Bezieht sich der
Agnostizismus nur auf die Frage nach der Erkenntnisfähigkeit über Götter, oder ist er allgemeiner? Die Forumlierung in Wikipedia erlaubt eine umfassendere Interpretation dieses Weltbildes, welche ich als philosophische Weltanschauung verstehe.
Interessant finde ich die
Varianten des Agnostizismus. Ich vermute stark, dass die meisten Agnostiker jene Leute sind, die auf die Frage nach Gott unwissend die Schultern zucken und auf die Frage, ob der Mensch es denn überhaupt ergründen kann, würden die Meisten von ihnen vermutlich abermals die Schultern zucken. Falls ich damit richtig liege, so vertritt die Mehrheit einen
offenen bzw.
schwachen Agnostizismus. Zwar wird die Erkenntnisfähigkeit über Gott/Götter temporal verneint, doch wird offen gelassen, ob dies irgendwann mal anders sein könnte. Ein solcher Agnostiker ist für Argumente offen und prüft gewissermaßen seinen Agnostizismus auf Aktualität.
Der früheste mir bekannte Vertreter des Agnostizismus ist der für seine Geometrie berühmte Philosoph Protagoras (5. Jh. v. Chr.). Er formulierte Wikipedia zufolge in Ich-Form, weshelb ich dazu tendiere, ihn als
weichen Agnostiker zu sehen.
Zitat aus Wikipedia (Link s. o.):
„Über die Götter allerdings habe ich keine Möglichkeit zu wissen, weder, dass sie sind, noch, dass sie nicht sind, noch, wie sie etwa an Gestalt sind; denn vieles gibt es, was das Wissen hindert: die Nichtwahrnehmbarkeit und dass das Leben des Menschen kurz ist.“
Der
starke Agnostizismus ist hingegen sehr absolut und verneint die Erkenntnis über Gott/Götter vollkommen. Kein Mensch kann jemals eine Erkenntnis darüber erlangen.
Bei dieser [philosophischen] Weltsicht frage ich mich, woher der starke Agnostiker
dies wissen will. An dieser Stelle erinnere ich an meinen kleinen Ausflug in die
klassische Philosophie. Sind harte Agnostiker moderne Vertreter des akademischen Skeptizismus?
Die konsequenteste Form des Skeptizismus scheint mir die pyrrhonische von Sextus Empricius zu sein. Was haltet ihr von dieser Weltsicht?
In meinen Buch
"Gott oder Zufall" werden auch die "Glaubenssysteme" vorgestellt, darunter auch der Agnostizismus
(ich hätte anstatt "Glaubenssysteme" lieber "Weltanschauungen" gesagt, denn Glauben ist nun mal kein allgemeines Merkmal einer Weltsicht.)
In diesem Buch wird auch auf Thomas Henry Huxley Bezug genommen (s. Wikipedia). Darin heißt es:
Zitat aus
"Gott oder Zufall" (Seite 60):
Thomas Henry Huxley prägte 1869 bei einer Feier anlässlich der Gründung der kurzlebigen Metaphysischen Gesellschaft den Begriff »Agnostizismus«, den er angeblich einer Bibelpassage des heiligen Paulus entnommen habe, als dieser den Altar des »Unbekannten Gottes« in der
Apostelgeschichte 17,23 erwähnt. ...
Man hat schnell erkannt, dass der Agnostizismus eine Fassade sein konnte. In neun von zehn Fällen ist der Agnostizismus im weiteren Sinn letzlich ein Atheismus.
Was meint ihr zu dieser Aussage? Sind wirklich 90% der Agnostiker agnostische Atheisten? Wenn das stimmt, dann wären in der Tat die "richtigen" Agnostiker in der Minderheit (ca. 120 Millionen weltweit) und es gäbe über eine Milliarde Atheisten auf der Welt.