Und führe uns nicht in Versuchung...

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
Pluto
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#51 Re: Und führe uns nicht in Versuchung...

Beitrag von Pluto » Sa 23. Mai 2015, 11:55

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Es ist das gleiche Wort geblieben.
Ja - aber dieses Wort ist mit unterschiedlichen Inhalten besetzt - je nach weltanschaulichem Ansatz.
Das mag deine persönliche Meinung sein. Und selbst wenn... wir leben im Heute.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Du redest von Begriffen und Gefühlen. Ich rede von moralischen Werten.
Ich rede von "Geist" und seinen Äußerungen, Du sprichst von "Moral".
Dann wären wir beide ziemlich OT; du aber mehr als ich.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#52 Re: Und führe uns nicht in Versuchung...

Beitrag von closs » Sa 23. Mai 2015, 17:03

Savonlinna hat geschrieben:Und dass es im Christentum - wie Du schreibst - "um Grundlegendes und Unveränderliches zwischen Gott und Mensch" gehe, ist normativ.
Ja - an sich ist es normativ (falls wir dasselbe darunter verstehen). - Gott ist nur teleologisch zu verstehen - und ein Telos wäre ein Witz, wenn es im Spiel ständig die Pfosten verschieben würde.

Savonlinna hat geschrieben:Er sieht sich den Verlauf der Menschheit an und sagt dann: Jetzt hilft gar nichts mehr, jetzt muss ich meinen Sohn schicken.
Das sind historische Prozesse, auch in der Gottesgestalt.
DAA wiederum sind wir uns komplett einig. - Hier kommt wieder der kategoriale Unterschied zwischen "göttlichem Sein" (unveränderlich) und "göttliche Offenbarung" (veränderlich) ins Spiel.

Jesus kam als Offenbarung, als die Zeit dazu da war. - Welche Zeit es sein würde, war "in den Vortagen" beschlossen. - Meinst Du, dass Gott sich gespannt die Entwicklung des Daseins angeguckt hat (nicht-wissend, was als nächstes kommt) und jeweils darauf reagiert hat?

Savonlinna hat geschrieben:Gerade das Christentum denkt historisch, Gott sogar ist eingebettet in die Historie
Völlige Einigkeit - aber das ist die Daseins-Ebene/Wahrnehmungs-Ebene und nicht die göttliche Wesens-Ebene.

Savonlinna hat geschrieben:Und woher weißt Du - vielleicht ist das meine Hauptfrage an Dich, die mir bei Deinen Formulierungen immer wieder bewusst wird -:
dass "Gott" nicht das sich stets Wandelnde ist?
"Wissen" tue ich gar nichts, weil der Mensch im absoluten Sinne nichts weiss. - Aber ich bin mir gewiss, dass es nicht wert ist, sich mit Gott zu beschäftigen, wenn er von seinem Wesen her(!!!) ein sich stets Wandelnder wäre (von seiner Offenbarung her kann er es dagegen sein). - Hier wären wir wieder beim Unterschied zwischen "Sein" und "Seiendem" (wobei ich nicht genau weiss, ob es Heidegger exakt so verstanden hat).

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#53 Re: Und führe uns nicht in Versuchung...

Beitrag von closs » Sa 23. Mai 2015, 17:12

Pluto hat geschrieben:Das mag deine persönliche Meinung sein.
Es ist die Meinung der Theologie - zwangsläufig, sonst könnte sie dicht machen.

Pluto hat geschrieben: wir leben im Heute
Richtig - deshalb ist ein anderes Verständnis im Vordergrund - aber das ändert doch inhaltlich nichts.

Pluto hat geschrieben:Dann wären wir beide ziemlich OT; du aber mehr als ich.
OK - dann machen wir eine Zauber-Wendung :!: : Das Verständnis von Geist als Nicht-an-Gott-Gebundenheit wäre aus christlicher Sicht ebenfalls eine geglückte Versuchung.

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#54 Re: Und führe uns nicht in Versuchung...

Beitrag von Pluto » Sa 23. Mai 2015, 17:18

closs hat geschrieben: - Gott ist nur teleologisch zu verstehen - und ein Telos wäre ein Witz, wenn es im Spiel ständig die Pfosten verschieben würde.
Da sich unser Verständnis von Gott und seinen Regeln ständig verändert, wäre ein Beweis gegen Gott.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Er sieht sich den Verlauf der Menschheit an und sagt dann: Jetzt hilft gar nichts mehr, jetzt muss ich meinen Sohn schicken...
Hier kommt wieder der kategoriale Unterschied zwischen "göttlichem Sein" (unveränderlich) und "göttliche Offenbarung" (veränderlich) ins Spiel.
Du meinst, Gott hat seinen Sohn auf die Erde geschickt, um für sie zu sterben. -- Ein geplantes Menschenopfer?

closs hat geschrieben:Aber ich bin mir gewiss, dass es nicht wert ist, sich mit Gott zu beschäftigen, wenn er von seinem Wesen her(!!!) ein sich stets Wandelnder wäre (von seiner Offenbarung her kann er es dagegen sein).
Die Wirklichkeit des Alltags beweist uns das Gegeneil.
closs hat geschrieben:Hier wären wir wieder beim Unterschied zwischen "Sein" und "Seiendem" (wobei ich nicht genau weiss, ob es Heidegger exakt so verstanden hat).
Egal... Der Punkt ist, du kannst nicht wissen ob den oder Heideggers Sein nur Illusion ist.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#55 Re: Und führe uns nicht in Versuchung...

Beitrag von Savonlinna » Sa 23. Mai 2015, 17:28

closs hat geschrieben:Gott ist nur teleologisch zu verstehen
Da Du nicht Gott bist, kannst Du ihm nicht vorschreiben, wie "er nur" zu verstehen ist.
Man verhebt sich da. Und will nicht einsehen, dass es Hybris ist.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Er sieht sich den Verlauf der Menschheit an und sagt dann: Jetzt hilft gar nichts mehr, jetzt muss ich meinen Sohn schicken.
Das sind historische Prozesse, auch in der Gottesgestalt.
DAA wiederum sind wir uns komplett einig. - Hier kommt wieder der kategoriale Unterschied zwischen "göttlichem Sein" (unveränderlich) und "göttliche Offenbarung" (veränderlich) ins Spiel.
Den Du Dir ausgedacht hast.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Gerade das Christentum denkt historisch, Gott sogar ist eingebettet in die Historie
Völlige Einigkeit - aber das ist die Daseins-Ebene/Wahrnehmungs-Ebene und nicht die göttliche Wesens-Ebene.
Diesen Unterschied zwischen Daseins-Ebene/Wahrnehmungs-Ebene und göttliche Wesens-Ebene hast Du Dir ebenfalls ausgedacht.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Und woher weißt Du - vielleicht ist das meine Hauptfrage an Dich, die mir bei Deinen Formulierungen immer wieder bewusst wird -:
dass "Gott" nicht das sich stets Wandelnde ist?
"Wissen" tue ich gar nichts, weil der Mensch im absoluten Sinne nichts weiss.
Wenn Du nichts weißt, warum sagst Du dann die beiden von mir zitierten Sachen?

closs hat geschrieben:- Aber ich bin mir gewiss, dass es nicht wert ist, sich mit Gott zu beschäftigen, wenn er von seinem Wesen her(!!!) ein sich stets Wandelnder wäre (von seiner Offenbarung her kann er es dagegen sein).
Da steht Dir möglicherweise Dein abendländisch geprägtes Denken im Weg. Dieses Denken denkt in "Seins"-Kategorien. Wer sich völlig damit identifiziert, unterstellt Gott auch dieses abendländische Denken.
Aber man kann es übersteigen; Voraussetzung ist, dass man überhaupt erst sieht, dass es auch noch ganz anderes Denken gibt.
Andere Kulturen haben notgedrungen eine andere Gottesvorstellung als dieses Seinsbezogene.

closs hat geschrieben:- Hier wären wir wieder beim Unterschied zwischen "Sein" und "Seiendem" (wobei ich nicht genau weiss, ob es Heidegger exakt so verstanden hat).
Ich denke, der Unterschied liegt eher zwischen "Sein" und "Fließen".

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#56 Re: Und führe uns nicht in Versuchung...

Beitrag von closs » Sa 23. Mai 2015, 17:43

Pluto hat geschrieben:Da sich unser Verständnis von Gott und seinen Regeln ständig verändert, wäre ein Beweis gegen Gott.
Vollkommenes Missverständnis - Dein Satz klingt wie: Da sich das Licht, mit dem der See beleuchtet wird, ständig verändert, wäre dies ein Beweis gegen den See.

Pluto hat geschrieben:Du meinst, Gott hat seinen Sohn auf die Erde geschickt, um für sie zu sterben.
Selbstverständlich - was auch immer theologisch dahinter steckt. - Umkehr-Frage: Meinst Du, es war ein Betriebsunfall?

Pluto hat geschrieben:Die Wirklichkeit des Alltags beweist uns das Gegeneil.
Verstehe ich nicht.

Pluto hat geschrieben: Der Punkt ist, du kannst nicht wissen ob den oder Heideggers Sein nur Illusion ist.
Das weiss der Mensch nirgends.

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#57 Re: Und führe uns nicht in Versuchung...

Beitrag von closs » Sa 23. Mai 2015, 17:58

Savonlinna hat geschrieben:Da Du nicht Gott bist, kannst Du ihm nicht vorschreiben, wie "er nur" zu verstehen ist.
Nein - aber man kann sich überlegen, welche Eigenschaften Gott haben muss, um so genannt werden zu können. - Oder zumindest: Was Gott NICHT sein kann, wenn er Gott ist. - Th.v.Aquin hat dazu gemeint, es sei einfacher zu sagen, was Gott NICHT ist, als was er ist.

Savonlinna hat geschrieben:Den Du Dir ausgedacht hast.
Jegliches Denken ist Ausdenken - die entscheidende Frage ist, ob das Ergebnis davon mit der geistigen Realität übereinstimmt oder nicht. - OB es das tut, weiss man absolut gesehen NIE. - Allerdings kann es eine innere Klarheit geben, die ermutigend ist, auf dem richtigen Weg zu sein. - Und wenn man immer mehr ähnliche Aussagen aus verschiedenen Zeiten und verschiedenen Religionen/Philosophien/Literaturen mitkriegt, bei denen man sagen kann: "Genau das meine ich auch - ach, so hat man ja schon vor 500/1000/2000 Jahren gedacht", dann ist das - wie gesagt - ermutigend. - Sicher ist es NIE.

Savonlinna hat geschrieben:Diesen Unterschied zwischen Daseins-Ebene/Wahrnehmungs-Ebene und göttliche Wesens-Ebene hast Du Dir ebenfalls ausgedacht.
Dann hast Du Dir 2+2 auch ausgedacht - will heißen: Das ist pure Logik.

Ich bin erstaunt/entsetzt/verwundert/etc, dass man im 20./21. Jh. offensichtlich NICHT zwischen "Wahrnehmung" und "Realität" unterscheidet - als wäre es ein Ragout. - Zwar gibt es dieses Ragout tatsächlich in einigen quanten-mechanischen Sachen - aber dass dies so durchschlägt, ist schon erstaunlich. - Zu Ende gesagt hieße dies: "Realität" ist Schöpfung der "Wahrnehmung" - kannst Du das meinen?

Savonlinna hat geschrieben:Wenn Du nichts weißt, warum sagst Du dann die beiden von mir zitierten Sachen?
Wir müssten weltweit auf der Stelle in wittgensteinischer Art sämtliche philosophische Gespräche beenden, wenn man schweigen würde, weil man als Mensch kein absolutes Wissen hat.

Savonlinna hat geschrieben: Voraussetzung ist, dass man überhaupt erst sieht, dass es auch noch ganz anderes Denken gibt.
Da stimme ich zu - soweit ich das Bhuddistische verstanden habe, geht es dort nicht um das Füllen des Menschen mit Gedanken, sondern um das Leerwerden. - "Mystik" wäre aus meiner Sicht eine geeignete Alternative zu dem, was Du "abendländisches Denken" nennst. - Why not.

Savonlinna hat geschrieben:Ich denke, der Unterschied liegt eher zwischen "Sein" und "Fließen".
Ich verstehe das als Synonym zu "Realität" und "Wahrnehmung" - selbst wenn Du es nicht so meinst.

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#58 Re: Und führe uns nicht in Versuchung...

Beitrag von Pluto » Sa 23. Mai 2015, 18:23

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Da sich unser Verständnis von Gott und seinen Regeln ständig verändert, wäre das ein Beweis gegen Gott.
Vollkommenes Missverständnis - Dein Satz klingt wie: Da sich das Licht, mit dem der See beleuchtet wird, ständig verändert, wäre dies ein Beweis gegen den See.
Deine Analogien lassen zu wünschen übrig.
Du behauptest Gott sei unveränderlich, doch sein Wirken verändert sich sichtbar mit der Zeit.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Du meinst, Gott hat seinen Sohn auf die Erde geschickt, um für sie zu sterben.
Selbstverständlich - was auch immer theologisch dahinter steckt. - Umkehr-Frage: Meinst Du, es war ein Betriebsunfall?
Nein das konnte kein Betriebsunfall sein. Da steckt schon Absicht dahinter. Wie meinst du sei ein Menschenopfer zu rechtfertigen?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Der Punkt ist, du kannst nicht wissen ob den oder Heideggers Sein nur Illusion ist.
Das weiss der Mensch nirgends.
Gut, dass du das auch so siehst. Mir genügt es, dass das Sein eine rein menschliche Vorstellung sein kann.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#59 Re: Und führe uns nicht in Versuchung...

Beitrag von closs » Sa 23. Mai 2015, 20:52

Pluto hat geschrieben:Du behauptest Gott sei unveränderlich, doch sein Wirken verändert sich sichtbar mit der Zeit.
Ja.

Pluto hat geschrieben:Wie meinst du sei ein Menschenopfer zu rechtfertigen?
Das wäre eine lange Diskussion, die beinhaltet, was "Dasein" und "Daseins-Tod" eigentlich ist. - In einem Satz: Wenn man Dasein als EINE und nicht die wichtigste Existenz-Ebene des Menschen versteht, ist Daseins-Tod der Übergang zur eigentlichen und wichtigeren Existenz-Ebene des geistigen Seins. - So ist der biblische Satz zu verstehen, dass "der <Daseins->Tod das <geistige> Leben sei".

Pluto hat geschrieben:Mir genügt es, dass das Sein eine rein menschliche Vorstellung sein kann.
Wenn etwas geistig/sinnlich zu Unrecht wahrgenommen wird, bleibt es eine Illusion menschlicher Vorstellung - egal ob das Gott ist oder eine Fata Morgana. - Aber dann handelt es sich nicht um "Sein", sondern um irrtümlich gewähntes "Sein". - "Sein" selber ist nie menschliche Vorstellung.

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#60 Re: Und führe uns nicht in Versuchung...

Beitrag von Pluto » Sa 23. Mai 2015, 23:22

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wie meinst du sei ein Menschenopfer zu rechtfertigen?
Das wäre eine lange Diskussion, die beinhaltet, was "Dasein" und "Daseins-Tod" eigentlich ist. - In einem Satz: Wenn man Dasein als EINE und nicht die wichtigste Existenz-Ebene des Menschen versteht, ist Daseins-Tod der Übergang zur eigentlichen und wichtigeren Existenz-Ebene des geistigen Seins.
Wir haben keinerlei Belege, dass es ein anderes Leben gibt.

closs hat geschrieben: "Sein" selber ist nie menschliche Vorstellung.
Wenn es nicht einmal das ist, ist es dann nicht verschwenderisch, darüber zu reden?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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