Der freie Wille

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#121 Re: Der freie Wille

Beitrag von ThomasM » Fr 6. Feb 2015, 09:43

Pluto hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Wieso ist es bekannt, dass das Gehirn nur endlich viele Zustände einnehmen kann? Du machst die Behauptung zur Voraussetzung.
Nein. Das Gehirn hat eine große, aber dennoch begrenzte Anzahl an Neuronen und Synapsen die eine endliche Zahl an Zuständen einnehmen können. Allein das macht unser Verstand und Denkvermögen nicht unendlich groß. Zumindest in diesem Sinn gleicht es einem Computer.
Sorry, merkst du denn nicht, dass du dich selbst reinlegst?

Es gibt eine endliche Anzahl von Neuronen und Synapsen. Gut
Diese stehen miteinander in Verbindung und bilden ein Netzwerk. Gut
Diese MODELLIERST du durch ein System mit einer endlichen Anzahl von Zuständen. AHA
Daraus schließt du, dass das Gehirn eine endliche Anzahl von Zuständen hat. HÄ?

Aber um den letzten Schluss zu ziehen, müsstest du erst beweisen, dass dein Modell in dieser Hinsicht die Wirklichkeit trifft. Dazu genügt es nicht zu zeigen, dass einige Eigenschaften des Gehirns näherungsweise von deinem Modell reproduziert werden. Du müsstest zeigen, dass dein Modell alle Eigenschaften des Gehirn reproduziert. Und das kannst du schlicht nicht.

Es mag zwar sein, dass der letzte Schluss deinem weltanschaulichen Empfinden entspricht, aber seit wann sollte dieses die eigene Urteilsfähigkeit beeinträchtigen?

Pluto hat geschrieben: Ich bestreite doch nicht, dass wir mit der Unendlichkeit als mathematisches Symbol umgehen können, aber können wir sie uns wirklich vorstellen? Ich denke nicht.
Dann definiere mir mal "wir stellen uns was vor". Oder beweise, dass das nicht geht. Du nutzt einen sprachlichen Trick, um zu verschleiern, dass du etwas behauptest, was du gar nicht belegen kannst.

Pluto hat geschrieben: Aber wie können die Fähigkeiten eines endlichen Systems wirklich unendlich sein. Sind sie nicht zwangsläufig begrenzt?
Das ist eine gute Frage!
Ohne die Erfahrung, die ich mit der Quantenmechanik gemacht habe, würde ich dir hier ohne weiteres zustimmen.
Die Quantenmechanik hat mich gelehrt, solche Fragen mit einem "ich weiß es nicht" zu beantworten.
Ich gehe davon aus, dass unsere Denkfähigkeit begrenzt ist, aber trotzdem weiter reicht, als das, was man mittels eines Computers erreichen kann.

Letztlich geht es mir auch gar nicht um den Begriff "unendlich". Besser wäre es den Begriff "diskret und abzählbar" in den Fokus zu nehmen. Denn auf diesen Begriffen beruht Gödels Beweis. Ein klassischer Computer ist so, aber das Gehirn hat offensichtlich Möglichkeiten, die Beschränkungen dieser Begriffe zu umgehen. Wie es das tut, weiß ich nicht.

Pluto hat geschrieben:
Die Annahme, das Gehirn würde ausschließlich algorithmisch arbeiten, führt auf einen Widerspruch, indem man einen Gedanken konstruieren kann, den ein angenommenes (unendliches) algorithmisches Gehirn nicht denken kann, wohl aber wir.
Meinst du wirklich wir können das? Wie willst du es denn überhaupt nachweisen?
Wieso nachweisen?

Ich habe einen mathematischen Beweis skizziert, der auf Strukturannahmen beruht, die du gemacht hast.
Die Annahme (das Modell), das Gehirn wäre ein klassischer Computer führt zu der Darstellung als Turing Maschine.
Und das wiederum führt zu einem Widerspruch.

Damit wäre (mathematisch) bewiesen, dass das Gehirn kein klassischer Computer ist.
Was nicht heißt, dass man mit einem klassischen Computer nicht eine beliebige Näherung der Gehirnzustände darstellen kann.

Das ist reine Mathematik, da muss man nichts nachweisen.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Benutzeravatar
Scrypt0n
Beiträge: 4442
Registriert: Do 28. Aug 2014, 11:51

#122 Re: Der freie Wille

Beitrag von Scrypt0n » Fr 6. Feb 2015, 10:14

ThomasM hat geschrieben:Es gibt eine endliche Anzahl von Neuronen und Synapsen. Gut
Diese stehen miteinander in Verbindung und bilden ein Netzwerk. Gut
Diese MODELLIERST du durch ein System mit einer endlichen Anzahl von Zuständen. AHA
Ich kann deine Kritik nicht nachvollziehen.
Eine endliche Anzahl von Neuronen und Synapsen kann - rein mathematisch - ausschließlich eine endliche Anzahl von Zuständen erreichen!

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#123 Re: Der freie Wille

Beitrag von Pluto » Fr 6. Feb 2015, 10:18

ThomasM hat geschrieben:Es gibt eine endliche Anzahl von Neuronen und Synapsen. Gut
Diese stehen miteinander in Verbindung und bilden ein Netzwerk. Gut
Diese MODELLIERST du durch ein System mit einer endlichen Anzahl von Zuständen. AHA
Daraus schließt du, dass das Gehirn eine endliche Anzahl von Zuständen hat. HÄ?
Was denn sonst? Selber HÄ :?: :P
Endliche Systeme können nicht unendlich viele Zustände annehmen.

ThomasM hat geschrieben:Dann definiere mir mal "wir stellen uns was vor".
Wir können uns nur Dinge vorstellen, die in unserem endlichen Gehirn irgenwie gespeichert sind. Unsere Kapazität ist groß, aber nicht unendlich.

ThomasM hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Aber wie können die Fähigkeiten eines endlichen Systems wirklich unendlich sein. Sind sie nicht zwangsläufig begrenzt?
Das ist eine gute Frage!
Ohne die Erfahrung, die ich mit der Quantenmechanik gemacht habe, würde ich dir hier ohne weiteres zustimmen.
Die Quantenmechanik hat mich gelehrt, solche Fragen mit einem "ich weiß es nicht" zu beantworten.
Schön und gut. Dann müsstest du zeigen wo im Gehirn sich Rezeptoren für Quanteneffekte befinden.
Roger Penrose hat Solches Anfang der 90-er Jahre postuliert. Leider konnten seine Vermutungen nicht bestätigt werden, und er hat seine These widerrufen.

Ich gehe davon aus, dass unsere Denkfähigkeit begrenzt ist, aber trotzdem weiter reicht, als das, was man mittels eines Computers erreichen kann.
Hast du dabei auch an Moore's Law gedacht?

Letztlich geht es mir auch gar nicht um den Begriff "unendlich". Besser wäre es den Begriff "diskret und abzählbar" in den Fokus zu nehmen. Denn auf diesen Begriffen beruht Gödels Beweis.
"Diskret und abzählbar" hat aber eine ganz andere Bedeutung. Es klingt irgendwie endlich, und deckt sich mit meinen Vermutungen eines endlichen Gehirns, was wie ein endlicher Computer arbeitet.

Die Annahme (das Modell), das Gehirn wäre ein klassischer Computer führt zu der Darstellung als Turing Maschine.
Und das wiederum führt zu einem Widerspruch.

Damit wäre (mathematisch) bewiesen, dass das Gehirn kein klassischer Computer ist.
Gödels "Beweis" beruht auf Abzählbarkeit und ist somit endlich.
Damit entfällt der Vorwurf eines Widerspruchs.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#124 Re: Der freie Wille

Beitrag von Pluto » Fr 6. Feb 2015, 10:24

Scrypt0n hat geschrieben:Eine endliche Anzahl von Neuronen und Synapsen kann - rein mathematisch - ausschließlich eine endliche Anzahl von Zuständen erreichen!
Eben!
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#125 Re: Der freie Wille

Beitrag von ThomasM » Fr 6. Feb 2015, 10:49

Scrypt0n hat geschrieben: Ich kann deine Kritik nicht nachvollziehen.
Eine endliche Anzahl von Neuronen und Synapsen kann - rein mathematisch - ausschließlich eine endliche Anzahl von Zuständen erreichen!
Nur wenn du annimmst, dass die Verbindung zwischen zwei Neuronen eine endliche Anzahl von Zuständen annimmt, z.B. an/aus

Nimmst du aber an, dass eine Verbindung z.B. von der Stärke S der Verbindung abhängt und S eine beliebige Zahl zwischen einem Aktivierungspotenzial A und einem Maximalzustand M, also
A <= S <= M
ist, dann sind das überabzählbar viele Möglichkeiten.

Eine endliche Anzahl von Neuronen mit jeweils überabzählbar vielen Verbindungsstärken dazwischen, macht überabzählbar viele Zustände.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#126 Re: Der freie Wille

Beitrag von ThomasM » Fr 6. Feb 2015, 11:04

Pluto hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Dann definiere mir mal "wir stellen uns was vor".
Wir können uns nur Dinge vorstellen, die in unserem endlichen Gehirn irgenwie gespeichert sind. Unsere Kapazität ist groß, aber nicht unendlich.
Das ist kein Argument.
Die Crux an Mathematik ist, dass man Strukturaussagen macht. Damit kann man mit endlichen Begriffen unendliche Dinge verstehen.
Dazu reicht dann auch eine endliche Kapazität.

Pluto hat geschrieben: Schön und gut. Dann müsstest du zeigen wo im Gehirn sich Rezeptoren für Quanteneffekte befinden.
Roger Penrose hat Solches Anfang der 90-er Jahre postuliert. Leider konnten seine Vermutungen nicht bestätigt werden, und er hat seine These widerrufen.
Penrose hat nach etwas Unbekannten gesucht, ich nehme an, dass wir die Dinge schon längst kennen.
Zellen bestehen aus Atomen und Moleküle. Atome und Moleküle sind quantenmechanische Objekte. Das ist Fakt, da brauchen wir keine Rezeptoren.
Unter normalen Umständen geht die Kohärenz der Verschränkungen verloren, wenn sich die Zahl der Freiheitsgrade erhöht. Aber man kann bereits heute schon große Systeme konstruieren, bei denen die Kohärenz erhalten bleibt (Quantencomputer, Quantenverschlüsselung).

Meine Vermutung ist (da habe ich keinen Nachweis, aber es erscheint mir naheliegend), dass durch die Verbindungen der Neuronen Situationen geschaffen werden können, in denen das feuern eines Axons von der "Messung" einer quantenmechanische Verschränkung abhängt.
Dadurch könnten Kettenreaktionen getriggert werden, die dann das Ergebnis einer Zufälligkeit des Quantenzustands ist.

Wie betont: Das sind Vermutungen von mir und ich glaube nicht, dass ich zu meinen Lebzeiten noch eine Bestätigung bekommen kann. Ich weiß auch nicht, ob das mit dem Problem der Abzählbarkeit zu tun hat.

Pluto hat geschrieben: Hast du dabei auch an Moore's Law gedacht?
Bist du sicher, dass die Entwicklung dieses Gesetzes in alle Ewigkeit erhalten bleibt?
Ich würde sogar noch nicht einmal ausschließen, dass es gelingen wird, das Gehirn elektronisch nachzubilden.
Alles was ich sage ist, dass die Programmierung dieses Gebildes dann nicht nach der Art der Computerprogramme heute erfolgen wird. Sondern dass man das elektronische Gehirn dann "erziehen" muss, so wie man ein Kind erzieht.

Pluto hat geschrieben: Gödels "Beweis" beruht auf Abzählbarkeit und ist somit endlich.
Damit entfällt der Vorwurf eines Widerspruchs.
Hä?
Die natürlichen Zahlen und die rationalen Zahlen sind abzählbar.
Meinst du wirklich, sie wären endlich?

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Benutzeravatar
Scrypt0n
Beiträge: 4442
Registriert: Do 28. Aug 2014, 11:51

#127 Re: Der freie Wille

Beitrag von Scrypt0n » Fr 6. Feb 2015, 12:21

ThomasM hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Ich kann deine Kritik nicht nachvollziehen.
Eine endliche Anzahl von Neuronen und Synapsen kann - rein mathematisch - ausschließlich eine endliche Anzahl von Zuständen erreichen!
Nur wenn du annimmst, dass die Verbindung zwischen zwei Neuronen eine endliche Anzahl von Zuständen annimmt, z.B. an/aus
Nein; nicht nur dann.
Weil:

ThomasM hat geschrieben:Nimmst du aber an, dass eine Verbindung z.B. von der Stärke S der Verbindung abhängt und S eine beliebige Zahl zwischen einem Aktivierungspotenzial A und einem Maximalzustand M, also
A <= S <= M
ist, dann sind das überabzählbar viele Möglichkeiten.
Eine überzählbare Menge != unendliche Menge.
Warum also sollte es sich jetzt nicht um eine endliche Menge handeln?

ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#128 Re: Der freie Wille

Beitrag von ThomasM » Fr 6. Feb 2015, 12:35

Scrypt0n hat geschrieben: Eine überzählbare Menge != unendliche Menge.
Warum also sollte es sich jetzt nicht um eine endliche Menge handeln?
Du hast von endlich vielen Zuständen gesprochen, eine endliche diskrete Menge ist immer abzählbar.
Eine endliche Menge kann z.B. einen endliche Strecke sein, die aber überabzählbar viele (= unendlich viele) Punkte enthält.

Also, wovon möchtest du gerne sprechen?
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Benutzeravatar
Scrypt0n
Beiträge: 4442
Registriert: Do 28. Aug 2014, 11:51

#129 Re: Der freie Wille

Beitrag von Scrypt0n » Fr 6. Feb 2015, 12:50

ThomasM hat geschrieben:Du hast von endlich vielen Zuständen gesprochen
Richtig.
Du hast dem widersprochen und dahingehend überzählbare Mengen von Zuständen dargelegt. Jedoch widerspricht das eine dem anderen nicht zwangsläufig, da eine überzählbare Menge weiterhin nicht gleich eine unendliche Menge darstellt.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#130 Re: Der freie Wille

Beitrag von Pluto » Fr 6. Feb 2015, 13:17

ThomasM hat geschrieben:Du hast von endlich vielen Zuständen gesprochen, eine endliche diskrete Menge ist immer abzählbar.
Eine endliche Menge kann z.B. einen endliche Strecke sein, die aber überabzählbar viele (= unendlich viele) Punkte enthält.
Es ist eine Illusion von unendlich vielen Zuständen eines endlichen Gehirns zu reden.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Antworten