Stille Agnostiker

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
closs
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#151 Re: Stille Agnostiker

Beitrag von closs » Di 24. Mär 2015, 19:58

Scrypt0n hat geschrieben:Die materialistische Sichtweise ist prinzipiell falsifizierbar
Du wirst wohl nie den Unterschied zwischen Wissenschaft und Weltanschauung verstehen. :|

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Scrypt0n
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#152 Re: Stille Agnostiker

Beitrag von Scrypt0n » Di 24. Mär 2015, 20:05

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Stopp: Es behauptet keiner, dass die materialistische Weltanschauung falsch sein muss
Darum ging es auch nicht; es ging darum, dass die materialistische Sichtweise prinzipiell falsifizierbar ist. Auf deine Sichtweise ist nämlich exakt das NICHT zutreffend.
Und das ist sie NICHT
Doch, das ist sie.
Die materialistische Sichtweise ist prinzipiell falsifizierbar - und dir wurde bereits mehrmals dargelegt, wie das ginge. Diese Möglichkeit verschwindet nicht einfach, nur weil du hier gebetsmühlenartig das Gegenteil behauptest.

Weiter ist DEINE Sichtweise NICHT falsifizierbar.

closs hat geschrieben:da es eine (Glaubens-)Weltanschauung ist.
Das hat damit doch überhaupt nichts zu tun; auf welchen Gewässern versuchst du denn jetzt ein Schlupfloch zu finden?
Der Kreationismus ist ebenfalls eine Weltanschauung; diese kann jedoch dennoch falsifiziert werden - sie wurde sogar schon falsifiziert.

Deine Ausrede, dies oder jenes könne nicht falsifiziert werden, weil es eine Glaubens/Weltanschauung ist, ist schlicher Quark.

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Warum nicht?
Weil Transzendenz-Fähigkeit nur möglich ist, wenn im Wesen des Transzendenz-Fähigen transzendenter Geist angelegt ist.
Nein - diese Behauptung deinerseits ist willkürlich jedoch völlig unbegründet!

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Halman
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#153 Re: Stille Agnostiker

Beitrag von Halman » Mi 25. Mär 2015, 16:56

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Was meint ihr zu dieser Aussage? Sind wirklich 90% der Agnostiker agnostische Atheisten? Wenn das stimmt, dann wären in der Tat die "richtigen" Agnostiker in der Minderheit (ca. 120 Millionen weltweit) und es gäbe über eine Milliarde Atheisten auf der Welt.
Die Weltanschauung eines Agnostikers sollte genau zwischen zwei Extremen stehen: Einerseits dem harten Atheismus, und andererseits dem streng gläubigen Menschen, der fest von er Existenz eines persönlichen Gottes überzeugt ist.

In der Praxis ist es natürlich so wie du sagst, und so wie ich es als Agnostiker empfinde.
Der Agnostiker ein schwacher Atheist ist, der nicht bereit ist, Gott kategorisch zu verneinen weil es schlichtweg nicht beweisbar ist, weder so noch so.
Dies würde erklären, warum die Agnostiker so "still" sind: Es gibt nur so wenige, die "genau zwischen zwei Extremen stehen".

War mit dem unbekannten Gott, auf dem sich Thomas Henry Huxley angeblich bezog, als der den Begriff Agnostiker prägte, vielleicht der Philosophen-Gott von Xenophanes und Aristoteles gemeint?

Zur Erinnerung: Der Dichter-Philosoph Xenophanes gehörte zu den Eleaten. Er urteilte, dass die Götter durch die Stehlen und Dichtungen Homers zu sehr vermenschlicht wurden. Dies erschien ihm absurd. Diese Götter boten dem Naturdichter, der durch den Verlust seiner Heimat gekränkt war, keinen Halt, denn die Götter handelten ebenso unsittlich, wie die Menschen und konnten so keine Vorbilder sein.
Im Wirkungskreis der antiken Stadt Elea stellte Xenophanes diesen vermenschlichten Göttern einen neuen, höchsten Gott gegenüber, der frei von Begierden, ewig und "völlig unbeweglich und unwandelbar" ist und die Welt durch seine Gedanken lenkt. Dieser "Philosophengott" hatte nur Spot für die uns so bekannten Götter der alten Griechen übrig.

Beeinflusst von diesen Lehren befasste sich Parmenides (möglicherweise ein Zeitgenosse von Sokrates) mit den Wandlungen und folgerte, dass es nur eine Sache gäbe: Das Sein, welches ewig, unvergänglich und invariabel ist. Damit leugnete er den Wandel vom Entstehen und Vergehen.

Der Philosoph Zenon entwickelte diesen recht radikalen Gedanken auf scharfsinne Weise weiter und argumentierte auf Basis einer Abstraktion der Pythagoreer, gem. welcher der Raum unendlich teilbar ist und kam zu dem Schluss, dass Bewegung paradox ist und daher eine Illusion sei.

Aristoteles folgerte in seiner Theologie, dass es einen immateriellen, unbewegten Beweger (πρῶτον κινοῦν ἀκίνητον) geben müsse.

Bei den "unbekannten Gott" musste ich an Xenophanes' "Philosophengott" und Aristoteles' unbewegten Beweger denken. Was meinst Du?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Pluto
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#154 Re: Stille Agnostiker

Beitrag von Pluto » Mi 25. Mär 2015, 17:07

Halman hat geschrieben:Bei den "unbekannten Gott" musste ich an Xenophanes' "Philosophengott" und Aristoteles' unbewegten Beweger denken. Was meinst Du?
Das sind nur zwei mögliche Gottheiten.
Es gibt von Zeus über Wotan und Baal, bis hin zu Huitzilopochtli über zehntausend Götter. Gegenüber diesen Göttern hat jeder Christ, jeder Jude und jeder Moslem eine agnostisch bis atheistische Haltung.

Der moderne Atheist/Agnostiker geht einen Gott weiter, und zweifelt auch an den abrahamitischen Gott JAHWE.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

2Lena
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#155 Re: Stille Agnostiker

Beitrag von 2Lena » Mi 25. Mär 2015, 17:22

Halman, entschuldige, dass ich mich einmische, aber du hast eine ziemlich gute Vorbereitung für das analoge Thema des Alten Testamentes geschaffen. Dort ist übrigens auch Sokrates Fragetechnik in den Geschichten über Saul zu finden.

Wir können mit den Wörtern Elohim, JHWH, El und Adonaj keine Begriffe verbinden. Zu den Regeln der Begriffsauflösungen braucht es letztendlich auch die Texte der biblischen Erzählungen. Sie hatten nicht die Götterwelt der Griechen, die ihre Erzählungen mit Eigenschaften verknüpften und auch mit gut und schlecht urteilten. Eine ähnliche Situation von Charakterbeschreibung waren die Geschwister Josefs. Ist dir schon aufgefallen, dass nichts über sie persönlich erzählt wird, wie Haare, Größe oder dergleichen mehr?

Das oberste Prinzip Ze'us, wie es die Griechen nannten, oder Theos in Latein, reagiert als Wegzeiger, der immer mehr verfeinert und eine gewaltige Anziehungskraft ausübt, nach oben, zum Licht hin. Ze'us wohnte sinnbildlich auf dem Olymp, dem höchsten Berg. Wie diese Bewegung geht, das erklärt die Geschichte Mose im 3. Kapitel.

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#156 Re: Stille Agnostiker

Beitrag von 2Lena » Mi 25. Mär 2015, 17:38

Pluto hat geschrieben:Es gibt von Zeus über Wotan und Baal, bis hin zu über zehntausend Götter. Gegenüber diesen Göttern hat jeder Christ, jeder Jude und jeder Moslem eine agnostisch bis atheistische Haltung.
Einer ist unerforscher als der andere.

Über Wotan kann ich nicht viel sagen, weil mir die Begriffe fremd sind. Nehmen wir dafür "Thor". Es gibt nicht wenige hebräische Worte in der germanischen Sprache. Acker z.B. ist ausraufen, Wurzel ziehen. Thor ist "Reihe" und auch Weisung. Deshalb gibt es im Judentum die Thora, das AT. Die *ausgelegten Werte ergeben das gleiche Schema der keltischen und germanischen Vorstellungen. Nur hat man das als "Naturreligion" betrachtet, weil andere Wortbegriffe vorlagen und das AT nicht verstanden wurde, durch Sprachveränderung und Völkerwanderungen.

Vergleiche Ze'us, The'us und vergleiche die Mythen. Du denkst vielleicht, das sind nur Geschichten. Der Geschichtsschreiber Malalas (? um 600) hingegen sah AT, NT und Homer als gleichen Inhalt an.

Beim Huitzilopochtli muss ich passen - ist zu weit weg. Doch die Lehren der südamerikanischen Völker sind ähnlich dem *ausgelegten AT.

Baal, ein gefürchteter Name in christlicher Ansicht heißt Hebräisch einfach nur beherrschen.
Ein [baal afi] ist ein Mensch mit gutem Charakter. Ein [baal beit] ist ein Hausbesitzer. Es gibt noch weitere "Baal".

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Halman
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#157 Re: Stille Agnostiker

Beitrag von Halman » Mi 25. Mär 2015, 17:43

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Bei den "unbekannten Gott" musste ich an Xenophanes' "Philosophengott" und Aristoteles' unbewegten Beweger denken. Was meinst Du?
Das sind nur zwei mögliche Gottheiten.
Es gibt von Zeus über Wotan und Baal, bis hin zu Huitzilopochtli über zehntausend Götter. Gegenüber diesen Göttern hat jeder Christ, jeder Jude und jeder Moslem eine agnostisch bis atheistische Haltung.

Der moderne Atheist/Agnostiker geht einen Gott weiter, und zweifelt auch an den abrahamitischen Gott JAHWE.
Dann ist uns doch Religonskritik im Sinne von Jes 44:12-20 gemeinsam.

Doch um einen "einen Gott weiter" zu gehen, bedarf es da nicht einer anderen Argumentation? Denn der abrahamitische Schöpfergott JAHWE wird doch aufgrund von Gotteshinweisen, wie wir sie in Jes 40:26, Rö 1:19-20 u. Rö 2:15 finden, geglaubt. Die Negation ist also mitnichten gleich mit der von irgendwelchen anderen Göttern.
Der Philosophen-Gott von Xenophanes und der unbewegte Beweger von Aristoteles stehen doch auch auf einer ganz anderen philosophischen Ebene als die vielen Götter polytheistischer Relgionen.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#158 Re: Stille Agnostiker

Beitrag von 2Lena » Mi 25. Mär 2015, 20:32

Halman hat geschrieben:Der Philosophen-Gott von Xenophanes und der unbewegte Beweger von Aristoteles stehen doch auch auf einer ganz anderen philosophischen Ebene als die vielen Götter polytheistischer Relgionen.
Wobei dies alles ein Problem der "Intelligenz" ist. Bei Naturreligionen, in denen Menschen schlicht und einfach - Herz und Verstand auf die Reihe brachten, gab es diese Sorgen nicht. Dort ist der Vater, von dem Jesus spricht verständlich. Aber bereits die Philosophen des Mittelalters konnten die griechischen Denker nicht mehr mit den geänderten christlichen Meinungen in Einklang bringen. Ab da begannen die zu trennen, an "Götter" zu glauben. Was sie alles an Ausgrabungen fanden ... Ein gewaltiger Dschungel von Vorstellungen, den es nie gab.

Halman hat geschrieben:Denn der abrahamitische Schöpfergott JAHWE wird doch aufgrund von Gotteshinweisen ...
Was sie nicht fanden - dass die Bibel anders zu lesen wäre gewesen.
Aber die fühlten sich so was von klug, belesen, intelligent ... dass nichts, aber rein gar nichts ihre nicht zusammenpassende Meinung, ihren "Glauben", erschüttern konnte ... während die schlichten Glaubenden immer noch richtig lagen, dafür aber die Intelligenzschicht vermehrt dagegenstürmte.

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