Gehirn und Bewusstsein

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
ThomasM
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#1 Gehirn und Bewusstsein

Beitrag von ThomasM » Di 22. Sep 2015, 20:36

In einem parallelen thread im Bibelforum kam eine Diskussion zwischen SilverBullet und mir auf, die das Thema Gehirn und Bewusstsein und die Beziehung zu Gott thematisierte. Da es dort eher off topic war, ziehe ich es hiermt heraus.

Begonnen hat es mit einer Anmerkung von Silver Bullet http://www.4religion.de/viewtopic.php?p=164802#p164792
SilverBullet hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Ist es denn wahrscheinlich, dass es Gott gibt, wenn du in der Lage bist, mit ihm zu reden und Antworten bekommst?
Ich finde es interessant, dass du das so darstellst.

Wenn ich deinen Beitrag richtig deute, bist du in der Lage die Welt aus einer analytischen Sichtweise heraus, möglichst exakt zu beschreiben.

Du sagst, du kennst das „wie“ nicht, wenn es um Vorkommnisse im „Jenseits“ geht.

Das ist kein Problem, mich interessiert die obige Kommunikation, aus der du die Frage nach der Wahrscheinlichkeit ableitest. Ich vermute, du bewertest die Wahrscheinlichkeit mit 100%.

Ich interessiere mich sehr für das Gehirn und das „Bewusstsein“.
Eine derartige Kommunikation, wie du sie andeutest, wäre ein aussergewöhnlicher Bewusstseinsvorgang (sofern es sich rein im Bewusstsein abspielt) – sozusagen eine Kommunikation ohne sensorische Eingangsdaten und ohne Einsatz der Motoneuronen.

Kannst du beschreiben, wie das abläuft und welche Hintergründe/Zusammenhänge du als eindeutig aussagekräftig identifizierst?

Das erzeugte die folgende Antwort von mir http://www.4religion.de/viewtopic.php?p=164802#p164796
ThomasM hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben: Ich interessiere mich sehr für das Gehirn und das „Bewusstsein“.
Eine derartige Kommunikation, wie du sie andeutest, wäre ein aussergewöhnlicher Bewusstseinsvorgang (sofern es sich rein im Bewusstsein abspielt) – sozusagen eine Kommunikation ohne sensorische Eingangsdaten und ohne Einsatz der Motoneuronen.

Kannst du beschreiben, wie das abläuft und welche Hintergründe/Zusammenhänge du als eindeutig aussagekräftig identifizierst?
Ich komme bei solchen Fragen lieber von der anderen Seite und frage zuerst, was wir denn tatsächlich wissen.

- Wir wissen, dass jeder Denkvorgang, jede Aktivität unseres Bewusstseins oder auch unseres Unterbewusstseins mit Vorgängen im Gehirn verknüpft sind.
- Wir wissen, dass bestimmte Gedanken, Vorgänge oder Aktionen mit besonderen Bereichen im Gehirn verbunden sind.
- Wir kennen viele Beispiele von Reaktionsketten im Gehirn, wo ein initiales Ereignis (z.B. ein sensorischer Input) etwas auslöst.
- Wir kennen aber auch viele Reaktionsketten im Gehirn, in denen es keinen erkennbaren Auslöser gibt (z.B. plötzliche Ideen, Visionen, Träumereien)

Was wir nicht wissen, ist, wie jeder einzelne Gedanke zustande kommt. Manche Reaktionsketten verlieren sich bei dem Versuch, ihren Ursprung festzustellen im statistischen Nichts. Eine klare Zuordnung, was der jeweilige Mensch nun gerade denkt, anhand der Messungen im Gehirn, können wir nicht machen.

So weit der Stand heute.

Wenn man das jetzt auf das projiziert, was möglich ist und was nicht, gehen die Naturalisten davon aus, dass wir mit besseren Messmethoden einstmals jede Kette an ihren Ursprung verfolgen können (und damit wissen, woher Ideen kommen oder so) und auch alleine durch Messungen im Gehirn feststellen können, was jemand denkt/fühlt/vorhat usw.

Ich denke das nicht. Das liegt nicht primär an meinem Glauben, sondern eher an dem, was ich in der Physik gelernt habe. Die Natur ist in ihren Grundfesten statistisch, klare Vorhersagen sind meist nicht möglich. Ich bin sicher, dass das auch für das Gehirn gilt.
Damit "verbirgt" sich das Bewusstsein hinter einem statistischen Schleier. Wir können den Ursprung einer Reaktionskette meist nicht feststellen, das Ablesen von Gedanken wird beschränkt durch statistische Fluktuationen. Nicht nur heute, sondern auch mit beliebig guten Messmethoden.

Das beweist nicht die Existenz eines Jenseits. Aber es öffnet den Glauben an ein Jenseits.
In so einem Glauben würde ich nun die Antwort formulieren:
Wenn Gott mit uns redet, wenn er Einfluss auf uns (oder die Natur) hat, dann geschieht das so, dass wir auf unserer Seite der Gleichung statistische Schwankungen sehen. Und so kann es kommen, dass "zufällig" ein Neuron umkippt, das eine Idee auslöst. Oder eine Aktion oder ein Gefühl oder eine Sicherheit, die man vorher nicht hatte. Oder das Empfinden, einer mächtigen Größe nahe zu sein, die man Gott nennen könnte.
Wie das vor sich geht, weiß ich nicht.
Aber ich weiß, dass es vor sich geht.

Was dann von SilverBullet die folgende Antwort brachte http://www.4religion.de/viewtopic.php?p=164802#p164802
SilverBullet hat geschrieben:@ThomasM
Ich weiss nicht, wie weit ich darauf eingehen darf (deine Antwort enthält einen sehr starken Bezug zum Gehirn, da juckt es mich sehr).
Wie gesagt, verstehe ich das hier als eine Art besonderer Religions-Bereich (vielleicht könnte ein Moderator diese Unterhaltung verschieben).

Deshalb nur ganz oberflächlich:

Die Beschreibung des heutigen Standes teile ich nicht.
Ich konzentriere mich auf das Wesentliche:
Ideen, Visionen und Träumereien entstehen im gesunden Gehirn nicht aus dem reinen Nichts heraus – mir ist dazu keine Studie/Untersuchung bekannt (für Überraschungen bin ich aber offen – ich würde dies als Verbesserung meiner Wahrnehmung ansehen).

Es wäre fatal, wenn Teile eines neuronalen Netzes plötzlich unkoordiniert aktiv werden würden bzw. vermutlich kennen wir dies in Form von Krankheiten (z.B. wenn die neuronale Umgebung, also die Gliazellen die Neuronen-„Aktivität/Erholung“ nicht ausreichend „formen“).

Du sagst „die Natur ist in ihren Grundfesten statistisch“:
Physikalisch (Quanten) vermutlich ja (da mische ich mich nicht ein), aber Datenvearbeitungstechnisch in der Auflösung von elektrischen Impulsen und dem neuronalen Netz im Gehirn?

Du sagst:
(ich hoffe diese Verkürzung trifft weiterhin den Sinn deines Beitrages)
„Und so kann es kommen, dass "zufällig" ein Neuron umkippt“
„…“
„Wie das vor sich geht, weiß ich nicht.“
„Aber ich weiß, dass es vor sich geht.“

So deutest du den Zusammenhang zu Ideen/Visionen/Träumereien, aber du hast es nie beobachtet und du kennst niemanden der das offiziell nachgewiesen hat?
(Es gibt Lebewesen, die ein, zwei Neuronen als komplettes Sinnesorgan haben. Reagieren diese Lebewesen im gesunden Zustand manchmal ohne Anlass so, als würden sie etwas wahrnehmen?)

Du hast offensichtlich ein physikalisches Verständnis.
Bei deinen Überlegungen geht es um eine unbekannte Form des Abgreifens von elektrischen Impulsen/Aktivität und eine unbekannte Form des Einwirkens auf elektrische Impulse/Aktivität.
Welchen „Grad an Sensation“ hätte der Beweis dieses Umstandes (also in der Grössenordnung eines Neurons) innerhalb der Naturwissenschaft?

Du weisst, dass die „Quantenwelt“ eine andere Dimension betrifft?
(ich habe es so verstanden: das Einwirken von Quantenzusammenhängen auf Neuronenaktivität ist ungefähr so, wie wenn ich mit dem Fuss aufstampfe, um die Erde aus der Bahn zu bringen – ich habe es gerade gemacht)

(schweren Herzens verkneife ich mir die Frage, was „Gott“ sein soll, so dass diese Handlungsvermutungen erfüllt werden können)

Fortsetzung folgt
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

ThomasM
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#2 Re: Gehirn und Bewusstsein

Beitrag von ThomasM » Di 22. Sep 2015, 20:37

Der nächste Beitrag von mir: http://www.4religion.de/viewtopic.php?f ... 90#p165055

ThomasM hat geschrieben:Hallo SilverBullet

Dein Thema geht in eine andere Richtung, als die, die ich mit diesem thread aufgesetzt habe. Vielleicht machst du einen eigenen thread auf, um das Thema Bewusstsein - Glaube zu diskutieren (je nach Schwerpunkt stehen dir da verschiedene Bereiche offen)

SilverBullet hat geschrieben: Ich vermute allerdings, dass dabei keinerlei Nicht-Natürliche-Zusammenhänge im Spiel sind.
Das wäre ein interessanter Ausgangspunkt.
Wie kommst du zu deiner Vermutung?
Wie komme ich zu meiner Vermutung, dass es jenseits des Natürlichen etwas gibt?
Was ist überhaupt nicht-Natürlich?

SilverBullet hat geschrieben: Ich empfehle deshalb das Bewusstsein und Zellabläufe getrennt zu betrachten.
Die meisten Lebewesen haben gar kein Bewusstsein.
Das ist korrekt, aber wie willst du die Trennung durchführen, ohne etwas Über-Natürliches ins Spiel zu bringen.
Wenn es nichts Über-Natürliches gibt, dann SIND bestimmte Zellabläufe das Bewusstsein.

SilverBullet hat geschrieben: Die eigene Überzeugung, auch wenn man sich 100prozentig sicher ist, als Vermutung darzustellen, ist nicht leicht.
Man macht sich angreifbar, weil es von anderen als Relativierung aufgefasst wird.
Darüber hinaus verändert sich auch die eigene Position: man verlässt die „Es-ist-so/Es-muss-so-sein“-Haltung und nimmt eine „Es-könnte-sein“-Haltung ein.
Manchmal zwickt das ganz schön, denn dadurch wertet man automatisch Gegenargumente auf (natürlich auch deren Wirkung auf einen selbst).
Auch das ist korrekt.
Aber ich habe in meinem Glauben eine innere Sicherheit, die ich mit einer solchen Wortwahl nicht zum Ausdruck bringe.
Mir ist zwar klar, dass es allein meine Sicherheit ist und ich keine Chance habe, diese Sicherheit zu objektivieren, trotzdem trifft die relativierende Wortwahl die Sicherheit nicht.

SilverBullet hat geschrieben: Die christlichen Weltbilder mit Hölle, Dämonen, dem Gehörnten und ewiger Verdammnis in abscheulichen Feuerqualen, haben auf mich keine Wirkung, denn ich identifiziere sie als unvollständige Vermutungen und kann sie nach Belieben hinterfragen.
Du wirst auch feststellen, dass bis auf eine extrem kleine Minderheit diese Bilder nicht wörtlich genommen werden, selbst bei den gläubigsten Christen nicht.
Sie werden als Symbole benutzt, Symbole, die etwas ausdrücken, für die es aber schwer ist, die richtigen Worte zu finden.

So gibt es Krankheiten und psychische Störungen, die einem "die Hölle auf Erden" bereiten, in denen man "von Dämonen gejagt" wird.
Nimmst du das so an, dann bekommen die Worte sehr schnell wieder einen Sinn.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

ThomasM
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#3 Re: Gehirn und Bewusstsein

Beitrag von ThomasM » Di 22. Sep 2015, 20:39

Dann die Antwort von SilverBullet http://www.4religion.de/viewtopic.php?f ... 00#p165092

SilverBullet hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Dein Thema geht in eine andere Richtung, als die, die ich mit diesem thread aufgesetzt habe. Vielleicht machst du einen eigenen thread auf, um das Thema Bewusstsein - Glaube zu diskutieren (je nach Schwerpunkt stehen dir da verschiedene Bereiche offen)
Das hatte ich bereits hier in diesem Fragenkomplex an dich angesprochen (sogar mit einem Moderatorenhinweis).
Ich überlasse es dir, deine Antworten in einem anderen Thema unterzubringen.

ThomasM hat geschrieben:Das wäre ein interessanter Ausgangspunkt.
Wie kommst du zu deiner Vermutung?
Ich versuche einen Überblick zu geben:

Dadurch, dass alle Sinnesorgane nur elektrische Impulse liefern, die in einer neuronalen Verschaltung verarbeitet werden, wird auf jeden Fall in einer Datenverarbeitung gestartet.

Aus einer Datenverarbeitung kommt man nur durch explizite Schnittstellen heraus. Bislang sind nur die Motoneuronen als expliziter Ausgang vorfindbar.
Wenn man rein geht und erst am Ende eines Bewusstseinsvorganges herauskommt, dann muss der Vorgang selbst im Innern stattfinden.

Mein Ausgangspunkt war von Anfang an, dass das Bewusstsein ein virtueller Zusammenhang ist. Für mich ist es das Sinnvollste mit Dem zu arbeiten, was gesichert existentiell vorhanden ist (elektrische Impulse, Neuronales Netz/Gehirn, Algorithmen)

Ich habe Krankheiten, Verletzungen, Experimente auf Widersprüche bezüglich meiner Vermutung geprüft. Ich habe keine gefunden.

Ich habe die Wahrnehmungstechnik in der Natur analysiert und Prinzipien abgeleitet, aus denen sich das prinzipielle Vorhandensein von Qualia erklären lässt (die exakte Herstellung ist weiterhin unbekannt).

Ich habe Untersuchungen von Forschern analysiert: die neuronale Technik hat sich evolutionär schnell entwickelt und dann nicht mehr weiterentwickelt. Lediglich die Anzahl und die Verschaltungen sind komplizierter geworden (insgesamt also die Berechnungen).
Man glaubt es kaum, aber ein Wurm/Schnecke hat die gleiche neuronale Technik wie ein Mensch.

Am Ende habe ich das Bewusstsein selbst analysiert und die dortigen Bedeutungszusammenhänge in Frage gestellt.

Ich bin der Meinung, dass sich das Bewusstsein als eine Art „Verstehanimation“ des Gehirns auffassen lässt. Sozusagen ein notwendiger Berechnungsablauf, durch den es zu einer virtuell-verstandesbasierten Wahrnehmungsverarbeitung kommt.

Hinter jedem dieser Punkte (bin mir gerade nicht sicher, ob dies alle sind) verbergen sich zahlreiche Einzelüberlegungen und Absicherungsschritte, so dass ich von einer Wahrscheinlichkeit von 100% ausgehe.

Da ich aber von meiner Grundausrichtung her, die funktionierende Technik „hochhalte“, bezeichne ich es solange als Vermutung, solange es nicht realisierbar ist
(das Problem dabei ist nur: wir sollten es nicht realisieren – zumindest nicht komplett)

ThomasM hat geschrieben:Wie komme ich zu meiner Vermutung, dass es jenseits des Natürlichen etwas gibt?
Eigentlich war mein Text in diesem Zitat nicht an dich gerichtet.
Du sprichst zumindest von einer neuronalen Kommunikation mit „Gott“ (was auch immer das sein soll).

ThomasM hat geschrieben:Das ist korrekt, aber wie willst du die Trennung durchführen, ohne etwas Über-Natürliches ins Spiel zu bringen.
Wenn es nichts Über-Natürliches gibt, dann SIND bestimmte Zellabläufe das Bewusstsein.
Vorsicht:
Man wechselt sehr schnell zu einem unterschwellig angenommenen Dualismus.
Das ist eine regelrechte Denkfalle (passiert mir auch oft).

Nirgendwo ist festgelegt, ob und/oder wie das Bewusstsein existiert.
Ich spreche von einer Berechnung, also einer Art „Verstehanimation“ (virtuell).
Zellabläufe sind hier irreführend, weil es hierbei um eine Datenverarbeitung auf biologischer Basis geht. Die technische Basis hat aber nichts mit dem Bewusstsein zu tun (siehe oben: Wurm/Mensch -> gleiche Technik)

ThomasM hat geschrieben:Aber ich habe in meinem Glauben eine innere Sicherheit, die ich mit einer solchen Wortwahl nicht zum Ausdruck bringe.
Mir ist zwar klar, dass es allein meine Sicherheit ist und ich keine Chance habe, diese Sicherheit zu objektivieren, trotzdem trifft die relativierende Wortwahl die Sicherheit nicht.
Ich kenne Informatiker, die Änderungen an ihrer eigenen Software durchführen, und mit 100prozentiger innerer Sicherheit abschätzen, dass es jetzt läuft.
Die Ausführenfunktion ihrer Entwicklungsumgebung ist i.d.R. anderer Meinung.
Bisher lag meistens die Funktion richtig und nur in einfachen Fällen der Informatiker.
Man beachte: das ist ein optimaler Spezialfall, weil ja der Informatiker alle Zusammenhänge selbst hergestellt hat – mehr Einblick kann es quasi nicht geben.

Deshalb empfehle ich maximalen Respekt und Vorsicht vor dem eigenen Denken.

Was denkst du, ist deine „innere Sicherheit“ wert?
Welche Qualitätssicherung wendest du an, bevor du deine Glaubensaussagen anderen Menschen präsentierst?

ThomasM hat geschrieben:Du wirst auch feststellen, dass bis auf eine extrem kleine Minderheit diese Bilder nicht wörtlich genommen werden, selbst bei den gläubigsten Christen nicht.
Das ist kein Problem.
Ich habe schon geschrieben, dass ich mit dem arbeite, was man mir liefert. Wenn jemand eine Interpretation liefert, denke ich darüber nach, wenn nicht, dann über den direkten Bibeltext – ich bin flexibel.

ThomasM hat geschrieben:So gibt es Krankheiten und psychische Störungen, die einem "die Hölle auf Erden" bereiten, in denen man "von Dämonen gejagt" wird.
Nimmst du das so an, dann bekommen die Worte sehr schnell wieder einen Sinn.
Achtung: höchste Gefahr!
Einem kranken Menschen, dessen Gehirn Inhalte „ins Bewusstsein stellt“, die sozusagen keinen praktischen Nutzen im Verhältnis zur aktuellen Umwelt bringen, sollte man seine Gehirnsituation erklären und nicht die falschen Inhalte in Bezug zu einem Weltkonzept setzen, von dem offensichtlich nur unvollständige Vermutungen aber keine Vorstellungen vorhanden sind.

Das wäre also der Ansatz, jetzt kann weiterdiskutiert werden
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

ThomasM
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#4 Re: Gehirn und Bewusstsein

Beitrag von ThomasM » Di 22. Sep 2015, 20:53

Hallo SilverBullet

SilverBullet hat geschrieben: Dadurch, dass alle Sinnesorgane nur elektrische Impulse liefern, die in einer neuronalen Verschaltung verarbeitet werden, wird auf jeden Fall in einer Datenverarbeitung gestartet.
Ja, Datenverarbeitung ist das Beste Analogon, das wir haben.
Es gibt aber durchaus gravierende Unterschierde zwischen Computern (Turing Maschine) und den Vorgängen im Gehirn. So halte ich es durchaus als nicht erwiesen, dass alle Vorgänge im Gehirn mittels einer Turing Maschine beschreibbar sind.
Insbesondere ist es auch unklar, ob sich Bewusstseinsvorgänge mit einer Turing Maschine abbilden lassen.
Und eine Turing Maschine hat eine wesentliche Beschränkung, sie lässt nur diskrete, abzählbar unendliche Algorithmen zu.

SilverBullet hat geschrieben: Mein Ausgangspunkt war von Anfang an, dass das Bewusstsein ein virtueller Zusammenhang ist. Für mich ist es das Sinnvollste mit Dem zu arbeiten, was gesichert existentiell vorhanden ist (elektrische Impulse, Neuronales Netz/Gehirn, Algorithmen)
...
Am Ende habe ich das Bewusstsein selbst analysiert und die dortigen Bedeutungszusammenhänge in Frage gestellt.

Ich bin der Meinung, dass sich das Bewusstsein als eine Art „Verstehanimation“ des Gehirns auffassen lässt. Sozusagen ein notwendiger Berechnungsablauf, durch den es zu einer virtuell-verstandesbasierten Wahrnehmungsverarbeitung kommt.

Hinter jedem dieser Punkte (bin mir gerade nicht sicher, ob dies alle sind) verbergen sich zahlreiche Einzelüberlegungen und Absicherungsschritte, so dass ich von einer Wahrscheinlichkeit von 100% ausgehe.
Hier würde ich gerne verstehen.
- Wie hast du das Bewusstsein analysiert?
- Was ist eine "Verstehanimation"?
- Welche Schlussfolgerungen ziehst du aus deinen Überlegungen?

Für mich ist es eine wesentliche Erkenntnis, dass die Natur inhärent statistisch ist. Auch scheinbar makroskopische Gebilde (wie das Gehirn) unterliegen zu jeder Zeit zahllosen statistischen Einflüssen, die eine Vorhersagbarkeit von Phänomenen nur unter starken Restriktionen und mit Näherungen möglich macht.

Das macht auch das bewusstsein zu einem Gebilde, das man bis zu einem gewissen Grad besch4reiben und sogar verstehen kann, man wird aber mit Sicherheit eine Grenze finden, hinter die man niemals schauen können wird.
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JackSparrow
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#5 Re: Gehirn und Bewusstsein

Beitrag von JackSparrow » Di 22. Sep 2015, 23:14

Das einzige, wofür wir ein Bewusstsein brauchen, ist die Steuerung der Skelettmuskeln. Wenn wir zur nächsten Tür gehen oder ein Bier bestellen wollen. Das erfordert Planung, weil dazu die Umwelt einbezogen werden muss.

Und warum wollen wir zur Tür gehen oder ein Bier bestellen? Weil sich die unteren Etagen des Gehirns ihre Meinung schon gebildet haben, lange bevor in der obersten Etage irgendeine Art von Planung einsetzt.

Es gibt keine Zentrale, wo erstmal alle Sinnesdaten zusammenlaufen. Die werden übers ganze Gehirn verteilt und dort verarbeitet, ohne dass wir was dagegen machen können. Bewusstsein ist eine Illusion.

SilverBullet
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#6 Re: Gehirn und Bewusstsein

Beitrag von SilverBullet » Mi 23. Sep 2015, 10:14

Hallo ThomasM

ThomasM hat geschrieben:Es gibt aber durchaus gravierende Unterschierde zwischen Computern (Turing Maschine) und den Vorgängen im Gehirn
Ich spreche von Datenverarbeitung nicht von einem Computer.
Mir ist die Computer-Analogie zu bildlich und zu vereinfachend.
Computertechnologie ist Datenverabeitung und damit Wahrnehmungstechnologie, aber die heutigen Anlagen berechnen kein Bewusstsein.

Das Wort Algorithmus verwende ich, um auszudrücken, dass es für mich Abläufe sind und kein unkontrolliertes Durcheinander, das aus dem Chaos heraus irgendwelche „Strukturen“ bildet.

Die künstlichen neuronalen Netze sind im Vergleich zu den Möglichkeiten des Gehirns wie ein Kinderspielzeug zu einem Giganten.
Dennoch sehe ich die Abläufe im Gehirn als Berechnungsprozesse an. Diese mögen sehr dynamisch und schnell umstrukturierend, mathematisch sehr komplex sein, aber es sind Prozesse.

ThomasM hat geschrieben:Wie hast du das Bewusstsein analysiert?
Über Datenverarbeitungsabläufe ist es möglich Bedeutungszusammenhänge auszudrücken. Das ist im Grunde die tägliche Arbeit von Programmierern.

Nun habe ich mich gefragt, ob ich die „Inhalte“ des Bewusstseins als Bedeutungszusammenhänge identifizieren kann. Das ist deshalb noch keine Verbindung zur Datenverarbeitung aber es wäre ein grosser Schritt in diese Richtung.

Ich denke, dass es möglich ist.

Zwar setzt es ein extremes „Umdenken“ voraus, weil ich dadurch mein „Existenz-/Realitätsgefühl“ (letztlich alle Inhalte und mich selbst) in Frage stellen muss, aber es ist genauso extrem faszinierend, wie wenig „Wissen“ im Bewusstsein über die Herstellung der Inhalte vorhanden ist.

Exakt das ist der zentrale Analysepunkt:
Es gibt viele „phänomenale Inhalte“ (Qualia), aber kein Ansatz, aus was sie sind, wie sie hergestellt werden. Trotzdem gibt es im Bewusstsein ein umfassendes Verstehen, wie diese Inhalte einzusetzen sind, was sie bedeuten.

Dieser Umstand ist höchst verdächtig, denn es stellen sich die Fragen:
„wer“ macht das?
„wer“ hat die Daten, um diese Inhalte aufzubauen?

Meine Antwort: Das Gehirn.

„Verstehen“ ist für mich somit der Oberbegriff für den Aufbau des Bewusstseins – dazu gehören natürlich sämtliche Bewusstseinsinhalte und –abläufe. Ich denke, dass das Bewusstsein keinerlei Eigenständigkeit (keinerlei „Eigenleben“) hat.
Das Gehirn muss zur Koordination all der unterschiedlichen Möglichkeiten und der aktuellen Vorgänge, eine Berechnung durchführen -> das Bewusstsein.

Als „Animation“ bezeichne ich es deshalb, weil ich es als eine Folge von Einzelberechnungsschritten ansehe, wobei sich ein Schritt immer aus dem Vorgängerschritt und sonstigen plötzlichen Situation auf Basis der Sinnesdaten ergibt.

Natürlich kann es dabei beliebige Parallelitäten und zeitliche Versetzungen geben, so dass hierdurch das Bindungsproblem gelöst sein könnte.
In diesem Zusammenhang gehe ich auch davon aus, dass das Bewusstsein nicht an einer Stelle berechnet wird, sondern je nach „Aufmerksamkeit“ in unterschiedlichen Gehirnbereichen bzw. die Gehirnbereiche werden unterschiedlich gewichtet eingerechnet.

Daraus ergibt sich (für mich) der Begriff „Verstehanimation“.

Der Begriff soll verdeutlichen, dass es ein normaler, bodenständiger und berechneter Wahrnehmungsprozess ist.

Das Bewusstsein ist dabei nicht der Sinn des Gehirns, sondern es ist ein notwendiger Effekt, um den Umgang mit der Umwelt so zu koordinieren, dass sich Menschen so verhalten, wie sie es täglich machen.

ThomasM hat geschrieben:Welche Schlussfolgerungen ziehst du aus deinen Überlegungen?
Bezüglich welchen Themas?

In erster Linie hat es ein gigantisches Staunen ausgelöst.
Meine Kinnlade befindet sich sozusagen am Boden und ich kann mir keine Heilung vorstellen :-)

Eine direkte Folge ist, dass ich sehr viel besser auf mich aufpasse. Ich, als Bewusstsein, werde vom Körper „erzeugt“, um eine optimale Lebensweise aufzubauen und die Wahrnehmung zu verbessern. Das ist mein „Auftrag“.
Erstaunlicherweise hat das rein gar nichts mit viel Geld, viel Macht, viel Rum zu tun, sondern mit Gesundheit, Harmonie, Entwicklung, Verbesserung – es ist also eine positive Einstellung.

Wenn ich Tiere beobachte, z.B. Hunde, Katzen, Eichhörnchen, staune ich über diese fantastischen Koordinationsleistungen. Obwohl es kleinere Gehirne sind, sind sie genauso bewundernswert.

Bei der Gartenarbeit sammle ich Kleintiere ein und lege sie vorsichtig beiseite, denn sie enthalten die gleiche Technik, wie ich.

Für mich gibt es keinerlei Dualismus – egal welche Vorgänge im Bewusstsein „aktiv“ sind, alles wird vom Gehirn berechnet.
Oft tappe ich in die Falle zu denken: „wie soll ein neuronaler Ablauf eine Wirkung, auf „mich“, das Bewusstsein erzeugen?“. Diese Frage ist schlicht der Wechsel zum Dualismus. Aus meiner Sicht, gibt es keinen Zeitpunkt, in dem das Bewusstsein die Freiheit besitzt, sich nach Belieben mit Dingen zu beschäftigen oder Eindrücke auf sich wirken zu lassen – all das ist eher ein in sich geschlossener Rechenumfang des Gehirns.
Obwohl das Gehirn nur ein Objekt ist, wertet es all die Zusammenhänge aus, die im Bewusstsein auftreten (jede Nuance!).

Interessant wird es, wenn es um den Schlaf geht. Es gibt Schlafphasen, in denen kein Bewusstsein stattfindet.
Das Gehirn ist zwar aktiv aber „ich“ finde dann sozusagen nicht statt.

ThomasM hat geschrieben:Für mich ist es eine wesentliche Erkenntnis, dass die Natur inhärent statistisch ist. Auch scheinbar makroskopische Gebilde (wie das Gehirn) unterliegen zu jeder Zeit zahllosen statistischen Einflüssen, die eine Vorhersagbarkeit von Phänomenen nur unter starken Restriktionen und mit Näherungen möglich macht.
Wie ich geschrieben habe, gibt es Lebewesen, die mit sehr viel kleineren Gehirnen ausgestattet sind (gleiche Technik, nur geringerer Neuronen-Umfang) und dort geschehen keine unvorhersagbaren Reaktionen, weil einzelne Neuronen schalten wie „sie wollen“.

Wohin führt dich deine Erkenntnis? Was ist für dich das Bewusstsein?

ThomasM hat geschrieben:Das macht auch das bewusstsein zu einem Gebilde, das man bis zu einem gewissen Grad besch4reiben und sogar verstehen kann, man wird aber mit Sicherheit eine Grenze finden, hinter die man niemals schauen können wird.
Ich vermute, du gehst von dualistischen Zusammenhängen aus.
Was, wenn das Bewusstsein nicht so existiert, dass die Statistik relevant ist?

ThomasM
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#7 Re: Gehirn und Bewusstsein

Beitrag von ThomasM » Mi 23. Sep 2015, 12:51

SilverBullet hat geschrieben: Über Datenverarbeitungsabläufe ist es möglich Bedeutungszusammenhänge auszudrücken. Das ist im Grunde die tägliche Arbeit von Programmierern.

Nun habe ich mich gefragt, ob ich die „Inhalte“ des Bewusstseins als Bedeutungszusammenhänge identifizieren kann. Das ist deshalb noch keine Verbindung zur Datenverarbeitung aber es wäre ein grosser Schritt in diese Richtung.

Ich denke, dass es möglich ist.
Ja, ein interessanter Ansatz. Allerdings hast du das Problem der Qualia.
Bei Computern wird der Bedeutungszusammenhang eben durch die Programmierer festgelegt, also von außen gegeben.
Im Gehirn kannst du Bedeutungszusammenhänge versuchen zu analysieren, aber nur deshalb, weil dir das Gehirn (der Mensch) sagen kann, was die Bedeutung ist. Allein aus dem Feuern der Neuronen wirst du keine Bedeutung erkennen können und damit auch den Zusammenhang nicht verstehen.

SilverBullet hat geschrieben: Es gibt viele „phänomenale Inhalte“ (Qualia), aber kein Ansatz, aus was sie sind, wie sie hergestellt werden. Trotzdem gibt es im Bewusstsein ein umfassendes Verstehen, wie diese Inhalte einzusetzen sind, was sie bedeuten.

Dieser Umstand ist höchst verdächtig, denn es stellen sich die Fragen:
„wer“ macht das?
„wer“ hat die Daten, um diese Inhalte aufzubauen?

Meine Antwort: Das Gehirn.
Aber gerade das ist der zentrale Punkt in der Qualia Debatte. Es ist nicht verstanden - und meines Wissens gibt es bislang keinen Ansatz dazu - wie das Gehirn das macht.
Daher gibt es auch die beiden Lager. Die einen meinen, das Bewusstsein letztlich aus den einzelnen Bestandfteilen der Neuron-Wechselwirkung konstruieren zu können (ohne schon zu wissen wie) und die anderen, die sagen, dass Qualia ein emergentes Phänomen ist, das sich nicht aus den Einzelbestandteilen konstruieren lässt.

SilverBullet hat geschrieben: „Verstehen“ ist für mich somit der Oberbegriff für den Aufbau des Bewusstseins – dazu gehören natürlich sämtliche Bewusstseinsinhalte und –abläufe. Ich denke, dass das Bewusstsein keinerlei Eigenständigkeit (keinerlei „Eigenleben“) hat.
Das Gehirn muss zur Koordination all der unterschiedlichen Möglichkeiten und der aktuellen Vorgänge, eine Berechnung durchführen -> das Bewusstsein.
Das Stichwort "Berechnung" reicht nicht, denn es gibt jede Menge unbewusste Berechnungsvorgänge im Gehirn. Es muss eine besondere Eigenschaft von Bewusstsein geben, die dieses von unbewussten Gehirnvorgängen unterscheidet. Es ist noch unbekannt, welche das ist.

SilverBullet hat geschrieben: Als „Animation“ bezeichne ich es deshalb, weil ich es als eine Folge von Einzelberechnungsschritten ansehe, wobei sich ein Schritt immer aus dem Vorgängerschritt und sonstigen plötzlichen Situation auf Basis der Sinnesdaten ergibt.
So etwas würde ich als Algorithmus bezeichnen, eben eine Art "Rechenvorschrift", die aus einer Menge von Eingangszuständen und Daten (Sinnesdaten alleine reichen sicherlich nicht) eine Reaktion erzeugen.
Hier ist mein Ansatz der Erweiterung. Computer Algorithmen sind eben durch eine Turing Maschine abbildbar.
Wenn diese Rechenvorschrift statistisch ist, d.h. bei denselben Anfangsdaten und demselben Algorithmus kommt ein Ergebnis eben nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit heraus, manchmal eben auch ein anderes, dann wäre man meines Erachtens jenseits einer Turing Maschine. Hier können die Quanteneffekte dafür sorgen, dass das Gehirn solche Eigenschaften zeigt.

SilverBullet hat geschrieben: Daraus ergibt sich (für mich) der Begriff „Verstehanimation“.

Der Begriff soll verdeutlichen, dass es ein normaler, bodenständiger und berechneter Wahrnehmungsprozess ist.
Er krankt aber an der Unmöglichkeit, den Begriff des Verstehens zu definieren.

SilverBullet hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Welche Schlussfolgerungen ziehst du aus deinen Überlegungen?
Bezüglich welchen Themas?
Bezüglich der Vollständigkeit der naturalistischen Beschreibung. Oder anders ausgedrückt: Würdest du behaupten wollen, dass sich das Bewusstsein irgendwann einmal vollständig entlang der Begriffe, die du benutzt, verstehen und beschreiben lässt?

SilverBullet hat geschrieben: Wie ich geschrieben habe, gibt es Lebewesen, die mit sehr viel kleineren Gehirnen ausgestattet sind (gleiche Technik, nur geringerer Neuronen-Umfang) und dort geschehen keine unvorhersagbaren Reaktionen, weil einzelne Neuronen schalten wie „sie wollen“.
Ich denke schon, dass auch in einfachen Verschaltungen statistische Vorgänge eine Rolle spielen, aber ich sehe Bewusstsein auch an ein komplexes Gehirn gekoppelt.
Das mit den umkippenden Neuronen war eher ein Modell für die Kommunikation von "außen" mit mir. Wenn ich mit Gott rede, wie kann das sein? Eine Antwort wäre: Das kann nicht sein und findet nicht statt, Gebet ist also Einbildung.
Meine Antwort wäre: Es kann schon sein, da in meinem Gehirn auch Vorgänge existieren, die keine "Ursache" haben bzw. deren Ursache wir aus prinzipiellen Gründen nicht erkennen können. Wir wären also niemals in der Lage, diese Kommunikationswege nach "außen" bloßzulegen.

SilverBullet hat geschrieben: Wohin führt dich deine Erkenntnis? Was ist für dich das Bewusstsein?
In der Frage, was Bewusstsein ist, liegen wir nicht so weit auseinander.
Für mich ist die Frage eher, was Wahrnehmung mit Realität zu tun hat. Nicht alles, was wir wahrnehmen, ist real, nicht alles, was real ist, nehmen wir wahr.
Ich habe halt irgendwann in einer Weise Gott erfahren, dass es mir nicht mehr möglich ist, zu sagen, dass es ihn nicht gibt. Seither versuche ich zu verstehen, wie das möglich ist.

SilverBullet hat geschrieben: Was, wenn das Bewusstsein nicht so existiert, dass die Statistik relevant ist?
Dann wäre zu untersuchen, wie Bewusstsein existiert.
Aber ich bin ziemlich zuversichtlich, dass die Statistik überleben wird und auch in diesem Thema eine bedeutende Rolle spielen wird. Die Phänomene der Quantenmechanik und Gödels Beweis der Unvollständigkeit der Mathematik sind für mich starke Hinweise darauf, dass wir mit diskretem Denken und simplen Ursache-Wirkung Mechanismen die Natur unseres Universums schlicht nicht erfassen können.
Zuletzt geändert von ThomasM am Mi 23. Sep 2015, 13:45, insgesamt 1-mal geändert.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#8 Re: Gehirn und Bewusstsein

Beitrag von NIS » Mi 23. Sep 2015, 13:12

Die mathematisch Strecke hat einen Anfang und ein Ende.

Die mathematische Gerade hat weder einen Anfang noch ein Ende.

Der mathematische Strahl hat einen Anfang aber kein Ende.

Der mathematische Strahlensatz besagt, dass Zwei Strahlen, die denselben Anfangspunkt haben durch zwei Parallelen geschnitten werden können.

Die eine Parallele bin ich, die andere ist Gott.

Das Verhältnis der Strecken vom Anfangspunkt zu den Schnittpunkten mit den Parallelen ist GLEICH!

Das heißt, ICH bin mathematisch GLEICH GOTT ohne Gott zu sein!!!! :wave:

HAMMER! :D
Der Heilige Geist (Hauke)

WISSEN VON MACHT

SilverBullet
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#9 Re: Gehirn und Bewusstsein

Beitrag von SilverBullet » Mi 23. Sep 2015, 15:05

ThomasM hat geschrieben:Allerdings hast du das Problem der Qualia.
Wer hat dieses Problem nicht?

Qualia sind ein schwieriges Rätsel aber auch ein Hinweis.

Es stellt sich eine Frage:
Wenn das Bewusstsein keine Möglichkeit zur Analyse von Qualia hat und nicht in der Lage ist auch nur das kleinste Detail davon in Worte zu fassen, wieso versteht dann das Bewusstsein ohne Probleme, welche Bedeutung der jeweilige „Inhalt“ hat?

Es musste mir niemand beibringen, wie ich sehe.
Es musste mir niemand beibringen, wie ich höre.
usw.

Ich denke:
Qualia sind keine Phänomene, keine Objekte, die beobachtet/erlebt werden, sondern Qualia sind eine Art von Verstehen.
D.h. niemand muss Farben herstellen, niemand muss einen „Erlebensablauf“ herstellen.
Es geht um die Mechanismen des Verstehens.
Wir benutzen das Verstehen, aber wir haben keine Ahnung wie es hergestellt wird.

Dazu ein interessantes Beispiel, das jeder von uns kennt:
Kleine Kinder lernen eine Sprache ohne, dass dieser Vorgang erklärt werden würde.
Irgendwann fangen sie an zu plappern. Ein unglaublich komplexer Vorgang, aber die Zwerge fangen von alleine damit an – spielerisch.
Zuerst prasseln die Wörter auf sie ein und sie haben eigentlich keine Ahnung, was das sein soll. Irgendwann können sie sprechen und zwar korrekt.
Zu keiner Zeit, hatten sie eine Ahnung, nach welchen Regeln sie das machen.
Sie haben ein Verstehen aufgebaut, ohne auch nur die geringste Idee zu haben, wie das gehen soll, ja ohne überhaupt zu wissen, dass sie das machen.

Ich denke, das neuronale Netz im Gehirn verfügt über gewisse Fähigkeiten.
Eine davon ist die Bedeutungszerrlegung beim Lernen.
D.h. die Art, wie ein neuronales Netz das Gelernte abspeichert, sich also anpasst, stellt eine Bedeutungsunterteilung dar. Auf dieser Basis können sinnvolle unterschwellige Regeln entstehen, die nicht ans Bewusstsein durchgereicht werden.
Irgendwann kann ein Kind sprechen, weil sich das Gehirn an die Zusammenhänge in den Daten gewöhnt hat.

Dieser neuronale Verstehmechanismus ist dem Bewusstsein unbekannt.
Das ist nicht verwunderlich, denn evolutionär war es nie notwendig, dass das Bewusstsein selbst das Verstehen herstellen musste.

Ich gehe davon aus, dass sich für die einzelnen Sinnesdaten evolutionäre Verstehoptimierungen (Qualia) gebildet haben, so dass das Gehirn eine explizite Bewusstseinsberechnung durchführen kann.

ThomasM hat geschrieben:Allein aus dem Feuern der Neuronen wirst du keine Bedeutung erkennen können und damit auch den Zusammenhang nicht verstehen.
Warum willst du festlegen, dass man keine Analyse durchführen kann?

Der Nobelpreis 2014 für Medizin ging an die Erforschung eines „GPS“ im Gehirn. Eine Ansammlung von Neuronen, die zur Positionsbestimmung verwendet werden.

Das ist nur ein kleiner Schritt, aber nach 640Mio Jahren Gehirnentwicklung darf man ruhig etwas Zeit investieren.

Zuerst einmal muss man wissen, nach was man suchen soll.

Tatsache ist:
wenn man aus der Datenverarbeitung nicht austritt, muss die Lösung in der Datenverarbeitung liegen.

ThomasM hat geschrieben:die anderen, die sagen, dass Qualia ein emergentes Phänomen ist
Das Wort „Emergenz“ gehört für mich ins Bewusstsein und dient nicht zur Erklärung von Bewusstsein.
Es beschreibt den Effekt, dass in der Wahrnehmung eigene Vorstellungen/Modelle entstehen, die nur ansatzweise die „Existenz des Wahrgenommenen“ ausdrücken können. Die Abweichungen werden dann als „Mysterium“ bezeichnet, das mehr ist, als die Summe der Einzelteile.

Beim Bewusstsein geht es aber um die Herstellung der Wahrnehmung selbst – das ist sozusagen eine andere Baustelle.

Aus meiner Sicht ist „Emergenz“ ein philosophischer Begriff, der keinen Mehrgewinn für eine Analyse bringt.

ThomasM hat geschrieben:Das Stichwort "Berechnung" reicht nicht, denn es gibt jede Menge unbewusste Berechnungsvorgänge im Gehirn
Wieso sollte das nicht reichen?

Ich sage:
das Bewusstsein wird explizit als Koordinationsablauf berechnet.
Daneben kann es beliebig viele Berechnungen geben, die nicht eingerechnet werden (unbewusste Abläufe).
Es kann auch beliebig viele Berechnungen geben, die auf Grund einer Automatisierung aus dem Bewusstsein herausgenommen werden (jeder kennt diesen Umstand).

Das Gehirn ist sehr stark damit beschäftigt sich zu organisieren.

ThomasM hat geschrieben:Würdest du behaupten wollen, dass sich das Bewusstsein irgendwann einmal vollständig entlang der Begriffe, die du benutzt, verstehen und beschreiben lässt?
Nun, es ist eine grosse Herausforderung und Wissenschaftler haben eigentlich immer das „Verstehenwollen“ als Motivationsgrundlage.
Also sage ich:
„ja, auf geht’s, suchen wir Wege, die nicht funktionieren, damit sich irgendwann eine Lösung bilden kann“.

Mein Beitrag ist die konkrete Festlegung, die ich für sinnvoll halte.

Aktuell wird das Human-Brain-Project realisiert. Diese Forscher haben sicherlich nicht von Anfang an aufgegeben.
(wobei ich gleich sage, dass dieses Vorhaben gigantisch schwer ist – vielleicht hätte man einfacher anfangen sollen)

ThomasM hat geschrieben:Ich denke schon, dass auch in einfachen Verschaltungen statistische Vorgänge eine Rolle spielen
Was hat das für Konsequenzen für das Bewusstsein?
Reagieren kleine Lebewesen unkontrolliert?

ThomasM hat geschrieben:In der Frage, was Bewusstsein ist, liegen wir nicht so weit auseinander.
Ich habe gespannt gewartet, was du sagst, dass Bewusstsein sein soll.
Ist das alles?
Wo liegen wir denn auseinander?
Reicht das Gehirn aus, oder gibt es deiner Meinung nach noch eine zusätzliche Komponente?

ThomasM hat geschrieben:Ich habe halt irgendwann in einer Weise Gott erfahren, dass es mir nicht mehr möglich ist, zu sagen, dass es ihn nicht gibt. Seither versuche ich zu verstehen, wie das möglich ist.
Ich würde eher sagen, dass die statistische Überlegung keine Grundlage für eine konkrete Vorstellung ist, was Bewusstsein sein und wie es funktioniert könnte.

Vor diesem Hintergrund darauf zu schliessen, dass man mit einem „Gott“, von dem man als Wahrnehmungssystem (anscheinend) keine Vorstellung haben kannst, kommunizierst, ist ein grosses Wagnis.

Hierbei stelt sich die Frage:
Wenn man den physikalischen Hintergrund zu Licht nicht kennen würde, wie sicher wäre man, dass „da draussen“ Farben existieren?
Ich gehe davon aus:
Weitaus mehr, als man von einer Kommunikation zu „Gott“ überzeugt wäre.
Problem:
„da draussen“ gibt es keine Farben.

Wenn man seine Überzeugung im Gespräch mit anderen Leuten nachdrücklich darstellt, dann sollte dies auf Basis einer guten Qualitätssicherung erfolgen.
Ich habe schon mal danach gefragt: wie sieht sie aus?

ThomasM hat geschrieben:Die Phänomene der Quantenmechanik und Gödels Beweis der Unvollständigkeit der Mathematik sind für mich starke Hinweise darauf, dass wir mit diskretem Denken und simplen Ursache-Wirkung Mechanismen die Natur unseres Universums schlicht nicht erfassen können.
Wieso Universum, wir sollten noch ein Sekündchen bei „Gehirn und Bewusstsein“ bleiben.

So ganz habe ich es noch nicht kapiert:
Zielst du auf Dualismus, also auf „Geist“ ab?

JackSparrow
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#10 Re: Gehirn und Bewusstsein

Beitrag von JackSparrow » Mi 23. Sep 2015, 21:39

ThomasM hat geschrieben:Es muss eine besondere Eigenschaft von Bewusstsein geben, die dieses von unbewussten Gehirnvorgängen unterscheidet.
Da niemand "Bewusstsein" definieren kann, handelt es sich bei "Bewusstsein" demzufolge um eine Menge (genauer: Klasse) von endlich vielen Gehirnzuständen, die jeweils nur in der einzigen Eigenschaft übereinstimmen, dass jemand sie schon mal als "Bewusstsein" bezeichnet hat.

Das Unterscheidungsmerkmal ist unsere Sprachfähigkeit, die hin und wieder (das heißt bei Bedarf) unser Großhirn dazu bringt, einen bestimmten Zustand als "bewusst" zu bezeichnen, wohlwissend, dass der exakt gleiche Zustand niemals wieder auftreten wird.

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