Das NIH-Syndrom

Säkularismus
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Pluto
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#1 Das NIH-Syndrom

Beitrag von Pluto » Do 11. Jun 2015, 12:08

NIH ist eine englische Abkürzung und steht für "Not Invented Here" - auf Deutsch: "nicht hier erfunden".

Der Kognitionswissenschaftler Prof. Dan Ariely nennt es auch das "Zahnbürsten-Syndrom". Es gibt Millionen Zahnbürsten. Jeder hat eine und benutzt sie täglich. Aber die Zahnbürste der Anderen möchte man nicht benutzen.

Das Syndrom, dem wir im Alltag auch bei uns selbst immer wieder beobachten können, wirkt sich dadurch aus, dass wir eine Vorliebe für unsere eigenen Ideen haben, und diese oft für die Besten halten, und oft leichtfertig die Ideen anderer verwerfen. Das NIH-Syndrom hat gute Seiten, aber es hat auch schlechte Seiten.
Die gute Seite ist: Wir verbeißen uns in unsere Projekte, und lassen nicht los, bis wir sie zum Erfolg gebracht haben.
Die schlechte Seite ist: Wir tendieren dazu, Ideen, Weltbilder und Gedanken anderer Menschen abzulehnen.
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ThomasM
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#2 Re: Das NIH-Syndrom

Beitrag von ThomasM » Do 11. Jun 2015, 12:23

Da ich in der Software Entwicklung tätig bin, kenne ich das von dort.
Hat man eine neue Software, die man für einen Bereich1 entwickelt, dann ist es fast unmöglich, diese auch für Bereich2 einzusetzen, auch wenn deren fachliche Anforderungen fast identisch sind.

Grund ist besagtes NIH Syndrom.

Man braucht etwa 4-5 Jahre, während der man die beteiligten Mitarbeiter größtenteils auswechselt, um die Widerstände zum Verstummen zu bringen.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Pluto
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#3 Re: Das NIH-Syndrom

Beitrag von Pluto » Do 11. Jun 2015, 13:04

ThomasM hat geschrieben:Man braucht etwa 4-5 Jahre, während der man die beteiligten Mitarbeiter größtenteils auswechselt, um die Widerstände zum Verstummen zu bringen.
Manchmal reicht auch ein ganzes Leben nicht.

Thomas Edison, der große Erfinder der Glühbirne und des Telegrafen, hatte auch die Kommerzialisierung des Stroms eingeführt. Seine Ideen basierten auf Gleichstrom. Eines Tages kam einer seiner Mitarbeiter mit der Idee zu ihm, statt Gleichstrom, Wechselstrom einzusetzen: Man könne ihn über weitere Strecken leiten und sogar große Maschinen damit antreiben. Der junge Mitarbeiter hieß Nicola Tesla.

Edisons Kommentar war: "Brilliante Idee, aber nicht verwertbar" und startete eine riesige Werbekampagne gegen den Wechselstrom. Das ging so weit, dass er einen Elektrischen Stuhl mit Wechselstrom bauen ließ. Der erste Kriminelle der mit diesem Stuhl hingerichtet wurde, wurde regelrecht bei lebendigem Leib gekocht. Für Edison war das der Beweis, dass Wechselstrom nichts taugt, und die Zukunft beim Gleichstrom läge.

Die Geschichte ist anders verlaufen, und heute wird Strom als Wechselstrom verteilt. Edison, der den Wechselstrom hätte patentieren lassen können (Tesla war zur Zeit der Erfindung ja sein Mitarbeiter), blieb sein ganzes Leben ein Gegner des Wechselstroms.

NIH in Stiefelgröße 52. :lol:
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ThomasM
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#4 Re: Das NIH-Syndrom

Beitrag von ThomasM » Do 11. Jun 2015, 13:40

Pluto hat geschrieben: Die Geschichte ist anders verlaufen, und heute wird Strom als Wechselstrom verteilt.
Wobei Untersuchungen zeigen, dass die Verteilung mit Gleichstrom heute günstiger und effizenter wäre.
Aber die Leute wollen einfach nicht vom Wechselstrom lassen.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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