein und Dasein/Realität und Wahrnehmung. - Das würde ich persönlich ausschließen.
Wie aus dem obigen Link zu Nibbana ersichtlich, werden zwei Erlösungsaspekte gelehrt:
1. Das völlige Erlöschen der Triebe, das geschieht zu Lebzeiten, d.h. alles Vergängliche, dem Tod Unterworfene (alles Geistige und alles Körperliche) bleibt noch erhalten, verursacht daher auch noch körperlichen Schmerz, der aber kein psychische Leiden mehr hervorruft (mangels begehrlichem, aversivem und egozentriertem Anhaften an das Vergängliche, Leidunterworfene).
2. Der Tod bringt dann noch die Befreiung vom (schmerzunterworfenen) Körperlichen und vom das Körperliche erlebenden Geistigen (Gefühl, Wahrnehmung, Willensregungen, Bewusstsein).
Das ist richtig. Das wäre dann der Mensch seinen endgültigen Frieden im Nirwana, dem Buddhistischen Nichts, sprich der Tod.

Da aber diese Ziele unerreichbar sind, muss der sündige Mensch immer wiederkehren, um es ein weiteres Mal zu probieren.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

JackSparrow
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#70 Re: Hass & Gewalt

Beitrag von JackSparrow » Do 5. Feb 2015, 11:32

erbreich hat geschrieben:alles Vergängliche, dem Tod Unterworfene (alles Geistige und alles Körperliche) bleibt noch erhalten, verursacht daher auch noch körperlichen Schmerz, der aber kein psychische Leiden mehr hervorruft
Wenn keine Seele existiert, wie kann es dann psychisches Leiden geben?

(mangels begehrlichem, aversivem und egozentriertem Anhaften an das Vergängliche, Leidunterworfene)
Wenn man Hunger hat, sucht man sich nichts zu Essen mehr, um nicht egozentrisch etwas Vergänglichem nachlaufen zu müssen.

...ebensowenig gibt es nach der buddhistischen Lehre eine unabhängig vom Körperlichen und Geistigen existierende Seele,
Dahingehend kann ich dem Buddha zustimmen. Den Rest hat er offensichtlich leider nicht ausreichend durchdacht.

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