Sind Gottesbeweise Unsinn?

Säkularismus
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Queequeg
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#71 Re: Sind Gottesbeweise Unsinn?

Beitrag von Queequeg » Sa 6. Jun 2015, 19:04

Halman hat geschrieben:
Scrypt.on hat geschrieben:Kannst du mir eine christliche Glaubensgemeinschaft benennen, die sich dazu bekennt?
Davon ist mir nichts bekannt. Allerdings muss Savonlinna gar nicht auf eine eigenständige Glaubensgemeinschaft liberaler Chfristen verweisen. Es würde genügen, auf liberale Christen verweisen zu können.

Genau aber hier tut sich ein großes Problem auf, denn ich kenne liberale Christen genug. Und wenn es "nur" eine kleine Hauskirche ist, gegründet von zwei für mich wundervollen Damen, die in einem chaotischen Brennpunkt-Bezirk den alleinstehenden Frauen helfen, mit ihren leidvollen Lebensumständen fertig zu werden.
Inwischen haben sich um diese beiden Christen, Christen im wahrsten Sinne des Wortes, viele andere Christen gescharrt und es ist schon großartig mit anzusehen, was da erwächst und gedeiht, sozusagen die Liebe zum Nächsten wahrhaft den Menschen vor Augen und Seele gestellt. Vielleicht ist das die Zukunft dieser Religion, denn das Christentum der großen Konfessionen hat eindeutig versagt, aus vielerlei Gründen.

Allerdings gibt es auch wieder christliche Konfessionen, oder Denominationen, die den Weg zurück in das unselige Gestern anstreben, also Calvin und Luther lassen grüßen, oder die Inquisition, und diese christlichen Formationen sind nicht unbedingt Einzelfälle.

Von einem, sich allgemein liberalisierenden Christentum zu sprechen, das halte ich für falsch, und dabei habe ich noch nicht einmal den Bible Belt erwähnt.

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Zeus
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#72 Re: Sind Gottesbeweise Unsinn?

Beitrag von Zeus » Sa 6. Jun 2015, 19:55

Halman hat geschrieben:
Scrypt.on hat geschrieben:Kannst du mir eine christliche Glaubensgemeinschaft benennen, die sich dazu bekennt?
Davon ist mir nichts bekannt. Allerdings muss Savonlinna gar nicht auf eine eigenständige Glaubensgemeinschaft liberaler Chfristen verweisen. Es würde genügen, auf liberale Christen verweisen zu können.
Widerspruch. Man könnte erst von einer allgemeinen Liberalisierung des Christentums sprechen, wenn entsprechende Dogmen der Großkirchen geändert würden.
Eine kleinere eigenständige liberale christliche Glaubensgemeinschaft wäre nur eine Sekte mehr unter Vielen.
Queequeg hat geschrieben:Von einem, sich allgemein liberalisierenden Christentum zu sprechen, das halte ich für falsch, und dabei habe ich noch nicht einmal den Bible Belt erwähnt.
Savonlinna und Halman scheinen zu vergessen, dass Westeuropa nicht die Welt ist.
Da gibt es unter vielen Anderen z. B. Brasilien (mit rund 200 Millionen Einwohnern), das fest im Griff der RKK und christlicher Sekten ist.

Änderung: Europa ersetzt durch Westeuropa
Zuletzt geändert von Zeus am Sa 6. Jun 2015, 22:51, insgesamt 3-mal geändert.
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Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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Queequeg
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#73 Re: Sind Gottesbeweise Unsinn?

Beitrag von Queequeg » Sa 6. Jun 2015, 20:01

Zeus hat geschrieben: Eine kleinere eigenständige liberale christliche Glaubensgemeinschaft wäre sowieso nur eine Sekte mehr unter Vielen.
Queequeg hat geschrieben:Von einem, sich allgemein liberalisierenden Christentum zu sprechen, das halte ich für falsch, und dabei habe ich noch nicht einmal den Bible Belt erwähnt.
Die Damen scheinen zu vergessen, dass Europa nicht die Welt ist.
Da gibt es unter vielen Anderen z. B. Brasilien (mit rund 200 Millionen Einwohnern), das fest im Griff der RKK ist.

Da brauchen wir nicht einmal so eine weite Reise anzutreten. Schauen wir uns Polen an, vor allem hier den Osten, oder die italienische Provinz, oder viele andere Orte, ich kann da immer wieder nur sagen: Oh Herr, oh Grauen...

Wobei ich dir da recht gebe, das wir oft und zu oft von den religiösen Verhältnissen in Europa ausgehen und so groß ist Europa nun wahrlich nicht. Ich erzählte hier schon von meinen Erleben und von meinen Erlebnissen in Mittelamerika, nein, von einer Liberalisierung des Christentums zu sprechen, im allgemeinen, das halte ich nicht für der Realität entsprechend.

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Halman
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#74 Re: Sind Gottesbeweise Unsinn?

Beitrag von Halman » Sa 6. Jun 2015, 21:13

Zeus hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Scrypt.on hat geschrieben:Kannst du mir eine christliche Glaubensgemeinschaft benennen, die sich dazu bekennt?
Davon ist mir nichts bekannt. Allerdings muss Savonlinna gar nicht auf eine eigenständige Glaubensgemeinschaft liberaler Chfristen verweisen. Es würde genügen, auf liberale Christen verweisen zu können.
Widerspruch. Man könnte erst von einer allgemeinen Liberalisierung des Christentums sprechen, wenn entsprechende Dogmen der Großkirchen geändert würden.
Da mahlen die Mühlen der katholischen Kirche nach meiner bescheidenen Wahnehmung langsamer als in der evangelischen Kirche. Doch das Zweite Vatikanische Konzil brachte schon eine innerkirchlich reformierte Theologie mit sich.
Soweit ich informiert bin, sind seit rund 60 Jahren die historisch-kritische Exegese, sowie die literaturkrischte Exegese, wegweisend innerhalb der großen Kirchen? Dies hat sich nur noch nicht überall rumgesprochen. Hier mal ein Beispiel anhand der Geschichte über Kain und Abel.

Ein alter agnostischer Freund von mir erklärte: ... in der Religionswissenschaft ist eine historisch-kritische Exegese mittlerweile eigentlich Standard, was er auch HIER bestätigte. Bezüglich fundamentalistischer Anschauungen stellte er klar:
Zitat von Logan5:
Im Übrigen werden besagte fundamentalistische Glaubensauslegungen bei den Katholiken (!) sogar von offizieller theologischer Seite her grundlegend abgelehnt. Ich muss das wissen, denn ich habe ein paar Semester katholische Theologie studiert.
[...]
Auch der Religionsunterricht in den Schulen versteht sich schon lange nicht mehr in dieser materialkerygmatischen Weise, sondern ist als Angebot gemeint und auch Kinder die es nicht annehmen, können trotzdem gute Noten bekommen. Ziel ist lediglich die Auseinandersetzung mit religiösen und symbolischen Denkweisen.
Inzwischen sind wir laut K. Berger soweit, dass die Thesen der Exegese dogmatische Formen annehmen, aber dem würde mein alter Freund vermutlich nicht zustimmen.

Zeus hat geschrieben:
Queequeg hat geschrieben:Von einem, sich allgemein liberalisierenden Christentum zu sprechen, das halte ich für falsch, und dabei habe ich noch nicht einmal den Bible Belt erwähnt.
Savonlinna und Halman scheinen zu vergessen, dass Westeuropa nicht die Welt ist.
Da gibt es unter vielen Anderen z. B. Brasilien (mit rund 200 Millionen Einwohnern), das fest im Griff der RKK ist.

Änderung: Europa ersetzt durch Westeuropa
Mag sein, dass meine Sicht durch die europäische Perspektive ein wenig verstellt ist. Statistisch gesehen leben auf der Erde über zwei Milliarden Christen, rund die Hälfe davon Katholiken. In Südamerika ist der Katholizismus, wie ich annehme, konzervativer als der säkularisierte Protesantismus, den ich von Norddeutschland kenne. Mein soziales Umfeld ist global sicher nicht repräsentativ.
Dennoch, ist es denn nicht so, dass auf dem linken Flügen der großen, protestantischen Kirche das liberale Christentum weit mehr als eine Randerscheinung ist?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#75 Re: Sind Gottesbeweise Unsinn?

Beitrag von Queequeg » Sa 6. Jun 2015, 21:57

Halman hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:
Halman hat geschrieben: Davon ist mir nichts bekannt. Allerdings muss Savonlinna gar nicht auf eine eigenständige Glaubensgemeinschaft liberaler Chfristen verweisen. Es würde genügen, auf liberale Christen verweisen zu können.
Widerspruch. Man könnte erst von einer allgemeinen Liberalisierung des Christentums sprechen, wenn entsprechende Dogmen der Großkirchen geändert würden.
Da mahlen die Mühlen der katholischen Kirche nach meiner bescheidenen Wahnehmung langsamer als in der evangelischen Kirche. Doch das Zweite Vatikanische Konzil brachte schon eine innerkirchlich reformierte

Das hing aber alles am seidenen Faden, denn wäre Franziskus nicht Papst geworden und Ratzinger geblieben, der hätte das zweite vatikanische Konzil nachträglich zerpulvert und die katholische Kirche zurück in die Steinzeit geführt.
Ich kenne so einige aufrechte Katholiken, die unter Johannes Paul II. gelitten haben und unter Ratzinger sind sie dann schier verzweifelt, denkt man an die Geschichte rund um die Piussler, unter anderem, dann wird das verständlich.

Was mich unter Franziskus besonders freut, das jetzt die Befreiungstheologie endlich gerechtfertigt ist und nicht mehr im Ruch des Satans steht, denn gerade die Befreiungstheologie schenkt den Menschen Südamerikas neue Impulse, neue Hoffnung.

Was die verschiedensten Theologien angeht, mögen diese und welche Ziele auch immer haben, es braucht einzig und allein weitreichende und grundlegende, vielleicht auch vieles umwertende Reformen, Reformen für Menschen gemacht und nicht zum Machterhalt einer unersättlichen Priesterkaste, aber das ist Thema seit vielen Jahren, auch bei den katholischen Generalstäblern und jeder weiß, das es nur Lippenbekenntnisse sind und wohl auch bleiben werden.

Die evangelische Kirche geht hier schon teilweise beachtliche Wege, die katholische Kirche nur an der Oberfläche, nicht im Kern, die grundlegenden und eigentlich sterilen, sich überholten und immer mehr den Menschen fernen Dogmen bleiben unberührt.

Übrigens, soviel ich weiß, verliert die katholische Kirche in Brasilien immer mehr Schäfchen und die Evangelikalen sind dort auf dem Vormarsch, auch katholische Quellen geben das mittlerweile offen zu.

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#76 Re: Sind Gottesbeweise Unsinn?

Beitrag von Hemul » Sa 6. Jun 2015, 22:07

Queequeg hat geschrieben: Was mich unter Franziskus besonders freut, das jetzt die Befreiungstheologie endlich gerechtfertigt ist und nicht mehr im Ruch des Satans steht, denn gerade die Befreiungstheologie schenkt den Menschen Südamerikas neue Impulse, neue Hoffnung.
Ist für mich pers. hochinteressant zu erfahren was Dich besonders erfreut. Darf man auch erfahren worauf Dein Hoffnungsträger
Franziskus seine Befreiungstheologie aus der Bibel ableitet? :roll:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#77 Re: Sind Gottesbeweise Unsinn?

Beitrag von Queequeg » Sa 6. Jun 2015, 22:12

Hemul hat geschrieben:
Queequeg hat geschrieben: Was mich unter Franziskus besonders freut, das jetzt die Befreiungstheologie endlich gerechtfertigt ist und nicht mehr im Ruch des Satans steht, denn gerade die Befreiungstheologie schenkt den Menschen Südamerikas neue Impulse, neue Hoffnung.
Ist für mich pers. hochinteressant zu erfahren was Dich besonders erfreut. Darf man auch erfahren worauf Dein Hoffnungsträger
Franziskus seine Befreiungstheologie aus der Bibel ableitet? :roll:

Woraus Franziskus diese ableitet? Ich hoffe inständigst und flehentlich nicht mit - Zitatenfälschungen...

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#78 Re: Sind Gottesbeweise Unsinn?

Beitrag von Hemul » Sa 6. Jun 2015, 22:20

Queequeg hat geschrieben:
Woraus Franziskus diese ableitet? Ich hoffe inständigst und flehentlich nicht mit - Zitatenfälschungen...
Armutszeugnis. :thumbdown:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#79 Re: Sind Gottesbeweise Unsinn?

Beitrag von Zeus » Sa 6. Jun 2015, 22:25

Halman hat geschrieben:ist es denn nicht so, dass auf dem linken Flügel der großen, protestantischen Kirche das liberale Christentum weit mehr als eine Randerscheinung ist?
Beim Bodenpersonal mag das so sein.
Wie es aussieht, gelten für die Evangelische Kirche Deutschlands jedoch immer noch das Apostolische Glaubensbekenntnis und der sogenannte Kleine Kathechismus Luthers.
Zuletzt geändert von Zeus am Sa 6. Jun 2015, 22:36, insgesamt 1-mal geändert.
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Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
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Savonlinna
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#80 Re: Sind Gottesbeweise Unsinn?

Beitrag von Savonlinna » Sa 6. Jun 2015, 22:31

Queequeg hat geschrieben: Von einem, sich allgemein liberalisierenden Christentum zu sprechen, das halte ich für falsch
Natürlich wäre das falsch, da das Christentum sich gleichzeitig radikalisiert hat.

Das hier hatte ich geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Die Gottesvorstellung verändert sich.
Sie ist teilweise diesseitig.
Und das ist ja doch wohl korrekt, nehme ich an.

Ich sagte auch schon, dass in den Endachtundsechziger/Siebziger Jahren in den theologischen Fakultäten der Unis eine starke Säkularisierung zu beobachten war.
Die Evangelische Theologie, teilweise auch die Katholische, war damals von der Studentenbewegung stark beeinflusst, man griff Karl Marx auf, diskutierte ihn in Basisgruppen in Verbindung mit dem Christentum.

Jürgen Moltmann, der neben Hans Küng damals in Tübingen lehrte, schrieb in seinem Vorwort zu dem Buch "Wir wollen hier auf Erden schon..." von Gerhard Marcel Martin:
"'Wozu braucht man denn Gott?', fragten revolutionär engagierte Theologiestudenten in einer großen Tübinger Diskussion.'

Das umreißt das Klima, das damals an den theologischen Fakultäten herrschte.
Mit den Studentenunruhen ging dann aber auch die Unruhe in den Kirchen zurück. Es läpperte sich irgendwie so weiter.
Bis dann eben irgendwann in den Achtzigern der Rück- oder Gegenschlag kam. ->

Die Kirchenmitglieder wollten keine Säkularisierung in den Kirchen haben, es sollte wieder mehr der metaphyische Gott sein, man wollte nichts mehr von historisch-kritischer Forschung hören: man begann, die Kirchen zu verlassen und evangelikale Gemeinden zu gründen.
Es begann, zu meinem Riesen-Erstaunen, eine Renaissance des Pietismus. Und, als Gegenzug, eine Renaissance des aktiven Atheismus.

Beide radikalisierten sich an ihren Außenflügeln.
Nach meiner Einschätzung gehen beide Radikalisierungen zumindest in Deutschland zurück, aber ich habe nicht genug Material, um das professioenll einschätzen zu können.

Aber die Säkularisierung der Theologie, von der ich sprach, ist nicht wirklich verschwunden.
Wann immer ich in Kontakt komme mit Kirchentag oder Kirche, stoße ich auf ihre Spuren.

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